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Archiv "Metastasiertes Mammakarzinom – Keine Lebensverlängerung seit 20 Jahren: Behandlung in Zentren" (24.02.2006)

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Selektive Datenauswahl

Hölzel et al. schlussfolgern aus 7 674 Fäl- len mit metastasiertem Mamma-Ca aus- schließlich aus dem Großraum München im Beobachtungszeitraum von 1978 bis 2002, dass neue Therapieansätze zu kei- ner Lebensverlängerung geführt haben.

Dieses Ergebnis verwundert den kriti- schen Leser, da dies im Gegensatz zum internationalen Trend liegt (1–3).

Die Autoren versuchen diesen Wider- spruch durch eigene Publikationen, sin- guläre Therapiestudien sowie sinnent- stellende Interpretationen der Arbeit von Kato et al., die in der mehrfach zi- tierten Studie den Einfluss des Behand- lungszeitpunktes auf das Überleben überhaupt nicht untersucht haben, zu un- termauern. Dabei ist den Autoren ent- gangen, dass Trastuzumab 1998 von der FDA und im August 2000 in Deutschland zur Therapie des metastasierten Mam- ma-Ca zugelassen wurde. Der kombi- nierte Einsatz mit Chemotherapie führ- te zur signifikanten Verlängerung des Überlebens um 25 Prozent von Patien- tinnen mit HER2/neu-Überexpression (1). In Frankreich profitieren seit 1994 Hormonrezeptor-positive Patientinnen von den antihormonellen Therapien (28 Monate versus 45 Monate Überleben) (2). Dieses Ergebnis wird mit einem Ab- stract vom Tisch gewischt. Die sehr ermu- tigenden Ergebnisse aus dem M. D. An- derson Hospital werden wegen der Be-

rücksichtigung von Lokalrezidiven kom- plett negiert, obwohl deren prozentualer Anteil in den verglichenen Zeiträumen deutlich geringer gestiegen ist als das prozentuale 5-Jahres-Überleben. Kriti- sche Leserbriefe zu zitierten Arbeiten werden ignoriert, sodass durch diese se- lektive Wahrnehmung der Fachliteratur ein verzerrtes Bild entsteht (4).

Bei Betrachtung der präsentierten Daten, fällt ferner auf, dass 10-Jahres- Überlebenskurven von Patienten prä- sentiert werden, bei denen erst 2000 die Metastasen diagnostiziert wurden. Sie- ben Jahre wurden demnach extrapoliert.

Erklärungsbedürftig sind auch die stän- dig variierenden Fallzahlen: n = 6 473 (Grafik 4), n = 1 434 (Grafik 5), n = 846 (Grafik 8). Dies legt den Verdacht der Darstellung ausgewählter Fälle bezie- hungsweise des unvollständigen Rück- laufs der Meldebögen nahe. Der Ein- schluss von nur 2 513 Fällen (33 Prozent der 7 674 erfassten Metastasierungen) in die Cox-Modelle verstärkt diesen Ein- druck massiv. Vielleicht wurden insbe- sondere Daten der verstorbenen Patien- ten dokumentiert und auf diese Weise in der vorliegenden Studie ausgewertet.

Die noch lebenden, also erfolgreich be- handelten Patienten wurden möglicher- weise unvollständig gemeldet, weil der Fokus der Klinikärzte weniger auf der Dokumentation als auf der erfolgreichen Behandlung des Patienten liegt.

Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass gerade auf dem Gebiet der zielgerichteten Tumortherapie in den vergangenen vier Jahren entscheidende Erfolge erzielt wurden, sodass die prä- sentierten Daten der Jahre 1978 bis 2002 vielleicht historisch wertvoll aber heute nicht mehr aktuell sind. Diese unseriöse, undifferenzierte und polemisierende Pu- blikation diskreditiert nicht nur das En- gagement verantwortungsbewusster und erfolgreicher Onkologen,sondern verun- sichert auch die Patientinnen erheblich und treibt diese in den Dschungel der Al- ternativmedizin.

Literatur

1. Adams GP, Weiner LM: Monoclonal antibody therapy of cancer. Nat Biotechnol 2005; 23: 1147–57.

2. Andre F, Slimane K, Bachelot T et al. Breast cancer with synchronous metastases: trends in survival during a 14 years period. J Clin Oncol 2004; 22: 3302–8.

3. Richards MA, Stockton D, Babb P Coleman MP: How many deaths have been avoided through improvements in cancer survival? BMJ 2000; 320: 895–8.

4. Calvert H, Jodrell DI, Cassidy J, Harris AL: Pessimistic con- clusion was not justified. Letter to Efficancy, safety, and cost of new anticancer drugs. BMJ 2002; 325: 1302.

Priv.-Doz. Dr. med. Dagmar Kunz DRK Krankenhaus Neuwied Marktstraße 104, 56564 Neuwied

Prof. Dr. rer. nat. Wolfram S. Kunz Universitätsklinikum Bonn, Klinik für Epileptologie Sigmund-Freud-Straße 25, 53105 Bonn

Behandlung in Zentren

Wenn die Überlebenszeiten bei metasta- siertem Mammakarzinom in Zentren in den vergangenen Jahren zunahmen (1, 2), die Überlebenszeiten bei metastasier- tem Mammakarzinom aber in Flächen- untersuchungen, wie diese Arbeit und die SEER-Daten nahelegen, stagnieren, muss die Möglichkeit erwogen werden, dass die Versorgung im Bevölkerungs- querschnitt schlechter ist als die Versor- gung an Zentren. Bereits in den wenigen von den Autoren ausgewählten Beispiel- kliniken (Tabelle 2) scheinen nicht uner- hebliche Unterschiede zu bestehen (rela- tiven Risiken von 0,82 bis 1,56). Welche Unterschiede müssen erst im Umland der Kliniken befürchtet werden? Aus meiner Sicht kann aus der Arbeit der Appell abgeleitet werden, metastasier- te Mammakarzinome nur in erfahrener Hand, am besten an einem Zentrum oder zumindest in Kooperation mit einem sol- chen Zentrum behandeln zu lassen.

Literatur

1. Giordano SH, Buzdar AU, Smith TL, Kau SW,Yang Y: Is breast cancer survival improving? Cancer 2004; 100: 44–52.

2. Andre F, Slimane K, Bachelot T et al.: Breast cancer with syncromous metastases: trends in survival during a 14- year period. J Clin Oncol 2004; 22: 3302–8.

Prof. Dr. med. Claudio Denzlinger Marienhospital

Onkologie, Hämatologie, Palliativmedizin Böheimstraße 37, 70199 Stuttgart

Gegenteilige Erfahrung

Mit den reißerischen Anpreisungen der Industrie und den Behauptungen einiger unverantwortlicher Professoren ist jetzt Schluss. Die Zahlenkünstler aus Mün- chen rechnen vor, dass es in den letzten 20 Jahren beim metastasierten Mamma- karzinom keinen Fortschritt gegeben hat.

Als seit 20 Jahren tätiger Onkologe muss M E D I Z I N

A

A488 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 8⏐⏐24. Februar 2006

zu dem Beitrag

Metastasiertes

Mammakarzinom: Keine Lebensverlängerung seit 20 Jahren

von

Anne Schlesinger-Raab Renate Eckel

Dr. med. Jutta Engel

Prof. Dr. med. Hansjörg Sauer Prof. Dr. med. Udo Löhrs Prof. Dr. med. Michael Molls Prof. Dr. rer. biol. hum. Dieter Hölzel

in Heft 40/2005

DISKUSSION

(2)

ich mir trotzdem die Augen reiben. Bin ich dem kollektiven Wahn verfallen, der uns allen seit Jahren vorgaukelt, wir wür- den unseren Patienten etwas Gutes tun können? Sind die vielen Patienten/innen deren Symptome durch eine Chemothe- rapie gebessert wurden, deren Meta- stasen schrumpften und die trotz fort- geschrittener Lebermetastasierung im Sommer, dann doch noch das Weih- nachtsfest mit ihren Enkeln feiern konn- ten, ebenfalls einem Selbstbetrug zum Opfer gefallen?

Es ist sehr problematisch eine bedeut- same Aussage so wenig selbstkritisch auf dem Titelblatt zu veröffentlichen.

Die Autoren vermeiden es, sich kri- tisch mit den großen,randomisierten Stu- dien auseinander zusetzen, die einen Überlebensvorteil zeigten.

Es wird nicht herausgestellt, dass diese Ergebnisse, wenn sie überhaupt zutref- fen, nur für die Jahre 1980 bis 2000 gültig sind, aber nicht für den Zeitraum davor und die letzten fünf Jahre.

Therapieprinzipien wie die Her2-Neu- Blockade und die Berücksichtigung der Therapieintensität bei den verschiede- nen Zentren fehlen.

Die eigentlich tendenziösen Absich- ten des Aufsatzes werden unterstrichen durch die zwei letzten Sätze, die auf das Mammographiescreening und die Ko- sten der Metastasierung bezogen sind.

Für beide Aspekte werden keinerlei Da- ten im Artikel vorgelegt.

Wem nützen Artikel wie diese? Jeden- falls nicht den betroffenen Patienten oder den behandelnden Ärzten, sondern eher den Verwaltern und Sparkommissa- ren des Gesundheitssystem, die ohnehin nach Gründen zur Streichung von Lei- stungen suchen.

Als Onkologe behandele ich immer sehr individuell einzelne Patienten und keine Kollektive. Die tägliche Erfahrung zeigt, dass es in den letzten 20 Jahren gerade beim metastasierten Mamma- karzinom erhebliche Fortschritte gege- ben hat. Meine Patientinnen leben vor al- lem besser, es sind mehr Medikamente mit deutlich geringerer Toxizität verfüg- bar, vor allem aber leben die Patientin- nen länger als ohne diese Therapie.

Dr. med. Hans Tilman Steinmetz Praxisklinik für Hämatologie und Onkologie Sachsenring 69

50677 Köln

Verkürzen Anthrazykline das Überleben?

Die Daten zur Beeinflussung einer späte- ren Metastasierung durch eine vorausge- gangene adjuvante Therapie würde ich anders interpretieren: Schlesinger-Raab et al. schreiben: „Würde durch eine a posteriori erfolglose adjuvante Therapie das Auftreten von Metastasen verzögert und die danach folgende Überlebenszeit verkürzt, wäre diese Spätwirkung mit ei- ner Gruppierung nach der Kalenderzeit der Primärdiagnose durch zunehmend ungünstigere Verläufe nachzuweisen.

Dies ist nicht der Fall, wie Modell 4 in Tabelle 2 belegt“. Ich lese Tabelle 2 an- ders: Die adjuvante Therapie wurde Mit- te der 1970er-Jahre etabliert und wurde bis 1985 bei den meisten der hierfür in- frage kommenden Patientinnen ange- wandt. In den Jahren 1985 bis 2000 hat sich die adjuvante Therapie noch weiter durchgesetzt, der Anstieg in ihrer An- wendung ist jedoch sicher geringer als von 1978 bis 1985. Die entscheidende Änderung dürfte nach 1985 die Einfüh- rung der Anthrazykline in die adjuvante Therapie gewesen sein, etabliert war die- se Substanzklasse in dieser Indikation 1990 (1). Nun ist das Überleben mit Fern- metastasen sowohl in Modell 4 als auch in Modell 5 in der Gruppe von 1978 bis 1985 am besten, und zwar insbesondere bei den Patientinnen,bei denen schon die Fernmetastasen in diesem Zeitraum dia- gnostiziert wurden (Modell 5); und gera- de das ist die früheste Gruppe, bei der die adjuvante Therapie und dabei sicher auch Anthrazykline adjuvant am selten- sten angewendet wurden. Diese Daten stützen die Ergebnisse von Alba et al. (2), die bei Fernmetastasen nach einer An- thrazyklin-haltigen adjuvanten Therapie ein mit p = 0,005 verkürztes Überleben fanden. Ferner werfen sie die Frage auf, ob jede adjuvante Therapie die Prognose

nach trotzdem eintreten der Metastasie- rung verschlechtert. Diese Frage dürfte nur schwierig und mit großen Fallzahlen zu klären sein, zumal nicht adjuvant be- handelte Kontrollgruppen kaum noch zur Verfügung stehen. Wenn überhaupt, könnte in Deutschland vielleicht ein na- tionales, auf den Brustzentren aufbauen- des Register dazu beitragen, in dem die

„adjuvanten Therapie-Verweigerinnen“

diese Kontrollgruppe stellen würden.

Literatur

1. Fisher B et al.: Two months of doxorubicin-cyclophospha- mide with and without interval reinduction therapy com- pared with 6 months of cyclophosphamide, methotrexate, and fluorouracil in positive-node breast cancer patients with tamoxifen-nonresponsive tumors: results from the National Surgical Adjuvant Breast and Bowel Project B-15.

J Clin Oncol. 1990; 8: 1483–96.

2. Alba E, Ribelles N, Sevilla I, et al. Adjuvant anthracycline therapy as a prognostic factor in metastatic breast cancer.

Breast Cancer Res Treat 2001; 66: 33–9.

Priv.-Doz. Dr. med. Michael Fink Klinikum Medizinische Klinik II, 90744 Fürth

Schlusswort

Die Verfasser der Leserbriefe bezwei- feln die Sachaussage der Stagnation der Überlebenszeiten ab Metastasierung beim Mammakarzinom und liefern Be- gründungen. Es ist aber kein überzeu- gendes Argument, die Stagnation mit Dezentralisierung der Versorgung und Inkompetenz zu begründen, wie dies C.

Denzlinger tut. Dafür gibt es keinen Beleg. Die Versorgungsergebnisse des TZM, in dem 3,8 Mio. Einwohner erfasst werden, sind vorzeigbar (1) und die M1-Patienten sind mit denen der SEER- Daten vergleichbar. Im Modell 6 (Tabel- le 2) wurde nachgewiesen, dass auch primär behandelnde Brustzentren zu keinen besseren Ergebnissen kommen.

D. Kunz äußert Zweifel an der Daten- qualität. Der Kurvenverlauf in Grafik 6 ist nicht extrapoliert. Die gelbe Kurve en- M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 8⏐⏐24. Februar 2006 AA489

Diskussionsbeiträge

Leserbriefe zu Beiträgen in der Rubrik „Medizin" können nur als wissenschaftliche Diskussionsbeiträge im medizinisch-wissenschaftlichen Teil des Deutschen Ärzteblattes veröffentlicht werden („Diskussion"). Sie müssen wissenschaftlich begründete Ergänzungen oder Entgegnungen zu einem Artikel im medizinisch-wis- senschaftlichen Teil enthalten und innerhalb von vier Wochen nach dessen Publikation eingetroffen sein (Textumfang: maximal 250 Wörter sowie maximal drei Literaturzitate). Die Redaktion behält sich eine Aus- wahl der Leserbriefe und Kürzungen akzeptierter Zuschriften vor. Zu Editorials, Kongressberichten und Zeit-

schriftenreferaten erscheinen keine Leserbriefe. DÄ/MWR

Referenzen

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