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Archiv "Tonsillektomie: Die Indikation wird heute strenger gestellt" (31.05.2013)

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A 1098 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 22

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31. Mai 2013

TONSILLEKTOMIE

Die Indikation wird heute strenger gestellt

Um postoperative Komplikationen und Blutungsereignisse zu vermeiden, präferiert man inzwischen bei Kindern eine altersadaptierte Wahl der Operationstechnik.

D

ie Tonsillektomie zählt zu den häufigsten operativen Ein- griffen bei Kindern und Jugendli- chen. Inwieweit das vollständige Entfernen der Mandeln noch ge- rechtfertigt ist und wann eine Teilre- sektion angebracht erscheint, wurde anlässlich der Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Hals- Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie in Nürnberg disku- tiert.

Von insgesamt 128 000 Opera- tionen an den Gaumenmandeln im Jahr 2010 entfiel etwa die Hälfte auf Kinder und Jugendliche, wie Prof. Dr. med. Jochen Windfuhr, Chefarzt der Klinik für Hals-, Na- sen-, Ohrenheilkunde der Kliniken Maria Hilf in Mönchengladbach, berichtete. Obwohl es sich um ei- nen Routineeingriff handelt, ist da- mit ein nicht unerhebliches Risiko verbunden. In etwa 6,5 Prozent der Fälle kommt es bei der Tonsillekto- mie zu Nachblutungen, die unter Umständen auch tödlich verlaufen können. Die meisten Nachblutungs- ereignisse treten am ersten und zwi- schen dem fünften und siebten post- operativen Tag auf.

„Nachblutungen stellen keinen Behandlungsfehler dar“

Unter den Risikofaktoren für das Auftreten und die Intensität post- operativer Blutungen werden im- mer wieder Operationstechnik (so- genannte heiße und kalte Tech - niken), Art der Blutstillung (Liga- tur, mono- oder bipolare Koagulati- on, Vernähung der Tonsillenbetten), aber auch Patientenalter, Geschlecht und Narkoseform genannt. „Dies hat uns aber bisher nicht gehol- fen vorherzusagen, wer von un - seren Patienten bluten wird“, er-

klärte Windfuhr. Bisher habe sich noch kein Verfahren durchgesetzt, das in der Lage sei, die potenziell lebensbedrohlichen Blutungen zu verhindern.

„Nachblutungen ereignen sich schicksalhaft, sie können jederzeit und bei jedem Patienten auftreten und stellen keinen Behandlungsfeh- ler dar. Der Arzt trägt aber die Verantwortung und muss sich um die Versorgung kümmern“, sagte Windfuhr. Als besonders problema- tisch bezeichnete der HNO-Arzt die Situation bei kleinen Kindern, weil diese einen Blutverlust nur in gerin- gen Mengen tolerieren. In jedem Fall müssen vor allem junge Patien- ten postoperativ lückenlos bis zum vollständigen Verheilen der Wunde betreut werden.

Die kritische Bewertung der Fra- ge, ob die Gaumenmandeln über- haupt entfernt werden müssen, hat zu einem deutlichen Rückgang der Operationen geführt. Als Richt- schnur in den Leitlinien und bei vielen Ärzten gilt nach wie vor ei- ne amerikanische Studie aus dem Jahr 1984 (NEJM 1984; 310:

674–83), die den Nutzen der Man- delentfernung bei Patienten im Al- ter bis zu 15 Jahren untersucht hat.

Dabei hat sich die Tonsillektomie im Kindesalter erst ab einer be- stimmten Anzahl von wiederkeh- renden Mandelentzündungen als sinnvoll erwiesen.

In aktuellen Leitlinien wird aber auch darauf hingewiesen, dass die individuellen Umstände des Pa- tienten berücksichtigt werden müss- ten. Liegen beispielsweise multiple Antibiotikaallergien vor, die eine medikamentöse Therapie unmög- lich machen, ist die Indikation zur Operation gerechtfertigt. Als ge-

rechtfertigt bezeichnete Windfuhr Tonsillektomie auch bei Mandel- abszessen oder dem PFAFA-Syn- drom, einer sehr seltenen Fieber - erkrankung.

Tonsillotomie: Schonung der zuführenden Gefäße

War früher noch die vollständige Entfernung der Gaumenmandeln als Routinetherapie bei den ver- schiedensten Krankheitsbildern an- erkannt, so werden seit Ende der 1990er Jahre zunehmend Teilent- fernungen (Tonsillotomien) vorge- nommen. Eine Indikation für die Tonsillotomie besteht nach den Worten von Windfuhr bei zu großen Mandeln, bei denen das Problem besteht, dass Kinder Atemprobleme bekommen und nicht schlafen kön- nen. Dabei bleibt die Tonsillenkap- sel erhalten und die größeren zufüh- renden Gefäße werden geschont.

Wesentliche Vorteile dieses bei Kindern im Vorschulalter immer häufigeren Vorgehens sind das ge- ringere Blutungsrisiko und die we- niger und kürzer auftretenden Schmerzen. Dies belegt auch eine schwedische Registerstudie, die über einen Zeitraum von zehn Jah- ren nachweisen konnte, dass die Tonsillotomie gerade im Kindesal- ter dazu beiträgt, die Inzidenz von Nachblutungen zu senken (Laryn- goscope 2011; 121[11]: 2322–6)

Als nicht erklärbares Phänomen bezeichnete Windfuhr die regiona- le Ungleichheit in der Zahl der durchgeführten Operationen an den Mandeln. Deutschland liegt mit 54 Tonsillektomien pro 10 000 Kin- dern im Mittelfeld, während Irland mit 118 pro 10 000 eine Spitzenposi-

tion einnimmt.

Martin Bischoff

M E D I Z I N R E P O R T

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