Depressive Erkrankungen be- einträchtigen nicht nur die Gemütslage und den Antrieb.
Bis zu 80 Prozent der Betrof- fenen leiden auch an körperli- chen Symptomen – vor allem an Schmerzen, zumeist im Be- reich des Muskel- und Skelett- systems, und an Kopfschmer- zen. Oftmals komplizieren physische Symptome die Dia- gnosestellung.Aber auch dann, wenn die psychische Erkran- kung erkannt und antide- pressiv behandelt wird, sind es häufig die physischen Sympto- me, die einer Krankheitsre- mission im Wege stehen, erläu- terte Prof. Gerd Laux (Gaber- see/Wasserburg) in München.
Verfügbare Antidepressiva oft nicht ausreichend wirksam Die Remissionsrate von Pati- enten, die auf eine Schmerz- behandlung mit Antidepres- siva ansprachen, ist in Studien doppelt so hoch wie bei Pa- tienten, deren körperliche Symptome auf die Behand- lung nicht reagieren. Dabei sind Residualsymptome star- ke Prädiktoren für einen frühen Relaps der depressi- ven Erkrankung.
Die alt bewährten Antide- pressiva, beispielsweise Tri- zyklika und MAO-Hemmer, wirken unspezifisch und unse- lektiv auf den Neurotrans- mitter-Stoffwechsel im ZNS, weshalb sie erhebliche uner- wünschte Nebeneffekte pro- vozieren. Deutlich weniger Nebenwirkungen induzieren die selektiven Serotonin-Wie- deraufnahmehemmer (SSRI), deren therapeutischer Effekt aber häufig nicht ausreicht und die Schmerzen kaum be- einflusst. Jedoch scheinen Tri- zyklika eine stärkere analgeti- sche Wirksamkeit als SSRI zu haben.
Der antidepressive Effekt der SSRI setzt erst nach meh-
reren Wochen bis zu zwei Mo- naten voll ein, und nur wenige Patienten erreichen unter der Medikation eine komplette Remission.
Eine Schlüsselrolle in der Pathogenese depressiver Er- krankungen spielen die Neu- rotransmitter Serotonin und Noradrenalin. Beide Boten- stoffe spielen aber auch bei der Weiterleitung und Verar- beitung körperlicher Schmer- zen im ZNS eine dominie- rende Rolle. Ihr Hauptwirk- ort ist das limbische System als wesentliche Schaltstelle der Wahrnehmung körperlicher Schmerzen. Diese Tatsache erklärt auch die Bandbreite der psychischen und physi- schen Symptome, die viele depressive Patienten zeigen.
Nur wenn ein Gleichgewicht zwischen der serotonergen und noradrenergen Wieder- aufnahmehemmung herge- stellt wird, können sowohl die
psychischen als auch die kör- perlichen Symptome eliminiert werden. Ein solches ausba- lancierendes Wirkprofil be- sitzt der selektive Serotonin- Noradrenalin-Wiederaufnah- mehemmer (SSNRI) Duloxe- tin, der Anfang 2005 in den Markt eingeführt werden soll.
Die empfohlene Standard- dosis von täglich 60 mg Dulo- xetin dürfte bei dem größten Teil der Patienten eine ausrei- chende klinische Wirkung zei- gen. Studien ergaben eine ho- he Remissionsrate unter der Substanz, berichtete Laux. Die Wirkung setzt bereits nach einer Woche ein, und das Nebenwirkungsprofil sei sehr günstig, weil keine relevante Affinität zu anderen als zu den Serotonin- und Noradrenalin- Rezeptoren besteht. Durch das duale Wirkprinzip von Duloxetin wird nicht nur eine hohe Rate an Vollremissionen erreicht und damit auch das Rückfallrisiko deutlich ge- senkt, es werden auch körper- liche Beschwerden im Rah- men der Depression beseitigt oder zumindest minimiert.
Duloxetin wird auch das er- ste Medikament gegen Bela- stungsinkontinenz sein. Konti- nenz wird ebenfalls über sero-
tonerge und noradrenerge Re- zeptoren gesteuert. Die vom Mittelhirn und der Hirnrinde ausgehenden Impulse gelan- gen über das Sakralmark auf Motoneuronen und dann auf den Nervus pudendus, der den Tonus des inneren Blasen- sphinkters erhöht.
Detrusor-Kontraktion wird gehemmt
Indem Duloxetin die Wieder- aufnahme von Serotonin und Noradrenalin aus dem synap- tischen Spalt hemmt, steigert es die Aktivität des N. puden- dus. Der Rhabdosphinkter kontrakiert sich, die Detrusor- Kontraktion wird gehemmt, und die Blasenkapazität steigt.
Das Präparat wird in einer täg- lichen Dosis von 80 mg einge- nommen werden müssen. Es ist auch in dieser höheren Do- sierung gut verträglich und soll noch vor dem Antidepres- sivum auf den Markt kom-
men. Siegfried Hoc
Presseworkshop „Die andere Seite der Depression – körperliche Beschwerden insbesondere Schmerzen – das duale Wirkprinzip von Duloxetin (SSNRI)“ der Firmen Boehringer Ingelheim und Lilly Deutschland in München
V A R I A
A
A1832 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 2518. Juni 2004
Depressive Erkrankungen
Häufig mit Schmerzen verbunden
Unternehmen
Nach den Leitlinien des Dachverbandes der deutsch- sprachigen osteologischen Fachgesellschaften (DVO) besitzen ausschließlich Bis- phosphonate und selektive Östrogen-Rezeptor-Modula- toren (SERMs) in der Be- handlung der postmenopau- salen Osteoporose eine aus- reichend bewiesene Wirk- samkeit, erinnerte Prof. Hel- mut Minne (Bad Pyrmont) in Wiesbaden. Unter den Bis- phosphonaten gilt Alendro- nat (Fosamax®) als ein Mit- tel der ersten Wahl, sowohl zur effektiven Verhinderung von vertebralen Frakturen als auch zur Verhinderung von Hüftfrakturen bei Frau- en nach der Menopause und
auch später im höheren Le- bensalter.
Die Applikationsform mit 70 mg Alendronat einmal wöchentlich statt täglich 10 mg hat bei gleicher Wirk- samkeit die Patienten-Com- pliance deutlich gefördert und die Nebenwirkungsrate gesenkt, betonte Prof. Johann D. Ringe (Leverkusen). In- folge seiner kumulativen An- reicherung an der Knochen- oberfläche senkt Alendronat das Frakturrisiko um mehr als die Hälfte. Von der ein- mal wöchentlichen Einnah- me profitieren auch Patien- ten mit ösophagalem Reflux, denn bei niedrigen pH-Wer- ten im Ösophagus, wie es bei saurem Aufstoßen der Fall
ist, können Bisphosphonate Schleimhautirritationen am unteren Ösophagus-Bereich verursachen.
In einer Vergleichsstudie an 550 Frauen mit postme- nopausaler Osteoporose er- wiesen sich 70 mg Alendro- nat/Woche der Vergleichssub- stanz Risedronat (5 mg/Tag) als überlegen: Die Ergebnisse nach einem Jahr belegen ei- nen stärkeren Knochendich- tezuwachs unter Alendronat, an der Hüfte dreimal so stark wie unter dem Vergleichs- präparat. Siegfried Hoc
Mittagsgespräch „Fosamax®– Evidenz- basierte Leitlinien Osteoporose“ der Fir- ma MSD Sharp & Dohme anlässlich des Internistenkongresses in Wiesbaden