Zur ortbildung elle Medizin
Natürliche
Abwehrzellen — Natural
killer cells (NK)
Spezifische und unspezifische Abwehr Ob man dem Zunehmen der Anglizismen (bei der Bedeu- tung des Englischen als Wissenschaftssprache ver- ständlich) positiv oder negativ gegenübersteht: die Bezeich- nung „natural killer cells"
(NK) hat sich international so eingebürgert, daß es verwir- rend wäre, andere Bezeich- nungen zu gebrauchen.
Das durch seine komplizierten Interaktionen gekennzeichne- te Abwehrsystem des Men- schen und der höheren Tiere hat man nicht zu Unrecht als ein „zweites Gewebe"ge- kennzeichnet, das allein ihnen die langfristige Existenz trotz einer Vielzahl von endogenen und exogenen Noxen ermög- licht — dessen überschießende Reaktionen andererseits aber zur Krankheitsursache werden können. Die vielgerühmten Antibiotika z. B. sind in den üblichen therapeutischen Do- sen überwiegend nicht bakte- rizid, nur bakteriostatisch> den Rest besorgt das Immunsy- stem des Wirts.
Umfassende Arbeiten der letz- ten Jahre haben vor allem drei Einsichten gefördert:
Die in den T-Lymphozyten zellulär verkörperte, in den B- Zell-abhängigen Antikörpern manifestierte Immunität ist zwar überwiegend (antigen-) spezifisch, d. h. gegen einen Erreger oder seine Toxine ge- richtet (Beispiele: Schutzimp-
fung, Boosterung bei nachfol- genden Infektionen, lebens- lange Immunität). Darüber hin- aus gibt es aber sowohl im plasmatischen Bereich (z. B.
Interferone, Interleukine, Kom- plement) als auch besonderes im zellulären Bereich (Makro- phagen, Granulozyten, NK-Zel- len) eine Anzahl unspezifi- scher, also ubiquitärer Ab-, wehrmechanismen, die im Fal- le etwa einer Infektion durch den Erreger erst zu überwin- den sind.
Q Nicht nur zwischen T- und B-Lymphozyten besteht eine enge Kooperation, sondern auch zwischen den spezifi- schen und unspezifischen Ab- wehrmechanismen.
• Die ausgedehnte Anwen- dung von Oberflächenmarkern und von monoklonalen Anti- körpern*) hat in den beiden letzten Jahren das Augenmerk mehr als bisher auf die unspe- zifischen Abwehrmechanis- men gelenkt: So ist schon lan- ge bekannt, daß Monozyten bzw. Makrophagen Schadstof- fe ganz unspezifisch aufneh- men und entweder selbst aus der Zirkulation entfernen und verdauen oder aber als Infor- mationsträger für das Immun- system modulieren. Zu den (unbeschadet der genannten Kooperation) unspezifischen zeltzerstörenden Mechanis- men gehören das Komple- mentsystem (über das wir in Kürze eine Übersicht aus be- rufener Feder bringen wer- den) und die eingangs ge- nannten NK-Zellen.
Morphologie und Zytochemie der NK-Zellen
Die NK-Zellen sind nach neue- ren Erkenntnissen morpholo-
*) siehe hierzu auch Dt. Ärztebl. 78 (1981) 2182
gisch große granulierte Lym- phozyten („large granular lym- phocytes", LGL), die entweder aus Vorstufen der im Kno- chenmark gebildeten T-Lym- phozyten entstehen oder aus einer eigenständigen Entwick- lungsreihe hervorgehen, und die mangels entsprechender Marker-Zuordnung zur T- oder B-Reihe oft als „0-Lymphozy- ten" oder als „dritte Popula- tion" eingeordnet werden.
Zytochemisch sind die NK-Zel- len' durch einen reichen Ge- halt an verschiedenen sauren Hydrolasen und damit einen besonders aktiven lysosoma- len Apparat gekennzeichnet.
Die paranukleär reichlich an- geordneten Vesikel geben kei- ne Peroxidasen in die Umge- bung ab und nehmen auch keine Latex-Partikel oder op- sonierte Erythrozyten auf. Bei- des sind wichtige Unterschie- de zu den Granulozyten. Diese zytochemischen und funktio- nellen Eigenschaften sind in dem zur Zeit in vollem Fluß befindlichen Gebiet die einzi- gen sicheren Erscheinungs- merkmale, während die Ober- flächenmarker, d. h. spezifi- sche Antigene oder Antikör- per, bisher keine sichere Un- terscheidung brachten. Inzwi- schen ist es allerdings gelun- gen, einen monoklonalen Anti- körper („HNK-1") zur Charak- terisierung von NK-Zellen her- zustellen, während die be- kannten, zur Kennzeichnung von Helfer- bzw. Suppressor- Zellen verwendeten T-Zell-An- tikörper OK-T 1, 2, 4, 5, 8 nicht reagieren. Gleichwohl ist es zur Zeit noch strittig, ob die NK-Zellen nicht den T-Lym- phozyten zugeordnet werden müssen.
Der Anteil der großen granu- lierten Formen der Lymphozy- ten (LGL) wird auf etwa 10%
44 Heft 50 vom 16. Dezember 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A