• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Private Krankenversicherung: Hohe „Subventionslasten“" (24.04.1998)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Private Krankenversicherung: Hohe „Subventionslasten“" (24.04.1998)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

ei den immer härter werden- den Auseinandersetzungen um die Marktanteile und -aufteilung zwischen Gesetzlicher und privater Krankenversicherung wer- den regelmäßig Argumente und Rechnungen bemüht, die unterstel- len, das eine System sei Kostgänger des anderen. In jüngster Zeit werden diese Argumente als Begründung für eine Aufhebung der Versicherungs- pflicht- und Beitragsbemessungsgren- ze in der Gesetzlichen Krankenversi- cherung bemüht, jedenfalls, um die bereits seit 1970 gesetzlich sanktio- nierte „Friedensgrenze“ zwischen Gesetzlicher und privater Kranken- versicherung zugunsten der Gesetzli- chen zu verschieben. Zuweilen wer- den die Argumente auch dazu einge- spannt, um die Überführung der Ge- setzlichen Krankenversicherung in ei- ne allumfassende Volksversicherung zu begründen und um der privaten Krankenversicherung (PKV) den Garaus zu machen (Programm von Bündnis 90/Die Grünen).

„Kommunizierende Röhren“

Der Verband der privaten Kran- kenversicherung e.V., Köln, hat jetzt eine Rechnung aufgemacht, die die gängigen Behauptungen kontern soll.

Christian Weber, Geschäftsführer des PKV-Verbandes, zuständig für sozial- politische Grundsatzfragen, verwies die Thesen von interessierter Seite in das Reich der sozialen Mär. Es sei un- redlich zu unterstellen, erst die Exi- stenz der Gesetzlichen Krankenversi- cherung würde es ermöglichen, rund sieben Millionen ausschließlich privat Krankenversicherten (Vollversicher-

ten) oder den mehr als vier Millionen Zusatzversicherten eine gesonderte (Privat-)Behandlung angedeihen zu lassen.

Die private Krankenversiche- rung weist darauf hin, daß bisher sämtliche gesetzlichen Maßnahmen zur Kostendämpfung und Ausga-

bensteuerung im Gesundheitswesen ebenfalls die PKV finanziell tan- giert haben, und zwar in der Regel als Quersubventionszahler zugun- sten der gesetzlichen Krankenkassen in einer Art „kommunizierender Röhren“.

In dem Maße, wie die Rahmen- bedingungen zu Lasten der Leistungs- erbringer (Ärzte, Pharmaindustrie, Krankenhäuser und andere) ver- schlechtert werden, würden sie sich entsprechend der Privatbehandlung und der Versorgung von Privatversi- cherten und Selbstzahlern finanziell

„schadlos halten“, so die PKV. Aktu- elles Beispiel seien die Liquidations- usancen und Finanzierungspraktiken sowohl im Bereich der ambulanten privatärztlichen Versorgung als auch

im Kliniksektor, vor allem wegen der dort angewandten GOÄ-Multiplika- toren und der Zuschläge für die ärztli- chen Wahlleistungen und die Unter- bringung in einem Klinikkomfortzim- mer.

Quersubventionen

Die Rechnung des PKV-Verban- des geht von folgenden Daten aus:

– Wird unterstellt, daß alle Selbstzahler im Jahr 1995 ausschließ- lich gesetzlich krankenversichert ge- wesen wären, hätte dies in der GKV zu zusätzlichen Beitragseinnahmen in Höhe von 31,9 Milliarden DM ge- führt. Dabei wurden nur die 4,34 Mil- lionen erwerbstätigen Krankheitsko- sten-Versicherten (einschließlich Be- amte) berücksichtigt. Diesen (fikti- ven) Mehreinnahmen stünden aber zusätzliche Leistungsausgaben der GKV in Höhe von 26,6 Milliarden DM jährlich gegenüber. In diese Rechnung wurden auch die knapp sieben Millionen Vollversicherten der PKV einbezogen, also auch Kin- der und nicht erwerbstätige Ehepart- ner. Die durchschnittlichen Lei- stungsausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung je Versicher- ten beliefen sich im Jahr 1995 auf rund 3 800 DM.

Dem (rechnerischen) Einnah- menplus in Höhe von 5,3 Milliarden DM zugunsten der Gesetzlichen Krankenversicherung (31,9 Milliar- den DM minus 26,6 Milliarden DM) stehen „Subventionsausfälle“ in Hö- he von 11,85 Milliarden DM ge- genüber, die sich allerdings erst in späteren Jahren des Versicherten- lebens finanziell auswirken. Dies ist in der privaten Krankenversiche- rung eine Folge des dort gelten- den versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzips und der gesetz- lich vorgeschriebenen Alterungs- rückstellungen, die bereits in frühe- ren Versicherungsjahren getätigt wer- den müssen, um in späteren Jahren im kapitalgedeckten System entspre- chend geringere Prämien zu berech- nen. 1995 betrugen die Zuführungen der PKV-Versicherungsgesellschaf- ten zur Alterungsrückstellung für die Krankenversicherung rund 6,5 Milliarden DM.

A-1012 (32) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 17, 24. April 1998

P O L I T I K AKTUELL

Private Krankenversicherung

Hohe „Subventionslasten“

Experten der privaten Krankenversicherung haben

vorgerechnet, daß die Privatassekuranz die Gesetzliche Krankenversicherung Jahr für Jahr in einem Umfang von 6,5 Milliarden DM „subventioniert“.

B

Dipl.-Volkswirt Christian Weber, PKV- Verband, Köln Foto: privat

(2)

– Unmittelbar wirksam waren die Subventionsausfälle nicht nur bei den niedergelassenen Ärzten, sondern auch bei den übrigen Leistungserbrin- gern, die für Selbstzahler, also auch die Privatversicherten, tätig werden, so die PKV-Argumentation.

– Bei der privatärztlichen Be- handlung müssen die Selbstzahler (und die PKV-Versicherten) um durchschnittlich 130 Prozent höhere

„Preise“ als die gesetzlich Versicher- ten bezahlen (der PKV-Verband be-

ruft sich dabei auf ein Gutachten des Instituts Basys, Augsburg, aus dem Jahr 1993). Im Rechnungsjahr 1995 bezahlten die Selbstzahler und Pri- vatpatienten für Privatbehandlung insgesamt 6,7 Milliarden DM. Wür- den diesen nur so hohe Preise/Ho- norare wie bei den GKV-Versicher- ten berechnet, müßten sie nur 2,9 Milliarden DM bezahlen. Immerhin ergibt sich aus PKV-Sicht ein „über- höhter Preis“ in Höhe von 3,8 Milli- arden DM. Der von der PKV bewirk- te Subventionseffekt wird auf 50 Prozent dieser Summe veranschlagt (1,9 Milliarden DM).

– Die Selbstzahler und Privatpa- tienten zahlten 1995 für zahnärztliche Leistungen insgesamt 4,8 Milliarden DM. Bei einem Preisniveau, wie es in der GKV in diesem Jahr galt, wären nur 3,4 Milliarden DM zu Buche ge- schlagen. Daraus ergibt sich eine Dif-

ferenz in Höhe von 1,4 Milliarden DM. Der PKVlastige Subventionsef- fekt: 50 Prozent davon, also 0,7 Milli- arden DM.

– Auch im Sektor der Arzneimit- telversorgung moniert die PKV Un- gleichheiten und Wettbewerbsverzer- rungen, da für Privatversicherte kein fünfprozentiger Arzneimittelrabatt gilt, im Gegensatz zur Gesetzlichen Krankenversicherung. Die Selbstzah- ler und Privatversicherten würden mit 115 Millionen DM belastet, wenn ih-

nen ebenfalls der fünfprozentige Arz- neimittelrabatt wie in der Gesetz- lichen Krankenversicherung einge- räumt würde.

– Das Krankenhaus und der Be- reich der wahlärztlichen Leistungen sowie der Komfortunterbringung im Krankenhaus werden ebenfalls als ein anstößiger Subventionsquell kriti- siert. Die private Krankenversiche- rung hatte 1995 insgesamt 3,4 Milliar- den DM für diesen Leistungsbereich zugunsten ihrer Versicherten aufge- wendet. Selbstzahlende Patienten ha- ben für Krankenhauswahlleistungen (Privatbehandlung) 2,54 Milliarden DM im Jahr 1995 aufgebracht.

Die Rechnung geht davon aus, daß mindestens ebenfalls 50 Prozent dieses Betrages unmittelbar über die Kostenerstattung der Ärzte für Pfle- gesätze subventioniert werden. For- mal könnten die Krankenhäuser zwar

über den verbleibenden Teil der Ein- nahmen aus Privatbehandlung frei verfügen, doch werde in der Praxis der überwiegende Teil dieser Finanz- mittel für investive Zwecke (wegen unzureichender Landesmittel für die Klinikfinanzierung) und/oder zum Ausgleich von Pflegesatzdefiziten verwendet.

In der Rechnung wird unterstellt, daß dies insgesamt 75 Prozent von 2,54 Milliarden DM sind, die den all- gemeinen Krankenhausleistungen, al- so den gesetzlich Versicherten, zugute kommen. Dies wären rechnerisch 1,9 Milliarden DM.

Hohe Zuschläge für Wahlleistungen

– Die „Quersubvention“ zugun- sten der gesetzlich Krankenversi- cherten und der allgemeinen Pflege- klasse bei Inanspruchnahme der gesondert berechenbaren „Wahllei- stung Unterkunft“ wird mit weiteren 0,85 Milliarden DM geschätzt. Dabei ergibt sich nach dem gleichen Berech- nungsmodus ein Gesamtbetrag in Höhe von 1,5 Milliarden DM. Auf die Vollkostentarife der PKV zuzüglich der Beihilfe entfallen dabei 1,13 Milli- arden DM.

Unterstellt wurde, daß minde- stens 50 Prozent über den Weg „über- höhter Mindestzuschläge“ bei den Pflegesätzen der allgemeinen Pflege- klasse zugute kommen.

c Der Verband der privaten Krankenversicherung hat erneut an- gekündigt, gegen überhöhte Zuschlä- ge bei der Wahl von Ein- und Zwei- bettzimmern in Kliniken durch Pri- vatzahler Rechtsmittel einzulegen und sich dabei auf die neuen, zugun- sten der PKV ausgestalteten Rechts- grundlagen zu berufen.

Notfalls werde man gegen

„Mondpreise“ für Privatpatienten klagen, so der Geschäftsführer des PKV-Verbandes, Dr. jur. Christoph Uleer. Schließlich schiebe die Bundes- pflegesatzverordnung einen Riegel dagegen vor, den Privatpatienten und Selbstzahlern Leistungen zu berech- nen, die in einem unangemessenen Kosten-Leistungs-Verhältnis stehen, zumal bei der „Wahlleistung Unter-

kunft“. Dr. Harald Clade

A-1013

P O L I T I K AKTUELL

Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 17, 24. April 1998 (33) Grafik

Krankheitskosten: Auf Expansionskurs (Leistungsausgaben in Milliarden DM)

Gesetzliche Krankenversicherung: Ausgaben ohne Verwaltungskosten; private Krankenversicherung: Aufwen- dungen für Versicherungsfälle einschließlich Schadenregulierungskosten; ab 1991 Gesamtdeutschland; 1996:

vorläufige Zahlen Quelle: BMA, PKV-Verband, Institut der deutschen Wirtschaft, Köln

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Seit vorigem Jahr gibt es neben der Zusatzbezeichnung „Arbeitsmedi- zin", die in „Betriebsmedizin" um- benannt wird, und der arbeitsmedi- zinischen Fachkunde eine weitere

Der Fragebogen kann angefordert werden beim Marburger Bund, Lan- desverband Hessen, Praun- heimer Landstraße 32,

Gegenüber dem Vor- jahr hat sich die Zahl der deut- schen Anspruchsberechtigten um fast 100 000 und die Zahl der Kin- der um 300 000 verringert, die Zahlen für ausländische

Die Krankenkassen werden sich, so Kaula, dabei auch auf die Empfehlungen des Koordinierungsausschus- ses für den Vertrauensärzt- lichen Dienst bei der Arbeits- gemeinschaft

Nach den Berechnungen des igsf werden die Krankenkas- sen in diesem Jahr mit schätzungsweise 4,7 Milliarden Eu- ro belastet, weil sie für Arbeitslosengeld-II-Empfänger viel zu

Walter Groß (der un- mittelbar nach der Gleichschal- tung der alten Standesführung verdeutlichte, daß sie nicht mehr gebraucht werde); Groß wird Lei- ter des bei den

Vilmar betonte, daß gerade Montecatini Terme beson- ders für das intensive Gespräch zwischen Referenten und Teilneh- mern und für die interdisziplinäre Verständigung geeignet ist

Wie das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW), Köln, unter Zitierung einer soeben erschienenen Schrift mit dem Ti- tel „Fehlzeiten — ein internationa-