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Archiv "Rehabilitation: Nur ein erster Schritt" (03.05.2002)

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Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 18½½½½3. Mai 2002 AA1213

KOMMENTAR

S

eit 1. Juli 2001 ist das „Gesetz zur Rehabilitation und Teilhabe be- hinderter Menschen“ in Kraft.

Doch den wenigsten ist bekannt, wel- che Neuerungen das SGB IX dem deutschen Gesundheitssystem bringt.

Die Leitgedanken: Stärkung von Teil- habe und Selbstbestimmung statt Fürsorge, Transparenz der Zustän- digkeit einzelner Rehabilitationsträ- ger sowie gemeinsames Recht und einheitliche Praxis bei Rehabilitation und Leistungen zur Teilhabe, wurden gesetzlich noch nie so konsequent formuliert. Haupt-

anliegen der Neuko- difizierung des Re- habilitations- und Schwerbehinderten- rechtes sind: Koordi- nation der Leistun- gen und Kooperation der Leistungsträger.

Erstmals in ein Ge-

setz aufgenommen wurde die Be- teiligung von Behindertenorganisa- tionen und Selbsthilfegruppen wäh- rend des Verfahrens – von Planung bis Abschluss. Verbandsklagen sind möglich.

Darüber hinaus wird ein Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberech- tigten festgeschrieben. Die Zustän- digkeit für beantragte Leistungen ist binnen 14 Tagen zu klären. Der Reha- bilitationsträger hat den Rehabilitati- onsbedarf unverzüglich festzustellen.

Ist kein Gutachten erforderlich, muss drei Wochen nach Antragseingang entschieden sein. Wird nicht entschie- den, muss dies begründet mitgeteilt werden. Ohne Mitteilung oder bei un- zureichender Begründung kann ein Leistungsberechtigter dem Rehabili- tationsträger eine Frist setzen und sich nach deren Ablauf die Leistung selbst beschaffen. Der Rehabilitati- onsträger hat die entstandenen Auf- wendungen zu erstatten.

Rehabilitation wird im deutschen Gesundheitswesen wenig beachtet.

Jeder bezeichnet sie als unverzicht- bar. Auch gelten die Grundsätze

„Rehabilitation vor Rente“ und „Re- habilitation vor Pflege“, aber nur wenige setzen sich dafür ein. An- spruch und Wirklichkeit klaffen aus- einander. Schon die Unterteilung in „medizinische“, „berufliche“ und

„soziale Rehabilitation“ führt zu Abgrenzungs- und Verständigungs- schwierigkeiten. Oftmals werden Kuren noch mit Spott und Ironie be- dacht: „Morgens Fango, abends Tango“ prägt das bei Patienten und (Haus-)Ärzten vorherrschende Bild von Rehabilitation. So sind die nie-

dergelassenen Ärzte Schlusslicht im Verordnen von Rehabilitation: unter drei Prozent. Angst, Patienten zu verlieren? Nach Rehabilitation er- folgen weniger Arztkontakte und Medikamentenverordnungen.

Von niedergelassenen Ärzten ist auch zu hören: „Was in der Rehabili- tation gemacht wird, kann ich auch in meiner Praxis. Gebt den Finanzie- rungstopf den Niedergelassenen, dann klappt das besser.“ Welch ein Trugschluss! Vertragsärzte sind über- lastet. Zusätzlich solch komplexe Aufgaben übernehmen?

Es geht um Kompetenz. Der zu- nehmend mündige Patient ist wähle- risch. „Halbgott in Weiß“ ist out.

Heute hat der Arzt als sachverstän- diger Partner des Patienten zu han- deln. Wie ein Trainer einen Sportler leitet, soll der Arzt dem Patienten Wege zeigen, Erkrankung zu behan- deln, Folgen zu mindern, zu akzep- tieren und ins eigene Leben zu inte- grieren.

Selbsthilfegruppen fordern zu Recht, dass Behinderte nicht nur – von Ärzten – abhängig sein sollen.

Der Patient will meist wissen, was ist und was unternommen wird. Dies er- fordert Zeit, Zuwendung und Ruhe für Gespräche. Das Honorar solcher Beratung ist nicht üppig. „Ruck- zuck-Haltung“ wird dadurch Vor- schub geleistet. Entscheidend ist der koordinierte Ansatz einer Rehabili- tation, den das neue Gesetz jetzt vor- schreibt.

Medizinische Rehabilitation, auch präventiv, kann nicht von niederge- lassenen Ärzten erbracht werden. Be- rufliche und soziale Rehabilitation erst recht nicht, weil sie die Bewältigung von Integrations- störungen anstre- ben. Diagnostik und Therapie sind Basis einer Rehabilitati- on, nicht alleinige Ziele wie beim nie- dergelassenen Arzt.

Frühestmögliche Rehabilitation erzielt beste Ergebnisse. Bisher war fehlende Verzahnung von Therapie, Rehabilitation sowie fördernd-for- dernder Pflege wesentlicher Hemm- schuh. Nach § 27 SGB IX muss jetzt Rehabilitation mit der Therapie be- ginnen. Die Rehabilitationsträger sind gesetzlich zum gemeinsamen Handeln, zur Abstimmung und zur Koordination ihrer Aufgaben ver- pflichtet. Dies führt zum Rehabili- tationskonzept. Gegenüber Patien- ten und Beteiligten, beispielsweise Selbsthilfegruppen, ist darzulegen, warum etwas, warum so, anderes aber nicht gemacht werden soll. Eine neue Rolle für Ärzte!

Rehabilitationskliniken sind ver- pflichtet, die Qualität ihrer Versor- gung, für die sie haften, zu sichern und fortzuentwickeln. Das Rehabi- litationsgesetz beseitigt bisherigen Vorschriften- und Zuständigkeits- wirrwarr, schafft eine einheitliche Grundlage. Dies erreicht zu haben ist viel, aber zugleich nur ein erster Schritt.

Dr. med. Wolfgang Wagener, Meerbusch

Rehabilitation

Nur ein erster Schritt

T H E M E N D E R Z E I T

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