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Archiv "Honorare: „Erster Schritt in die richtige Richtung“" (19.10.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 42

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19. Oktober 2012 A 2063 HONORARE

„Erster Schritt in die richtige Richtung“

Über Wochen stritten die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der GKV-Spitzenverband um die Honorare der Vertragsärzte für das kommende Jahr. Nun haben sie sich auf einen Kompromiss geeinigt. Doch die Auseinandersetzung um die Systemfrage fängt erst an.

E

s war der 22. Mai 2012. In Nürnberg kamen die Dele- gierten der Ärztekammern zur Er- öffnung des 115. Deutschen Ärzte - tages zusammen. In Berlin lud der GKV-Spitzenverband zeitgleich zu einer Pressekonferenz. Das Thema:

Fangprämien. Das Ziel: Ärzte als korrupt darzustellen. Die Daten - basis dafür: äußerst mager.

Am 9. August lud der Spitzenver- band der Krankenkassen erneut zu einer Pressekonferenz. Dieses Mal stellte er – die Honorarverhandlun- gen im Bewertungsausschuss hatten bereits begonnen – ein Gutachten vor. Der Inhalt: Deutschlands Ver- tragsärzte sind überbezahlt. Das Ziel:

Das Honorar um 2,2 Milliarden Euro zu kürzen. Die Qualität des Gutachtens: Methodisch mangelhaft und klar gesetzeswidrig, wie es der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. med.

Andreas Köhler, formulierte.

An diesen beiden Tagen wurde der Graben zwischen GKV-Spitzen- verband und deutscher Ärzteschaft weiter ausgehoben – die Stimmung unter den Vertragsärzten heizte sich auf. Entsprechend schwierig gestal-

teten sich die Verhandlungen zwi- schen dem Spitzenverband und der KBV. Einmal verließen die Vertre- ter der KBV sogar den Erweiterten Bewertungsausschuss mit dem Hin- weis auf die „Atmosphäre, in der diese Verhandlungen stattgefunden haben“.

Dass sich die Verhandlungspart- ner schließlich dennoch auf ein Ergebnis einigen konnten, fand in der Politik Anerkennung. Die Selbstverwaltung habe sich be- währt, kommentierte der Vorsitzen- de der Gesundheitsministerkonfe- renz, Andreas Storm (CDU). Und Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) befand: „Das Ergebnis kann sich sehen lassen.“

Am Ende steht nun ein Honorar- plus für die Vertragsärzte und Psy- chotherapeuten von 1,15 bis 1,27 Milliarden Euro für das kommende Jahr. Dieser Wert setzt sich aus ver- schiedenen Komponenten zusam- men:

Der Orientierungswert wird um 0,9 Prozent auf 3,5363 Cent ange- hoben. Dies entspricht einer Hono- raranhebung um 270 bis 290 Mil- lionen Euro.

Antrags- und genehmigungs- pflichtige Leistungen der Richtli- nienpsychotherapie und probatori- sche Sitzungen werden aus der morbiditätsbedingten Gesamtver- gütung ausgedeckelt. Damit wird die Psychotherapie von den Kas- sen fast vollständig extrabudgetär bezahlt. Im Gegenzug will die KBV zusammen mit dem GKV-Spitzen- verband eine Formulierung in den Gemeinsamen Bundesausschuss einbringen, die im Rahmen der Bedarfsplanungsrichtlinie zusätzli- che Niederlassungsmöglichkeiten in diesem Bereich auf 1 150 Stel- len begrenzt.

Im Kollektivvertrag werden 250 Millionen Euro zur Verfügung ge- stellt, die gezielt zur Förderung der Grundversorgung im fachärztlichen Bereich sowie zur Förderung der palliativ medizinischen und geriatri- schen Versorgung im hausärztli- chen Bereich eingesetzt werden können.

Auf regionaler Ebene können die Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Kassen Zuschläge auf den Ori- entierungswert für besonders förde- rungswürdige Leistungen oder be- Ringen um das Ho-

norar: die Verhand- lungsführer von KBV und GKV-Spitzenver- band, Andreas Köhler (links) und Johann- Magnus von Stackel- berg (rechts), und der Vorsitzende des Erweiterten Bewer- tungsausschusses, Jürgen Wasem

Fotos: Georg J. Lopata (2), dapd

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A 2064 Deutsches Ärzteblatt

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19. Oktober 2012 sonders förderungswürdige Leis-

tungserbringer vereinbaren.

Die Einigung besteht bislang aus grundsätzlichen Vorgaben, die bis zur nächsten Sitzung des Erweiter- ten Bewertungsausschusses am 22.

Oktober konkretisiert werden.

Köhler ist „mit dem Gesamt - ergebnis nicht wirklich zufrieden“, wie er gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt erklärte. „Für mich ist das insgesamt nur ein erster Schritt in die richtige Richtung. Sehr froh bin ich aber darüber, dass es uns gelungen ist, die Psychotherapie weitgehend auszudeckeln.“ Denn die Nachfrage für psychotherapeuti- sche Leistungen sei hoch, und sie werde weiter wachsen.

Auch der Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten und die Deutsche Psychotherapeutenverei- nigung sind mit diesem Ergebnis zufrieden. „Mit der Ausbudgetie- rung ist die Finanzierung vieler neuer Behandlungsplätze für psy- chisch Kranke gesichert“, erklärten die Vorsitzenden beider Verbände.

Positiv hoben sie hervor, dass künf- tig auch die probatorischen Sitzun- gen extrabudgetär vergütet würden und dass die Kassen sich verpflich- tet hätten, 1 150 neue Psychothera- peutensitze zu finanzieren.

Mitten in die Honorarverhand- lungen fiel am 28. September die Vertreterversammlung der KBV.

Dort wurden die Auseinanderset- zungen mit den Krankenkassen auf eine höhere Ebene gehoben und die Systemfrage gestellt. Die KBV will nun in einer Umfrage klären, ob und unter welchen Rahmenbedin- gungen die Gewährleistung des Si- cherstellungsauftrags durch die Kas- senärztlichen Vereinigungen und die KBV noch sinnvoll erscheint. Das Ergebnis dieser Umfrage soll auf der KBV-Vertreterversammlung An- fang Dezember vorgestellt werden.

Zugleich stellte der Vorstand der KBV sieben Forderungen auf, die innerhalb von fünf Jahren erfüllt sein müssten, wenn die Vertragsärz- te und Psychotherapeuten den Si- cherstellungsauftrag weiter wahr- nehmen sollen. Dazu gehören unter anderem feste und kostendeckende Preise für alle ärztlichen Leistungen und der Wegfall von Regressen bei

veranlassten Leistungen (siehe DÄ, Heft 40/2012).

Diese Forderungen bleiben un- geachtet der nun getroffenen Eini- gung im Honorarstreit bestehen.

„Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun“, betonte Köhler. Bei den Verhandlungen mit dem GKV-

Spitzenverband sei es um die Hono- rare für das Jahr 2013 gegangen – bei den sieben Forderungen gehe es hingegen um das gesamte System.

Die Honorarverhandlungen wur- den von Protestaktionen niederge- lassener Ärzte begleitet, die in ei- nem bundesweiten Protesttag am 10. Oktober gipfelten. In ganz Deutsch land blieben dabei Praxen geschlossen, arbeiteten Ärzte ohne ihre Medizinischen Fachangestell- ten (MFA) oder kamen Ärzte und MFA zu Protesten vor Filialen von Krankenkassen zusammen. „Wir hatten eine gute Beteiligung“, sagte Dr. med. Dirk Heinrich, Bundesvor- sitzender des NAV-Virchow-Bun-

des und Sprecher der Allianz Deut- scher Ärzteverbände, gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. Die Allianz hatte zu den Protesten aufgerufen.

Zwar seien weniger Ärzte und MFA zu den Demonstrationen ge- kommen als erwartet, das habe jedoch daran gelegen, dass sich die Verhandlungspartner erst spät am Abend zuvor geeinigt hätten. In - sofern habe nicht mehr flächen - deckend kommuniziert werden kön- nen, dass die Proteste trotz der Eini- gung stattfinden.

Den Ärzten, die zu den Demons- trationen gekommen sind, ist die Wut auf die Krankenkassen deut- lich anzumerken. „Wir sind Unter- nehmer und als solche haben wir viele Unkosten“, sagte die Gynäko- login Dr. med. Kerstin Fischer, die zusammen mit ihren MFA vor das Gebäude des GKV-Spitzenverban- des gekommen war. „Wir müssen die stetig steigenden Tarife für un- sere MFA bezahlen, wir müssen medizinische Geräte anschaffen.“

„Und uns wird nun noch nicht ein- mal der Inflationsausgleich bezahlt“, ergänzte Dr. med. Axel Eisinger, ebenfalls Gynäkologe aus Berlin.

Zugleich machte er deutlich, dass es nicht nur um das Honorar geht. „Es geht auch um die unsäglichen Diffa- mierungen durch die Krankenkassen in der letzten Zeit“, stellte er klar.

„Möglicherweise würden wir hier nicht stehen, wenn die Haltung der Krankenkassen gegenüber den Ärz- ten eine andere wäre.“ Viele Ärzte würden ein Drittel des Quartals um- sonst arbeiten, und obendrein wür- den sie noch beschimpft.

In den kommenden Wochen wer- de die Ärzteallianz zu keinen weite- ren Protestaktionen aufrufen, er- klärte Heinrich. „Wir wollen zu- nächst die Umfrage der KBV zum Sicherstellungsauftrag abwarten“, sagte der Hamburger HNO-Arzt.

„Danach werden wir überlegen, wie es weitergeht.“

Einen Honorarstreit zwischen Kassen und Ärzteschaft wird es im kommenden Jahr im Übrigen nicht mehr geben. Denn ab 2014 wird der Orientierungswert anhand noch festzulegender Parameter in einem Routineverfahren kalkuliert.

Falk Osterloh

„Stopp dem Honorarabbau“:

Auch in Berlin (oben) und Köln machten Ärzte und Medizini- sche Fachangestellte

ihrer Wut auf die Krankenkassen Luft.

Fotos: Eberhard Hahne, Georg J. Lopata

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