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Archiv "Patient in SF 3" (09.12.1983)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 49 vom 9. Dezember 1983

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Die Diagnostik des

Postcholezystektomie-Syndroms

Siegfried E. Miederer und Wolfgang Schepp

Aus der Medizinischen Poliklinik der Universität Bonn

(Direktor: Professor Dr. med. Friedrich Krück)

Funktionelle Oberbauchbe- schwerden (Reizdarm, Reiz- magen) sind für die meisten, nach einer Cholezystekto- mie geklagten Beschwerden verantwortlich zu machen.

Die Erhebung einer subtilen Schmerzanamnese ist der wichtigste Schlüssel zur Ver- meidung postoperativer Be- schwerden, da bei der über- wiegenden Mehrzahl der Pa- tienten mit einem Postchole- zystektomie-Syndrom das präoperative Beschwerde- bild weiterbesteht. Trotz ver- besserter prä- und intraope- rativer Diagnostik bzw. Ope- rationstechnik hat die Zahl der an diesem Syndrom lei- denden Patienten offen- sichtlich nicht abgenom- men, was darauf hinweist, daß die Differenzierung in ty- pische Gallenblasenbe- schwerden und funktionelle Beschwerden von seiten des Magen-Darm-Traktes oft zu schwierig erscheint. Grund dafür mag auch die immer häufiger zu beobachtende Magen-Darm-Hysterie sein.

Mittels neuer diagnostischer Methoden können die orga- nischen Ursachen des Post- cholezystektom ie-Syndroms schneller erfaßt werden.

1. Einführung

Rezidivierende oder chronisch persistierende Beschwerden nach Gallenblasenentfernung wurden erstmals von Pribram 1934 (zitiert nach 6) unter dem Begriff „Post- cholezystektomie-Syndrom" zu- sammengefaßt. Als Ursachen wur- den nur auf das pankreatikobiliäre System bezogene Störungen der Motorik und des Stoffwechsels an- genommen. Mit der Zeit verwilder- te der Begriff zu einer Verlegen- heitsdiagnose für alle Beschwer- den nach Cholezystektomie, ohne auf einen direkten Bezug zu ach- ten. So heterogen wie der Be- griffsinhalt ist auch die ärztliche Meinung über dieses Syndrom.

Mallet-Guy (zitiert nach 3) charak- terisierte es noch im Jahre 1966 folgendermaßen: Das Postchole- zystektomie-Syndrom wird von dem Chirurgen nicht beachtet und abgelehnt, vom Internisten aner- kannt, vom Praktiker bekämpft und vom Patienten mit Enttäu- schung erlebt.

Wesentliche Teile dieser Einstel- lung haben sich heute gewandelt.

Der Chirurg kennt sehr wohl das Syndrom und die rein operativen Ursachen und weist auf die Be- deutung der intraoperativen Dia- gnostik hin. Der Internist hat seine anerkennende Warte verlassen und kann die postoperativen Ursa-

chen klar aufdecken, versucht die- se aber besser noch durch eine geeignete präoperative Diagnostik zu verhindern.

2. Symptomatik

Die beim Postcholezystektomie- Syndrom auftretenden Symptome zeigt die Tabelle 1. Die prozentua-

len Schwankungen erklären sich durch die Heterogenität des Pa- tientengutes und die unterschied- liche Beurteilung der Beschwer- den durch den Arzt. Sehr oft wer- den leichte dyspeptische Be- schwerden wie Druck, Völlegefühl und gewisse Nahrungsmittelun- verträglichkeiten, seltener stärke- re Dauerschmerzen, Koliken, Übelkeit, Erbrechen, Gelbsucht und Fieber als Folgen angegeben.

Nach Tondelli (12) ist es sinnvoll, eine Einteilung in leichte und schwere Symptome vorzunehmen.

Diese Einteilung ist unabhängig davon, ob diese Symptome trotz oder wegen der Operation vor- kommen oder ob sie postoperativ persistieren, rezidivieren oder neu auftreten.

2.1. Leichte Symptome

2.1.1. Dazu gehören Dyspepsie, postprandiales Druckgefühl im Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 49 vom 9. Dezember 1983 27

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Postcholezystektomie-Syndrom

Oberbauch, Speiseunverträglich- keiten, Obstipation und Diarrhoe, ferner

2.1.2. ein leichter Oberbauch- schmerz.

2.2. Schwere Symptome

2.2.1. Ausgeprägter Oberbauch- schmerz jeglichen Charakters.

2.2.2. Typische Gallenkoliken, Cholangitis, Ikterus, Gallenfistel.

3. Häufigkeit des Vorkommens Gemäß der diffusen Symptomatik schwanken die Angaben über die Häufigkeit des Postcholezystekto- mie-Syndroms stark und sind da- von abhängig, ob die statistischen Erhebungen von chirurgischer oder internistischer Seite durch- geführt wurden. Die optimistische Aussage von Hüdepohl (5), daß sich durch die verfeinerte Opera- tionstechnik, die strengere Indika- tionsstellung zur Operation und vor allem die Einführung der in- traoperativen Cholangiographie und Manometrie die postoperati- ven Beschwerden von 20 bis 50 Prozent auf 5 bis 20 Prozent hät- ten senken lassen, scheint sich an- hand der neueren Literatur nicht zu bewahrheiten. Bodevall (1967) gibt eine Häufigkeit von 40 Pro- zent (35 Prozent leichte und 5 Pro- zent starke Beschwerden), Stefa- nini (1974) eine von 31 Prozent (27 Prozent leichte und 4 Prozent star- ke Beschwerden) und Hess (1977) von 26 Prozent ohne weitere Diffe- renzierung an (zitiert nach 12).

Demnach äußert heute etwa jeder 3. Patient nach Cholezystektomie Beschwerden, die jedoch nur bei jedem 7. Patienten schwerer Art sind.

4. Ursachen

Je ausgeprägter und spezifischer die Beschwerden sind, desto häu- figer können organische Befunde nachgewiesen werden. Zu die- ser Erkenntnis hat insbesondere

EDITORIAL

Postcholezystektomie- Syndrom:

Mythos oder Realität?

Wolfgang Rösch

Kaum ein medizinischer Termi- nus ist so umstritten wie der Be- griff des Postcholezystektom ie- Syndroms, reicht doch die Palet- te der diesem „Krankheitsbild"

zugrundeliegenden Beschwer- den von einfachen Befindungs- störungen bis zu lebensbedrohli- chen Komplikationen. Ursprüng- lich reserviert für funktionelle Störungen infolge Verlusts der Gallenblase wird der Begriff des Postcholezystektomie-Syndroms heute bei allen Symptomen ver- wandt, die nach einer operativen Entfernung der Gallenblase be- obachtet werden. Angaben über die Häufigkeit des Syndroms schwanken zwischen 26 Prozent und 40 Prozent, wobei allerdings einschränkend gesagt werden muß, daß organisch biliäre Ursa- chen nur in 4,5 Prozent bis 9 Pro- zent gefunden werden.

Stirnemann und Mitarbeiter ha- ben 1983 in 6, 12, 24 und 48 mo- natigem Intervall 346 chole- zystektomierte Patienten mittels objektiver Kriterien (Visick) und Selbstbeurteilung durch den Pa- tienten nachuntersucht, wobei über 80 Prozent der Patienten mit dem Operationsergebnis zufrie- den waren. Nur bei 1 Prozent fan- den sich Beschwerden mit orga- nischer Ursache, in 15 bis 20 Pro- zent handelte es sich um leichte, sogenannte funktionelle Be- schwerden (postprandiale Ver- dauungsstörungen, Schmerzen im Oberbauch), die vermehrt von Frauen mit jahrelangen präope- rativen Beschwerden und häufi- gen Schmerzanfällen geklagt wurden.

Nachdem über zwei Drittel aller Patienten, die wegen gastrointe- stinaler Symptome den Arzt auf- suchen, an funktionellen Verdau- ungsbeschwerden leiden (Krag, 1982), nimmt es nicht Wunder, daß viele dieser Beschwerden nach einer wegen einer zufällig anläßlich einer sonographischen Untersuchung des Oberbauchs entdeckten Cholelithiasis durch- geführten Operation persistieren.

Auf der anderen Seite ist es ver- ständlich, daß jeder bei einem Patienten mit funktionellen Be- schwerden zu erhebende organi- sche Befund zur Hoffnung verlei- tet, den Patienten durch eine Operation beschwerdefrei zu be- kommen.

Während der Begriff der Gallen- gangsdyskinesie bzw. hypo- und hypermotiler Funktionsstörun- gen von Gallengang und Gallen- blase weitgehend verlassen wur- de, spielt die Papillenstenose trotz aller Problematik hinsicht- lich organischer und funktionel- ler Veränderungen in diesem Be- reich zumindest in einigen Klini- ken noch eine nicht zu unter- schätzende Rolle. Glaubt man den Untersuchungen von Mättig, so sind 95 Prozent aller intraope- rativ festgestellten Papillensteno- sen nach Sanierung des Steinlei- dens reversibel; eine primäre Sphinkterotomie ist deshalb un- ter dem Aspekt einer Prophylaxe postoperativer Beschwerden nur selten indiziert.

Inwieweit die Existenz eines jux- tapapillären Duodenaldivertikels, das mit zunehmendem Lebensal- ter immer häufiger gefunden wird, für postoperative Be- schwerden verantwortlich zu ma- chen ist, muß derzeit noch offen- gelassen werden, zumal eine operative Abtragung mit einem nicht unerheblichen Operations- risiko verbunden ist. Neuere en- doskopische Studien zeigen je- doch zweifelsfrei, daß ein nicht

28 Heft 49 vom 9. Dezember 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

Referenzen

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