Tabelle: Luftverunreinigung und Krupp-Syndrom im Salt Lake Basin (3) nach Berücksichtigung von Alter, Geschlecht und Sozialstatus
Belastung durch Krupp-Syndrom von 1967-1970 Luftschadstoffe 1 oder mehr Anfälle 2 oder mehr Anfälle
niedrig 15,9 7,1
hoch 26,4 13,8
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
ÜBERSICHTSAUFSATZ
In Heft 6 vom 6. Februar 1985 ha- ben wir von Hans Hoffmeister und Mitarbeitern ein Editorial „Pseu- do-Krupp: Luftverunreinigung als Auslöser?" gebracht. Dazu ist uns von Privatdozent Dr. H. E. Wich-
mann aus dem Institut für Umwelt- hygiene der Universität Düssel- dorf ein Beitrag zugegangen, den wir als eine wesentliche Ergän- zung betrachten, vor allem im Hin- blick auf künftige Untersuchun- gen über den Zusammenhang zwischen Schadstoffgehalt der
Luft und Pseudo-Krupp.
Rudolf Gross
Das Editorial von Hoffmeister et al. (1) faßt einen Teil der Informa- tionen zum Thema „Pseudo- Krupp und Luftverunreinigung"
durchaus zutreffend zusammen, und die Forderung nach sorgfälti- gen epidemiologischen Studien ist insbesondere für die Bundes- republik nachhaltig zu unterstüt- zen. Dennoch ist das dargestellte Bild ergänzungsbedürftig, denn wenn (richtige) Tatsachen wie die Abnahme von Atemwegserkran- kungen in der Bundesrepublik und das Problem methodisch un- zulänglicher Studien breit disku- tiert werden, sollten auch Arbei- ten erwähnt werden, die in metho- disch einwandfreier Weise einen Zusammenhang zwischen kind- lichen Atemwegserkrankungen (einschließlich Pseudo-Krupp) und Luftschadstoffen aufgezeigt haben.
Die Tatsache, daß kindliche Er- krankungen der unteren und obe- ren Atemwege in Gegenden mit erhöhter Luftverunreinigung ge- häuft auftreten, ist ein seit vielen Jahren gesichertes umwelthygie- nisches Faktum. Die Zahl epide- miologischer Studien auf diesem Gebiet, von denen viele auch Lun- genfunktionsmessungen umfas- sen, ist kaum überschaubar; ei- nen guten Überblick über die wichtigsten dieser Arbeiten gibt der 8. Kriterienband der WHO (2).
Im folgenden sollen drei amerika-
nische Studien kurz diskutiert werden, die in Hinblick auf den Pseudo-Krupp wichtig sind und im Editorial (1) fehlen. Diese Stu- dien wurden im Salt Lake Basin (3, n = 8991), in den Rocky Moun- tains (4, n = 5773) und in New York (5, n = 7759) durchgeführt, zum Teil (3, 4) innerhalb des um- fangreichen CHESS-Programms (Community Health and Environ- mental Surveillance System).
Die Studie von Nelson et al. (3) be- rücksichtigte 8991 Kinder im Alter
Ergänzend zum Editorial in Heft 6/1985 werden einige wichtige amerikanische Ergebnisse nach- getragen. Danach trat das Krupp- Syndrom in Gebieten mit starker Luftverunreinigung anderthalb- bis dreimal so häufig auf wie in den jeweiligen Vergleichsgebie- ten mit niedrigeren Immissions- konzentrationen. Aussagen über Schwellenwerte oder Dosis-Wir- kungs-Beziehungen lassen sich hieraus jedoch nicht ableiten.
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zwischen ein und zwölf Jahren aus unterschiedlich belasteten Orten im US-Bundesstaat Utah.
Von den Eltern wurden Fragebö- gen ausgefüllt, welche Angaben über akute Erkrankungen der Atemwege enthielten, ferner über den Sozialstatus, die Familiengrö- ße und das Rauchverhalten. Die Diagnosen wurden durch die be- handelnden Ärzte validiert. Bei der statistischen Analyse wurde der Ortseffekt nach Berücksichti- gung der Einflußvariablen Alter, Geschlecht und Ausbildung der
Eltern überprüft. Das Ergebnis für das Krupp-Syndrom ist in der Ta- belle dargestellt.
Die Autoren führten die etwa dop- pelt so hohe Krupp-Häufigkeit im belasteten Gebiet auf die erhöh- ten Luftschadstoffe zurück.
Mit nahezu dem gleichen epide- miologischen Untersuchungsde- sign kamen die Studien in den Rocky Mountains (4) und in New York (5) zu ähnlichen Ergebnis- sen: Die Häufigkeit des Krupp-
Pseudo-Krupp:
Luftverunreinigung als Auslöser?
Nachtrag wichtiger Informationen
zum Editorial von Hoffmeister, Junge und Tietze
Heinz Erich Wichmann
Aus dem Medizinischen Institut für Umwelthygiene (Direktor: Professor Dr. med. Hans-Werner Schlipköter) der Universität Düsseldorf
Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 41 vom 9. Oktober 1985 (71) 2979
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
FUR SIE GELESEN
Pseudo-Kru pp
Croup? Krupp?
Da in den beiden auf diesen Seiten abgedruckten Manu- skripten zwei verschiedene Schreibweisen verwendet worden waren, mußte sich die Redaktion über „Croup"
oder „Krupp" einig werden.
Sie entschied sich für
„Krupp", nicht weil eine in- dustrielle Ätiologie vermutet wird, sondern nach Befra- gung der Ethymologie. Das Wort ist abgeleitet aus dem altschottischen Verb „kro- pan", was „schreien" be- deutet und auf die quälen- den Atemgeräusche hindeu- tet. Die Engländer allerdings sind nicht für alles Schotti- sche zu haben: Im engli- schen Wörterbuch heißt es
„croup"! ed
Syndroms war in den belasteten Gebieten nach Berücksichtigung der genannten zusätzlichen Ein- flußgrößen eineinhalb- bis dreimal so hoch wie in Gebieten mit nied- rigen Schadstoffkonzentrationen.
Als bemerkenswerter Nebenbe- fund stellte sich heraus, daß bei Kindern von Eltern mit höherem Schulabschluß die Diagnose
„Krupp-Syndrom" häufiger ge- stellt wurde und daß die Ortsun- terschiede bei den sozial schlech- ter gestellten Familien deutlicher ausgeprägt waren (3, 4, 5).
Es scheint insgesamt gerechtfer- tigt, diese Studien als einen Beleg für den Zusammenhang zwischen Krupp-Syndrom und Luftverunrei- nigungen anzusehen, wenn sie auch keine Aussagen über Schwellenwerte oder Dosis-Wir- kungs-Beziehungen gestatten.
Für diejenigen, die die Diskussion um die CHESS-Studien genauer kennen, sei angemerkt, daß die Kritik an einigen Teilen der CHESS-Auswertungen für die hier dargestellten Zusammenhänge
nicht gültig ist.
Hinsichtlich der kritischen Bewer- tung weiterer in- und ausländi- scher Studien sei auf eine um- fangreiche Zusammenstellung verwiesen, die sich zur Zeit im Druck befindet (6). Als weitere Er- gänzung sei angeführt, daß der Wissenschaftliche Beirat der Bun- desärztekammer eine Stellung- nahme zur Frage des „Zusam- menhangs zwischen stenosieren- der Laryngitis (Pseudo-Krupp) und Luftverunreinigung" erarbei- tet hat, die im gleichen Heft, Seite 2971, abgedruckt ist. In dieser werden neben einer Bewertung des wissenschaftlichen Erkennt- nisstandes Empfehlungen für zu- künftige Studien gegeben.
Literatur
(1) Hoffmeister, H., Junge, B.; Tietze, K. W.:
Pseudokrupp: Luftverunreinigung als Auslö- ser? DEUTSCHES ARZTEBLATT 82 (1985) 329-330 — (2) WHO: Sulfur Oxides and Suspen- ded Particulate Matter. Environmental Health Criteria 8, WHO Genf (1979)— (3) Nelson, W. C.;
Finklea, J. F.; House, D. E.; Calafiore, D. C.;
Hertz, M. B.; Swanson, D. H.: Frequency of acute lower respiratory disease in children:
Retrospective Survey of Salt Lake Basin Com- munities, 1967-1970. In: Health Consequences of Sulfur Oxides: A report from CHESS, 1970-1971 U. S. Environmental Protection Agency. Research Triangle Park, N. C. Publi- cation No. EPA-650/1-74-004, 2.55-2.73 (1974)
— (4) Finklea, J. F.; Hammer, D. 1.; House, D. E.;
Sharp, C. R.; Nelson, W. C.; Lowrimore, R.:
Frequency of acute lower respiratory disease in children: Retrospective Survey of Rocky Mountains Communities, 1967-1970. In:
Health Consequences of Sulfur Oxides: A Re- port from CHESS, 1970-1971 U.S. Environ- mental Protection Agency. Research Triangle Park, N. C. Publication No. EPA-650/1-74-004, 3.35-3.56 (1974) — (5) Hammer, D. I.; Miller, F.
J.; Stead, A. G.; Hayes, C. G.: Air Pollution and Childhood Lower Respiratory Disease I. Expo- sure to Sulfur Oxides and Particulate Matter in New York, 1972. In: Clinical Implications of Air Pollution Research, American Medical Ass. Air Pollution Medical Research Conference, Dec 5-6, 1974, Publishing Science Group, Acton, Mass. — (6) Wichmann, H. E.; Krämer, U.;
Schlipköter, H. W.: Luftverunreinigung und stenosierende Laryngitis („Pseudokrupp") — Bewertung epidemiologischer Studien. Staub
— Reinhaltung der Luft (1985) im Druck
Anschrift des Verfassers:
Privatdozent Dr. med.
Dr. rer. nat. Heinz E. Wichmann Medizinisches Institut für Umwelthygiene an der Universität Düsseldorf Auf'm Hennekamp 50 4000 Düsseldorf 1
Cholezystektomie bei steinloser Gallenblase
Die Indikation zur Cholezystekto- mie bei steinloser Gallenblase muß sehr kritisch gestellt werden.
Die Autoren belegen dies an ih- rem umfangreichen Krankengut von über 3600 Cholezystektomien innerhalb von fünf Jahren, wovon nur 33 ohne Steinnachweis durch- geführt wurden.
Erst nach jahrelangen rezidivie- renden unklaren Oberbauchbe- schwerden mit frustranen konser- vativen Behandlungsversuchen und dem Ausschluß extrabiliärer Krankheitsursachen wird primär vom behandelnden Hausarzt oder Internisten die Indikation zur Cho- lezystektomie gestellt. Sie sollte nur in diesen wenigen Fällen befür- wortet werden, aber nicht bevor mit dem Patienten über die beson- dere Problematik und eine mög- liche Persistenz seiner Beschwer- den gesprochen wurde.
Eine generelle Ablehnung halten die Autoren nicht für gerechtfer- tigt. Bei mehr als 40 Prozent der Patienten fanden sich erst intra- beziehungsweise postoperativ folgende pathologischen Verän- derungen:
C) Cholesteatose
© Anatomische Deformitäten der Gallenblase
® Siphopathien der Gallenblase
®
Gallenblasenpolypen0
Diffuse Papillomatose der Gal- lenblaseUnter dieser kritischen Indika- tionsstellung konnte in 85 Prozent der Fälle eine Beschwerdefreiheit erzielt werden. btg
Cholecystektomie bei steinloser Gallenblase, Böttger Th., Brandt P., Ungeheuer E., Diagno- stik 18 (1985) Nr. 4 S. 13-19
Dr. Th. Böttger, Tornowstraße 17, 6000 Frank- furt/Main
2982 (74) Heft 41 vom 9. Oktober 1985 82. Jahrgang Ausgabe A