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Archiv "Ein Drittel für den Bereich „Gesundheit“" (31.07.1980)

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DEUTSCHE S RZTE B LATT

Ärztliche Mitteilungen

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Ein Drittel

für den Bereich

„Gesundheit"

Gesamtumfang der Sozialausgaben 1980:

rund 450 Milliarden DM

Nach dem jetzt vorgelegten

„Sozialbericht 1980" der Bun- desregierung werden die Sozial- ausgaben im laufenden Jahr et- wa 30 Prozent des Bruttosozial- produkts betragen. Ein Drittel davon — 151 Milliarden DM

—entfällt auf „Leistungen für die Erhaltung oder Wiederherstel- lung der Gesundheit". Offenbar erwartet die Bundesregierung für die Jahre bis 1984 keine nennenswerten Verschiebungen zwischen den Anteilen der wich- tigsten Sozialaufwendungen.

Nur wenig beachtet von der Öffentlichkeit, hat Arbeitsminister Dr.

Herbert Ehrenberg dem Bundeskabinett den „Sozialbericht 1980"

vorgelegt, das ihn dann an den Bundestag weiterleitet: eine budget- artige Aufstellung aller direkten und indirekten Sozialleistungen, die es in der Bundesrepublik Deutschland gibt. Außer den Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung sind in diesem Zahlenwerk auch die sozialen Ausgaben der Arbeitgeber, die steuerlichen Ver- günstigungen aus sozialen Gründen, die Versorgungsleistungen im öffentlichen Dienst und so weiter enthalten.

Die Zahlen sind für Normalbürger fast schwindelerregend: der Gesamtumfang des Sozialbudgets umfaßt für das Jahr 1980 beinahe 450 Milliarden DM. Das sind 30 Prozent des Gesamtwertes aller im Jahre 1980 erarbeiteten Güter und erbrachten Dienstleistungen, also des Bruttosozialprodukts, das im laufenden Jahr etwa 1500 Milliar- den DM betragen wird. Umgerechnet erreichen die Sozialleistungen in diesem Jahr 7370 DM je Kopf der Bevölkerung.

Die Sozialleistungen werden in dem Budget dann aufgeteilt auf einzelne Bereiche. Der größte Posten mit 171 Milliarden DM oder fast 40 Prozent aller Sozialleistungen ist die Altersversorgung, nämlich Renten, Pensionen, Betriebs- und Zusatzrenten, Witwenrenten, Ren- ten aus der Unfallversicherung und der Kriegsopferversorgung für über Sechzigjährige sowie die Leistungen der Sozialhilfe für diese Altersgruppe.

Den zweitgrößten Posten bilden mit 151 Milliarden DM oder 33 Prozent des Budgets die Leistungen für Erhaltung und Wiederher- stellung der Gesundheit. Darin sind erfaßt sämtliche Aufwendungen für Vorbeugung, Mutterschutz sowie bei Krankheit, Arbeitsunfall und Invalidität, und zwar Sach- und Geldleistungen. Pro Kopf der Bevölkerung werden wir im laufenden Jahr dafür 2480 DM aus- geben.

Heft 31 vom 31. Juli 1980 1887

(2)

Bericht und Meinung

„Sozialbericht 1980"

60 Milliarden DM oder 14 Prozent des Sozialbudgets umfassen die Leistungen zum Schutz der Fami- lie: Kindergeld, Sozialleistungen bei Mutterschaft, Steuerermäßi- gungen.

Ferner sind mit kleineren Prozent- sätzen erfaßt der Bereich Beschäf- tigung (also Leistungen für Ar- beitslose, für berufliche Bildung, Umschulung, Umsetzung und so weiter: insgesamt 5,5 Prozent);

Förderung des Sparens (4 Pro- zent); Entschädigung für Folgen politischer Ereignisse (2 Prozent).

Wohnen (2 Prozent); Leistungen in besonderen Notlagen (Sozialhil- fe, Jugendhilfe, allgemeine Le- benshilfen; 0,5 Prozent).

Nun enthält dieses Sozialbudget, wie seit etwa einem Jahrzehnt üb- lich, auch eine Vorausschätzung für die folgenden Jahre — ein wei- terer Anlaß für ein kleines Er- schrecken: denn diesmal wird in der Hochrechnung die — durch den Erfolg eines ausländischen Li- teraten mit so viel Emotionen bela- dene — Jahreszahl 1984 erreicht.

Wir werden dann, schätzt Ehren- berg, ein Bruttosozialprodukt, das bis dahin im Durchschnitt um sie- ben Prozent jährlich wachsen wird, von bereits fast 2 Billionen (= 2000 Milliarden) DM erarbeiten;

die Sozialleistungen werden um etwa 6,3 Prozent jährlich zuneh- men und 1984 den Betrag von 577 Milliarden DM erreichen, das sind schon 9530 DM pro Einwohner.

(Hierbei müsse man berücksichti- gen, daß die Gesamtzahl der Be- völkerung in der Bundesrepublik von jetzt etwas mehr als 61 Millio- nen auf schätzungsweise 60,5 Mil- lionen zurückgehen wird.) Die Sozialleistungsquote — der An- teil der Sozialleistungen am Brut- tosozialprodukt — wird etwas ab- sinken, und zwar von 30,1 Prozent im laufenden Jahr auf 29,3 Prozent im Jahr 1984. Dies hängt natürlich immer von der wirtschaftlichen Gesamtlage und der Konjunktur ab. Zum Rückgang der Soziallei- stungsquote, die schon in den letzten Jahren beobachtet wurde,

haben nach Ansicht der Bundesre- gierung unter anderem die Maß- nahmen „zur Konsolidierung der Rentenversicherung und zur Ko- stendämpfung im Gesundheitswe- sen" beigetragen.

Grenzen

der Belastbarkeit erreicht?

Trotzdem fragt man sich: Kann denn wirklich einfach alles so wei- tergehen? Im Sozialbericht wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Anteil der Leistungen für Ehe und Familie am Sozialbudget bis 1984 von 14 auf 15 Prozent des Sozialbudgets steigen solle. Hier- aus, und auch aus den Zahlenbe- rechnungen, ist zu schließen, daß die anderen Ausgaben offenbar im gleichen Tempo weitersteigen sol- len wie bisher, also etwa die Ge- samtaufwendungen für die Ge- sundheit bis zum Jahre 1984 auf 193 Milliarden DM, oder 3180 DM pro Einwohner — obwohl doch nir- gendwo geschrieben steht, ob es für die Volkswirtschaft oder die Volksgesundheit überhaupt „rich- tig" ist, daß auch in Zukunft ein Drittel des Sozialbudgets für „Er- haltung und Wiederherstellung der Gesundheit" ausgegeben wird!

Anders ausgedrückt: sollen wir es als ein Zeichen von Optimismus oder von Pessimismus betrachten, wenn die Bundesregierung davon ausgeht, daß der Beitragssatz von durchschnittlich 11,4 Prozent des Arbeitsentgelts für die Kranken- versicherung auch bis zu dem

„berüchtigten" Jahr 1984 beste- hen bleibe? Seit den Horrormel- dungen über die „Kostenexplo- sion" im Gesundheitsbereich und erst recht seit der permanent wer- denden Ölkrise ist doch überall von einem Umdenken die Rede.

Die Beitragsbelastung der Versi- cherten habe ohnehin ihre Grenze erreicht, heißt es; und: man müsse endgültig von dem Gedanken Ab- schied nehmen, man könne sich auf eine Stetigkeit des Wachstums verlassen. Bleiben denn aber un-

sere Politiker dabei, immer nur weiter hochzurechnen?

Aber apropos „Horrorzahlen":

man kann jetzt ein interessantes Experiment machen. Man erinnere sich nämlich, daß zu einem poli- tisch vergleichbaren Zeitpunkt im Frühsommer 1976 — vor Beginn ei- nes Bundestagswahlkampfes — der damalige rheinland-pfälzische Sozial- und Gesundheitsminister Dr. Heiner Geißler (heute General- sekretär der CDU) mit den Schrek- kens-Hochrechnungen seiner Ar- beitsgruppe auf das Jahr 1980 an die Öffentlichkeit ging (was er zum ersten Male im Oktober 1974 ge- tan hatte). Man muß wohl Geißler den „Erstlingspreis" zuschreiben, damals ganz wesentlich dazu bei- getragen zu haben, daß überhaupt die Kostenentwicklung im Ge- sundheitswesen — allerdings über- proportional — ins Bewußtsein der Öffentlichkeit gerückt wurde und dann schließlich auch Maßnah- men folgten.

Nebenbei bemerkt: aufmerksame Beobachter verstanden dies da- mals auch als Geißlers (vorsorgli- chen) Anspruch, im Falle eines CDU/CSU-Wahlsieges im Jahre 1976 in Bonn mit einem einschlä- gigen Ressort bedacht zu werden.

Aufgerückt in der Partei ist er in- zwischen; aber zu den „Gesund- heitspolitikern" der derzeitigen Bonner Opposition zählt man ihn sicher nicht mehr. Blättert man heute in dem damals von ihm vor- gelegten „Krankenversicherungs- Budget '80", so findet man: Geiß- lers Prognosen sind nicht einge- troffen — muß er etwa das politisch womöglich frustrierende Erfolgs- erlebnis machen, man habe seine

Mahnungen beherzigt?

Hier ist eine wichtige Einschrän- kung vonnöten: ein direkter Ver- gleich zwischen Geißlers Zahlen- werk aus dem Jahre 1976 und dem jetzigen Sozialbudget 1980 der Bundesregierung ist nicht mög- lich; Geißler beschränkte sich sei- nerzeit ausdrücklich auf die ge- setzliche Krankenversicherung, während das Sozialbudget der

1888 Heft 31 vom 31. Juli 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(3)

Die Konjunktur beeinflußt den Krankenstand

Prozent 6

Krankenstand -- Durchschnitt 5,5

5

Personen

• 800.000

500.000

100.000

Jahr 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78

5,5 Prozent aller Krankenkassenversicherten in der Bundesrepublik sind im statistischen Durchschnitt arbeitsunfähig. Steigt die Arbeitslosigkeit, so sinkt der Krankenstand. Bei niedrigen Arbeitslosenzahlen dagegen liegt der Krankenstand tendenziell über dem Durchschnitt ZI

Arbeitslose

Durchschnitt

Bericht und Meinung

„Sozialbericht 1980"

Bundesregierung volkswirtschaft- liche Gesamtrechnungen enthält.

Man kann also nur einen groben, überschlägigen Vergleich anstel- len. Heiner Geißler hatte im Jah- re 1976 für 1980 in der gesetzli- chen Krankenversicherung einen

„Ausgabenüberhang" (auf gut deutsch: ein Defizit) von etwa 23 Milliarden DM vorausgeschätzt.

Zitat: „Der durchschnittliche Bei- tragssatz in der gesetzlichen Kran- kenversicherung lag Ende 1975 bei elf Prozent. Wenn der Bei- tragssatz von elf Prozent auch für den Vorausschätzungszeitraum nicht überschritten werden soll und/oder keine sonstigen Finan- zierungsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung zugeführt werden (geltendes Recht der Krankenversicherung der Rent- ner), darf der Leistungsaufwand der gesetzlichen Krankenversiche- rung im Jahr 1980 nicht höher als rund 85 Milliarden DM sein. Tat- sächlich aber drohen der gesetzli- chen Krankenversicherung, wenn der Kostenentwicklung im Ge- sundheitswesen nicht Grenzen ge- setzt werden, erheblich höhere Ausgabeverpflichtungen, nämlich im Jahr 1980 in Höhe von 108 Mil- liarden DM."

Sollte dieses Defizit von 23 Milliar- den DM nicht auf andere Weise beseitigt werden können, so Geiß- ler damals, dann müßte für das Jahr 1980 ein Beitragssatz von 14,5 Prozent in der gesetzlichen Krankenversicherung zu befürch- ten sein.

Und siehe da: der Beitragssatz blieb in Wirklichkeit bei durch- schnittlich etwas über elf Prozent.

Und wie Ehrenbergs Sozialbudget ausweist, wird damit 1980 ein Lei- stungsaufwand von 85,6 Milliar- den DM für die Leistungen der Krankenversicherung finanziert.

Im einzelnen: Dr. Geißler hatte für 1980 unter dem Posten „Ärzte.

Zahnärzte, sonstige Heilpersonen, Zahnersatz" Ausgaben von insge- samt 33,9 Milliarden DM hochge- rechnet; nach dem Sozialbudget der Bundesregierung werden es

lediglich 27,5 Milliarden DM sein.

Für den Krankenhaussektor rech- net die Bundesregierung im lau- fenden Jahr mit Ausgaben von 24,7 Milliarden DM; Geißler hatte seinerzeit 35,8 Milliarden DM vor- ausgeschätzt. Unter dem Posten

„Apotheken, sonstige Heil- und Hilfsmittel" erwartete Geißler 22,2 Milliarden DM; tatsächlich werden es 16,7 Milliarden DM sein. Auch bei allen kleineren Posten wie den Ausgaben für Krankengeld, Mut- terschaft, Sterbegeld sowie auch bei den Verwaltungskosten in der Krankenversicherung werden wir laut Sozialbudget der Bundesre- gierung 1980 um ähnliche Pro- zentsätze unter dem bleiben, was Geißler 1976 vorausberechnet hatte.

Nun wäre es sicher nicht richtig, all diese Zahlen für bare Münze zu nehmen: Erstens enthalten alle Schätzungen und Hochrechnun- gen Fehlerquellen; zweitens ist das Jahr 1980 noch nicht zu Ende;

drittens fällt erfahrungsgemäß manches sachliche Argument den Wahlkämpfen zum Opfer.

Aber man wird an den Tendenzen, die in diesen Zahlenwerken zum Ausdruck kommen, ebensowenig vorbeigehen können wie an dem Anspruch der Bundesregierung im Sozialbericht 1980, es sei „insge- samt gelungen, die Kostenent- wicklung in der Krankenversiche- rung stärker an den volkswirt- schaftlichen Möglichkeiten zu orientieren". gb

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 31 vom 31. Juli 1980 1889

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