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5. Diskussion

5.9. Sensiblex®-Gaben

Die Häufigkeit von Totgeburten war bei Muttertieren, die mit dem Spasmolytikum Sensiblex® behandelt wurden, signifikant höher als bei nicht behandelten Tieren.

Dieser Beobachtung ist sicherlich kein ursächlicher Zusammenhang zur Totgeburtenproblematik zuzuschreiben. Das Medikament wurde hauptsächlich bei auffälligen Geburten eingesetzt. Es ist daher schlüssig, dass auch die Mehrzahl dieser Geburten tote Kälber nach sich zogen. Nach BUSCH und SCHULZ (1993) sind keine nachteiligen Wirkungen von Denaverinhydrochlorid (Sensiblex ®) auf die Früchte bekannt. Dem Medikament wird vielmehr eine besonders auf die Uterusmuskulatur gerichtete, spasmolytische und eine allgemein analgetische Wirkung zugesprochen (EULENBERGER et al., 1987; BUSCH u. SCHULZ, 1993).

5.10. Geburtsüberwachung

Im Rahmen der Geburtsüberwachung wurde die Verteilung der Tot- und Lebendgeburten in den verschiedenen Tagesabschnitten ausgewertet. Das Ergebnis war eine signifikant höhere Totgeburtenhäufigkeit im nächtlichen überwachungsfreien Zeitraum im Vergleich zum überwachungsfreien Zeitraum am Tage (P=0,02). Dazu ist erklärend hinzuzufügen, dass „am Tag“ ein Lehrling damit beauftragt war, etwa eine Stunde vor dem nächsten Schichtbeginn im Reprostall eventuelle Kalbungen festzustellen, und gegebenenfalls Hilfestellung zu leisten.

Wenngleich die Beauftragung des Lehrlings am Ende der Tagschicht mit einem Absinken der Überwachungsqualität gleichzusetzen ist, ist ansonsten der Tagschicht gegenüber der Nachtschicht im Allgemeinen eine höhere Qualität oder zumindest Frequenz der Überwachung zuzuordnen. Darüber hinaus bewegen sich am Tag viel mehr Betriebsangestellte durch den „Reprobereich“ als in der Nacht. Gerade in diesem Zeitraum fühlten sich die meisten Mitarbeiter für die Geburten, die sie durch Zufall entdeckten, verantwortlich. In der Nacht hatte eine Person der Melkschicht den Auftrag, gelegentlich nach dem Rechten zu sehen. Diese Anweisung wurde unterschiedlich interpretiert und folglich mit unterschiedlicher Intensität befolgt.

Möglicherweise ist in diesem Verhalten ein Grund für die höchste Totgeburtenhäufigkeit im nächtlichen überwachungsfreien Zeitraum zu sehen.

Eine weitere Auswertung zur Geburtsüberwachung fand in Bezug auf die Schichtwechsel statt. Innerhalb der Schichten waren signifikant weniger Totgeburten festzustellen als bei Schichtwechsel (P=0,034). Mit dem Begriff Schichtwechsel ist gemeint, dass sich ein Geburtsvorgang von einer Schicht über den überwachungsfreien Zeitraum hinaus bis in die nächste Schicht hineinzieht. Dies bedeutet, dass zwei Geburtshelfer an der Geburt beteiligt sind. Einerseits kann dieses Ergebnis mit einer zu langen Geburtsdauer begründet werden, da schon der überwachungsfreie Zeitraum mindestens zwei Stunden dauerte. Andererseits lässt diese Beobachtung eine mangelhafte Kommunikation zwischen dem

„Repropersonal“ vermuten. Übergabeprotokolle, gleich welcher Art, wurden nicht beobachtet. In den seltensten Fällen wurde der nachfolgende Mitarbeiter schriftlich oder mündlich auf eine gerade stattfindende Geburt aufmerksam gemacht. In der Literatur wird der Häufigkeit der Geburtsüberwachung besondere Bedeutung beigemessen. Eine gute Geburtsüberwachung sei entscheidend für das Erkennen

bei einer Untersuchung an Hereford-Färsen von einer Senkung der Verluste um den Geburtszeitraum berichtet wenn die zur Geburt anstehenden Tiere häufiger überwacht werden (DUFTY, 1981). DREW (1986) fand auf Betrieben mit niedriger Totgeburtenhäufigkeit eine 1 bis 2stündige Geburtsüberwachung um den Geburtszeitraum vor, während Betriebe mit hohen Verlusten variierende Zeiten der Überwachung angaben. Auch EULENBERGER et al. (1987) befanden die Überwachung der Geburt als nicht ausgeschöpften Faktor zur Steigerung der Fortpflanzungsleistung in Rinderherden.

5.11. Äußere Beckenmaße

Bei den Berechnungen der äußeren Beckenmaße ist als erstes festzustellen, dass Färsen signifikant kleinere Maße aufwiesen als Kühe (P<0,0001). In Bezug auf die Totgeburtenproblematik stellte sich nur die Beckenlänge als signifikant unterschiedliche Größe dar (P=0,006). Die Beckenlänge war bei Müttern mit Totgeburten kleiner als bei Müttern lebender Kälber. Die Abstände der Hüft- und Sitzbeinhöcker waren bei der ersten Gruppe numerisch kleiner.

Die Beckenlänge fiel ebenfalls bei der alleinigen Betrachtung der Färsen auf. Dort ist ein Trend zu beobachten, dass Färsen mit Totgeburten kleinere Beckenlängen hatten als Färsen mit Lebendgeburten. Bei dieser Einteilung kam es auch zu einem signifikanten Unterschied, der gegenläufig zu den bisherigen Erkenntnissen ist. So war bei Färsen mit Totgeburten der Hüfthöckerabstand größer als bei Färsen mit lebenden Kälbern (P=0,023). Sowohl der Abstand der Hüft- und Sitzbeinhöcker als auch der Abstand der Hüfthöcker und die Beckenlänge korreliert positiv miteinander.

Werden die äußeren Beckenmaße nach der Klassifikation der Geburt eingeteilt dargestellt, fallen, wie auch bei der Klassifikation der Geburt selbst, der schwere Auszug und der Kaiserschnitt auf. Bei den schweren Auszügen war die Beckenlänge der Muttertiere signifikant kürzer, wenn das Kalb tot zur Welt kam, als bei positivem Ausgang der Geburt. Wurden Kaiserschnitte durchgeführt, zeigte sich der Abstand der mütterlichen Sitzbeinhöcker mit tot geborenen Kälbern signifikant kleiner als bei Müttern mit Lebendgeburten. STEINER (1979) konnte in seiner Arbeit keine signifikanten Unterschiede der Beckenmaße zwischen Kühen und Färsen feststellen.

Er ermittelte weiterhin bei Tieren, bei denen eine Fetotomie oder Schnittentbindung erfolgte, kleinere innere und äußere Beckenmaße als bei Tieren, deren Geburt per

Auszug verlief. Die Unterschiede zwischen Fetotomie und Kaiserschnitt zu den Spontangeburten waren erheblich. Die Unterschiede zwischen Geburten mit Auszug und Spontangeburten nur gering. Sie waren allerdings nicht signifikant verschieden.

Auch HAMEL (1963) beobachtete, dass sich die Hüftbreite von Rindern mit Normalgeburt wesentlich von der von Tieren unterscheidet, bei denen eine Fetotomie vorgenommen wurde. Bezüglich des Abstandes der Sitzbeinhöcker konnte er keinen Unterschied feststellen. Aufgrund der eigenen Ergebnisse kann den äußeren Beckenmaßen in ihrer Gesamtheit zwar eine wichtige Stellung in der allgemeinen Betrachtung der Totgeburtenproblematik beigemessen werden. In Bezug auf die anzuwendenden geburtshilflichen Maßnahmen sind sie jedoch zu uneinheitlich, um eine Vorhersage treffen zu können.

5.12. Innere Beckenmaße

Wie bereits unter Punkt 5.4. beschrieben, waren alle drei inneren Beckenmaße bei den Färsen signifikant kleiner als bei den Kühen (P<0,0001). Die drei Parameter waren ebenfalls bei den Müttern mit Totgeburten signifikant kleiner als bei den Müttern mit lebenden Kälber (P=0,002, P=0,0014, P=0,0003). Werden die inneren Beckenmaße im Hinblick auf die Klassifikation der Geburt bewertet, zeigen sich lediglich bei den Lebendgeburten signifikante Unterschiede (Tab. 50). Die Beckenweite und der Querdurchmesser waren bei Spontangeburten größer als bei leichten Auszügen. Alle inneren Beckenmaße sind bei Spontangeburten als größer ermittelt worden als bei schweren Auszügen. Beckenweite, Höhen- und Querdurchmesser waren alle jeweils bei leichtem, mittelschwerem und schwerem Auszug größer als beim Kaiserschnitt. Diese Ergebnisse zeigen zumindest bei den Lebendgeburten, dass bei steigender Schwere der Geburtshilfe in den meisten Fällen kleinere innere Beckenmaße ermittelt wurden. Darüber hinaus wurde in den eigenen Untersuchungen eine statistisch signifikante Korrelation der inneren Beckenmaße festgestellt. Je größer die Beckenweite war, desto größer waren auch Höhen- und Querdurchmesser. Je größer der Höhen- desto größer war der Querdurchmesser. Diese Korrelationen errechneten auch NAAZIE et al. (1989) Darüber hinaus ergab sich in ihrer Studie eine Korrelation zwischen inneren Beckenmaßen und dem Gewicht des Muttertiers. Diese Beobachtung machten auch PRICE and WILTBANK (1978a), die eine hochsignifikante Korrelation zwischen der

Beckenweite und dem Gewicht des Muttertiers feststellten. Letztgenannte Beobachtung konnte auch in den eigenen Untersuchungen gemacht werden (Tab.

65).

Nach YOUNG (1968) konnte bei Färsen einer Devon-Herde zum Zeitpunkt der Geburt ein signifikanter Unterschied in der Größe der Beckenweite zwischen Tieren mit Geburtsstörungen und Tieren, die normal gekalbt hatten, festgestellt werden.

Diese Beobachtung konnte bei den eigenen Untersuchungen bei einer Gesamtbetrachtung der Kühe und Färsen bestätigt werden. Vergleicht man nur die Färsen mit Tot- und Lebendgeburten miteinander, sind die Maße der Tiere mit Totgeburten zwar kleiner als bei den Tieren mit Lebendgeburten, die Unterschiede sind allerdings nicht signifikant verschieden. Auch DUFTY (1972) stellte bei einer ähnlichen Untersuchung der inneren Beckenmaße bei Färsen fest, dass die Tiere mit Totgeburten geringgradig kleinere Beckenmaße aufwiesen als die Färsen mit Normalgeburten. NAAZIE et al. (1989) hingegen konnten in ihrer Untersuchung keinen Zusammenhang zwischen Beckenweite und Geburtsstörungen feststellen.

Dagegen kamen PRICE und WILTBANK (1978a) zu der Erkenntnis, dass Färsen mit sehr kleinen Beckenweiten Geburtsstörungen aufweisen. Das letztgenannte Ergebnis konnte in der eigenen Untersuchung, in Bezug auf die gemeinsame Gruppe primi- und pluriparer Tiere, teilweise bestätigt werden (Tab. 50).

Der Zusammenhang zwischen der Beckenweite und der Aufweitungsphase wurde im Kapitel 5.4. beschrieben.