die Absichtserklärung der Vertrags- partner, „gemeinsam ein Beratungs- konzept zur Gesundheitsförderung und Krankheitsverhütung durch den niedergelassenen Vertragsarzt zu entwickeln". Die Ersatzkassen er- kennen also die Zuständigkeit des Arztes auch und gerade für den wichtigen Bereich der Prävention ausdrücklich an und wollen ihn des- halb nicht ausgrenzen, sondern als fachkundigen Partner für das ge- meinsame Anliegen gewinnen.
Und noch ein wichtiger Punkt, der in beiden Vereinbarungen festge- schrieben ist: Richtgrößen als Re- greßinstrumente wird es im Vertrags- zeitraum nicht geben. Der ärztliche Standpunkt, Richtgrößen als reines Beratungsinstrument zu betrachten, hat sich durchgesetzt. In Verbindung damit lautet die Empfehlung an die
Die Nachricht, daß aus dem
„Beratungsgesetz" wegen zu großer Meinungsverschiedenheiten der Bonner Koalitionspartner in dieser Wahlperiode „nichts mehr werden"
soll, hatte in Bayern schon im Som- mer vorigen Jahres Arger ausgelöst.
Man wollte diese noch fehlende Vor- stufe zum nicht strafbaren Schwan- gerschaftsabbruch nicht unabsehbar aufgeschoben wissen. Jetzt verdich- tete sich der Ärger zu dem Ent- schluß, das Problem auf die Verfas- sungsebene zu heben. Mit dem Ziel,
„dem Schutz des ungeborenen Le- bens als Rechtsgut mit höchstem Verfassungsrang wieder Geltung zu verschaffen", erhob die Bayerische Staatsregierung Normenkontrollkla- ge beim Bundesverfassungsgericht.
In der Klageschrift heißt es, der Ge- setzgeber sei verpflichtet, bezüglich der mit Paragraph 1 des Grundgeset- zes unvereinbaren strafrechtlichen Bestimmungen des Paragraphen 218 StGB binnen angemessener Frist ei- ne Neuregelung zu treffen, die den verfassungsrechtlichen Anforderun- gen genügt. Zudem seien die ent- sprechenden RVO-Vorschriften mit dem Grundgesetz insoweit unverein-
Vertragspartner auf Landesebene, auf der Basis zu vereinbarender Richtgrößen oder anderer Ver- gleichsgrößen Ausgleichsmodelle bei Einsparung von Arzneimittelausga- ben durch den Arzt zu vereinbaren.
Alles in allem: Mit den Verein- barungen sind wir nicht nur der an- gestrebten Einzelleistungsvergütung wieder ein gutes Stück näher ge- rückt. Vielmehr haben wir nun eine ausbaufähige Basis für qualitative und strukturelle Verbesserungen der ambulanten kassen-/vertragsärztli- chen Versorgung geschaffen, die uns zuversichtlich in die nähere Zukunft schauen läßt.
Dr. med. Ulrich Oesingmann Erster Vorsitzender der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung
bar, als sie den Versicherten bei Ab- bruch einer Schwangerschaft Lei- stungen gewähren.
Staatssekretärin Barbara Stamm vom Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, die die „Nor- menkontrollklage gegen das Bera- tungs- und Indikations-Feststel- lungsverfahren beim Schwanger- schaftsabbruch und gegen die Finan- zierung der Abtreibung auf Kran- kenschein" in München vorstellte, warf dem Gesetzgeber vor, er habe sich nach dem Urteil des Bundsver- fassungsgerichts über die Grundge- setzwidrigkeit der Fristenlösung Versäumnisse und Unterlassungen zuschulden kommen lassen.
Bayern schätzt:
300 000 Abtreibungen
Die Ärzte hätten, erklärte Frau Stamm, dem Statistischen Bundes- amt seit 1980 im Jahresdurchschnitt 86 000 Schwangerschaftsabbrüche aus sozialer Notlage gemeldet (und seien damit ihrer anonymen Melde- pflicht wegen fehlender Sanktionen
nur völlig unzureichend nachgekom- men). Die Gesetzlichen Krankenkas- sen dagegen hätten jährlich rund 140 000 ambulante oder stationäre Abtreibungen offen abgerechnet.
Als realistisch bezeichnete Frau Stamm eine Schätzung von etwa 300 000 Abtreibungen pro Jahr —
„was bedeutet, daß mindestens jedes vierte, höchstwahrscheinlich jedes dritte gezeugte Kind abgetrieben wird".
Zu den statistischen Erkenntnis- sen, daß schon 87 Prozent aller Schwangerschaftsabbrüche auf eine soziale Indikation gestützt werden und daß die Zahl der gemeldeten Abtreibungen auf Grund angebli- cher sozialer Notlage von 1977 bis
1988 um 132 Prozent angewachsen sei, bemerkte die bayerische Staats- sekretärin: „Es ist nicht vorstellbar, daß eine derart hohe Zahl von Ab- treibungen in einem Land wie der Bundesrepublik Deutschland mit ei- nem vorbildlichen sozialen Netz mit einer sozialen Notlage begründet werden kann, die in ihrer Schwere einer medizinischen oder eugeni- schen Indikation gleichkommt."
Zu den Zielen der Klage sagte die Staatssekretärin, es gehe nicht um Strafverschärfungen, sondern um den bestmöglichen Schutz für das hilflose ungeborene Leben, wie ihn das Bundesverfassungsgericht gefor- dert habe. Ein Recht der Schwange- ren, über das Leben des Ungebore- nen selbst zu entscheiden, könne es angesichts des Verfassungsranges des ungeborenen Lebens nicht ge- ben. Die Auffassung der Sozialde- mokraten, ein Schwangerschaftsab- bruch bedürfe überhaupt keiner Rechtfertigung, nannte Frau Stamm
„defätistisch". Für jeden, der so den- ke, sei der Umstand, Kinder zu ha- ben, offenbar „gleichbedeutend mit persönlicher Notlage sowie dauer- hafter Demütigung und Perspektiv- losigkeit der Mutter".
Um die noch fehlenden Bundes- regelungen nicht allzu spürbar wer- den zu lassen, hat Bayern inzwischen in eigener Zuständigkeit einige Ver- besserungen auf den Weg gebracht:
landesrechtliche Beratungsbestim- mungen, die Förderung der jungen Familie und die Landesstiftung
„Mutter und Kind". KG
Schwangerschaftsabbruch:
Bayern zog vor das Bundesverfassungsgericht
A-1078 (20) Dt. Ärztebl. 87, Heft 14, 5. April 1990