DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
FÜR SIE GELESEN Akutes Abdomen
im Fall der hämorrhagisch-nekro- tisierenden Verlaufsform mit pul- monaler oder renaler Insuffizienz, eine enge Zusammenarbeit zwi- schen den einzelnen Fachdiszipli- nen erforderlich ist, um den richti- gen Zeitpunkt für ein operatives Vorgehen zu finden.
Subkutane Fettgewebsnekrosen können den Rat des Dermatolo- gen, eine pankreatogene Enze- phalopathie die Hilfe des Psych- iaters wünschenswert erscheinen lassen.
Gesamthaft betrachtet überwie- gen jedoch im ärztlichen Alltag die „chirurgischen Erkrankun- gen" als Ursache abdomineller Schmerzen, so daß der Patient mit dem Leitsymptom „akuter Bauch"
primär in eine chirurgische Klinik eingewiesen werden sollte.
Erst wenn sich aus dem einleitend erwähnte diagnostischen Netz ab- norme Befunde ergeben, die mit der primären Arbeitsdiagnose nicht in Einklang zu bringen sind, oder wenn sich aus der Anamnese Hinweise auf ein „internistisches akutes Abdomen" ableiten lassen, sollte eine konservative Behand- lung in Erwägung gezogen wer- den (Tabelle 4).
Literatur
(1) Eisenburg, J.: Das nicht chirurgisch zu be- handelnde akute Abdomen, Der Bayerische In- ternist 4 (1981) — (2) Kaess, H.: Akutes Abdo- men, Differentialdiagnose und Therapie, Inter- nist 21 (1980) 266 — (3) Rösch, W.: Rationelle Diagnostik beim akuten Abdomen, diagnostik 8 (1975) 89 — (4) Streicher, H.-J.; Rolle, J.: Der Notfall: Akuter Bauchschmerz, Thieme, Stutt- gart (1976)
Anschrift des Verfassers:
Professor Dr. med.
Wolfgang Rösch Medizinische Klinik am Krankenhaus Nordwest der Stiftung
Hospital zum Heiligen Geist Steinbacher Hohl 2-26 6000 Frankfurt (Main) 90
Polymikrobielle
intestinale Infektionen bei homosexuellen Männern
Zur ätiologischen Klärung anorek- taler und intestinaler Beschwer- den bei homosexuellen Männern wurde in den USA eine umfassen- de klinische und mikrobiologi- sche Untersuchung an 119 symp- tomatischen und 75 asymptomati- schen Homosexuellen durchge- führt. In 80 Prozent der sympto- matischen Männer und in 39 Pro- zent der symptomlosen Proban- den wurden ein oder mehrere Pa- thogene gefunden. Zwei und mehr Erreger wurden in 22 Pro- zent der Patienten und in 4 Pro- zent der asymptomatischen Pro- banden gesichert. Bei Koinfektio- nen waren beteiligt: Entamoeba histolytica (60 Prozent), Giardia lamblia (50 Prozent), Campylobac- ter jejuni (43 Prozent), Neisseria gonorrhoeae (35 Prozent), Herpes simplex (30 Prozent), Chlamydia trachomatis (25 Prozent). 31 Pro- zent der symptomatischen und 23 Prozent der asymptomatischen Männer hatten rektale Gonorrhoe;
19 Prozent bzw. 4 Prozent hatten eine Herpesproktitis; 11 bzw. 5 waren seropositiv für Syphilis, von den 11 Patienten hatten dabei 3 eine latente Lues, 3 eine primäre, 5 eine sekundäre; rektoskopisch hatten 86 Prozent der Symptom- träger mukosale Ulzera oder wie- sen eine mukopurulente Schleim- haut auf. Entsprechende Verände- rungen boten auch 27 Prozent der Kontrollgruppe. Perianale Erythe- me, Vesizel, Ulzera, Ulzerationen im Analkanal, Fisteln und periana- le Abszesse wurden jedoch nur bei der symptomatischen Gruppe gesehen. Aus den Ergebnissen wird geschlossen, daß unter pro- miskual lebenden homosexuellen Männern, ob symptomatisch oder nicht, intestinale Infektionen ex- trem häufig und z. T. plurikausal sind. Deswegen sollte bei dieser Gruppe therapeutisch und pro- phylaktisch regelmäßig eine ano- rektale Inspektion mit Abstrich durchgeführt werden. Abgesehen
von gesundheitspolitischen Erwä- gungen muß dabei auch kasui- stisch argumentiert werden, da auf dem Hintergrund persistieren- der anorektaler Infektionen das Risiko eines Immundefektsyn- droms oder eines Karzinoms, er- höht zu sein scheint. Shü
The Polymicrobial Origin of Intestinal Infec- tions in Homosexual Men, Quinn, T.
Stamm, W. E.; Goodell, S. E.; Mkrtichian, E.;
Benedetti, J.; Corey, L.; Schuffler, M.; Holmes, K. K.: New. Engl. J. Med. 309 (1983) 576-582, Johns Hopkins Hospital, Baltimore, MD 21205
Nur schwer nachweisbar:
Mikrolithiasis der Gallenblase
Bei Konkrementen von weniger als 3 mm Durchmesser spricht man von einer Mikrolithiasis, die naturgemäß röntgenologisch und sonographisch nur schwer zu fas- sen ist. Unter 731 Patienten, bei denen in Villejuif eine Chole- zystektomie durchgeführt wurde, wiesen 170 (23 Prozent) eine Mi- krolithiasis auf. Von den 68 Pa- tienten, bei denen ausschließlich winzige Gallensteine gefunden wurden, hatten 76 Prozent Sym- ptome, vorwiegend mäßige bis heftige Schmerzen in der Gallen- blasengegend. 20 Patienten muß- ten wegen Komplikationen, in er- ster Linie wegen einer akuten Pankreatitis hospitalisiert werden.
Eine akute Cholezystitis, eine aku- te Cholangitis und ein Verschluß- ikterus hingegen wurden bei Pa- tienten mit einer Mikrolithiasis nur
in 1,5 Prozent bis 2,9 Prozent be- obachtet. Wegen der Gefahr einer akuten biliären Pankreatitis emp- fehlen die Autoren eine Chole- zystektomie, auch wenn nur mini- male biliäre Symptome bestehen, wenn ein entsprechender Befund sonographisch oder radiologisch nachgewiesen wird und das Nar- koserisiko gering ist.
Houssin, D.; Castaing, D.; Lemoine, J.; Bis- muth, H.: Microlithiasis of the gallbladder, Surg. Gynec. Obstet. 157:20-24, 1983 Unitö de Chirurgie Höpato-biliaire and Inserm U-17, Hö- pital Paul Brousse, Villejuif, Frankreich
354 (64) Heft 6 vom 10. Februar 1984 81. Jahrgang Ausgabe A