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Archiv "Sklaven" (12.08.1976)

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Die Information:

Bericht und Meinung DER KOMMENTAR

Rettungswesen:

Vom Gesetzgeber sind keine Initiativen zu erwarten

Die Rettungsgesetze der Länder, das Bundesgesetz zum Berufsbild des Rettungssanitäters wie auch das Personenbeförderungsgesetz sind der parlamentarischen Zu- rückhaltung vor der Wahl zum Op- fer gefallen. Unpopuläre Maßnah- men, die vor allen Dingen kosten- trächtig sein können, dürften vom Bund die notwendigen Initiativen im Wahljahr nicht mehr erhalten, da sind sich alle Experten (einge- schlossen die des Bundesverkehrs- ministeriums) wohl einig. Aller- dings ist festzustellen, daß auch in den Bundesländern, die die Ge- setzgebungskompetenz für das Rettungswesen und somit die Ret- tungsgesetze haben, auch nicht überall die notwendige Aktivität an den Tag gelegt wird, um das Ret- tungswesen auf einen rechtlich ausreichend abgesicherten Boden zu stellen. So wird im „fortschrittli- chen" Lande Hessen voraussicht- lich kein Gesetz für das Rettungs- wesen eingebracht und verab- schiedet werden. Im Gegensatz dazu stehen die guten Erfahrungen in Bayern, die man dort mit dem schon frühzeitig verabschiedeten Rettungsgesetz gemacht hat.

Daß die Sanktionierung gesetzli- cher Grundlagen für Ausbildungs- berufe im Rettungswesen zeitlich längst überholt ist, wird dadurch deutlich, daß heute schon vielfach Hilfsorganisationen den vielzitier- ten „Rettungssanitäter" ausbilden nach einer Ausbildungs- und Prü- fungsordnung, die im Grunde ge- nommen rechtlich noch gar nicht existiert. Die Verkehrsexperten weisen im Gespräch mit einer ge- wissen Bitterkeit darauf hin, daß zwar auf Bundesebene man sich einiges einfallen lasse, nicht so sehr wichtige und bedeutungsvolle Gesetzesvorhaben schnell noch vom Tisch zu bekommen, man sich aber doch mit aller Gewalt davor drückt, Gesetzesvorhaben zu reali-

sieren, für die die Praxis längst Priorität angemeldet hat.

Auch Ausblicke in die gesetzgebe- rische Zukunft machen skeptisch.

Mit Anlaufen der Gesetzesmaschi- nerie nach der Wahl im Oktober 1976 ist nämlich mit großer Wahr- scheinlichkeit damit zu rechnen, daß allenfalls 1978 mit einem In- krafttreten der wichtigsten rechtli- chen Grundlage für ein funktionie- rendes Rettungswesen zu rechnen ist. Und dieser Termin ist noch op- timistisch angesetzt!

Wenn der Gesetzgeber aber guten Willens ist, so kann er immerhin durch Übergangsregelungen oder Richtlinien dazu beitragen, daß we- nigstens die Rettungssanitäteraus- bildung letzten Endes nicht völlig auseinanderläuft und eine gewisse Einheitlichkeit auf Bundesebene gewahrt wird. AWA

Puritanische

Primär-Prävention

„Vorsichtige Schätzungen" soll — so berichtete dieser Tage ein Pressedienst — das Bundes- ministerium für Jugend, Fami- lie und Gesundheit angestellt ha- ben. Und so ward geschätzet: Für die Behandlung von Krankheiten, die auf falsche Ernährung zurück- zuführen sind, seien in einem der letzten Jahre von den Versiche- rungsträgern 3,5 Milliarden DM auf- gewandt worden.

Andere Leute schätzen, daß die Behandlung von Krankheiten, die mit dem Rauchen zusammenhän- gen, jährlich 10 Milliarden kostet.

Mit dem Autofahren hinwiederum haben vier Milliarden zu tun — oder sechs, oder zwei, es ist wirk- lich egal: Das kann man alles ganz beliebig „vorsichtig schätzen".

Bier, Schnaps und Wein kommen mit beliebigen Milliarden dazu; was ein mehr oder weniger exzessives Liebesleben kostet, kann beziffert werden, ebenso der Streß am Ar- beitsplatz, der Sonnenbrand im Ur-

laub oder überhaupt das „unver- nünftige" Urlaubsverhalten — was das auch immer sein möge.

Und bei alledem wedelt der morali- sche Zeigefinger: Iß vernünftig, laß das Rauchen, und sonst auch noch alles mögliche, denn sonst kostet's der Allgemeinheit Geld. Eigentlich müßten alle nichtvegetarischen Gaststätten geschlossen werden, und wer doch einmal in ein Mehr- Sterne-Lokal geht, hat eben Strafe zu zahlen. Und die Autos werden abgeschafft — und so weiter.

Nun aber ernsthaft: „Primärprä- vention" soll, so sagen die Polit- Theoretiker, in Zukunft Hauptauf- gabe der Gesundheitspolitik sein.

Wir aber sollten schleunigst damit aufhören, die angeblichen Kosten zu „schätzen", die die normalen Lebensäußerungen des Individu- ums für die Versichertengemein- schaft, die Volkswirtschaft oder wen sonst auch immer verursa- chen. Sonst haben wir die „Primär- prävention", die gesellschaftliche (versteht sich), vollends auf dem Hals — und unsere Welt wird wie- der puritanisch, so puritanisch, wie sie noch nie gewesen ist. Nur: dies nicht mehr im Namen Gottes oder einer religiösen Lehre, sondern im Namen der Gesundheit. Das liegt aber inzwischen wohl eng zusam- men: Die anfangs erwähnte Mel- dung eines Pressedienstes hatte bezeichnenderweise die Über- schrift: „3,5 Milliarden für Freß-

sünder". bt

Sklaven

Ein klassisches Beispiel dafür, wie beschlagen eine ideologische Bril- le sein kann, hat der „Parlamenta- risch-Politische Pressedienst"

(PPP) geliefert. Er referierte die Ärztezahlen, die im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT für den 1. Januar 1976 geliefert worden waren (Heft 19/1976, Seite 1523). Allerdings:

Aus der ganzen Statistik interes- sierte den Autor dieser Meldung zunächst nur eine Zahl — die Mel- dung beginnt nämlich mit den Sät-

2104 Heft 33 vom 12. August 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Die Information:

Bericht und Meinung NACHRICHTEN

zen: „16 391 Ärzte und Ärztinnen in der Bundesrepublik haben am Stichtag 1. Januar 1976 ihren Beruf nicht ausgeübt. Auf diesen Tatbe- stand hat am Montag das DEUT- SCHE ÄRZTEBLATT hingewiesen, ohne allerdings darüber Aufschluß zu geben, warum rund 12 Prozent der Ärzte auf eine Tätigkeit in ei- nem Beruf verzichten, dessen Aus- bildungsweg mit öffentlichen Mit- teln finanziert worden ist...". Die Zahl der nicht berufstätigen Ärzte habe sich, so rechnet der Autor weiter, seit 1960 um 159,9 Prozent erhöht. Dann kommen endlich die Gesamtzahl der Ärzte und die Arzt- dichte „1:498. Bezieht man die nicht berufstätigen Ärzte ein, sinkt die Relation auf 1:439".

Die beschlagene Brille: In der Ärz- testatistik sind alle Approbations- urkundeninhaber aufgeführt, auch die, die dank der allmählich ver- besserten Altersversorgung in hö- herem Alter ihren Beruf nicht mehr auszuüben brauchen (und dazu auch die Ärztinnen, die sich, wie es im Verwaltungsdeutsch öfters heißt, der „Aufzucht ihrer Kinder widmen"). Daran hat der PPP-Re- dakteur wohl nicht gedacht — sonst hätte er den gehässigen Sei- tenhieb auf die „öffentlichen Mit- tel" nicht guten Gewissens austei- len dürfen. Oder bedeutet die Fi- nanzierung eines Studiums durch öffentliche Mittel etwa, daß man damit bis zu seinem Lebensende, notfalls noch mit 102 Jahren, arbei- ten muß?

Übrigens: Der Anteil der nicht be- rufstätigen Ärzte an der Gesamt- zahl der Ärzte ist (obwohl auch die genannten Ärztinnen darunter sind) noch immer erheblich niedriger als der Anteil der über 65 Jahre alten Bundesbürger an der Gesamtzahl derjenigen, die über 25 Jahre alt sind — das sind nämlich in der Ge- samtbevölkerung rund 20 Prozent!

(Ärzte — siehe oben: 12 Prozent).

Die Ärzte scheinen also im Durch- schnitt ihre „öffentlichen Mittel"

doch noch immer erheblich länger

„abzuarbeiten", als es sonst üblich

ist. bt

Hohe Zuverlässigkeit allgemeinärztlicher Einweisungsdiagnosen

Die Einweisungsdiagnosen nieder- gelassener Allgemeinärzte sind auch dann in hohem Maße zuver- lässig, wenn vor der Einweisung kein übertriebener diagnostischer Aufwand veranlaßt wurde. Zu die- ser Feststellung gelangt eine Dis- sertation, die kürzlich an der Medi- zinischen Fakultät der Universität Freiburg (Breisgau) eingereicht wurde und die auf einer Stichpro- benuntersuchung an 872 Patienten im süddeutschen Raum basiert.

Die Gegenüberstellung der Einwei- sungsdiagnosen mit den Kranken- hausentlassungsdiagnosen ergab in 72 Prozent der Fälle Überein- stimmung. Dabei wurde in fünf Pro- zent der Fälle eine sofortige Not- falldiagnose durch den einweisen- den Arzt gestellt, 72 Prozent der Diagnosen wurden auf Grund von wichtigen Leitsymptomen angege- ben. Nur 21 Prozent basierten auf ausführlichen diagnostischen Ab- klärungen. Als unklare Verdachts- fälle wurden von den einweisenden Ärzten weniger als zwei Prozent der Fälle eingestuft. Etwa ebenso viele Fälle konnten auch klinisch nicht abgeklärt werden. P/DÄ

Überall ähnliche Kostenprobleme

In allen deutschsprachigen Län- dern ist der ausschlaggebende Faktor für die Kostenexpansion im Gesundheitswesen der in großem Umfange betriebene Ausbau der stationären Krankenbehandlung.

Dies stellten bei einer Diskussion über aktuelle gesuredheits- und be- rufspolitische Fragen die Vertreter der deutschsprachigen Ärzteorga- nisationen fest, die — wie all- jährlich — zur ihrer Konsultativ- tagung zusammengekommen wa- ren, diesmal Ende Mai in der Stei- ermark. In dem Gremium treffen sich Vertreter der ärztlichen Orga- nisationen der Schweiz, Liechten-

steins, Österreichs, Luxemburgs, Südtirols und der Bundesrepublik Deutschland.

Übereinstimmend wurde aus die- sen sechs Ländern auch festge- stellt, daß die Kostenexpansion im Gesundheitswesen nur zum gering- sten Teil aus der Tätigkeit der nie- dergelassenen Ärzte abgeleitet werden kann. Die Ärzteorganisatio- nen aller dieser Länder haben aus- drücklich betont, daß sie bereit sind, an einer Ko'stendämpfung mitzuwirken, allerdings nur, wenn ein gleiches Vorgehen von den an- deren Partnern im Gesundheitswe- sen zugesichert wird. Einig ist man sich auch darüber, daß die Versor- gung der Bevölkerung durch nie- dergelassene Ärzte nach wie vor die wirtschaftlichste Versorgungs- art der Bevölkerung darstellt. De's- halb wird eine verstärkte Förde- rung der Niederlassung für erfor- derlich gehalten. pb

Gegen „Sozial-

medizinischen Dienst"

Gegen eine organisatorische Zu- sammenfassung der ärztlichen Gutachterdienste in einen einheitli- chen Sozialmedizinischen Dienst, wie er vom Deutschen Gewerk- schaftsbund (DGB) und der SPD gefordert wird, hat sich die CDU- Abgeordnete und Zahnärztin Frau Dr. Hanna Neumeister im Presse- dienst ihrer Partei ausgesprochen.

Unbestreitbar sei, daß sich die un- terschiedlichen Gutachterdienste bewährt haben und gleiche Sach- verhalte nach unterschiedlichen versicherungs- bzw. versorgungs- rechtlichen Vorschriften beurteilen.

Dieser Umstand könne auch durch einen gemeinsamen Sozialmedizi- nischen Dienst nicht aus der Welt geschafft werden. Auch in Zukunft werde es nicht den „Allroundme- diziner" geben, der in der Lage wäre, den Versicherten nach den maßgeblichen Gesichtspunkten al- ler beteiligten Versicherungszwei- ge selbst zu beurteilen.

Die CDU-Gesundheitspolitikerin setzte sich jedoch für eine weitge-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 33 vorn 12. August 1976 2105

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