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Archiv "Praxisführung: Der Fehler als erster Schritt in Richtung Verbesserung" (13.02.2009)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 7⏐⏐13. Februar 2009 A311

S T A T U S

E

igentlich eine Binsenweisheit:

Eine Praxis benötigt eine Lernkultur, in der Fehler als Chance angesehen werden, Verbesserungs- und Lernprozesse in Gang zu setzen.

Offensichtlich ist aber auch: Immer noch überwiegt in vielen Praxen die Angst, Fehler zu begehen; frei nach dem Motto: „Achtung, wer sich zu- erst bewegt, hat verloren!“ Gynäko- loge Dr. med. Erwin Göckeler-Leo- pold mit Praxis im nordrhein-west- fälischen Geseke meint dazu: „Der Fehler ist der erste Schritt in Rich- tung Verbesserung. Meinen Mitar- beiterinnen und mir sollen keine Feh- ler unterlaufen, aber wir dürfen Feh- ler machen und diese offen zugeben – solange wir daraus die Konsequenz ziehen, dass wir aus dem Fehler ler- nen müssen.“ Nach Thomas Alva Edison ist das Schöne an einem Feh- ler, dass man ihn nicht zweimal ma- chen muss.

Wir leben jedoch in einer Kultur, in der weniger das betont wird, was gut läuft und Lob und Anerkennung verdient. Hervorgehoben wird der Fehler, das Misslingen, das Schei- tern. Marcel Reich-Ranicki berich- tet, dass sich sein Buch „Lauter Lobreden“ nicht gut verkauft. Was hingegen hervorragend laufe, sei sein Werk „Lauter Verrisse“.

Sprache bestimmt die Realität:

Der Kinderarzt Dr. med. Martin

Herkenhoff und sein Team bemühen sich, im täglichen Umgang mitein- ander und in der Kommunikation das Wort „Fehler“ zu vermeiden.

„Da ist Ihnen aber ein Fehler unter- laufen“ – diesen Satz hört man in der Praxis im bayerischen Germe- ring nicht gerne. Vielmehr wird der Fehler konkret benannt und ein Lösungsvorschlag eingefordert oder gleich mitgeliefert: „Sie haben ei-

nen Termin doppelt belegt. Warum ist das passiert? Wie können wir verhindern, dass sich dies in Zu- kunft wiederholt?“ Herkenhoff führt aus: „Wir verschließen unsere Au- gen natürlich nicht vor der Tatsache, dass wir Dinge auch falsch machen.

Aber wir reiten nicht lange auf der Vergangenheit herum und suchen nach einem Schuldigen, sondern be- wegen uns so rasch wie möglich in konstruktiven Bahnen: Welche Lernchance bietet uns dieser Vor- fall?“ Ziel sei es, über den produkti- ven und zukunftsorientierten Um- gang mit Fehlern letztendlich eine Lernkultur zu etablieren.

Damit dies gelingt, ist es sinn- voll, den Aufbau einer Lernkultur in der Praxisphilosophie zu verankern und ihm den Status eines Praxisziels zu verleihen. So wird das Ziel, die Praxis zu einem „lernenden Unter- nehmen“ zu entwickeln, vom Ruch der Sonntagsrede und wohlfeilen Forderungen befreit.

Konkrete Auswirkung hat dies etwa für das Qualitätsmanagement (QM). „Qualitätsverbesserung ist ja vor allem dort möglich, wo etwas nicht gut läuft, wo Fehler gemacht werden, wo ein Defizit vorliegt“, berichtet Göckeler-Leopold. Darum ist in den Leitlinien zum QM festge- legt, dass die Fehlerquote gesenkt und eine Lernkultur etabliert wird.

„Ist dies in der Praxisphilosophie und den Praxiszielen integriert, ent- faltet sich eine weitaus größere Wir- kung, als wenn es nur im Mitarbei- termeeting festgelegt wird“, so die Erfahrung des Gynäkologen.

Selbstverständlich müssen kon- krete Taten folgen. Innovative Pra- xen setzen dabei auf Prophylaxe.

Dabei wird in einem fiktiven „Hor- rorszenario“ überlegt, welche Miss- geschicke passieren könnten. Der PRAXISFÜHRUNG

Der Fehler als erster Schritt in Richtung Verbesserung

Die Angst vor Sanktionen bestimmt in vielen Praxen den Umgang mit Fehlern. Statt aus Fehlern zu lernen, wird vertuscht und beschuldigt.

RECHTSREPORT

Wirtschaftlichkeitsprüfung auch für Hochschulambulanzen

Die Prüfgremien, die aus Vertretern der Kranken- kassen und Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) gebildet werden, sind nach § 106 SGB V verpflichtet, die Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Arzneimitteln in Hochschulambulanzen zu prüfen. Denn die dort von Ärzten erbrachten am- bulanten Leistungen sind Bestandteil der ver- tragsärztlichen Versorgung. Dies ergibt sich dar- aus, dass die Hochschulambulanzen gemäß

§ 117 SGB V zur Versorgung zu ermächtigen sind.

Die Tatsache, dass die KVen nicht in den Zah- lungsweg eingebunden sind, führt nicht dazu, dass sie nicht für die Prüfung zuständig sind.

Zwar werden die Kosten der von den Apothe- kern abgegebenen, verordneten Arzneimittel di- rekt von den Krankenkassen bezahlt. Gleichwohl

erfasst die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V auch die im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Medikamente, Kranken- hauseinweisungen und sonstigen veranlassten Leistungen sowie die Feststellungen von Arbeits- unfähigkeit, deren Kosten die Krankenkassen be- ziehungsweise Arbeitgeber tragen.

Somit ist nach Auffassung des Bundessozial- gerichts nicht allein der Zahlungsweg oder die Fi- nanzverantwortung entscheidend für die Zustän- digkeit von Prüfgremien, sondern in erster Linie die Frage, ob es sich um Leistungen handelt, die im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung er- bracht wurden.

Der Prüfungsausschuss, der den Antrag der klagenden Krankenkasse abgelehnt hatte, die auf einer Arzneimittelprüfung beharrte, ist somit ver- pflichtet, diese vorzunehmen. (Urteil vom 16. Juli 2008, Az.: B 6 KA 36/07 R) RAin Barbara Berner Gemeinsame Feh-

lersuche:Der Arzt spielt bei der Eta- blierung einer Lern- kultur die entschei- dende Rolle.

Foto:Eberhard Hahne

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A312 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 7⏐⏐13. Februar 2009

S T A T U S

Arzt und die Mitarbeiterinnen stel- len alle Praxisabläufe – etwa im Rahmen einer Mitarbeiterbespre- chung – auf den Prüfstand. Die Kreativität der Teilnehmer wird durch eine provokative Fragestel- lung angesprochen: „Was muss pas- sieren, und was müssen wir tun, um als schlechteste Arztpraxis Deutsch- lands in die Medien zu kommen?“

Die ungewöhnliche Fragestellung

weitet den Blick für ungeahnte po- tenzielle Fehlerquellen – und dann folgt die nächste Frage: „Was kön- nen wir tun, damit diese Fehler gar nicht erst auftreten?“ Begleitet wird dieses Worst-Case-Szenario durch eine Befragung, in der sich die Pati- enten zu tatsächlich vorgefallenen Fehlern äußern. Denn erfahrungs- gemäß beschweren sich die Patien- ten nicht immer, wenn ihnen etwas nicht gefällt. Indem sie nun aktiv da- nach gefragt werden, kommen auch

Fehlerquellen zutage. Für das Team eröffnen sich neue Lernfelder, die direkt zur Erhöhung der Patienten- zufriedenheit beitragen.

Der Arzt spielt bei der Etablie- rung der Lernkultur in seiner Praxis eine herausragende Rolle. Als Vor- gesetzter wirkt er als ein Vorbild:

Wie er mit Fehlern – auch den eige- nen – und Lernchancen umgeht, färbt auf die Mitarbeiterinnen ab.

Authentische Führungspersönlich- keiten übernehmen die volle Verant- wortung für das, was sie tun. Das gilt für die Erfolge und die Misser- folge. Sie überlassen die Anerken- nung für Erfolge auch einmal dem Team und übernehmen bei einem Fehler, der zum Beispiel einer Mit- arbeiterin unterlaufen ist, die Ver- antwortung; etwa gegenüber dem Patienten stehen sie für die Fehler anderer ein. Denn sie repräsentieren als Arzt das „große Praxis-Ganze“

und übernehmen dann auch Verant- wortung. Zudem sorgt der Arzt für eine offene Streitkultur in der Praxis. Fehler haben deshalb ein schlechtes Image, weil sie als Aus- gangpunkt für die Streitfrage an- gesehen werden, wer denn nun

„Schuld hat“. Ein Fehler führt viel zu oft zur kriminalistischen Suche nach dem Verursacher, damit dieser

„verhaftet“ werden kann. Herken- hoff meint hingegen, dass es besser sei, wenn darum gestritten werde, welches die beste Lösung sei, wenn etwas schiefgelaufen sei: „Auch hier steht der der Praxisinhaber in der Pflicht, mit gutem Beispiel vor- anzugehen. Statt den Finger in die offene Fehlerwunde zu legen, sollte der Arzt Lernfortschritte betonen und feiern. So kann er beispielswei- se in einer ,Freitags-Lern-Mail vom Chef‘ die Mitarbeiterinnen für die Lernprozesse der letzten Woche lo- ben und neue Lernprozesse an- stoßen. Dann ist dann ,gelebte Pra-

xisphilosophie‘.“ n

Patric P. Kutscher E-Mail: kontakt@diktig.de

GOÄ-RATGEBER

Wie häufig dürfen psychiatrische Gesprächsleis- tungen angesetzt werden? Welche Vorausset- zungen hat die Berechnung dieser Leistungen?

Sind mehrere Gesprächsleistungen nebenein- ander berechenbar? Solche Fragen stellen sich immer wieder und führen nicht selten zu Aus- einandersetzungen zwischen Ärzten, Patienten und Kostenträgern.

Beispielsweise ging es bei einem Verfahren vor dem Landgericht Berlin in zweiter Instanz (LG Berlin 7 S 47/07 vom 3. Juli 2008) um die Frage, ob der Kostenträger gegenüber einer Ver- sicherten die Erstattung für eingehende psychia- trische Untersuchungen nach der Nr. 801 der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und psychiatrische Behandlungen nach der Nr. 806 GOÄ auf eine bestimmte Häufigkeit pro Quartal begrenzen oder sogar ganz ablehnen darf. Ausschlaggebend für die Rechtsprechung in diesem Fall war ein Sachverständigengutach- ten, das die medizinische Notwendigkeit bezo- gen auf den Einzelfall bestätigt hatte. Konkret ging es um eine Patientin mit einer chronischen bipolaren affektiven Störung, bei der sich mani-

sche und depressive Phasen besonders häufig abwechseln (sogenanntes Rapid Cycling). Bei solchen Patienten kann sich die Notwendigkeit zu häufigen eingehenden psychiatrischen Unter- suchungen und Behandlungen ergeben. Der Kostenträger wurde zur Erstattung verurteilt.

Die GOÄ enthält keine formalen Beschrän- kungen zur Häufigkeit des Ansatzes der Nrn.

801 und 806 GOÄ; deswegen ist auch im Rechtsverhältnis zwischen Arzt und Patient al- lein die medizinische Notwendigkeit gemäß § 1 Absatz 2 GOÄ ausschlaggebend. Dies gilt auch für die Frage der Nebeneinanderberechnung dieser beiden Gebührennummern (siehe hierzu GOÄ-Ratgeber im DÄ, Heft 44/2007).

Die Leistungslegende der Nr. 806 GOÄ lautet:

„Psychiatrische Behandlung durch gezielte Ex- ploration und eingehendes therapeutisches Ge- spräch, auch in akuter Konfliktsituation – gege- benenfalls unter Einschluss eines eingehenden situationsregulierenden Kontaktgesprächs mit Dritten –, Mindestdauer 20 Minuten.“ Beträgt die Dauer weniger als 20 Minuten, kann die Nr. 806 GOÄ nicht angesetzt werden, stattdessen jedoch

die – geringer bewertete – Nr. 804 GOÄ: „Psy- chiatrische Behandlung durch eingehendes the- rapeutisches Gespräch – auch mit gezielter Ex- ploration“. Da die Leistungslegende der Nr. 806 GOÄ die der Nr. 804 GOÄ vollständig einschließt, kommt ein Ansatz dieser beiden Gebührennum- mern nebeneinander (also für denselben Arzt- Patienten-Kontakt) nicht in Betracht. Auch ein Ansatz neben Gebührennummern für psychothe- rapeutische Gesprächsleistungen, zum Beispiel nach den Nrn. 849 und 860 bis 871 GOÄ, ist aus inhaltlichen Gründen nicht möglich.

Voraussetzung für den Ansatz der Nrn. 804 oder 806 GOÄ ist die Erbringung einer psychia- trischen Behandlung; ein anderes „therapeuti- sches“ oder beratendes Gespräch erfüllt nicht den Leistungsinhalt der Nrn. 804 und 806 GOÄ.

Auch eine analoge Berechnung der Nrn. 804 oder 806 GOÄ für andere Beratungsleistungen ist nicht möglich. Nach § 6 Absatz 2 GOÄ kommt eine Analogbewertung nämlich nur für Leistungen in Betracht, die in das Gebühren- verzeichnis nicht aufgenommen sind. Beratun- gen sind jedoch bereits im Abschnitt B (bei- spielsweise Nrn. 1 und 3 GOÄ) in die GOÄ auf-

genommen. Ulrich Langenberg

Psychiatrische Gesprächsleistungen: Die medizinische Notwendigkeit zählt

Qualitätsverbesserung ist ja vor allem dort möglich, wo etwas nicht gut läuft.

Erwin Göckeler-Leopold

Referenzen

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