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Archiv "Durchblutungsstörungen im Bereich des Nervensystems" (05.02.1993)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Durchblutungsstörungen im Bereich des Nervensystems

Wissenschaftliche Tagung der Neurologischen

Universitätsklinik

mit Poliklinik in Marburq, 8.-10. Mai 1992

D

urchblutungsstörungen in den verschiedenen Bereichen des Nervensystems bestimmen heute zahlenmäßig den Alltag vieler kli- nisch tätiger und niedergelassener Neurologen und Nervenärzte. Das ist vielleicht ein Grund, warum viele internationale und nationale Tagun- gen und Kongresse diesem Bereich der Neurologie gewidmet werden.

Dennoch fanden in den letzten Jah- ren neben den oft sehr spezialisti- schen Veranstaltungen nur wenige Fortbildungsveranstaltungen statt, die umfassend und aktuell einen Überblick zu den verschiedensten Fragen aus diesem Themenbereich vermitteln konnten. Unter dieser

1. Grundla en

H. H. KornhuberlUlm eröffnete die Tagung mit einem Grundsatzre- ferat über Risikofaktoren und Prä- vention des Hirninfarktes. Trotz ei- ner zunehmenden „Schlaganfall"- Morbidität wird eine Prävention des Hirninfarktes bisher nur unzurei- chend betrieben. Bloße Aufzählung von Risikofaktoren wie Bluthoch- druck, Diabetes mellitus, Hyperlipi- dämie, absolute Arrhythmie und so weiter ignoriert die primären Ursa- chen. In diesen Risikogruppen kann insbesondere der Lebensstil geän- dert werden, denn eine gesunde Le- bensführung kann am ehesten das Leben verlängern. Zu den angehba- ren Ursachen des Hirninfarktes ge- hört heute, noch vor dem Zigaretten- rauchen, der sogenannte „normale"

Alkoholkonsum. Sowohl der Alko- hol- als auch der Nikotinkonsum sollten gemäß persönlicher Einschät- zung individuell (therapeutisch) und

Zielvorstellung geplant, galt die nun zum dritten Mal in Marburg veran- staltete wissenschaftliche Tagung den Grundlagen, den ätiologischen Faktoren, den diagnostischen Mög- lichkeiten sowie neben Therapie und Rehabilitation auch der Prophylaxe von Durchblutungsstörungen im Be- reich des Nervensystems. Rund 450 Fachkollegen aus der gesamten Bun- desrepublik folgten der Einladung und konnten sich in 30 Übersichtsre- feraten und 57 weiteren Vorträgen über den heutigen Stand der Diskus- sion informieren. Etwa 150 Kollegen nutzten darüber hinaus die Gelegen- heit, an Kursen — zum Teil mit prak- tischen Übungen — über die verschie- denen Ultraschallverfahren hirnver- sorgender Gefäße und elektrophy- siologische Untersuchungsmethoden teilzunehmen. Im folgenden wird über vier Hauptthemen berichtet.

Die Herausgabe der Beiträge in Buchform ist für das Frühjahr 1993 geplant.

strukturell (präventiv) angegangen werden.

In einem Referat zur Pathophy- siologie des Hirninfarktes wies K. A.

Hossmann/Köln darauf hin, daß die infolge der Durchblutungsminde- rung ausgelösten funktionellen und biochemischen Störungen schwellen- wertabhängig sind. Bei einem Absin- ken der Durchblutung von 50 auf un- ter 10-12 ml/100 g/Min. stellen die Ionenpumpen ihre Tätigkeit ein, und das Membranpotential bricht zusam- men. Dieser Vorgang wird von einer Negativierung der kortikalen Ober- fläche (terminale Depolarisation), dem Erlöschen der elektrischen Er- regbarkeit der Membranen und ei- ner Verschiebung der extrazellulä- ren Flüssigkeit in das intrazelluläre Kompartment begleitet. Die Depola- risation der Zellmembranen ist in- nerhalb einer Stunde reversibel, bei längerem Bestehen treten strukturel- le Schäden auf, die zum Hirninfarkt überleiten. Eine Verbesserung der

fokalen Durchblutungsstörung mit vasoaktiven Substanzen ist in der Regel nicht möglich, eher durch hä- modilutorische Maßnahmen. Aller- dings führt die Hämodilution nicht zu einer Verbesserung der Sauer- stoffversorgung, da die Sauerstoff- transportkapazität des Blutes ab- nimmt.

Die auf eine zerebrale Ischämie folgende Störung des Energiestoff- wechsels gibt offenbar nur den An- stoß zu den Vorgängen, die zur Schädigung und Nekrose von Neuro- nen führen, wie J. KrieglsteinlMar- burg hervorhob. Die wohl bedeu- tendsten Folgeprozesse einer zere- bralen Ischämie sind die Störung der zellulären Kalziumhomöostase und die Bildung freier Sauerstoffradika- le. Gerade die Reoxigenierung des Hirngewebes nach einer ischämi- schen oder hypoxischen Phase führt zu einer vermehrten Bildung von Sauerstoffradikalen. Diese sehr re- aktiven Verbindungen können Zell- strukturen ebenfalls zerstören und zum Untergang der Neurone führen.

Daraus ergeben sich verschiedene Ansätze für eine neuroprotektive Therapie: Schutz der intrazellulären Kalziumhomöostase und Abfangen von Sauerstoffradikalen.

Die Neuropathologie zerebraler Durchblutungsstörungen kann nach H. D. Mennel/Marburg in Verände- rungen der Makrozirkulation und solche der Mikrozirkulation aufge- teilt werden. Störungen der Makro- zirkulation beruhen meist auf Terri- torialinfarkten, die von Gefäß- und Grenzgebieten sowie von der Kolla- teralversorgung einzelner Bereiche abhängig sind. Anders verhält es sich mit den Störungen der Mikrozirkula- tion. Während es klinisch eher zu ei- ner langsam progredienten Ver- schlechterung neuropsychologischer und psychischer Leistungen kommt, liegt ihr morphologisch ein Multiin- farkt-Syndrom, eine subkortikale Enzephalopathie nach Binswanger oder ein Status lacunaris subkortika- ler Strukturen zugrunde.

E. B. Ringelstein/ Aachen führte zur Pathogenese des Hirninfarktes vier Manifestationsebenen der zere- brovaskulären Verschlußkrankheit an: 1. die zerebrale Mikroangio- pathie der langen perforierenden A1 -286 (66) Dt. Arztebl. 90, Heft 5, 5. Februar 1993

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Endarterien, 2. die intrakranielle Makroangiopathie der großen basa- len Hirnarterien im Subarachnoidal- raum, 3. die extrakranielle Makro- angiopathie der hirnversorgenden Halsarterien und 4. die embolisie- renden Erkrankungen des Herzens.

Die unter 2. bis 4. aufgeführten Lä- sionen können heute fast lückenlos mit Ultraschallverfahren diagnosti- ziert werden. Die zerebrale Mikro- angiopathie kann intravital nur an ihren Folgen, den lakunären Infark- ten und der subkortikalen arterio- sklerotischen Enzephalopathie, im kranialen Computertomogramm (CCT) oder im Magnetresonanzto- mogramm (MRT) erkannt werden.

Makroangiopathische Gefäßläsionen führen in der Mehrzahl zu Embo- lien, die sich im CCT als Infarkte mit territorialer Verteilung darstellen.

Hämodynamische Störungen durch extrakranielle arterielle Verschluß- prozesse erzeugen Infarkte in den kortikalen Grenzzonen und den sub- kortikalen sogenannten „letzten Wiesen". Anhand der Lokalisation, Ausdehnung und Multiplizität kön- nen die genannten Infarkttypen mit Hilfe der bildgebenden Verfahren häufig differenziert werden, so daß eine diesbezüglich abgestimmte dia- gnostische und therapeutische Stra- tegie erfolgen kann.

2. Klinik

Nach einer Auswertung der kli- nischen Syndrome aller Patienten mit zerebralen Durchblutungsstö- rungen, die in den letzten 10 Jahren in der Neurologischen Universitäts- klinik Marburg behandelt worden sind, hatten 2989 einen Hirninfarkt, 480 eine transitorische zerebrale Ischämie und 346 intrazerebrale Blu- tungen (G. Huffmann/Marburg).

Nach charakteristischen neurologi- schen und entsprechenden compu- tertomographischen Befunden konn- ten die Hirninfarkte 872 Mal dem Versorgungsgebiet der A. cerebri media, 86 Mal der A. cerebri posteri- or und nur 22 Mal der A. cerebri an- terior zugeordnet werden. Die flüch- tige klinische Symptomatik und ne- gative CT-Befunde ließen eine loka- lisatorische Zuordnung der transi-

torischen zerebralen Ischämien mei- stens nicht zu. Intrazerebrale Blu- tungen betrafen 108 Mal die Basal- ganglien und waren 64 Mal temporal und in allen übrigen Hirnregionen seltener lokalisiert.

Die folgenden Referate bezogen sich zunächst insbesondere auf psy- chopathologische Syndrome im Ge- folge zerebraler Durchblutungsstö- rungen. Nach H.-J. Luderer/Erlangen lassen psychische Auffälligkeiten in gewissem Umfang Schlüsse auf die Schwere der Hirnschädigung zu. So kommt es bei ausgeprägteren Hirn- schädigungen eher zu Delirien, am- nestischen Syndromen und Demen- zen, während bei leichteren Schäden neurasthenische und affektive Syn- drome häufiger sind. Akute Ver- wirrtheitszustände treten bei einzel- nen ischämischen Herden auf, wäh- rend Demenzen eher als Hinweise auf multiple Hirninfarkte gewertet werden können. Organische Depres- sionen werden insbesondere bei linkshirniger Schädigung oder bei Hirnstammläsionen gesehen.

G. W. Wallesch/Freiburg stellte den Verlauf und die Therapie neu- ropsychologischer Störungen nach einem Hirninfarkt dar. Unterschied- liche Teilleistungsstörungen wie Aphasie, Apraxie, Hemineglect und.

Beeinträchtigungen von Basisfunk- tionen höherer Hirnleistungen wie Antriebs- und Aufmerksamkeitsstö- rung sowie Bewußtseinstrübung er- fordern ein verlaufsorientiertes Ein- teilungssystem und daraus die Indi- kation zu verschiedenen Behand- lungsstrategien.

Ein Migräneanfall kann zu ei- nem Hirninfarkt führen (K.-H.

Henn/Marburg). Pathophysiologisch wird neben der Vasokonstriktion bei der Migräne auch die erhöhte Thrombozytenaktivität diskutiert.

Allerdings fehlen noch sichere epi- demiologische Daten zu Häufigkeit und Risiko. Bei intrazerebralen Hä- matomen ist ein Rückgang der Hy- pertonie als Risikofaktor zu ver- zeichnen (K. Schütz/Gießen). Dem- gegenüber haben ein chronischer Al- koholkonsum sowie das Risiko einer spontanen Hirnblutung unter Anti- koagulantien und während der Fibri- nolyse an Bedeutung gewonnen. Le- tale Faktoren sind das Hämatomvo-

lumen, die Lokalisation des Häma- toms und die Ventrikeleinbruchblu- tung. In den letzten 12 bis 14 Jahren ist die Sterblichkeit durch intrazere- brale Hämatome von etwa 80 Pro- zent auf rund 30 Prozent zurückge- gangen.

Nach B. Griewing/Marburg kommt als Ursache zerebraler Durchblutungsstörungen den Verän- derungen im venösen Stromgebiet gegenüber den arteriellen Zirkulati- onsstörungen eher eine untergeord- nete Rolle zu. Allerdings sollte gera- de bei dem Gefäßprozeß des jünge- ren Erwachsenen an Hirnsinus- und -venenthrombosen gedacht werden.

Ätiologische Faktoren sind oft nicht zu klären. Bei der variablen klini- schen Symptomatik stehen insbeson- dere hirnorganische Anfälle, Kopf- schmerzen oder eine Stauungspapil- le im Vordergrund. Die Diagnostik wird in zunehmendem Maße durch die bildgebenden Verfahren wie die Magnetresonanztomographie und die MR-Angiographie bestimmt. Die Therapie besteht in der Gabe von Antikoagulantien, während sich die Erfahrungen mit Substanzen throm- bolytischer Wirkung nur auf Einzel- beobachtungen beschränken.

Durchblutungsstörungen kön- nen auch periphere Nervenläsionen bewirken, was am Beispiel isolierter Hirnnervenausfälle im höheren Le- bensalter und der Panarteriitis nodo- sa von H.-J. Braune/Marburg darge- legt wurde. Nicht mechanische Ursa- chen, sondern Embolien oder Ge- fäßverschlüsse der Vasa nervorum führen zu dem in aller Regel akut einsetzenden Nervenschaden. Bei der Panarteriitis nodosa werden in der Muskelbiopsie eine nekrotisie- rende Angiitis zahlreicher Vasa ner- vorum, ein in typischer Weise multi- fokal beginnender Nervenfaserun- tergang in der zentralen Faszikelre- gion und ein Betroffensein aller Ner- venfaserklassen distal-betont gefun- den.

In einem Übersichtsreferat be- schrieb J. Jörg/Wuppertal Pathoge- nese und Klinik der spinalen Durch- blutungsstörungen. Dabei stehen Ischämien des Rückenmarks zahlen- mäßig gegenüber der venösen Rük- kenmarksinfarzierung und den spi- nalen Blutungen ganz im Vorder- Dt. Ärztebl. 90, Heft 5, 5. Februar 1993 (67) A1-287

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grund. Pathogenetisch sind autoch- thone Gefäßerkrankungen der Rük- kenmarks-Gefäße und sekundär ent- standene Rückenmarks-Ischämien (unter anderem hämodynamisch oder durch Gefäßkompressionen) zu unterscheiden. Die Klinik der aku- ten Myelomalazien ist sehr charakte- ristisch: Das A.-spinalis-anterior- Syndrom, das A.-sulco-commissura- lis-Syndrom und das A.-radicularis- magna-Syndrom sind am häufigsten anzutreffen. Demgegenüber bereitet die Diagnose der chronischen vasku- lären Myelopathie nicht selten Schwierigkeiten.

Neben anderen Vortragenden ging P. Berlit/Essen auf die entzünd- lichen Hirngefäßerkrankungen als Ursache zerebraler Ischämien ein, die insbesondere im jungen Erwach- senenalter ätiologisch bedacht wer- den müssen. Dabei sind erreger- und immunologisch-bedingte Vaskuliti-

3. Diagnostik

Mehrere Referate bezogen sich auf die Bedeutung der Ultraschall- diagnostik bei zerebralen Gefäßpro- zessen. Nach G. M. von Reutern/Bad Salzhausen müssen die verschiede- nen Ultraschallverfahren je nach Ge- fäßgebiet und der Fragestellung an- gewandt werden. Letztlich sollte aber die Untersuchung mit der cw- Dopplersonographie, der Duplex- Sonographie und der gepulsten So- nographie der intrakraniellen Hirn- arterien als eine Einheit aufgefaßt werden. Bezüglich der klinischen Be- deutung ist zur Differentialdiagnose und der pathogenetischen Beurtei- lung von Hirndurchblutungsstörun- gen die Kombination von Computer- tomographie und Magnetresonanz- tomographie mit der Ultraschallun- tersuchung der Gefäße unverzicht- bar. Die Angiographie kann auf we- nige sehr präzise Fragestellungen eingeengt werden.

Während die klinische und bild- gebende Diagnostik regelmäßig die topische Zuordnung und Bestim- mung der Ausdehnung von zerebra- len Gefäßprozessen erlaubt, können neurophysiologische Methoden wie die evozierten Potentiale und die Elektroenzephalographie exaktere

den zu unterscheiden. Bei den Auto- immunopathien müssen primäre Vaskulitiden (zum Beispiel die Pa- narteriitis nodosa-Gruppe) von der vaskulitischen Beteiligung bei rheu- matischen Erkrankungen (zum Bei- spiel Lupus erythematodes) abge- grenzt werden. Neben einer geziel- ten Labordiagnostik im Serum mit Suche nach Autoantikörpern und Entzündungsmarkern ist eine Li- quordiagnostik zwingend erforder- lich. Stets sollte auch zur Diagnose- stellung eine bioptische Absicherung erfolgen, welche die Basis für die er- forderliche immunsuppressive Lang- zeittherapie darstellt. Schließlich sind in einer Reihe weiterer Vorträ- ge besondere klinische Syndrome hervorgehoben worden, wie sie bei seltenen Gefäßprozessen (Moya- Moya-Syndrom, fibromuskuläre Dys- plasie und Dissektionen hirnversor- gender Arterien) entstehen.

Aussagen über das Ausmaß der funktionellen Beeinträchtigung er- möglichen. W. F. Haupt/Köln zeigte, daß evozierte zerebrale Potentiale und akustisch evozierte Hirnstamm- potentiale Auskunft über den Funk- tionszustand wichtiger afferenter Bahnen geben und auch frühzeitige Aussagen über die Prognose zere- braler Gefäßerkrankungen zulassen.

Ein besonderer Vorteil besteht in der weitgehenden Unabhängigkeit dieser neurophysiologischen Daten von Medikamenteneinflüssen, so daß die Befunde auch bei sedierten Pa- tienten verwertbar bleiben.

G. Lemberg/Marburg wies darauf hin, daß durch den Einsatz der moder- nen bildgebenden Verfahren sowie durch die Entwicklung der Ultra- schalldiagnostik die Elektroenzepha- lographie mancherorts fast aus dem Gesichtsfeld verdrängt worden ist, ob- wohl sie doch als wesentliche Metho- de zur Erfassung von Störungen der Funktion des Gehirns durch diese Verfahren nicht ersetzt werden kann.

Vielmehr hat sie durch die verbesser- te Möglichkeit der vergleichenden Betrachtung von morphologischen und funktionellen Störungen noch zu- sätzliches Interesse gewonnen.

Große Beachtung fanden die Vorträge zu den Möglichkeiten der

neuroradiologischen Verfahren bei Durchblutungsstörungen im Bereich des Nervensystems. A. Thron/Aa- chen sieht die Aufgabe der Neurora- diologie darin, den Ort und die Art der Gefäßveränderungen nachzu- weisen. Hierfür ist eine intraarteriel- le zerebrale Angiographie, heute überwiegend als digitale Subtrakti- onsangiographie (DSA) durchge- führt, noch immer die Methode der ersten Wahl. Dazu liegen erste Er- fahrungen mit der Magnetresonanz- Angiographie vor. Im spinalen Be- reich kommen selektive spinale An- giographiemethoden zur Anwen- dung.

Nach A. Lütcke/Marburg ist im kranialen Computer- und Magnetre- sonanztomogramm die Erschei- nungsform der Hirninfarkte außer von ihrer Lokalisation und Ausdeh- nung entscheidend von ihrem Alter, das heißt dem Stadium exsudativer beziehungsweise reparativer Vor- gänge, und dem Hinzutreten hä- morrhagischer Komponenten abhän- gig. Abgrenzungsschwierigkeiten können gegenüber andersartigen Er- krankungen, insbesondere raumfor- dernden Prozessen, auftreten, sind jedoch in aller Regel durch eine die Stadienentwicklung berücksichtigen- de Verlaufsbeobachtung beherrsch- bar.

Mit der Positronen-Emissions- Tomographie (PET) gelingen die Messung und Darstellung der regio- nalen Verteilung von Veränderun- gen pathophysiologisch relevanter Vorgänge bei akuten Ischämien (M.

Huber/Köln). Je nach eingesetzter Methodik können die Sauerstoffuti- lisation, das regionale Blutvolumen und der Glukosestoffwechsel gemes- sen werden. PET-Untersuchungen zeigen, daß sich im Bereich des Hirn- infarktes und seiner Peripherie be- züglich der genannten patho- physiologischen Faktoren sehr hete- rogene Vorgänge abspielen.

4. Therapie

und Rehabilitation

In zwei großen Sitzungen, die insbesondere auch bei den niederge- lassenen Kollegen große Resonanz fanden, wurden Fragen der Therapie A1-288 (68) Dt. Ärztebl. 90, Heft 5, 5. Februar 1993

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diskutiert. So führte A. Ferbertl Aa- chen aus, daß die Indikation zur Be- handlung mit Antikoagulantien bei folgenden Situationen vorliegen kann: 1. Hochgradige Stenose eines hirnversorgenden Gefäßes mit der Gefahr der Embolisierung in distale Gefäßabschnitte oder der Progressi- on zum kompletten Verschluß. 2.

Embolisierende Herzerkrankung.

Mit der Gabe dieser Medikamente erfolgt keine eigentliche Behandlung des Hirninfarktes, sondern die Pro- phylaxe eines Reinfarktes. Die Ge- fahr einer größeren Blutung als Komplikation ist nach der Erfahrung des Vortragenden eher gering.

Die zerebrale Hirndurchblutung und damit die Prognose des Hirninfarkt- Patienten korrelieren nach den Aus- führungen von A. Haass/Homburg mit dem Hämatokrit und der Plas- maviskosität in hohem Maße. Nach Messungen der zerebralen Auto- und Mikrozirkulation kann durch Senkung der Plasmaviskosität die Durchblutung um 30 Prozent gestei- gert werden. Die Behandlung sollte nach Meinung des Referenten not- fallmäßig so schnell wie möglich ein- setzen. Die erste Maßnahme bleibt eine an die kardiale Leistungsfähig- keit angepaßte schnelle Volumenzu- fuhr in Form einer hypervolämischen Hämodilution. Sie wird mit einer Therapie zur Verbesserung der Herzleistung, wie Digitalisierung oder Behandlung von hämodyna- misch wirksamen Rhythmusstörun- gen, verbunden sein. Ziel ist eine Steigerung des Herzzeitvolumens und eine Senkung des Hämatokrits.

Auch darf der Blutdruck nicht ab- rupt oder zu stark gesenkt werden.

Systolische Werte um 180 mmHg können noch toleriert werden.

W. Dorndorf/Gießen und D. Rai- thellNürnberg nahmen aus neurolo- gischer und gefäßchirurgischer Sicht zur Carotischirurgie Stellung. Wäh- rend bis vor wenigen Jahren die Indi- kationen zu Carotisoperationen sehr uneinheitlich gestellt wurden, haben aktuelle Therapiestudien neue Per- spektiven eröffnet. Nach einer multi- zentrischen europäischen Studie und einer nordamerikanischen Untersu- chung ist die Operation einer hoch- gradigen Carotisstenose nach einer ipsilateralen transitorischen zerebra-

len Ischämie oder einem leichten Hirninfarkt unter der Bedingung ei- ner niedrigen Kompliaktionsrate des Operationszentrums unter fünf Pro- zent sehr wirksam. Für asymptomati- sche Carotisstenosen, vor allem wenn sie weniger als 90 Prozent aus- machen, ist die Operationsindikation nur in Ausnahmefällen gegeben.

E. Peterson/Wildbad und B. Kügel- gen/Bayreuth wiesen in ihren Vorträ- gen auf die Erfolge medizinischer und beruflicher Rehabilitation nach zerebrovaskulären Erkrankungen hin. Allerdings fehlen Vergleiche zwischen verschiedenen physiothera- peutischen Methoden. Eine Evaluie- rung der Therapie und ein allgemein anerkanntes und leicht handhabba-

Plasmalipide und koronare

Herzkrankheiten im hohen Alter

Die Bronx Aging Study ist eine 10jährige prospektive Untersuchung an hochbetagten Freiwilligen (Alter 75 bis 85 Jahre, durchschnittliches Alter bei Eintritt in die Studie 79 Jahre) mit dem Ziel, Risikofaktoren für Demenz, koronare Herzkrank- heit und Schlaganfall zu bestimmen.

Die vorliegende Untersuchung um- faßte 350 Probanden, die bei Eintritt in die Studie frei von terminalen Er- krankungen und Demenz sein muß- ten. Die Lipidwerte wurden minde- stens zweimal bestimmt. Insgesamt wiesen mehr als ein Drittel der Un- tersuchten Unterschiede von über 10 Prozent zwischen der ersten und der letzten Messung auf. Ferner wurden signifikante Unterschiede im Lipid- muster zwischen Männern und Frau- en festgestellt. Die Probanden wur- den entsprechend dieser Ergebnisse in verschiedene Risikokategorien eingeteilt. Die Inzidenz kardiovasku- lärer Erkrankungen, von Demenz und Todesfällen wurde zwischen die- sen verschiedenen Risikogruppen verglichen. Dabei zeigte sich bei Männern eine signifikante Assoziati-

res Dokumentationssystem sollten bald verfügbar sein. Trotz der aufge- zeigten Erfolge ist offenkundig, daß die steigende Zahl selbst jüngerer Patienten nach einem zerebralen Gefäßprozeß die Erweiterung thera- peutisch-rehabilitativer Einrichtun- gen und die Lösung umfangreicher sozialer und humanitärer Aufgaben erfordert.

Dr. med. Bernd Griewing Prof. Dr. med. Gert Huffmann Neurologische Univ.-Klinik mit Poliklinik

(Leiter Prof. Dr. G. Huffmann) Rudolf-Bultmann-Str. 8

W-3550 Marburg/Lahn

FÜR SIE REFERIERT

an zwischen niedrigem HDL-Chole- sterin (<30 mg/dl) und der Entwick- lung eines Myokardinfarktes (p = 0.006), einer kardiovaskulären Er- krankung (p = 0.002) sowie Todes- fällen (p = 0.002). Bei Frauen dage- gen war ein erhöhter LDL-Choleste- rin-Spiegel (>171 mg/dl) mit dem Auftreten eines Myokardinfarktes assoziiert (p = 0.032). Diese Befun- de lassen darauf schließen, daß ein ungünstiges Lipidprofil — niedrige HDL-Spiegel bei Männern, erhöhte LDL-Spiegel bei Frauen — auch im fortgeschrittenen Alter ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Morbidi- tät und Mortalität bedeutet. sht

Zimetbaum, P., W. H. Frishman, W. L.

Ooi, M. P. Derman, M. Aronson, L. I. Gi- dez, H. A. Eder: Plasma lipids and lipopro- teins and the incidence of cardiovascular disease in the very elderly The Bronx Aging Study. Arteriosclerosis and Throm- bosis 12 (1992) 416-423.

Albert Einstein College of Medicine, Bronx, N. Y. 10461.

Dt. Ärztebl. 90, Heft 5, 5. Februar 1993 (69) Al-289

Referenzen

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