424
Notiz Ober syrische und arabische Handschriften
vom Sinai.
Ein längeres Schreiben des Herm Hans Berthold in Berlin
enthält Mittbeiinngen über syrische und arabische Handschriften
des Sinaiklosters, und besteht grossentheils aus der Uebersetzung
eines arabischen Artikels des Herm Dr. Friedrich Grote. Dieser
Aufsatz erschien in del- Zeitschrift al-Mu^tataf (Cairo, März 1894,
S. 365 ff.); es sind ihm einige freüich mangelhaft ausgeführte
Facsimiles beigegeben. Herr Dr. Grote hat eine Anzahl Blätter
dieser Handschriften photographirt.
Das -wichtigste dieser Manuscripte ist der in syrisch-palästi¬
nensischer Schrift geschriebene Evangeliencodex, der schon früher
von englischen Gelehrten entdeckt war. Laut zuverlässigen Mit¬
theilungen ist nun gegründete Aussicht auf baldige Veröffentlichung
dieses Codex in England vorhanden, so dass darüber an dieser
Stelle nichts weiteres zu sagen nöthig ist.
In zweiter Linie wird eine arabische Evangelienhandschrift
aus dem Jahre 638 der Mondaera (also der muslimischen) auf¬
geführt; dann eine Probe aus einer andem arabischen Handschrift,
die jedenfalls die neutest. Briefe enthält. Es folgt noch ein kurzer
Bericht über ein medicinisches, ein astronomisches und ein moral¬
philosophisches Werk.
Es wäre erwünscht, dass die Schätze an orientalischen Hand¬
schriften, welche das Sinaikloster birgt, von einem geschulten
Gelehrten untersucht und catalogisirt würden; es scheint ja doch,
dass die Mönche einem solchen Untemehmen jetzt keine Schwierig¬
keiten mehr in den Weg legen. Die überspannten Erwartungen,
welche in dem genannten Artikel des Muktataf ausgesprochen werden,
vermögen wir freilich nicht zu theilen; immerhin kann sich aus
dem ersten Jahi-tausend unserer Zeitrechnung in jener Einöde noch
einiges, was auch sprachlich nicht ohne Bedeutung ist, erhalten haben.
Nachschrift. ,
Nach einer mir gütigst übersandten Anzeige des Daily Chroniclei
9. Sept. 1894 sind unterdessen erschienen: 1) (Neugriechisch) Cata-]
logue of the Syriac Mss. in the Convent of St. Catharine on Mount
Sinai. By Mrs. Lewis. Cambridge: University Press (280 vol.).
2) (Neugriechisch) Catalogue of the Arabic Mss. in the Convent
of S. Catharine on Mount Sinai. By Mrs. Gibson. Ibd. (630 vol.).
3) An arable version of the Epistles of St. Paul to the Romans,
Corinthians, Galatians , wdth part of the Epistle to the Ephisans,
from a Ninth Century Ms. in the Convent of St. Katharine on
Mount Sinai. Edited by Mrs. Gibson. Ibd. — Demnächst soll auch
der alte syrische Palimpsest, welcher die Evangelien enthält, heraus¬
gegeben werden. A. Socin.
3 1 -
425
Noch einmal von . . und zu . . («^Jj m5^).
Von Barid Kaufmann.
Vor Entscheidung der Frage, ob der Ausdmck «^LJ!,
und sein hebräisches Gegenbild bei jüdischen Poeten und Prosaisten
des Mittelalters wirklich aus der altarabischen, von Goldziher
(oben p. 95 fif.) aus Tradition und Kitus nachgewiesenen Formel
sich herleitet, scheint mir noch die Möglichkeit eines anderen Ur¬
spmngs erwogen werden zu müssen, der sie nicht als religiöse
Prägung , sondera als philosophischen Terminus erkennen
lehrte und ims dann wie bei allen wissenschaftlichen Begrififen des
Mittelalters weit weg von den Arabem zu ihren Lehrmeistem, den
Griechen führen vrärde. Es können eben erfahrungsgemäss die
gleichen Wirkungen auf ungleiche Ursachen zurückgehen und die¬
selben Erscheinungen verschiedene Deutungen zulassen.
Unter dem Eindracke der von Goldziher gesammelten That¬
sachen überraschte mich an der Schwelle von Maimüni's philo¬
sophisch und auch schriftstellerisch glänzend gelungener Beweis¬
führung für die Beseeltheit der Sphären eine Wendung, die auf,
den ersten Blick unzweifelhaft auf jene alte Formel des muham¬
medanischen Ritus zurückzugehen oder anzuspielen scheint. In der
unablässigen Kreisbewegung der Sphäre soll der Beweis liegen,
dass sie nicht von Natur sich bewegt, da jede natürliche Bewegung
zm- Ruhe kommt, wenn sie ihr natürliches Ziel erreicht hat, ent¬
weder bei einem Erstrebten angelangt oder einem Gemiedenen ent¬
gangen ist, die Sphäre aber in ewiger Ruhelosigkeit sich im Kreise
dreht. Das drückt Maimüni aber so aus: '^-inni o^b *^bsb« N-im
nsttc Tinn-' rrb» Nn isb qbxia aba in qbNDö a'^^b
'^nnn-' nibNB 'j-inn-' nsw NtjbDT T-inn-» (Guide des ögares
ed. S. M u n k n c. 4 Anf. f. S'' b). Die rednerisch gehobene Haltung
des Ausdracks, die antithetische Behandlung der Elemente unserer
Formel lässt uns einen Augenblick den Gedanken eines Zusammen¬
hanges mit ihr unabweisbar erscheinen. Die Aufsuchung der Ur¬
quelle für diesen Gedanken, der Vergleich mit der farblosen Ein¬
kleidung desselben bei Aristoteles befestigt uns vollends in dem