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Archiv "Plädoyer für die Gesundheitsberatung J1" (14.03.1997)

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A-648 (28) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 11, 14. März 1997

K

aum zwei Jahre nach ihrer Ein- führung droht die Jugendge- sundheitsberatung J1 wieder aus dem ohnehin spärlichen Spektrum deutscher Präventionsangebote her- auszubrechen. Mit den seit Januar 1997 gültigen Änderungen des Para- graphen 20 Sozialgesetzbuch hätten

„viele Kassen die Verträge zur Über- nahme der J1 gekündigt“, beklagte Dr. Wolfgang Gey vom Bundesver- band der Ärzte für Kinderheilkunde und Jugendmedizin Deutschlands (BVKJD) auf einer mit dem Deut- schen Grünen Kreuz veranstalteten Pressekonferenz. Erst 1996 hatten fast alle gesetzlichen Krankenkassen das in Hessen initiierte Modell übernom- men. Dr. Wolfgang Meinrenken, Prä- sident des BVKJD, befürchtet, daß den Sparbestrebungen „eine hervor- ragende Chance“ zum Opfer falle, bei Jugendlichen „noch rechtzeitig ge-

sundheitliche Weichen zu stellen und Korrekturen vornehmen zu können“.

Sinn der J1 sei, so Gey, „eine er- ste Bestandsaufnahme des körperli- chen und seelischen Entwicklungs- standes des Jugendlichen im 13. Le- bensjahr“. Und von diesem Zustand zeichnete der Pädiater Dr. Bernhard Stier (BVKJD) ein düsteres Bild. Zu- nehmend beobachte er psychosomati- sche Beschwerden, deren Wurzeln er in sozialen Umständen wie Jugendar- beitslosigkeit, Lehrstellenmangel, fa- miliären Schwierigkeiten oder Man- gel an Perspektiven sieht. Gefährlich seien solche Entwicklungen auch des- halb, weil sie die Neigung zu Alkohol, Nikotin und Drogen verstärkten.

Während solche grundlegenden gesellschaftlichen Probleme indes kaum von Ärzten gelöst werden kön- nen, hat die wissenschaftliche Beglei- tung der J1 belegt, daß die untersuch- ten Jugendlichen eine beachtlich ho- he Quote von Auffälligkeiten aufwie- sen, bei denen Ärzte sehr wohl inter- venieren können. Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Köln hat bei einer bundesweiten Aus- wertung von mehr als 22 200 J1-Do-

kumentationsbögen festgestellt, daß bei über 60 Prozent der Jungen und Mädchen Anlaß für weiterführende Diagnostik, Beratung oder Therapie bestand. Nach dieser Auswertung, so Dr. Jürgen Bausch (KV Hessen), lei- den 25 Prozent der Jugendlichen an Allergien beziehungsweise Asthma, etwa 14 Prozent sind übergewichtig, 18 Prozent weisen auffällige Befunde am Skelettsystem auf, immerhin um die sieben Prozent haben einen Kropf.

Eine Ernährungs- beziehungsweise Diätberatung hielten die Ärzte bei 18 Prozent der Jugendlichen für erfor- derlich, bei jedem vierten veranlaßten sie Impfungen, ebenso viele benötig- ten eine Jodprophylaxe.

Und immerhin vier Prozent der Jugendlichen rieten die Ärzte zu einer Suchtberatung. Wer angesichts dieser Zahlen „die Chance zur frühzeitigen Intervention verpaßt, handelt unver-

antwortlich“, sagte Bausch. Zumal die Akzeptanz der Untersuchung bei den Jugendlichen stetig wachse: Je nach- dem, wie intensiv die Kassen ihre Mit- glieder informierten, nahmen zwi- schen zehn und 50 Prozent der berech- tigten Mädchen und Jungen das An- gebot der J1 wahr. Angesichts des Spektrums der gesundheitlichen Auf- fälligkeiten sieht auch Jürgen Thiesen (Landesverband der Betriebskran- kenkassen Hessen) in der J1 „einen unzweifelhaft sinnvollen Beitrag zur Vermeidung ernsthafter Erkrankun- gen und ihrer Folgekosten“.

Doch das Engagement einiger Kassen, die die Untersuchung bislang noch freiwillig weiterfinanzieren, sei durch die aktuellen Regierungspläne in Frage gestellt. Danach soll eine Fortführung der J1 nicht mehr als „re- guläre“, sondern nur als „erweiterte“

Leistung möglich sein. Die Kassen dürften die J1 nicht mehr aus dem Topf bezahlen, in den auch die Arbeitgeber ihre Hälfte beitragen, sondern die Ver- sicherten müßten die Kosten alleine tragen. Das, so glaubt Thiesen, würde das Ende der Jugendgesundheitsun- tersuchung bedeuten. Klaus Koch

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Plädoyer für die

Gesundheitsberatung J1

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