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Archiv "Public Health-Studiengänge in Deutschland: Die Hochschulen beackern Neuland" (26.05.1995)

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Zulassungs- voraussetzung

Studienplätze pro Jahr

Träger Studiengang seit Zielgruppe

Universität Bielefeld

Medizinische Hoch- schule Hannover Universität Düsseldorf

Medizinische Akademie Dresden

Technische Universität Berlin

Universität München

„Gesundheitswissenschaft und Öffentliche

Gesundheitsförderung

„Bevölkerungsmedizin und Gesundheitswesen"

„Gesundheitswissensch.

und Sozialmedizin"

„Gesundheitswissensch./

Public Health"

„Gesundheits- wissenschaften"

„Öffentliche Gesundheit und Epidemiologie"

alle relevanten Fachgruppen

alle relevanten Fachgruppen

Mediziner

Mediziner und Naturwissen- schaftler alle relevanten Fachgruppen

alle relevanten Fachgrupen

abgeschlossenes Studium/FH Berufserfahrung abgeschlossenes Studium

abgeschl. Studium Berufserfahrung (mind. 1 Jahr) abgeschl. Studium Berufserfahrung (mind. 2 Jahre) abgeschlossenes Studium/FH Berufserfahrung abgeschlossenes Studium Berufserfahrung erwartet 4/1989

10/1990

4/1991

1/1991

10/1992

5/1993

ca. 70

20

ca. 20

30 bis 40

40

25 THEMEN DER ZEIT

N

achdem in Deutschland lan- ge Zeit die Defizite gesund- heitswissenschaftlicher Leh- re, Forschung und Praxis be- klagt wurden, insbesondere mit Blick auf die hier führende Position der USA und der skandinavischen Län- der, ist es nun seit wenigen Jahren auch in Deutschland möglich, sich durch ein akademisches Aufbaustudi- um in „Public Health" (Gesundheits-

AUFSÄTZE

wissenschaften) weiter zu qualifizie- ren 1 ). Dabei handelt es sich um wei- terführende Studiengänge, für die ein erster berufsqualifizierender Hoch- schulabschluß Voraussetzung ist. In- zwischen bieten sechs deutsche Uni- versitäten entsprechende Studiengän- ge mit komplettem Programm und re- gulärem Abschluß an (Tabelle 1).

Über Zielsetzung und Inhalte dieses neuen Querschnittsfaches herrschen

bei Interessenten gelegentlich noch unklare Vorstellungen. Kernfächer des multidisziplinären Ansatzes Pu- blic Health sind Epidemiologie, Ge- sundheitsförderung, Gesundheitspo- litik sowie Gesundheitsmanagement und -verwaltung. Es handelt sich um eine Forschungsrichtung, die analy- sierend und handlungsorientiert alle Initiativen und Maßnahmen zusam- menfaßt, die über die Krankheitsur- sachenforschung und Krankheitsbe- handlung hinausgreifen und durch Entwicklung von Präventionsmaß- nahmen auf die Erhaltung und Förde- rung der Gesundheit zielen. Darüber hinaus wird auch das Gesundheitswe- sen selbst als Gegenstand wissen- schaftlichen Interesses angesprochen.

Zielgrößen sind dabei die Verlänge- rung der Lebenszeit und die Verbes- serung der Lebensqualität der Bevöl- kerung ebenso wie die besonderer Ziel- oder Risikogruppen. Es handelt sich hier also nicht um eine neue Spe- zialdisziplin der Medizin

Zwar gibt es unverkennbar Ge- meinsamkeiten zwischen Public Health und Medizin, denn es geht bei- den darum, Gesundheit zu erreichen und mit Krankheit besser leben zu

Public Health-Stuciengänge in Deutschlana

Die Hochschulen beackern Neuland

Ingbert Weber

Unter dem Stichwort „Public Health" oder „Gesundheitswissenschaften" werden seit den 80er Jahren in der Bundesrepublik Deutschland Ansätze diskutiert, die der bevölkerungsbezogenen Gesundheitsförderung gegenüber der individuellen Krankenversorgung einen höheren Stellenwert verleihen sollen. An einigen deut- schen Universitäten und Hochschulen wird das neue Fach gelehrt.

Tabelle 1: Public Health-Studiengänge in Deutschland

Quelle: Koordinierungsstelle Gesundheitswissenschaft/Public Health, Universität Freiburg/Breisgau

Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 21, 26. Mai 1995 (33) A-1503

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Charakteristikum Medizin Public Health im Zentrum steht

Arbeitsebene

Ziel

Wissenschaftliche Grundlagen

daraus abgeleiteter Handlungsansatz Präventivansatz

Leitende Prinzipien

das Individuum Arzt-Patienten- Beziehung Gesundheit

Medizin

spezifisch

Frühbehandlung, Verhaltensprä- vention alles muß getan werden: Orien- tierung auf Null- Risiko

die Gruppe, die Gemeinde Politik, Selbsthilfe

Wohlbefinden, Gesund- heit

Medizin,

Umweltwissenschaften, Arbeitswissenschaften, Sozialwissenschaften, Politik etc.

unspezifisch

Verhältnisprävention, Verhaltensprävention

Aufwands-Effizienz ist bestimmend, Restrisiken müssen bleiben

Tabelle 2: Unterschiedlichkeiten von Medizin und Public Health

Quelle: Harald H. Abholz, in: Forschung Aktuell Berlin, Nr. 45 bis 47, 9/1994, hrsg. von der TU Berlin

THEMEN DER ZEIT

können. Doch die Perspektiven auf dieses Anliegens sind verschieden. Im Mittelpunkt von Public Health stehen die Bevölkerung oder soziale Grup- pen und nicht, wie bei der Medizin, das Individuum (Tabelle 2).

Adressaten

Ein abgeschlossenes Studium der Humanmedizin ist daher für das Auf- baustudium Public Health nicht not- wendig, wenngleich es, je nachdem, in welches Berufsfeld der Absolvent strebt, eine sehr nützliche Basis sein kann. Nur der Düsseldorfer Zusatz- Studiengang konzentriert sich auf die Weiterbildung ausschließlich von Me- dizinern und Medizinerinnen, wäh- rend die übrigen Studiengänge im Prinzip für alle Fachrichtungen offen sind. In München richtet man sich al- lerdings in erster Linie an Personen mit medizinischem, pharmazeuti- schem oder naturwissenschaftlichem Hochschulabschluß, aber auch andere werden zugelassen. Was dagegen in sämtlichen Studiengängen erwünscht oder sogar Bedingung ist, das ist eine gesundheitswissenschaftlich relevan- te Praxistätigkeit vor Aufnahme des Studiums. Die Studiengänge verste- hen sich als Angebot für im Gesund- heitwesen Tätige, die ihren Erfah- rungshorizont erweitern wollen.

Organisation

Das erste „richtige" deutsche Pendant einer „School of Public Health", wie man entsprechende Ein- richtungen in den USA nennt, exi- stiert seit Januar 1994 in Bielefeld.

Dort hat der Senat der Universität die Errichtung einer eigenen Fakultät für Gesundheitswissenschaften beschlos- sen. An der Universität Düsseldorf gehört der Zusatz-Studiengang „Ge- sundheitswissenschaften und Sozial- medizin" zur medizinischen Fakultät.

Es besteht dort ein Kooperationsver- trag mit der Akademie für Öffentli- ches Gesundheitswesen.

In Berlin wurde im Oktober 1993 zwecks institutioneller Verankerung des Studiengangs das Institut für Ge- sundheitswissenschaften an der Tech- nischen Universität gegründet. In

AUFSÄTZE

Hannover wird der Studiengang von der Abteilung Epidemiologie und So- zialmedizin im Zentrum Öffentliche Gesundheitspflege getragen. In allen Fällen ist die Verknüpfung der jewei- ligen Forschungsverbünde für Public Health mit den Aufbau-Studiengän- gen gleichen Namens sehr eng. Das liegt an der gemeinsamen Entste- hungsgeschichte dieser Institutionen.

Ursprünglich war nämlich das Bun- desforschungsministerium und nicht die zuständigen Ministerien der Län- der treibende Kraft für diese Ent- wicklung. Im Bundesforschungsmini- sterium hatte man bereits 1989 die Gesundheitswissenschaften als vor- rangig zu förderndes Gebiet einge- stuft. Es sollten aber nur dort Vorha- ben unterstützt werden, wo seitens ei- ner Hochschule und des entsprechen- den Bundeslandes geeignete Voraus- setzungen bestünden und diese auch künftig gesichert werden könnten.

Durch diese Bedingung sollte verhin- dert werden, daß die — wie so oft — nach dem Gießkannen-Prinzip ver- teilten Mittel versickern und die be- teiligten Forscher auseinanderlaufen, sobald die finanzielle Förderung be-

endet ist. Auf diese Weise konnte man Landesregierungen motivieren, die Aufbau-Studiengänge zumindest zunächst als Modellprogramme zu fi- nanzieren und so auch dazu beizutra- gen, den Fortbestand der Forschungs- verbünde zu sichern.

Was die Organisation des Studi- ums betrifft, so ist für alle Studiengän- ge eine praxisorientierte Ausrichtung der Ausbildung charakteristisch. Das zeigt sich auch in der Vielzahl exter- ner Dozenten aus Verbänden und In- stitutionen des Gesundheitswesens wie auch in einem mehrwöchigen ob- ligatorischen Praktikum.

Inhalte

Die Multidisziplinarität zeigt sich nicht nur in der Zusammensetzung von Lehrenden und Lernenden, son- dern auch in der inhaltlichen Ausge- staltung des Curriculums. Die Studi- enangebote an den verschiedenen Standorten weisen hinsichtlich der Grundlagenfächer viele Gemeinsam- keiten, hinsichtlich der Studien- schwerpunkte aber markante Unter- A-1504 (34) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 21, 26. Mai 1995

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THEMEN DER ZEIT

schiede auf. Der Fächerkatalog um- faßt einheitlich neben Epidemiologie und Gesundheitsökonomie auch so- zialwissenschaftliche, verhaltenswis- senschaftliche und medizinische Grundlagen. Düsseldorf bietet aller- dings davon abweichend fünf obliga- torische Themenschwerpunkte an:

Organisationsanalyse von Einrich- tungen des Gesundheitswesens, Me- thoden der Gesundheitswissenschaf- ten, umwelt-, arbeits- und sozialmedi- zinische Determinanten von Gesund- heit, Familien- und Gemeindebezug von Gesundheit sowie verhaltensme- dizinische Prävention und Rehabilita- tion. Diese Fächer werden über die gesamte Studienzeit gelehrt und im zweiten Studienjahr durch For- schungskolloquien, Kurse, Seminare und Projektarbeiten vertieft.

Hannover bietet drei Schwer- punkte an, von denen die Studieren- den jeweils einen wählen können:

Management im Gesundheitswesen, Epidemiologie sowie Gesundheits- förderung und präventive Dienste.

Jeder Schwerpunkt umfaßt Pflicht- kurse und Wahlkurse. In Bielefeld werden derzeit sechs Schwerpunkte angeboten, darunter Rehabilitation und Gerontologie sowie soziale Psy- chiatrie/psychosoziale Dienste. Die Studierenden entscheiden sich nach dem Grundstudium für den Schwer- punkt, in dem sie ihr Studium zum Abschluß bringen wollen (Tabelle 3).

Bedarf und Arbeitsmarkt

Was läßt sich über die berufli- chen Chancen der Absolventen dieser Studiengänge sagen? Bei ausgelaste- ten Kapazitäten verlassen alle zwei Jahre etwa 200 gesundheitswissen- schaftlich ausgewiesene Magister die Universitäten.

Eine systematische Untersu- chung des quantitativen und qualitati- ven Ausbildungsbedarfs steht bisher aus. Im Rahmen der Vorbereitung des Berliner Studiengangs wurde dort im- merhin eine „Berufsfeldanalyse"

durchgeführt. Die Stellenanzeigen in vier Tages- und Wochenzeitungen wurden über einen Zeitraum von 12 Monaten (Juli 1990 bis Juni 1991) aus- gewertet. 247 Stellen waren ausge- schrieben, auf die sich Absolventen

AUFSATZE

mit gesundheitswissenschaftlicher Zusatzqualifikation mit guten Chan- cen hätten bewerben können. Die meisten Positionen wurden von Bund, Ländern und Gemeinden an- geboten (34 Prozent), auf die Kran- kenkassen entfielen 30 Prozent der Angebote, die Privatwirtschaft war immerhin mit 24 Prozent beteiligt.

Manche Insider erwarten für die kommenden Jahre einen Anstieg der Nachfrage am Arbeitsmarkt für ge- sundheitswissenschaftlich Ausgebil- dete, weil große Vorhaben wie die Re- form des Krankenversicherungssy- stems und des öffentlichen Gesund- heitsdienstes anstehen, die einschlä- gig qualifiziertes Personal erfordern.

Andererseits ist zu bedenken, daß die öffentlichen Kassen leer sind, so daß zumindest in diesem Bereich kein größerer Stellenzuwachs zu erwarten ist. Eine zunehmende Umschichtung von Eingangsqualifikationen bei Stel-

Tabelle 3: Public-Health-Studiengänge in Deutschland

Vereinbarte Mindeststandards Zulassungs- abgeschlossenes voraussetzung: Hochschul-

studium Studiendauer: 2 Jahre Studienumfang: 840 Std.

Grundlagen- 50 Prozent fächer: (420 Std.) Schwerpunkt- 25 Prozent fächer: (210 Std.) Projektstudium: 25 Prozent

(210 Std.) Abschlußarbeit: 3 Monate Abschluß- 2 mündliche prüfung: Prüfungen Abschluß: Magister/Di-

plom (noch nicht ab- schließend ge- klärt) Titel: Magister/

Master Public Health (MPH) Quelle: Public Health Forum, Nr. 4/1994

lenbesetzungen ist aber wahrschein- lich, so daß selbst in stagnierenden Bereichen Bewerber mit Zusatzstudi- um zukünftig größere Chancen haben dürften. Dies zeigt auch ein Vergleich der von den Hannoveraner Absolven- ten besetzten Berufsfelder vor und nach dem Zusatzstudium, demzufolge zahlenmäßig besonders der Transfer von der ambulanten und stationären Versorgung in die Bereiche For- schung (35 Prozent) und Öffentlicher Gesundheitsdienst ins Gewicht fällt.

Nicht alle Bereiche stagnieren: Die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen haben verdeutlicht, daß sie ihren Schwerpunkt Gesund- heitsförderung weiter ausbauen wer- den, und beabsichtigen, eine weitere Zahl entsprechend Qualifizierter ein- zustellen. Abgesehen von ihren quali- fikatorischen Voraussetzungen, wer- den Absolventen der Zusatzstudi- engänge Public Health immer einen weiteren Konkurrenzvorteil haben, nämlich die Tatsache, daß sie bereits berufstätig gewesen sind. Manche von ihnen sind sogar während dieser Aus- bildungsphase weiter halbtags berufs- tätig. Vor diesem Hintergrund sind die Aussichten dieser Absolventen, auf dem Arbeitsmarkt unterzukom- men, vermutlich besonders günstig.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärzteb11995; 92: A-1503-1506 [Heft 21]

Anschrift des Verfassers:

Dr. phil. Ingbert Weber Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland Herbert-Lewin-Straße 5

50931 Köln

1) Als Lektüre empfiehlt sich das Sonderheft

„Gesundheitswissenschaften" von „For- schung aktuell Berlin", Nr. 45 bis 47 (Septem- ber 1994), herausgegeben von der Techni- schen Universität Berlin, das auf 116 Seiten in verständlicher, gut lesbarer Form eine breite Darstellung zu den Forschungsverbünden und Studiengängen Public Health enthält und auch über weitergehende Fachliteratur informiert.

Der vorliegende Beitrag stützt sich u. a. auf die darin enthaltenen Aufsätze von Rosemarie Stein und von Petra Kolip. Das Sonderheft kann gegen 5 DM (in Briefmarken) angefor- dert werden beim Presse- und Informationsre- ferat der Technischen Universität Berlin, Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin. IW

A-1506 (36) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 21, 26. Mai 1995

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