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Aufklärung der Ursachen einer erhöhten Häufigkeit von Totgeburten in einem Milchviehbetrieb

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Aufklärung der Ursachen einer erhöhten Häufigkeit von Totgeburten in einem Milchviehbetrieb

INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer

D OKTORIN DER V ETERINÄRMEDIZIN (Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

vorgelegt von Kirsten Essmeyer

aus Wilhelmshaven

Hannover 2006

(2)

1. Gutachten: Univ.-Prof. Dr. M. Hoedemaker (Klinik für Rinder, Arbeitsbereich Bestandstiermedizin der Tierärztlichen Hochschule Hannover)

2. Gutachten: Univ.-Prof. Dr. O. Distel (Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung der Tierärztlichen

Hochschule Hannover)

Datum der mündlichen Prüfung: 23.05.2006

(3)

2. Literaturübersicht... 2

2.1. Definition der Totgeburten... 2

2.2. Allgemeine Häufigkeit von Totgeburten... 3

2.3. Der physiologische Geburtsvorgang des Rindes... 4

2.4. Klassifikation der Geburt ... 6

2.4.1. Die Bedeutung der Schwergeburt als Ursache für Totgeburten ... 7

2.4.2. Die Bedeutung des Kaiserschnittes in Bezug auf Totgeburten... 8

2.5. Geburtsüberwachung und Geburtshilfe... 9

2.5.1. Medikamentöse Erleichterung der Geburt... 10

2.6. Einflüsse des Muttertiers auf den Ausgang der Geburt ... 11

2.6.1. Laktationsnummer... 11

2.6.2. Trächtigkeitsdauer... 11

2.6.3. Erstkalbealter und Lebendgewicht des Muttertiers... 12

2.6.4. Body Condition Scoring der Muttertiere... 13

2.6.4.1. Fütterung der Muttertiere... 14

2.6.5. Das Becken des Muttertiers ... 15

2.6.5.1. Anatomie des knöchernen Beckens ... 15

2.6.5.2. Die Pelvimetrie ... 15

2.6.5.3. Äußere Beckenmaße ... 16

2.6.5.4. Innere Beckenmaße ... 17

2.6.6. Der weiche Geburtsweg ... 18

2.6.7. Wehenschwäche ... 19

2.7. Mögliche Einflüsse des Kalbes auf den Ausgang der Geburt... 20

2.7.1. Geschlecht des Kalbes... 20

2.7.2. Gewicht und Maße des Kalbes... 21

2.7.3 Zwillingsgeburten ... 22

2.7.4. Lage-, Stellungs-, Haltungsanomalien des Kalbes ... 23

2.7.5. Missbildungen des Kalbes... 23

2.7.6. Asphyxie der Kälber ... 24

2.7.7. Vitalitätsbeurteilung der Kälber... 25

(4)

2.8.2. Virale Infektionen... 28

2.8.2.1. Infektionen mit dem Bovinen Virusdiarrhoe Virus (BVD) ... 28

2.8.2.2. BHV 1- Virus-Infektionen (Bovines Herpes Virus 1) ... 29

2.8.2.3. Infektionen mit Protozoen... 30

2.8.2.4. Infektionen mit Pilzen ... 30

2.9. Einfluss des Bullen auf die Häufigkeit von Totgeburten ... 31

3. Material und Methoden ... 33

3.1. Allgemeine Projektbeschreibung ... 33

3.2. Beschreibung des untersuchten Betriebes... 34

3.3. Maße der Muttertiere... 35

3.3.1. Äußere Beckenmaße der Muttertiere ... 35

3.3.2. Innere Beckenmaße und Fettauflagerung im Becken der Muttertiere . 35 3.3.3. Kreuzbeinhöhe, BCS und Gewicht der Muttertiere... 37

3.4. Erfassung des Geburtsverlaufes ... 37

3.4.1. Bauchpressentätigkeit des Muttertiers ... 38

3.4.2. Dauer der Aufweitungsphase ... 38

3.4.3. Lage, Stellung und Haltung des Kalbes ... 39

3.4.4. Klassifikation der Geburt ... 39

3.4.5. “Cut off level“ der Geburtenbeobachtung ... 39

3.5. Vitalität der Kälber ... 40

3.4. Skelettmaße und Gewicht der Kälber... 40

3.4.1. Fesselgelenksbreite und Fesselgelenkshöhe... 40

3.4.2. Röhrbeindurchmesser und Scheitelbreite ... 41

3.4.3. Gewicht der Kälber... 41

3.4.4. Weiter führende Untersuchungen... 41

3.5. Statistische Auswertung ... 42

4. Ergebnisse... 43

4.1. Anzahl der Geburten ... 43

4.2. Laktationsnummern... 43

(5)

4.6. Einfluss des Färsenalters auf die Häufigkeit der Totgeburten ... 49

4.7. Aufstallungsdauer im Abkalbestall... 50

4.8. Geburtsverlauf... 52

4.8.1. Trächtigkeitsdauer... 52

4.8.2. Aufweitungsphase ... 52

4.8.3. Lage, Stellung, Haltung ... 57

4.8.4. Bauchpressentätigkeit des Muttertiers ... 61

4.8.5. Sensiblex ®-Gaben ... 64

4.8.6. Geburtsüberwachung ... 65

4.8.7. Klassifikation der Geburt ... 68

4.9. Vermessungsdaten der Muttertiere ... 71

4.9.1. Äußere Beckenmessung ... 71

4.9.2. Innere Beckenmessung... 77

4.9.3 Messung des Fettes im Beckenraum der Muttertiere ... 85

4.9.4. Beckenneigung... 92

4.9.5. Body Condition Scoring... 93

4.9.6. Gewicht der Muttertiere ... 96

4.10. Vermessungsdaten der Kälber... 100

4.10.1 Geschlecht der Kälber... 100

4.10.2. Gewicht und Skelettmaße ... 100

4.10.3. Kälbermaße und Klassifikation der Geburt... 102

4.10.4 . Lebensdauer der Kälber... 109

4.10.5. Vitalität der Kälber ... 110

4.11. Weiterführende Untersuchungen der tot geborenen Kälber ... 113

4.11.1. Pathologische Untersuchung der tot geborenen Kälber ... 113

4.11.2. Virologische, bakteriologische und mykologische Untersuchungen der tot geboren Kälber... 121

5. Diskussion ... 123

5.1. Häufigkeit von Totgeburten ... 123

(6)

5.6. Trächtigkeitsdauer... 126

5.7. Lage, Stellung und Haltung des Kalbes ... 126

5.8. Bauchpressentätigkeit des Muttertiers ... 127

5.9. Sensiblex®-Gaben ... 128

5.10. Geburtsüberwachung ... 129

5.11. Äußere Beckenmaße ... 130

5.12. Innere Beckenmaße ... 131

5.13. Fettmessung im Beckenraum des Muttertiers ... 132

5.14. Beckenneigung... 133

5.15. Body Condition Score (BCS) der Muttertiere... 134

5.16. Geschlecht des Kalbes... 135

5.17. Gewicht und Skelettmaße des Kalbes... 135

5.18. Lebensdauer und Vitalität der Kälber ... 137

5.19. Weiterführende Untersuchung der tot geborenen Kälber ... 139

5.20. Schlussfolgerung... 141

6. Zusammenfassung... 142

7. Summary... 146

8. Literaturverzeichnis ... 149

(7)

1. E INLEITUNG

Kälberverluste führen in milchviehhaltenden Betrieben direkt und indirekt zu erheblichen negativen Effekten. Direkte wirtschaftliche Einbußen ergeben sich durch peri- und postnatale Kälberverluste, sowie durch Tierarztkosten für Geburtshilfe und Therapie von Aufzuchtkrankheiten. Lebensschwache Aufzuchtkälber benötigen eine intensivere Betreuung durch den Landwirt oder das Betriebspersonal. Indirekte wirtschaftliche Verluste ergeben sich durch die verlängerte Aufzuchtperiode dieser Tiere, durch geringere tägliche Zunahmen und steigende Futterkosten. Die schlechte Jugendentwicklung führt darüber hinaus zu verminderten Konzeptionsraten, einem späteren Erstkalbealter sowie höheren Remontierungsraten in der Herde.

Geburtskomplikationen können ebenfalls dadurch gewinnmindernd sein, dass sie die Milchleistung der Kuh negativ beeinflussen oder dass es in schweren Fällen vermehrt zu Abgängen kommt.

Darüber hinaus ist eine psychologische Komponente beim vermehrten Auftreten von Totgeburten, die sich negativ auf das Betriebsklima auswirkt, nicht zu unterschätzen.

Ziel dieser Arbeit war es, in einem sächsischen Milchviehbetrieb mögliche Ursachen für Totgeburten, also tot zur Welt gekommene Kälber und solche, die innerhalb von 24 Stunden verendet sind zu erkennen, und aus den gewonnenen Erkenntnissen ein Totgeburten minimierendes Konzept für andere Betriebe abzuleiten.

Dazu wurden 463 Muttertiere kontinuierlich über 24h, vom Zeitpunkt kurz vor der Geburt, bis zum Ende des Geburtsvorganges beobachtet und vermessen. Es wurden kuhassoziierte (Body condition score (BCS), Beckenneigung, Kreuzbeinhöhe, innere und äußere Beckenmaße, etc.) und kälberassoziierte (Lebensfrische, Reife, Missbildungen, Gewicht, Scheitelbreite, etc.) Parameter erhoben, sowie Länge und Wesen der Geburtsphasen erfasst. Totgeburten wurden der pathologisch- anatomischen Untersuchung, sowie weiter führenden Untersuchungen zugeführt.

(8)

2. L ITERATURÜBERSICHT

2.1. Definition der Totgeburten

Der Begriff der Totgeburt ist dem Begriff der perinatalen Sterblichkeit untergeordnet.

Bei der perinatalen Sterblichkeit handelt es sich um Abgänge von Neugeborenen, die nahe des Zeitpunktes der Geburt auftreten. Hierzu zählen die Totgeburt, Nichtlebensfähigkeit wegen Missbildungen und Entwicklungsstörungen, Mortalität infolge Asphyxie und Absterben von Früchten bei geburtshilflichen Eingriffen (HOEDEMAKER, 2000).

In den meisten Ländern werden diejenigen Kälber als Totgeburten beschrieben, die nach einer Tragezeit von mindestens 260 Tagen geboren wurden, und die vor, während oder innerhalb von 24 Stunden nach der Geburt verenden (PHILIPSSON et al., 1979; LANGANKE et al., 1992; CHASSAGNE et al., 1999; BERGLUND et al., 2003; KORNMATITSUK et al., 2003). PHILIPSSON et al. (1979) bezeichnen den Zeitraum von 24 Stunden als willkürlich. Dieser Zeitraum sei gewählt, weil andere Todesursachen, die nicht mit Geburtsschwierigkeiten oder perinataler Lebensschwäche in Verbindung gebracht werden, erst nach 24 Stunden eine Wirkung zeigen (z.B. E.coli-Infektionen). Andere Autoren weiten die Zeit der postnatalen Verendung auf 48 Stunden aus (MARTINEZ et al., 1983a).

In Deutschland wird bei der Meldung einer Kalbung innerhalb der Milchleistungsprüfung zwischen „tot geboren“ und „verendet innerhalb von 48 Stunden“ unterschieden (VIT, Vereinigte Informationssysteme Tierhaltung-Verden, 2004). In vielen Veröffentlichungen wird der Begriff „Kälberverluste“ oder

„Kälbersterblichkeit“ gebraucht aber nicht hinreichend definiert. So fallen unter diese Begriffe sowohl die pränatale Sterblichkeit, die perinatale Sterblichkeit als auch eine unterschiedlich lange postnatale Periode.

(9)

2.2. Allgemeine Häufigkeit von Totgeburten

Die Häufigkeit von Totgeburten bewegte sich in den letzten 10 Jahren in den meisten Ländern etwa zwischen 5 und 10 %. Einer französischen Studie, in der 47 Milchviehbetriebe für 4 Jahre beobachtet wurden, kann entnommen werden, dass 6,9 % der Kälber tot geboren wurden oder innerhalb von 24 Stunden nach der Geburt verendeten (CHASSAGNE et al., 1999). MEYER et al. (2000) ermittelten in den USA bei schwarzbunten Holstein-Friesian-Kühen eine mittlere jährliche Totgeburtenrate von 7 %. Auffällig ist der kontinuierliche Anstieg der Totgeburtenraten in den letzten 10 Jahren in Europa. So hat sich in Schweden in dieser Zeit der Anteil tot geborener Kälber verdoppelt (PHILIPSSON, 2000).

BERGLUND et al. (2003) zeigen für schwedische Holstein- Färsen eine Erhöhung der Totgeburtenrate von 6 % auf 10,3 % in den letzten 20 Jahren vor der Untersuchung (1979 bis 2002). Auch in den Vereinigten Staaten stieg von 1985 bis 1996 die Totgeburtenrate für Erstlaktierende von 9,5 % auf 13,2 %. Etwas schwächer war der Anstieg bei mehrlaktierenden Kühen (5,0 % auf 6,6 %) (MEYER et al., 2001a). Nach DEKRUIF et al. (1998c) sollte nach den „Kennzahlen der Jungviehaufzucht“ die perinatale Sterblichkeit (innerhalb 24 Std. p.p.) ≤ 5 % betragen. Die Häufigkeiten von Totgeburten im Vergleich zwischen den verschiedenen deutschen Bundesländern zeigt die Tabelle 1.

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Tabelle 1: Totgeborene Kälber der Rasse Schwarzbunt Holstein-Friesian in verschiedenen Regionen im Wirtschaftsjahr 2001 (LKV S-H, 2001 (n= 190104); LKV Bayern, 2001 (n= 55472); KKV R-P, 2001 (n= 150892); VIT, 2001) (SPRINGER, 2003)

männlich % weiblich % gesamt % Region

12,2 5,3 9,0 Schleswig-Holstein

12,8 6,8 10,0 Bayern

4,9 1,9 4,0 Hessen

5,8 1,7 4,8 Rheinland

5,8 1,9 4,8 Niedersachsen/Bremen

5,5 2,0 4,5 Weser/Ems

7,4 2,3 6,2 Brandenburg

7,9 2,8 6,6 Mecklenburg-Vorpommern

7,2 2,2 6,0 Sachsen

8,2 2,2 6,9 Sachsen-Anhalt

7,8 2,2 6,6 Thüringen

2.3. Der physiologische Geburtsvorgang des Rindes

Der initiale Reiz für den Beginn der Geburt wird von der Hypothalamus-Hypophysen- Nebennierenrinden-Achse des ungeborenen Kalbes gegeben. Im Blut des Kalbes kommt es zu einem hochgradigen Anstieg der Glukokortikoidkonzentration, welche zu einer Stimulierung der Östrogensynthese in der mütterlichen Plazenta führt. Das Östrogen wiederum setzt das luteolytisch wirkende Prostaglandin F2α (PGF2α) frei, welches die während der Trächtigkeit aufrechterhaltene Progesteronkonzentration senkt. Diese Senkung ermöglicht eine Sensibilisierung des Uterus für Oxytocin und dadurch die als Wehen bezeichneten Uteruskontraktionen (BAIER u. SCHAETZ, 1984; GRUNERT u. ANDRESEN, 1996). Die hier dargestellten Prozesse verlaufen innerhalb von 3 bis 2 Wochen ante partum und leiten die bevorstehende Geburt ein.

Am Muttertier sind in dieser Zeit äußerliche Anzeichen, wie die Auflockerung der Beckenbänder, eine Hyperämie und Ödematisierung des weichen Geburtswegs und des Euters festzustellen. Diese Phase wird auch als Vorbereitungsstadium bezeichnet (BAIER u. SCHAETZ, 1984; GRUNERT u. ANDRESEN, 1996).

(11)

Nach SCHULZ et al. (1968), BUSCH und SCHULZ (1993) sowie GRUNERT und ANDRESEN (1996) wird der Geburtsvorgang in ein Öffnungsstadium, Aufweitungsstadium und Austreibungsstadium unterteilt. Andere Autoren hingegen (NAAKTBEBOREN u. SLIJPER, 1970; HEIDRICH, 1972; BAIER u. SCHAETZ, 1984) gehen lediglich vom Öffnungs- und Austreibungsstadium aus. BAIER und SCHAETZ (1984) und HEIDRICH (1972) beschreiben die Öffnungsphase als die Phase, in welcher die Tiere unruhig werden, vermehrt Kot und Harn absetzen, sich hinlegen und wieder aufstehen. Diese Phase wird durch das Platzen der ersten Fruchtblase beendet, und die Austreibungsphase beginnt. NAAKTGEBOREN und SLIJPER (1970) hingegen gehen nicht auf Öffnungsphase oder Aufweitungsphase ein, und beschreiben die Austreibungsphase als den Zeitpunkt, in welchem die Bauchpresse einsetzt, und die Wehen kräftiger werden und länger anhalten.

Der Beginn des Öffnungsstadiums, das etwa 6 bis 16 Stunden dauern kann, ist äußerlich nicht wahrnehmbar (GRUNERT u. ANDRESEN, 1996). Die Öffnung des inneren Muttermundes steht am Anfang des Öffnungsstadiums. Während dieses Stadiums werden die Allantois- und die Amnionblase in den sich weitenden Zervikalkanal gepresst. Zu erkennen ist lediglich das Austreten einer oder beider Fruchtblasen. In den meisten Fällen platzt zuerst die Allantoisblase. Bei besonderer Fruchtblasenanordnung kann jedoch auch die Amnionblase als erstes bersten. Mit dem Blasensprung endet das Öffnungsstadium.

Es beginnt das Aufweitungsstadium. Die Dauer des Aufweitungsstadiums wird mit unterschiedlichen Zeiten für Kühe und Färsen angegeben. Bei pluriparen Tieren beträgt der Zeitraum etwa 1 bis 3 Stunden, während er sich bei primiparen Tiere etwa auf 4 bis 6 Stunden beläuft. In diesem Stadium beginnt die äußerlich sichtbare Bauchpresse. Bei der Bauchpresse handelt es sich um Kontraktionen der Bauchmuskulatur, welche durch den Dehnungsdruck des Fetus im dorsalen Scheidengewölbe ausgelöst werden. Durch jede Kontraktion wird die Frucht im Geburtsweg ca. 2 cm kaudalwärts getrieben. Die Autoren (GRUNERT u.

ANDRESEN, 1996) zeigen an, dass diese Phase der Geburt häufig durch Zugkraft der Geburtshelfer verkürzt wird, was zu Komplikationen führen kann.

Das Ende des Aufweitungs- und der Anfang des Austreibungsstadiums ist durch den Durchtritt der Stirn beziehungsweise des Beckens gekennzeichnet. Durch die fetale Zervixdehnung wird Oxytocin noch vermehrt ausgeschüttet, was verstärkte

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dauert 5 bis 10 Minuten (GRUNERT u. ANDRESEN, 1996). In Tabelle 2 sind die von den Autoren unterschiedlich definierten Geburtsstadien aufgeführt.

Tabelle 2: Autoren und die Dauer der von ihnen definierten Geburtsstadien Autor Öffnungsstadium Austreibungsstadium

NAAKTGEBOREN und SLIJPER (1970)

½ Tag und länger 2-3 Std. (Färsen länger als Kühe)

HEIDRICH (1972) 2-8 Std. bis 6 Std.

BAIER und

SCHAETZ (1984)

F: 3-6 Std.

K: < 3-6 Std.

F: 3-6 Std.

K: 1-3 Std.

Öffnungsphase Aufweitungsphase Austreibungsphase SCHULZ et al.

(1968)

F: 3-6 Std.

K: 3-4 Std.

F: 2 Std.

K: 2 Std.

F: 10-20 Min.

K: 10-20 Min.

BUSCH und SCHULZ (1993)

6-12 Std. bis 3 Std. bis 10 Min.

GRUNERT und ANDRESEN (1996)

6-16 Std. F: 4-6 Std.

K: 1-3 Std.

F/K: 5-10 Min.

F= Färse, K= Kuh (pluripares Rind)

2.4. Klassifikation der Geburt

Geburten lassen sich in Kategorien oder Scores unterteilen, die den Schweregrad der Dystokie genauer beschreiben. Die Normal- oder Spontangeburt beschreibt dabei denjenigen Geburtsvorgang, der sich regulär, ohne Verzögerung und ohne Gefährdung von Muttertier und Frucht vollzieht. Hilfe ist nicht notwendig, sie wird lediglich in leichter Form zur Erleichterung der Anstrengungen des Muttertiers geleistet (BAIER u. SCHAETZ, 1984; EMMERT, 2000). Bei der mittelschweren Geburt liegen Geburtsstörungen vor, denen entweder durch gezielte Zughilfe oder sonstige einfache Hilfeleistung entgegengewirkt wird. Obwohl primär keine Gefahr für das Muttertier besteht, können bei unterlassener Hilfe kritische Folgen eintreten. Die Schwergeburt ist durch das Auftreten erheblicher Schwierigkeiten, die vom Muttertier allein nicht bewältigt werden können, gekennzeichnet. Ohne sachverständige

(13)

Geburtshilfe bestünde Gefahr für Mutter und Kalb (BAIER u. SCHAETZ, 1984;

EMMERT, 2000). Geburten, die durch operative Geburtshilfe zu Ende geführt werden müssen, stellen den schwersten Grad von Geburtsschwierigkeiten dar.

Dystokien oder auch erschwerte Geburtsvorgänge (EMMERT, 2000) werden als solche Geburten definiert, in denen mehr Geburtshilfe geleistet werden muss als es wünschenswert ist (MEIJERING, 1984). Da diese Definition sehr viel Interpretationsspielraum lässt, werden bei Studien für gewöhnlich Scores eingeführt.

PHILIPSSON et al. (1979) empfehlen eine Einteilung der Geburtshilfe in 5 Klassen:

1= keine Person; 2= eine Person oder mechanischer Geburtshelfer; 3= mehr als eine Person ohne Geburtshelfer oder eine Person mit mechanischem Geburtshelfer; 4=

Kaiserschnitt und 5= Fetotomie. MEYER et al. (2000) beschränken sich auf drei Kategorien: 1= keine Geburtshilfe; 2= geringgradige Geburtsschwierigkeiten und 3=

Geburt mit Geburtshilfe. BERGLUND et al. (2003) teilen ihre in die Studie aufgenommenen Färsengeburten in 1= leicht, 2= normal und 3= schwierig ein. Eine genaue Definition der Klassifikation wurde nur für die schwierigen Geburten, in Form von pathologischen Diagnosen (z.B. subkutane und subdurale Blutungen, äußerliche Läsionen, etc.) vorgenommen. Darüber hinaus wurden die Geburtsverläufe von den Landwirten gemeldet, die nach Aussage der Autoren die Geburten unterschiedlich klassifizierten. Deutsche Landwirte klassifizieren die Geburtsverläufe im Rahmen der Milchleistungsprüfung in vier Kategorien. Die Landwirte melden sie in dieser Form ihren Landeskontrollverbänden: 0= keine Geburtshilfe; 1= ohne Hilfe oder mit einem Helfer; 2= zwei oder mehr Helfer bzw. mechanischer Geburtshelfer; 3= tierärztliche Geburtshilfe ohne operativen Eingriff; 4= Operation (Kaiserschnitt, Fetotomie) (VIT, Vereinigte Informationssysteme Tierhaltung-Verden, 2004).

2.4.1. Die Bedeutung der Schwergeburt als Ursache für Totgeburten

Nach BAYER und SCHAETZ (1984) liegt die Schwergeburtenrate im Durchschnitt zwischen 3 und 5 % der Geburten. Die hauptsächlichen Ursachen für Schwergeburten seien Disproportionen durch ein zu kleines mütterliches Becken und ein zu hohes Geburtsgewicht der Früchte. Die Disproportionen seien mit einem Anteil von 25 bis 40 % an der Gesamtzahl der Schwergeburten festgestellt worden.

Wenngleich viele Faktoren in der Totgeburtenproblematik eine Rolle spielen, so stellen die Disproportionen einen der bedeutendsten dar. Dies gilt besonders für

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Färsen (PHILIPSSON et al., 1979). Auch für PHILLIPSSON et al. (1979) liegt der Hauptgrund für die Geburtsschwierigkeiten der primiparen Rinder in dem fetopelvinen-Missverhältnis. Dieser Auffassung sind auch MEIJERING (1984) und MEE (2004), die ergänzend als zweitwichtigsten Grund Lage-, Stellungs- und Haltungsanomalien angeben. Weitere Einflussfaktoren auf Dystokien, die vor allem für pluripare Tiere von größerer Bedeutung sind, seien: Wehenschwäche, Uterustorsionen und unvollständige Weitung der Zervix (MEIJERING, 1984). Nach MEE (2004) sind die wichtigsten Risikofaktoren für Schwergeburten bei pluriparen Tieren Lage-, Stellungs- und Haltungsanomalien, gefolgt von fetopelviner- Inkompatibilität. Nachfolgend gibt er Zwillingsgeburten, Wehenschwäche, Uterustorsionen und unvollständige Weitung der Zervix und der Vulva an.

Laut einer Studie von BERGLUND et al. (2003) wurde bei etwas weniger als der Hälfte der tot geborenen Kälber die Geburt von vornherein als „schwierig“

klassifiziert. Auch MARTINEZ et al. (1983a) errechneten eine Häufigkeit der Totgeburten von 3,2 % bei Muttertieren ohne Geburtsschwierigkeiten. Die Kälbersterblichkeit lag bei Muttertieren, deren Geburtsvorgänge mit den Scores

„erhebliche Geburtshilfe“ und „extrem schwierig“ beurteilt wurden, bei 37,4 %. In einer anderen amerikanischen Arbeit zur Totgeburtenproblematik kamen die Autoren zu dem Ergebnis, dass die Totgeburtenrate mit dem Grad der Dystokie zunimmt (MEYER et al., 2000). Sie errechneten bei Färsenabkalbungen 6,1 % Totgeburten, wenn keine Abkalbeprobleme auftraten, 14,3 % bei dem Score „geringgradige Geburtsschwierigkeiten“ und 27,7 %, wenn Geburtshilfe geleistet werden musste. Bei pluriparen Tieren ergaben sich ähnliche Zahlen (3,9 %; 12,6 %; 26,5 %). Auch in einer französischen Studie wurde eine Verbindung zwischen Totgeburten und Dystokie (P<0,001) nachgewiesen (CHASSAGNE et al., 1999).

2.4.2. Die Bedeutung des Kaiserschnittes in Bezug auf Totgeburten

Auch wenn BAIER und SCHAETZ (1984) die Geburtsvorgänge, die durch Operationen zu Ende geführt werden müssen, als den schwersten Grad der Geburtshilfe darstellen, so ist der Kaiserschnitt gleichzeitig auch eine Möglichkeit, Kälberverluste zu verringern (TOMASKOVIC et al., 1997). Die Autoren berichten von den größten Kälberverlusten bei der Anwendung von verstärkter, unzulässiger Zugkraft. Darüber hinaus stellen sie fest, dass eine rechtzeitige und genaue

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Diagnose gefolgt von einer sachgemäßen Auswahl und Durchführung einer Hilfsmethode (insb. Kaiserschnitt) die Kälberverluste wesentlich minimieren könne.

EIGENMANN et al. (1983) stellten fest, dass bei Kälbern, die durch Kaiserschnitt oder leichte Zughilfe extrahiert wurden, nur eine geringe Zunahme der Azidose vorlag. In Grenzfällen raten die Autoren dem Kaiserschnitt den Vorzug zu geben.

Dieser Meinung sind auch WOHANKA et al. (1982), die bei Anwendung von Kaiserschnitten von vitaleren Kälbern und weniger Quetschungen der Weichteile des mütterlichen Beckens berichten. Auch in Untersuchungen von HF-Herden und bei Doppellender-Fleischrassen, deren Kälber mittels Sectio caesarea entwickelt werden, ist der Anteil von Neugeborenen, bei denen Asphyxien entstehen, relativ gering (DEKRUIF et al., 1998c).

2.5. Geburtsüberwachung und Geburtshilfe

EULENBERGER et al. (1987) bezeichnen die Überwachung der Geburt und die rechtzeitige, fachlich fundierte Geburtshilfe als beachtlichen, aber in seinen Reserven noch nicht ausgeschöpften Faktor, zur Steigerung der Fortpflanzungsleistungen innerhalb der Rinderherden. Auch TOMASKOVIC et al. (1997) beschreiben die rechtzeitige und genaue Diagnose innerhalb des Geburtsvorganges als wichtigen Faktor zur Minimierung von Kälberverlusten. Eine gute Geburtsüberwachung sei entscheidend für das Erkennen von Problemgeburten (WOHANKA et al., 1982;

DREW, 1986; MEE, 2004). DREW (1986) führte Untersuchungen an 659 Holstein- Friesian-Färsen auf 30 Betrieben durch. Um den Managementeffekt auf das Vorkommen von Totgeburten zu erforschen, teilte er die Betriebe in solche mit hoher durchschnittlicher Totgeburtenrate von 25,9 % (12 Betriebe) und solche mit niedriger durchschnittlicher Totgeburtenrate von 1,3 % (18 Betriebe) ein. In den erst genannten Betrieben lag der Prozentsatz der Geburten, bei denen Geburtshilfe geleistet werden musste und bei denen Schwergeburten auftraten, wesentlich höher als auf den Höfen mit niedriger Mortalität. Die Überwachung der Tiere durch das Personal in den letzten 3 Wochen vor dem Kalben fand auf den Betrieben mit niedriger Totgeburtenrate mit einer Häufigkeit von 4 bis 5mal am Tag statt. Die Mitarbeiter in den Betrieben der anderen Untersuchungsgruppe überwachten die Tiere hingegen angabegemäß 1 bis 2mal am Tag. Während das Betriebspersonal auf allen Farmen gleichermaßen die Zeichen der nahenden Geburt erkannte, gab

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man auf den Betrieben mit niedriger Häufigkeit von Totgeburten eine 1 bis 2stündige Geburtsüberwachung an und auf den Betrieben mit hoher Totgeburtenrate variierende Zeiten. Auch bei Hereford-Färsen können Verluste um den Geburtszeitraum hauptsächlich durch eine häufigere Überwachung der zur Geburt anstehenden Tiere sowie die rechtzeitige Geburtshilfe bei Geburtsschwierigkeiten gesenkt werden (DUFTY, 1981). Von einem zu frühen Eingreifen in den Geburtsvorgang oder dem vorzeitigen Sprengen von Fruchtblasen sollte abgesehen werden (EULENBERGER et al., 1987; AHLERS u. ANDRESEN, 1996). Viele Autoren heben hervor, dass die geburtsüberwachende Person erfahren und mit den physiologischen Geburtsvorgängen vertraut sein sollte (SCHULZ et al., 1968;

HEIDRICH, 1972; EULENBERGER et al., 1987). Darüber hinaus sollte bei der Entscheidung, ob Geburtshilfe erforderlich ist, das Verhalten der Tiere und nicht die

„Firmenpolitik“ des Betriebes zur Zeitersparnis im Vordergrund stehen (DUFTY, 1981).

2.5.1. Medikamentöse Erleichterung der Geburt

EULENBERGER et al. (1987) empfehlen in allen Fällen, bei denen die räumlichen Verhältnisse des Geburtsweges noch einen Auszugsversuch rechtfertigen, 20 bis 30 Minuten zuvor mit Hilfe eines Spasmolytikums (z.B. Spasmotitrat®) eine medikamentöse Weitung des weichen Geburtsweges anzustreben. Der dadurch erzielte geburtserleichternde Effekt beruhe neben der Erschlaffung des hinteren weichen Geburtsweges auf einer Linderung des in solchen Fällen häufig unphysiologisch starken Geburtsschmerzes. Darüber hinaus bewirke eine solche Behandlung besser koordinierte und damit effektivere Wehen sowie eine geringere Verletzungsgefahr für den weichen Geburtsweg. Andere Autoren empfehlen die Gabe von Spasmolytika beim Dauerspasmus des Uterus (BAIER u. SCHAETZ, 1984). Die Autoren befürworten die manuelle Zughilfe bei stockenden Geburtsvorgängen bei genügender Weite der Zervix. Oft würden schon die Berührungsreize und der Zug an der Frucht zu einer reflektorischen Verstärkung der Wehen führen. Ansonsten können in diesen Fällen wehenfördernde Mittel, wie 10-30 internationale Einheiten Oxytocin, intravenös verabreicht werden, um eine verstärkte Wehentätigkeit zu induzieren (BAIER u. SCHAETZ, 1984; GRUNERT u.

ANDRESEN, 1996). BUSCH und SCHULZ (1993) berichten, dass

(17)

Denaverinhydrochlorid (Spasmotitrat®) und Vetrabutinhydrochlorid (Monzal®) eine besonders auf die Uterusmuskulatur gerichtete spasmolytische und eine allgemein analgetische Wirkung (40 bis 90 % der Wirkungsstärke des Morphins) aufweisen. Die beiden Präparate seien ebenfalls geeignet, um in einer Kombination mit Oxytocin eine wirkungsvolle Wehentätigkeit anzuregen. Nachteilige Wirkungen auf die Früchte seien nicht bekannt.

2.6. Einflüsse des Muttertiers auf den Ausgang der Geburt 2.6.1. Laktationsnummer

In der Literatur kamen die meisten Autoren (MARTINEZ et al., 1983a; BERGER et al., 1992; MEYER et al., 2000; PHILIPSSON, 2000; MEYER et al., 2001a) zu der Erkenntnis, dass mit steigender Laktationszahl die Häufigkeit von Totgeburten abnahmen.

MARTINEZ et al. (1983b) und HARMS (2001) haben in ihren Arbeiten berechnet, dass es bei Färsengeburten etwa doppelt so häufig zu Totgeburten kommt wie bei Kühen ab der zweiten Kalbung. MEYER et al. (2001a) berichten in ihren Ergebnissen von einer Erhöhung der Totgeburtenraten von 1985 bis 1996. Bei den Färsen kam es zu einer Erhöhung von 9,5 % auf 13,2 %, während die Rate bei den Kühen von 5,3 % auf 6,6 % stieg. Nach der Auffassung der Autoren sind die Unterschiede der Häufigkeiten von Totgeburten zwischen der zweiten und den folgenden Trächtigkeiten relativ gering. Aus diesem Grund werden meistens Färsen und Kühe miteinander verglichen. Die Unterteilung der Kühe in Gruppen nach der Laktationshäufigkeit unterbleibt in der Regel.

2.6.2. Trächtigkeitsdauer

Über die Trächtigkeitsdauer lässt sich zumindest indirekt über das zunehmende Geburtsgewicht des Kalbes eine Verbindung zur Totgeburtenproblematik herleiten.

Diese Verbindung ist jedoch umstritten. So ergaben die Untersuchungen von HOLLAND und ODDE (1992), dass nicht die Trächtigkeitsdauer sondern unterschiedliche fetale Wachstumsraten das Geburtsgewicht beeinflussen.

MEIJERING (1984) hingegen verweist auf das Phänomen, dass das Gewicht des Kalbes in den letzten vier Trächtigkeitswochen täglich um 300-400 g zunimmt. Er

(18)

Beziehung zwischen Trächtigkeitsdauer und dem Anteil an Schwergeburten bzw.

Totgeburten annahmen. MEIJERING (1984) diskutiert gleichzeitig, dass sich in späteren Untersuchungen kein signifikanter Einfluss der Trächtigkeitsdauer auf die Häufigkeit von Totgeburten feststellen lässt, wenn das Geburtsgewicht des Kalbes als direkter Einflussfaktor berücksichtigt wird.

MARTINEZ et al. (1983a) kamen bei Untersuchungen an Holstein-Friesian zu dem Ergebnis, dass die Trächtigkeitsdauer bei Müttern mit Totgeburten durchschnittlich 1,2 Tage kürzer war als bei Müttern lebender Kälber. Die Mütter lebender Kälber waren im Durchschnitt 279,6 Tage tragend. Weiterhin stellten sie bei männlichen Kälbern, unabhängig von der Klassifikation der Geburt, eine einen Tag längere Tragzeit als bei weiblichen Tieren fest. MEYER et al. (2000) geben in ihrer Untersuchung die Trächtigkeitsdauer als drittwichtigsten Faktor für das Vorkommen von Totgeburten an. Als wichtigste Faktoren nennen sie Dystokie und die Laktationsnummer. Färsen kalben im Vergleich zu pluriparen Tieren etwa einen Tag (AHLERS u. ANDRESEN, 1996) bzw. 2 Tage früher (STEINHARDT et al., 1992).

2.6.3. Erstkalbealter und Lebendgewicht des Muttertiers

Um Geburtsschwierigkeiten zu vermeiden, sollten Holstein-Friesian–Färsen bei der ersten Kalbung mindestens 22 Monate alt und 550 kg schwer sein (DEKRUIF et al., 1998c). Dies wird durch ein Erstbesamungsalter von ca. 15 Monaten erreicht. In diesem Alter wird ein Körpergewicht von 350 kg vorausgesetzt. Missverhältnisse zwischen der Körpergröße des Muttertiers und der Frucht sind die Hauptursachen für Schwergeburten. Andere Autoren empfehlen die Erstbelegung mit 16 bis 18 Monaten, wenngleich sie vor einer geringen Einsatzleistung bei einem Erstkalbealter bis zum 24. Lebensmonat warnen (LOTTHAMMER, 1996). Wichtiger als das Alter bei der Erstbesamung ist allerdings die Entwicklung der Färse (LOTTHAMMER, 1996; DEKRUIF et al., 1998c). Das Tier sollte etwa zwei Drittel des Gewichts einer ausgewachsenen Kuh (300-400 kg, je nach Rasse) erreicht haben (LOTTHAMMER, 1996).

Auch eine zu späte Belegung ist nach LOTTHAMMER (1996) nicht erstrebenswert, da sowohl die Gefahr der Verfettung und damit eine Verminderung der Fruchtbarkeit besteht, als auch vermehrt Schwergeburten auftreten. Darüber hinaus kommt es durch höhere Aufzuchtkosten und eine kürzere Nutzungsdauer zu einer größeren

(19)

betriebswirtschaftlichen Belastung. PHILIPSSON et al. (1979) und MEE (2004) sehen als Hauptursache für Schwergeburten, besonders bei Färsen, das fetopelvine Missverhältnis, welches primär durch das Kälbergewicht und erst nachfolgend durch die Beckenmaßen des Muttertiers beeinflusst würde (MEE, 2004). Das Verhältnis vom Gewicht des Kalbes zu dem des Muttertiers liegt je nach Rasse bei 5-10 % (HOLLAND u. ODDE, 1992). Nähern sich Gewicht von Kalb und Mutter einander weiter an sprechen RICHTER und GÖTZE (1993) von absolut und relativ zu hohen Geburtsgewichten bzw. MEE (2004) von absoluter und relativer fetopelviner Inkompatibilität. Bei amerikanischen Angus-Färsen wurde beobachtet, dass bei älteren Färsen weniger häufig Geburtshilfe geleistet werden musste als bei jüngeren Färsen (BERGER et al., 1992). DREW (1986) konnte zwischen Farmen mit hoher und niedriger Kälbersterblichkeit keine Unterschiede betreffend des Erstkalbealters und des Körpergewichts der Färsen feststellen. Bei Färsen, die bei der Besamung unter 260 kg wogen, kam es jedoch vermehrt zu Geburtsschwierigkeiten.

Untersuchungen von PHILIPSSON (1976) und DECHOW et al. (2001) zeigten höhere Schwergeburtenraten bei sehr mageren und sehr verfetteten Färsen. Daraus folgt, dass nicht nur die Größe des Kalbes und das Beckenformat einen Einfluss auf den Geburtsverlauf haben sondern auch die Verfettung des inneren Geburtskanals.

Ihre Beobachtungen belegen, dass mit zunehmendem Erstkalbealter die Elastizität des weichen Geburtsweges abnimmt, und es zu einer Verengung des Geburtskanals durch Fettansammlung kommt. Auch MEIJERING (1984) berichtet bei adipösen primi- und pluriparen Tieren von einem negativen Effekt auf den Geburtsvorgang.

Wegen des akkumulierten Fettes im Beckenraum, kommt es zu einem erhöhten Aufkommen an Totgeburten.

2.6.4. Body Condition Scoring der Muttertiere

Body Condition Scoring (BCS) ist eine subjektive Methode, um die Menge metabolisierter Energie zu beurteilen, die in Muskeln und Fett gespeichert wird (EDMONSON et al., 1989). Es wird ein Indexsystem verwendet, dessen Benotung sich von 1 bis 5 (1= kachektisch, 5= hochgradig verfettet) aufgliedert. Diese „Scores“

werden zusätzlich in Halb- und Viertelschritte untergliedert. Die Methode ermöglicht einen Überblick über die Kondition der Tiere zu verschiedenen Zeitpunkten des Reproduktionszyklus (DEKRUIF et al., 1998b). Zur Zeit der Abkalbung wird ein Wert

(20)

von 3,5 angestrebt. Der Normalbereich wird mit 3,25 bis 3,75 angegeben (METZNER et al., 1993). METZNER et al. (1993) geben als häufigsten Fütterungsfehler die Überfütterung der Tiere gegen Ende der Laktation und während der Trockenstehphase an. Die Folge sei zum Beispiel ein erhöhtes Risiko für Schwergeburten. Bei einer Untersuchung an französischen Milchkühen stellten die Autoren fest, dass vor dem Kalben ein Body Condition Score (BCS) von über 4 einen signifikanten Risikofaktor für Totgeburten darstellt (CHASSAGNE et al., 1999).

DREW (1986) fand bei seinem Versuch an Färsen heraus, dass bei einem Body Condition Score (BCS) von über 3 vermehrt Geburtshilfe geleistet werden musste.

2.6.4.1. Fütterung der Muttertiere

Wie bereits bei den Punkten Gewicht und BCS (Body Condition Score) der Muttertiere dargestellt, ist sowohl eine Unter- wie auch eine Überkonditionierung des zur Kalbung anstehenden Rindes von Nachteil für die Geburt. Ein zu hohes Fütterungsniveau vor dem Abkalben kann zur Verfettung der Geburtswege und somit zu einem höheren Schwergeburtenrisiko führen (FARRIES, 1981). Auch BOND und WEINLAND (1978) ermittelten bei übermäßig gefütterten Tieren eine deutlich erhöhte Schwergeburtenrate und Mortalität der Kälber. TORRES et al. (1987) stellten fest, dass Kälber überversorgter Muttertiere eine reduzierte Vitalität und eine erhöhte Durchfallneigung aufwiesen. Bei verhalten gefütterten Müttern zeigten die Kälber eine hohe Vitalität und eine geringe Durchfallmorbidität. Tiere, die überkonditioniert zur Abkalbung kommen, neigen sowohl zur Zeit der Abkalbung als auch im Anschluss vermehrt zu Stoffwechselstörungen. Übermäßiger Körperfettabbau führt bei diesen Tieren zu höhergradigen Ketosen, wodurch die Futteraufnahme weiter gehemmt wird. Darüber hinaus begünstigt ein hohes Fütterungsniveau in der Zeit vor der Abkalbung das Auftreten von Uterusatonie, welche ihrerseits den Geburtsverlauf negativ beinflussen kann (DEKRUIF et al., 1998b). Gerade bei der Färsenfütterung, deren Wachstum noch nicht abgeschlossen ist, muss von einer zu geringen Versorgung abgesehen werden. Auch von einer zu reichlichen Versorgung muss Abstand genommen werden, da auch die verfetteten Färsen anfällig für Stoffwechselerkrankungen sind (SPIEKERS u. POTTHAST, 2004). Weiterhin sollten bei der Qualität der Fütterung der Färsen keine Einschnitte vorgenommen werden.

Gerade wenn die Jungrinder mit minderwertigem Futter wie verregnetem und

(21)

verschimmeltem Heu, Ausputz aus dem Trog der Kühe, schmutziger und verdorbener oder fehlgegorener Silage gefüttert werden, kann ein Nähr- und Mineralstoffmangel entstehen. Abgesehen von der entstehenden Mangelsituation in Folge einer solchen Ernährung, können sich schädliche Inhaltsstoffe gesundheitsgefährdend auswirken (LOTTHAMMER, 1996).

2.6.5. Das Becken des Muttertiers

2.6.5.1. Anatomie des knöchernen Beckens

Das knöcherne Becken des Rindes besteht aus den beiden Hüftbeinen (Ossa coxae), an denen bei jungen Tieren die Gliederung in Darmbein, Sitzbein und Schambein zu erkennen ist. In der Beckenpfanne vereinigen sich die drei Knochen in Form eines Beckenringes (Beckengürtel). Die ventral gelegene Beckensymphyse verbindet die beiden Ossa coxae miteinander. Sie verknöchert erst mit zunehmendem Alter. Dorsal wird der Beckenring durch das Kreuzbein und die ersten fünf Schwanzwirbel begrenzt. Im 3. bis 5. Lebensjahr verschmelzen die Kreuzbeinwirbel miteinander. Das Kreuzbein liegt zwischen den beiden Darmbeinschaufeln, die den Beckengürtel dorsal umschließen. Das Kreuzbein und das Darmbein sind durch das Kreuzdarmbeingelenk verbunden (NICKEL et al., 1992). Um seiner Aufgabe als Überträger der Kraft von der Beckengliedmaße zum Rumpf gerecht werden zu können, muß es ein straffes Gelenk (Amphiarthrosis) sein (KOCH u. BERG, 1992).Nach GRUNERT (1993a) bestimmt die Größe des Beckengürtels die Weite des Geburtswegs.

2.6.5.2. Die Pelvimetrie

Im Rahmen der geburtshilflichen Untersuchung dient die palpatorische Untersuchung des knöchernen Geburtsweges der Einschätzung des Verhältnisses vom Beckendurchmesser zur Größe der Frucht. Zur Messung der Beckenweite kann ein Beckenzirkel benutzt werden (GRUNERT, 1990). Das Kälbergewicht steht in Beziehung zur messbaren Fesselgelenksstärke des Feten. Aus diesen erreichbaren anatomischen Größen lässt sich eine Formel entwickeln, welche eine Prognose für den Geburtsverlauf liefern soll.

(22)

(Faktor Z=

Feten des r durchmesse nksbreiten

Fesselgele

es Muttertier des

Beckenhöhe te

Beckenbrei × ).

Beckenmessungen zum Zeitpunkt der geplanten Erstbelegung einer Färse sind sinnvoll, um von einem ausreichend großen Becken ausgehen zu können (GRUNERT, 1990). BERCHTOLD und RÜSCH (1993) betrachten die Pelvimetrie in der Geburtshilfe als wenig aussagefähig, da die Größe des Fetus nicht exakt bestimmt werden kann.

2.6.5.3. Äußere Beckenmaße

Der Abstand der Hüfthöcker wird als die Entfernungslinie zwischen den lateralen Hüfthöckern gemessen (HAMEL, 1963; BELLOWS, 1971; KRAHMER u. JAHN, 1971). HAMEL (1963), KRAMER und JAHN (1971) definieren die Länge des Beckens als die Entfernung vom lateralen Punkt des Hüfthöckers bis zum kaudalen Punkt des Sitzbeinhöckers. Der Abstand der Sitzbeine gibt die Distanz der beiden lateralen Sitzbeinhöcker an. HAMEL (1963) beobachtete, dass sich die Hüftbreite von Rindern mit Normalgeburten wesentlich von der von Tieren unterscheidet, bei denen eine Fetotomie vorgenommen wurde. Bei der Sitzbeinbreite findet er dagegen keinen Unterschied. Die Korrelation zwischen Hüfthöckerbreite und dem mittleren Querdurchmesser ist positiv. Mittels Ermittlung des Regressionskoeffizienten stellt der Autor fest, dass bei erwachsenen Schwarzbunten Rindern der innere mittlere Querdurchmesser um 0,3 cm zunimmt, wenn der Hüfthöckerabstand um 1 cm größer wird. KRAMER und JAHN (1971) registrieren bei Tieren mit Normalgeburten einen Zusammenhang zwischen innerem Beckeneingangsdurchmesser und Hüftbreite, der über den Zeitraum des Wachstums linear bleibt. Sie folgern daraus, dass man von der Wachstumskurve der Hüftbeine auf den inneren Becken- eingangsquerdurchmesser schließen könne. Weiterhin kamen sie zu der Erkenntnis, dass die Beckenlänge keine Beziehung zu den inneren Beckenmaßen aufweist.

BELLOWS (1971) untersuchten bei dreijährigen Hereford-Färsen das Verhältnis der äußeren Körpermaße zur Beckenweite

BW= 2

) ( )

(H mittlererQuerdurchmesser Q messer

Höhendurch ×

(23)

Körpergewicht zur Beckenbreite. Tiere mit höherem Körpergewicht haben größere Beckeninnen- und Beckenaußenmaße.

2.6.5.4. Innere Beckenmaße

Für die Beurteilung des Beckenraumes finden folgende Maße Anwendung: Die Diameter conjugata, die mediane Verbindungslinie vom Promontorium zum kranialen Ende der Beckenfuge, gibt den Höhendurchmesser des Beckeneingangs an. Ein anderer Höhendurchmesser (Diameter verticalis) wird vom kranialen Ende der Beckenfuge bis zur Ventralfläche des Kreuzbeins bzw. der Schwanzwirbel gemessen. Je weiter kaudal diese Linie das Kreuzbein oder die Schwanzwirbel trifft, umso erweiterungsfähiger nach oben ist das Becken. Von den Querdurchmessern des Beckeneingangs ist der mittlere, die Diameter transversa, für die Geburtshilfe von Bedeutung. Unter der Diameter transversa versteht man den größten Querdurchmesser der Linea terminalis bzw. den Abstand zwischen den Tubercula musculi psoas minoris. Beim Rind ist aufgrund der Höhe der Pfannenkämme der Geburtsweg störend verengt (NICKEL et al., 1992). Trotz ihrer klinischen Bedeutung wird die Vermessung der Diameter verticalis als problematisch angesehen, da nicht wie bei den anderen Durchmessern eindeutige Knochenpunkte festgelegt sind (KOCH u. BERG, 1992).

Die Beckenweite (BW) kann rechnerisch auf unterschiedliche Weisen bestimmt werden, indem die Fläche des Beckeneingangs in Quadratzentimetern errechnet wird. PRICE und WILTBANK (1978b) bezeichnen die Formel

BW= 2

) ( )

(H mittlererQuerdurchmesser Q messer

Höhendurch ×

als die geeignetste Formel zur Ermittlung der Beckenweite, weil sie in der Literatur am meisten angewendet wurde und Veränderungen der Einzelmaße ausreichend berücksichtigt. Die Autoren halten die bloße Ermittlung der Beckenweite allerdings nicht für ausreichend, um Geburtsstörungen vorherzusagen. Für eine Prognose des Geburtsverlaufes müsse auch die Größe des Kalbes berücksichtigt werden. YOUNG (1968) kann bei zwei- und dreijährigen Färsen einer Devon-Herde zum Zeitpunkt der Geburt signifikante Unterschiede in der Größe der Beckenweite zwischen Tieren mit Geburtsstörungen und Tieren, die normal gekalbt hatten, feststellen. Die

(24)

kleiner als die bei gleichaltrigen Färsen mit einer Normalgeburt. Bei zweijährigen Angus-Färsen verzeichnet YOUNG (1968) signifikant kleinere Beckenweiten bei schlecht genährten Färsen zum Zeitpunkt der Geburt als bei gut genährten Tieren der Kontrollgruppe.

DUFTY (1972) vergleicht die inneren Beckenmaße von dreijährigen Hereford-Färsen mit Totgeburten mit denen von Färsen, die normal kalbten. Die Beckenmaße bei den Totgeburten sind nur geringfügig kleiner als bei Normalgeburten. Der Autor führt die Totgeburten primär auf die Enge des weichen Geburtsweges und auf Wehenschwächen zurück, welche die Passage des Fetus durch den Geburtskanal verzögern. Nach PRICE und WILTBANK (1978a) besteht eine Beziehung zwischen der Größe der Beckenweite, dem Geburtsverlauf und dem Gewicht des Kalbes.

Unabhängig vom Gewicht der Frucht werden bei Färsen mit einer sehr kleinen Beckenweite Geburtsstörungen beobachtet. Bei Färsen mit einer größeren Beckenweite bestimmt das Kälbergewicht den Geburtsverlauf. Sie stellen eine hochsignifikante Korrelation zwischen dem Färsengewicht und der Beckenweite des Tieres fest. Die positive Korrelation zwischen Beckenweite und dem Gewicht des Kalbes ist jedoch nur schwach signifikant. Sie schließen daraus, dass die Größe des Kalbes und die Beckenweite des Muttertieres die wichtigsten Faktoren sind, die Geburtsstörungen verursachen. NAAZIE et al. (1989) hingegen konnten in ihrer Untersuchung keinen Zusammenhang zwischen Beckenweite und Geburtsstörungen feststellen. Sie errechneten lediglich Korrelationen innerhalb der drei inneren Beckenmaße und zwischen den inneren Beckenmaßen und dem Gewicht des Muttertiers.

2.6.6. Der weiche Geburtsweg

Zervixenge oder eine unvollständige Weitung der Vulva werden als wichtige Faktoren im Zusammenhang mit Schwergeburten und somit auch mit Totgeburten gewertet (MEIJERING, 1984; MEE, 2004). MEE (2004) sieht diese zwei Engpässe bei Färsengeburten als drittwichtigsten Auslöser für Schwergeburten bei Färsen.

Eine nicht vollständig verstrichene Zervix gehört auch für BERCHTOLD und RÜSCH (1993) beim Rind zu den häufigsten Geburtskomplikationen. Kommt dieses Phänomen in der Öffnungsphase vor, sprechen die Autoren von mangelhafter Öffnung der Zervix. Als Ursachen werden neurohormonale Dysfunktionen

(25)

angenommen, bzw. alle Faktoren, die die Frucht an der mechanischen Weitung der Zervix hindern (z.B. Torsio uteri, primäre Wehenschwäche, zu große Frucht, etc.).

Für verschleppte Geburten und beginnende Involutionsvorgänge im Bereich des Geburtsweges wird der Begriff „mangelhafte Weite“ verwendet (BERCHTOLD u.

RÜSCH, 1993; BUSCH u. SCHULZ, 1993; GRUNERT u. ANDRESEN, 1996). Die Enge der Scheide kann einerseits durch ein Ausbleiben der Weitung entstehen, oder durch eine Verengung infolge von Phlegmonen, Tumoren, perivaginalem Fettgewebe, Narbenbildung oder Elastizitätsverlust im Zusammenhang mit geburtshilflichen Maßnahmen verursacht werden. Die abnorme Enge der Scheide gehört besonders bei primiparen Tieren zu einer der häufigsten Geburtskomplikationen. Auch die Enge der Scham kann ein Geburtshindernis darstellen. Gründe können ebenfalls zu frühe Belegung, Narbenstrikturen, Scheidenverschlüsse oder zu große Früchte sein (BERCHTOLD u. RÜSCH, 1993;

BUSCH u. SCHULZ, 1993).

2.6.7. Wehenschwäche

Störungen der Wehentätigkeit werden in primäre und sekundäre Wehenschwäche unterteilt. Die primäre Wehenschwäche stellt eine nicht ausreichende Wehentätigkeit in der Öffnungsphase der Geburt dar. Die primäre Wehenschwäche ist mit einem Ausbleiben der Bauchpresse verbunden. Die Tiere zeigen alle Anzeichen der Geburt inklusive einer geöffneten Zervix. Die Fruchtblasen sind meist intakt. Als Ursachen kommen alle Zustände in Frage, die eine Dysfunktion der Uterus- oder Bauchmuskulatur bewirken (BERCHTOLD u. RÜSCH, 1993; GRUNERT u.

ANDRESEN, 1996). Eine sekundäre Wehenschwäche ist durch eine anfänglich normale Öffnungsphase mit guter Wehentätigkeit und kräftiger Bauchpresse charakterisiert. Sowohl die Intensität als auch die Frequenz dieser Kontraktionen nehmen im weiteren Verlauf der Geburt stark ab oder kommen vollständig zum Erliegen. Dieser Form der Geburtsstörung liegt in der Regel ein mechanisches Geburtshindernis zu Grunde (BERCHTOLD u. RÜSCH, 1993; BUSCH u. SCHULZ, 1993).

(26)

2.7. Mögliche Einflüsse des Kalbes auf den Ausgang der Geburt 2.7.1. Geschlecht des Kalbes

Untersuchungen in den 70iger Jahren (BAR-ANAN et al., 1976; PHILIPSSON, 1976) ergaben bei männlichen Kälbern eine doppelt so hohe Totgeburtenrate wie bei weiblichen Kälbern. In der Studie von CHASSAGNE et al. (1999) wurden ebenfalls mehr männliche Kälber (11,8 %) tot geboren als weibliche (6,1 %). Die Versuchsgruppe wurde zusätzlich nach Geburten mit und ohne Geburtsschwierigkeiten eingeteilt. Ohne Schwierigkeiten kam es bei den männlichen Tieren zu 6,2 % und bei den weiblichen Tieren zu 3,8 % Totgeburten, während bei Auftreten von Dystokie 35,4 % männliche und 30,0 % weibliche Tiere tot geboren wurden. Bei Geburtschwierigkeiten näherten sich die Totgeburtenraten von männlichen und weiblichen Tieren folglich an. MEYER et al. (2000) hingegen kamen bei primiparen Tieren zu dem Ergebnis, dass ausschließlich bei Geburtsschwierigkeiten das Geschlecht für das Auftreten von Totgeburten eine Rolle spielt. Es starben mehr männliche als weibliche Kälber. Bei pluriparen Müttern wiesen die männlichen Kälber unabhängig von Geburtsschwierigkeiten höhere Totgeburtenraten auf.

Dieselben Autoren (MEYER et al., 2001a) kamen ein Jahr später zu der Erkenntnis, dass die Parität des Muttertiers den entscheidenden Ausschlag für die geschlechtsspezifische Häufigkeit des Auftretens von Totgeburten gäbe. So errechneten sie, dass bei primiparen Muttertieren die Wahrscheinlichkeit einer Totgeburt bei weiblichen Kälbern 7 % niedriger sei als bei männlichen Kälbern. Bei pluriparen Muttertieren hingegen liegt die Wahrscheinlichkeit einer Totgeburt für weibliche Kälber 12 % höher als bei männlichen Kälbern. In einer amerikanischen Studie wurde ebenfalls festgestellt, dass die männlichen Kälbern (7,62 %) häufiger als die weiblichen Tiere (5,65%) innerhalb von 48 Std. nach der Geburt verenden (MARTINEZ et al., 1983a). Die Differenz zwischen den Totgeburtenraten der männlichen und der weiblichen Kälber war bei Färsengeburten (4%) höher als bei Kühen, die das dritte Mal oder öfter kalbten (1 %). Der Unterschied zwischen den männlichen und weiblichen Kälbern war darüber hinaus bei sehr kleinen Kälbern (4,2

%) größer als bei sehr großen Tieren (2,2 %).

(27)

2.7.2. Gewicht und Maße des Kalbes

GRUNERT und ANDRESEN (1996) geben als physiologisches Geburtsgewicht bei den Deutschen Schwarzbunten 35-45 kg an. Sowohl bei Körpermassen unter 32 kg als auch bei solchen über 45 kg steigt die Totgeburtenrate an. Es ist allerdings anzumerken, dass die Hälfte der tot geborenen Kälber aus solchen Färsenabkalbungen stammt, bei denen höhere Kälbermasse aufgrund des nicht abgeschlossenen Körperwachstums des Muttertieres größere Probleme in der Geburt verursachen (LANGANKE et al., 1992). Bei einer Auswertung von 4528 Geburten in den USA (JOHANSON u. BERGER, 2003) wurde festgestellt, dass Färsenkälber mit durchschnittlich 38,2 kg Gewicht leichter sind als die durchschnittlich 41,7 kg schweren Kälber von pluriparen Müttern. Ein niedriges Geburtsgewicht zeigte sich als weniger risikoreich für eine Totgeburt als ein hohes.

Ein Geburtsgewicht oberhalb des errechneten Mittelwertes von 40,3 kg stellt ein wachsendes Risiko einer Totgeburt dar.

HOLLAND und ODDE (1992) vertreten wiederum die Meinung, dass der Anteil der leichtgewichtigen Totgeburten annähernd so groß ist wie die der Schwergewichtigen.

Wie bereits beim Kälbergeschlecht dargestellt, kamen MARTINEZ et al. (1983b) in einer früheren Veröffentlichung zu dem Schluss, dass die Kälbersterblichkeit bei sehr kleinen Kälbern höher ist als bei allen anderen Kälbergrößen.

BERGLUND et al. (2003) stellten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Geburtsgewichten der Kälber und den Kategorien für Zeit und Grund des Todes fest.

Werden jedoch die Kälbergewichte der Gruppen „Klinisch normale Kälber mit unbekannter Todesursache“ und „Schwierige Abkalbung“ miteinander verglichen, sind die Tiere der ersten Gruppe signifikant schwerer. Einen ebenfalls signifikanten Unterschied fanden die Autoren bei den Gewichtsvergleichen zwischen männlichen und weiblichen Kälbern. Die männlichen waren signifikant schwerer als die weiblichen Kälber.

Da es bei der geburtshilflichen Untersuchung nicht möglich ist, das Gewicht des Kalbes zu bestimmen, gab es unter anderem Versuche an Fleckviehkälbern, die einen Zusammenhang zwischen dem Gewicht der Frucht und dem horizontalen Durchmesser des fetalen Fesselgelenkes zeigen sollten (SCHEBITZ, 1980).

SCHEBITZ (1980) konnte eine positive Korrelation zwischen den beiden Parametern feststellen, und ermöglicht somit eine intrapartale Schätzung des Geburtsgewichtes

(28)

Geburtsvorhersage dieser Art machen auch TOZER et al. (2002), die das Geburtsgewicht von Angus-Kreuzungs-Kälbern anhand des Kronrandes bestimmten.

Ihrer Meinung nach gibt das so vorhergesagte Geburtsgewicht in Zusammenhang mit Beckenmessungen am Muttertier dem Geburtshelfer die Möglichkeit, rechtzeitig und ökonomisch Entscheidungen zu treffen. Auch STEINER (1979) stellte fest, dass das fetale Skelett mit zunehmendem Körpergewicht der Kälber an Größe und Umfang zunahm. Allerdings war es ihm in seiner Untersuchung nicht möglich, das Gewicht der Kälber durch Skelettmessungen exakt zu bestimmen, da die Schwankungen zwischen dem Körpergewicht und den Skelettmaßen zu groß waren.

2.7.3 Zwillingsgeburten

JOHANSON et al. (2001) untersuchten 1,3 Millionen Geburten in Nordamerika hinsichtlich der Häufigkeit von Totgeburten. Die Zwillingsgeburtenrate lag bei 5 %.

Die Wahrscheinlichkeit einer Zwillingsgeburt stieg von der ersten bis zur fünften Trächtigkeit kontinuierlich an (1: 1,6 %, 2: 5,2 %, 3: 6,7 %, 4: 7,2 %, 5: 7,2 %).

Auch NIELEN et al. (1989) berichten bei Färsen von einer 0,8 %igen und bei pluriparen Tieren von einer 4 %igen Häufigkeit von Zwillingsgeburten. In ihrer Studie kam es bei 19 % der Zwillingsgeburten zu Totgeburten, während es sich bei den Einlingsgeburten nur in 5 % der Fälle um Totgeburten handelte. Die Autoren begründen das vermehrte Vorkommen tot geborener Kälber bei den Zwillingsgeburten mit einer geringeren Trächtigkeitsdauer und einem häufigeren Auftreten von Geburtsschwierigkeiten.

Andere Autoren kommen zu ähnlichen Ergebnissen. So berechneten GREGORY et al. (1996) eine 13 % höhere Überlebensrate für Einlinge als für Zwillinge. MEE (1991) errechnete in seiner Studie mit über 10.082 Geburtsgeschehen eine 12,9

%ige Totgeburtenrate bei Zwillingen im Vergleich zur Totgeburtenrate von 4,09 % bei Einzelkälbern. Geburtshilfe und damit Komplikationen bei der Geburt traten zu 20,4

% bei Einlingen und zu 42,2 % bei Zwillingen auf (GREGORY et al., 1996).

Nur 15,3 % der bei Einlingsgeburten auftretenden Dystokien sind auf Lage-, Stellungs- und Haltungsanomalien zurückzuführen, während hingegen 77,8 % der Geburtsschwierigkeiten bei Zwillingsgeburten aus solchen Fehlplatzierungen der Feten resultieren (GREGORY et al., 1996). Die Wahrscheinlichkeit einer Hinterendlage liegt bei Zwillingskälbern viermal höher als bei Einlingen (MEE, 2004).

(29)

Lage-, Stellungs- und Haltungsanomalien sind zwar bei den relativ kleinen Zwillingskälbern leicht zu korrigieren, eine mangelhafte Geburtsüberwachung kann jedoch das rechtzeitige Eingreifen verhindern (MEE, 2004).

2.7.4. Lage-, Stellungs-, Haltungsanomalien des Kalbes

Bei Untersuchungen an 65 tot geborenen Kälbern der Rasse Schwarzbuntes Milchrind (SMR) kamen 10,8 % in Hinterendlage zur Welt. Aufgrund mangelnder Keilwirkung der Frucht in dieser Lage ist die Gefahr der Verzögerung des Geburtsablaufes bei diesen Tieren besonders groß. Auch Hypoxieen nach Abklemmen der Nabelschnur und Aspiration von Fruchtwasser kommen häufiger in der Hinterendlage vor (LANGANKE et al., 1992). Bei einer Untersuchung zur Anoxie des Rinderfetus an Hereford Rindern (DUFTY u. SLOSS, 1977) wurde ermittelt, dass eine Hypoxie oder Anoxie durch Fruchtbewegungen verursacht wird, wenn die Fruchtbewegungen Fehlstellungen von Kopf und Beinen nach sich ziehen. Die Fehlstellungen können ihrerseits wieder zu Geburtsschwierigkeiten führen.

Obwohl nur 3 % aller Kälber in Hinterendlage geboren werden, ist das Risiko Geburtsschwierigkeiten zu verursachen oder perinatal zu verenden bei diesen Kälbern 5mal größer, als bei Tieren die in Vorderendlage entwickelt werden (MEE, 2004).

MEIJERING (1984) berichtet, dass Hinterendlagen und andere Lage-, Stellungs- und Haltungsanomalien der Frucht nur in 2 bis 6 % aller Kalbungen beobachtet werden.

Allerdings würden sie in den verschiedenen Untersuchungen für 20 bis 30 % der Geburtsschwierigkeiten verantwortlich gemacht. Dieser Grund für Dystokieen wird häufiger bei pluriparen als bei primiparen Tieren angegeben. MEIJERING (1984) erklärt diese Erkenntnis mit dem gehäufteren Auftreten eines fetopelvinen Missverhältnisses bei Färsen als Geburtshindernis.

2.7.5. Missbildungen des Kalbes

Angeborene Missbildungen stellen zu ca. 6 % die Ursache für perinatale Kälbersterblichkeit dar (DEKRUIF et al., 1998c). Erblichkeitsfaktoren, sowie Umwelteinflüsse (Pflanzentoxine, Manganmangel etc.) und Virusinfektionen können eine Rolle spielen (GRUNERT u. ANDRESEN, 1996; DEKRUIF et al., 1998c). Etwa 1

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sind. In Schweden wurden bei einer Untersuchung an 76 tot geborenen Schwedisch- Holstein-Kälbern in 5,3 % der Fälle Missbildungen festgestellt. Dieser Prozentsatz wurde als Normalwert eingestuft (BERGLUND et al., 2003). Wie an über 100.000 Geburten festgestellt wurde (BAIER u. SCHAETZ, 1984), sind Ursachen für Geburtsstörungen wie Schistosoma reflexum, Ankylosen, hydropische Zustände und andere Missbildungen zahlenmäßig unbedeutend und liegen unter 1 % der Schwergeburten. Nach GRUNERT (1993b) sind nur die Missbildungen von geburtshilflichem Interesse, die mit einer erheblichen Vergrößerung des Feten oder mit einer den Ein- und Durchtritt behindernden Abweichung hinsichtlich Form oder Haltung der einzelnen Teile verbunden sind. In einer Studie zum Thema Kälberkrankheiten an der Tierärztlichen Hochschule Hannover konnte kein Zusammenhang zwischen Geburtsschwierigkeiten und Missbildungen hergestellt werden. Die verschiedenen Häufigkeiten der Missbildungsfälle, bezogen auf die Art der Geburt (Sectio caesarea, Auszug, Spontangeburt), wiesen keinerlei statistisch signifikante Unterschiede auf (SCHULTE- MÄRTER, 2000).

2.7.6. Asphyxie der Kälber

Die Asphyxie oder Geburtsazidose (früher auch Hypoxie oder Scheintod genannt) ist als ein Syndrom zu verstehen. Die wichtigsten Ursachen beim Kalb sind: Unreife der Lunge (Spätasphyxie oder Atemnotsyndrom, bedingt durch einen Surfactantmangel), verlängerte Geburtsdauer, verstärkte und über längere Zeit andauernde Zugkraft, sowie maternale Azidosen (EIGENMANN et al., 1983). Sowohl die Spätasphxyie als auch die Frühasphyxie, bei der bereits intrauterin oder während des Auszugs der Frucht der Gasaustausch zwischen Fetus und Muttertier beeinträchtigt wird, sind Ursachen für eine hohe perinatale Mortalität. Überlebt das Kalb, kommt es aufgrund dieser Zustände zu einer besonderen Krankheitsanfälligkeit in der Neugeborenenphase (ZAREMBA, 1996).

Blutgasanalysen bei Kälbern haben gezeigt, dass sowohl verlängerte als auch durch Auszüge stark verkürzte Geburtsvorgänge eine schwere Azidose auslösen. Dieser Zustand ist auf Sauerstoffverlust zurückzuführen. Wenn der Blut-pH-Wert sinkt, ist die Vitalität des Neugeborenen verringert. Es kommt zu Organschäden, die den Tod des Fetus bedeuten können. In Fällen von Totgeburten, die mit Geburtsschwierigkeiten in Verbindung stehen, stellen diese Vorgänge eine der

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häufigsten Todesursachen dar (MEIJERING, 1984). DEKRUIF (1998c) sehen in der Asphyxie den häufigsten Grund für perinatale Sterblichkeit (50 %). Mit Sectio cesarea entwickelte Kälber von HF-Herden und Doppellender-Fleischrassen, weisen einen relativ geringen Anteil an Neugeborenen auf, bei denen Asphyxien entstehen.

Zu dem selben Ergebnis kamen auch EIGEMANN et al. (1983). Die Zunahme der Azidose bei Kälbern, die mit Kaiserschnitt oder leichter Zughilfe (1 bis 2 Personen) entwickelt wurden, war ebenfalls gering. Die Autoren zeigten, dass der peripartal vorliegende Azidosegrad der Frucht eng mit der Vitalität korreliert. Das heißt, mit zunehmendem Grad der Azidose nimmt die Vitalität des Feten ab. In ihrer Studie über 150 Geburten ermittelten die Autoren außerdem, dass bei einem nicht mehr als 2 Stunden zurückliegenden Blasensprung lediglich 4 % der Früchte eine mittelgradige bis schwere Azidose aufwiesen. Lag der Blasensprung 2 bis 4 oder 4 bis 6 Stunden zurück, so betrug die Häufigkeit mittelgradiger und schwerer fetaler Azidosen 23 bzw. 59 %. Bei einem Experiment, in welchem an 18 Hereford-Rindern eine Laparohysterotomie vorgenommen und die Nabelschnur einige Minuten abgeklemmt wurde, konnte die direkte Auswirkung der Asphyxie auf den Fetus beobachtet werden (DUFTY u. SLOSS, 1977). 7 der 18 Kälber starben während oder kurz nach der Geburt. 2 Kälber lebten 2 Tage lang, wurden jedoch wegen Lebensschwäche geschlachtet. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass vorübergehende anoxische Zustände die Überlebensfähigkeit der Kälber schmälern kann.

LANGANKE et al. (1992) fanden bei ihren Sektionen an 65 tot geborenen SMR- Kälbern (Schwarzbuntes Milchrind) großflächige Blutungen auf der Thymusoberfläche, unter dem Epikard und auf der Thyreoidea. Solche Blutungen führen die Autoren auf Sauerstoffmangel zurück. Der Sauerstoffmangel führt ihrer Meinung nach aufgrund von Energiedefizit, pH-Wert-Verschiebungen und daraus folgenden Membranschädigungen zu Permeabilitätsveränderungen der Membranen.

Auch SMYTH et al. (1992) diagnostizierten petechialen Blutungen besonders am Thymus.

2.7.7. Vitalitätsbeurteilung der Kälber

Für die klinische Diagnostik am Neugeborenen werden verschiedene Vitalitätsbenotungen angewandt, die sich an ein, in der Humanmedizin bewährtes

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Punkteschema, dem sogenannten APGAR-Score (siehe Material und Methoden) anlehnen. Dieses Punkteschema zur Vitalitätsbeurteilung von Kälbern spiegelt auf der einen Seite die Belastung des Kalbes während der Geburt wider und auf der anderen Seite die damit verbundenen Veränderungen der Blutgas-Werte und des Blutlaktatgehaltes (BUSCH u. SCHULZ, 1993). Durch dieses Schema ist eine prognostische Aussage bezüglich der Überlebenschancen des neugeborenen Kalbes unmittelbar post natum möglich. Für die Zustandsdiagnose werden Muskeltonus, Reflexerregbarkeit, Atmung und Farbe der Schleimhäute beurteilt (GRUNERT, 1990). BUSCH und SCHULZ (1993) berichten von einer Untersuchung zur klinischen Beurteilung von Kälbern unter Berücksichtigung des Geburtsablaufes. Die höchsten Punktzahlen der APGAR-Benotung erhielten die spontan geborenen Kälber der Kühe, während die Kälber der Färsen mit Schwergeburten die niedrigste Bewertung erhielten.

2.7.8. Perinatale Traumata

Laut DEKRUIF et al. (1998c) stellen perinatale Traumata zu 5 bis 10 % die Ursache perinataler Sterblichkeit von Kälbern dar. Sie werden meist durch übermäßige Zugkraft bei der Geburtshilfe verursacht (ZAREMBA, 1996; DEKRUIF et al., 1998c).

Schwere Traumata wie Rückenfrakturen, Rippenfrakturen, Hernia diaphragmatica etc. führen zum Tod, während leichtere Traumata (wie Metakarpusfrakturen) auch vollständig abheilen können (DEKRUIF et al., 1998c). In einer schwedischen Untersuchung mit Sektionen an 76 Färsenkälbern stellten die Autoren eine Wirbelsäulenfraktur und zweimal Rippenbrüche fest (BERGLUND et al., 2003).

MCCOY et al. (1999) untersuchten 365 Totgeburten. Sie stellten bei 22,7 % schwere Traumata fest. Am häufigsten kam es zu Rippenfrakturen. In einer Studie an 293 Totgeburten wurden wiederum nur in 6,5 % der Fälle schwere Geburtstraumata diagnostiziert (SMYTH et al., 1992). Auch hier sind Rippen-, Wirbelsäulenfrakturen und Zwerchfellrupturen die häufigsten Verletzungen.

AGERHOLM et al. (1993) untersuchten 306 abortierte Feten, sowie peri- und postnatal verendete Kälber. In der Gruppe der Kälber, die am Tag 0 starben, ist die Hauptdiagnose (81 %) die „neonatale fetale Atelektase“. Die fetale Atelektase bezeichnet Lungengewebe mit nicht entfalteten Lungenbläschen, in denen daher kein Gaswechsel stattfindet (WEISS u. RUDOLPH, 1999; FUCHS, 2000).

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2.8. Infektiöse Ursachen für Totgeburten

Bei 20 bis 30 % der Totgeburten sind Infektionen die Ursache. Infektionen können daher zum Bestandsproblem werden. Alle Aborterreger, die das Muttertier im Endstadium der Trächtigkeit infizieren, können Anlass für perinatale Mortalität geben.

Infizierte Kälber werden oft zu früh geboren und sterben häufig infolge der Infektion oder infolge einer Spätasphyxie. In etwa 20 % der Fälle gelingt ein Erregernachweis (DEKRUIF et al., 1998c).

Die Übergänge zwischen Aborten, Totgeburten und lebensschwachen Kälbern sind bei den meisten Untersuchungen zum Thema Infektionen fließend, wobei auch MICKELSEN und EVERMANN (1994) die Meinung vertreten, dass die meisten Organismen, die Aborte auslösen, auch Krankheiten und Infektionen der Neugeborenen verantworten können. Uterine Infektionen können sich indirekt über die Kuh oder direkt über die Plazenta oder den Fetus manifestieren. Anämie, Hyperthermie, Endotoxämie und respiratorische Erkrankungen der Kuh haben auch direkten Einfluss auf das Kalb (MICKELSEN u. EVERMANN, 1994). Die Autoren gehen bei den Aborterregernachweisen je nach Labor von 25 bis 40 % erfolgreicher Diagnosestellung aus. In einer Untersuchung von KIRKBRIDE (1992) an 8.962 bovinen Aborten fand er in 30,38 % der Fälle infektiöse Ursachen für das Geschehen. Davon waren 14,49 % bakterieller, 10,57 % viraler und 5,31 % mykotischer Genese. In einer anderen amerikanischen Studie fanden die Autoren bei insgesamt 468 Aborten in 16 % der Fälle Bakterien, in 5,6 % Viren und in 3,2 % Protozoen als Abortursache (ANDERSON u. BLANCHARD, 1990).

2.8.1. Bakterielle Infektionen

Viele als Aborterreger bekannte Organismen können auch nach physiologischer Trächtigkeit in den Feten nachgewiesen werden und neonatale Todesfälle auslösen, bzw. lebensschwach geborene Kälber verursachen (MICKELSEN u. EVERMANN, 1994; AHLERS u. ANDRESEN, 1996). Brucella abortus, Leptospira spp., E. coli, und Streptococcus spp. gehören zu dieser Gruppe. Da viele dieser Erreger ubiquitär sind, sollten einige Kriterien erfüllt sein: Die Organismen müssen in großer Zahl und in Reinkultur aus dem fetalen Mageninhalt oder fetalem Gewebe extrahiert werden.

Darüber hinaus sollte kein anderer Grund ähnlich naheliegend für das

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