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Archiv "Metastasiertes Mammakarzinom – Keine Lebensverlängerung seit 20 Jahren: Verkürzen Anthrazykline das Überleben?" (24.02.2006)

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ich mir trotzdem die Augen reiben. Bin ich dem kollektiven Wahn verfallen, der uns allen seit Jahren vorgaukelt, wir wür- den unseren Patienten etwas Gutes tun können? Sind die vielen Patienten/innen deren Symptome durch eine Chemothe- rapie gebessert wurden, deren Meta- stasen schrumpften und die trotz fort- geschrittener Lebermetastasierung im Sommer, dann doch noch das Weih- nachtsfest mit ihren Enkeln feiern konn- ten, ebenfalls einem Selbstbetrug zum Opfer gefallen?

Es ist sehr problematisch eine bedeut- same Aussage so wenig selbstkritisch auf dem Titelblatt zu veröffentlichen.

Die Autoren vermeiden es, sich kri- tisch mit den großen,randomisierten Stu- dien auseinander zusetzen, die einen Überlebensvorteil zeigten.

Es wird nicht herausgestellt, dass diese Ergebnisse, wenn sie überhaupt zutref- fen, nur für die Jahre 1980 bis 2000 gültig sind, aber nicht für den Zeitraum davor und die letzten fünf Jahre.

Therapieprinzipien wie die Her2-Neu- Blockade und die Berücksichtigung der Therapieintensität bei den verschiede- nen Zentren fehlen.

Die eigentlich tendenziösen Absich- ten des Aufsatzes werden unterstrichen durch die zwei letzten Sätze, die auf das Mammographiescreening und die Ko- sten der Metastasierung bezogen sind.

Für beide Aspekte werden keinerlei Da- ten im Artikel vorgelegt.

Wem nützen Artikel wie diese? Jeden- falls nicht den betroffenen Patienten oder den behandelnden Ärzten, sondern eher den Verwaltern und Sparkommissa- ren des Gesundheitssystem, die ohnehin nach Gründen zur Streichung von Lei- stungen suchen.

Als Onkologe behandele ich immer sehr individuell einzelne Patienten und keine Kollektive. Die tägliche Erfahrung zeigt, dass es in den letzten 20 Jahren gerade beim metastasierten Mamma- karzinom erhebliche Fortschritte gege- ben hat. Meine Patientinnen leben vor al- lem besser, es sind mehr Medikamente mit deutlich geringerer Toxizität verfüg- bar, vor allem aber leben die Patientin- nen länger als ohne diese Therapie.

Dr. med. Hans Tilman Steinmetz Praxisklinik für Hämatologie und Onkologie Sachsenring 69

50677 Köln

Verkürzen Anthrazykline das Überleben?

Die Daten zur Beeinflussung einer späte- ren Metastasierung durch eine vorausge- gangene adjuvante Therapie würde ich anders interpretieren: Schlesinger-Raab et al. schreiben: „Würde durch eine a posteriori erfolglose adjuvante Therapie das Auftreten von Metastasen verzögert und die danach folgende Überlebenszeit verkürzt, wäre diese Spätwirkung mit ei- ner Gruppierung nach der Kalenderzeit der Primärdiagnose durch zunehmend ungünstigere Verläufe nachzuweisen.

Dies ist nicht der Fall, wie Modell 4 in Tabelle 2 belegt“. Ich lese Tabelle 2 an- ders: Die adjuvante Therapie wurde Mit- te der 1970er-Jahre etabliert und wurde bis 1985 bei den meisten der hierfür in- frage kommenden Patientinnen ange- wandt. In den Jahren 1985 bis 2000 hat sich die adjuvante Therapie noch weiter durchgesetzt, der Anstieg in ihrer An- wendung ist jedoch sicher geringer als von 1978 bis 1985. Die entscheidende Änderung dürfte nach 1985 die Einfüh- rung der Anthrazykline in die adjuvante Therapie gewesen sein, etabliert war die- se Substanzklasse in dieser Indikation 1990 (1). Nun ist das Überleben mit Fern- metastasen sowohl in Modell 4 als auch in Modell 5 in der Gruppe von 1978 bis 1985 am besten, und zwar insbesondere bei den Patientinnen,bei denen schon die Fernmetastasen in diesem Zeitraum dia- gnostiziert wurden (Modell 5); und gera- de das ist die früheste Gruppe, bei der die adjuvante Therapie und dabei sicher auch Anthrazykline adjuvant am selten- sten angewendet wurden. Diese Daten stützen die Ergebnisse von Alba et al. (2), die bei Fernmetastasen nach einer An- thrazyklin-haltigen adjuvanten Therapie ein mit p = 0,005 verkürztes Überleben fanden. Ferner werfen sie die Frage auf, ob jede adjuvante Therapie die Prognose

nach trotzdem eintreten der Metastasie- rung verschlechtert. Diese Frage dürfte nur schwierig und mit großen Fallzahlen zu klären sein, zumal nicht adjuvant be- handelte Kontrollgruppen kaum noch zur Verfügung stehen. Wenn überhaupt, könnte in Deutschland vielleicht ein na- tionales, auf den Brustzentren aufbauen- des Register dazu beitragen, in dem die

„adjuvanten Therapie-Verweigerinnen“

diese Kontrollgruppe stellen würden.

Literatur

1. Fisher B et al.: Two months of doxorubicin-cyclophospha- mide with and without interval reinduction therapy com- pared with 6 months of cyclophosphamide, methotrexate, and fluorouracil in positive-node breast cancer patients with tamoxifen-nonresponsive tumors: results from the National Surgical Adjuvant Breast and Bowel Project B-15.

J Clin Oncol. 1990; 8: 1483–96.

2. Alba E, Ribelles N, Sevilla I, et al. Adjuvant anthracycline therapy as a prognostic factor in metastatic breast cancer.

Breast Cancer Res Treat 2001; 66: 33–9.

Priv.-Doz. Dr. med. Michael Fink Klinikum Medizinische Klinik II, 90744 Fürth

Schlusswort

Die Verfasser der Leserbriefe bezwei- feln die Sachaussage der Stagnation der Überlebenszeiten ab Metastasierung beim Mammakarzinom und liefern Be- gründungen. Es ist aber kein überzeu- gendes Argument, die Stagnation mit Dezentralisierung der Versorgung und Inkompetenz zu begründen, wie dies C.

Denzlinger tut. Dafür gibt es keinen Beleg. Die Versorgungsergebnisse des TZM, in dem 3,8 Mio. Einwohner erfasst werden, sind vorzeigbar (1) und die M1-Patienten sind mit denen der SEER- Daten vergleichbar. Im Modell 6 (Tabel- le 2) wurde nachgewiesen, dass auch primär behandelnde Brustzentren zu keinen besseren Ergebnissen kommen.

D. Kunz äußert Zweifel an der Daten- qualität. Der Kurvenverlauf in Grafik 6 ist nicht extrapoliert. Die gelbe Kurve en- M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 8⏐⏐24. Februar 2006 AA489

Diskussionsbeiträge

Leserbriefe zu Beiträgen in der Rubrik „Medizin" können nur als wissenschaftliche Diskussionsbeiträge im medizinisch-wissenschaftlichen Teil des Deutschen Ärzteblattes veröffentlicht werden („Diskussion"). Sie müssen wissenschaftlich begründete Ergänzungen oder Entgegnungen zu einem Artikel im medizinisch-wis- senschaftlichen Teil enthalten und innerhalb von vier Wochen nach dessen Publikation eingetroffen sein (Textumfang: maximal 250 Wörter sowie maximal drei Literaturzitate). Die Redaktion behält sich eine Aus- wahl der Leserbriefe und Kürzungen akzeptierter Zuschriften vor. Zu Editorials, Kongressberichten und Zeit-

schriftenreferaten erscheinen keine Leserbriefe. DÄ/MWR

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M E D I Z I N

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A490 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 8⏐⏐24. Februar 2006

det bei 9,6 Jahren. Das ist für die Patien- tenkohorte ab 1995 bei gutem Follow-up bis zum Auswertungsdatum im Jahr 2005 real. Die Datenqualität und Selektions- kriterien zu hinterfragen ist notwendig.

Dies wurde im Artikel angesprochen und mit dem klinischen Ergebnissen der Ko- horten ab der Diagnose entkräftet (1).

Spannend ist die Frage von Fink, ob sich durch zunehmend erfolgreichere ad- juvante Behandlungen etwas verändert.

Wird nur das Auftreten der Metastasie- rung verschoben („lead time“-Effekt)?

Sind die heute sich entwickelnden Meta- stasen aggressiver, sodass Stagnation be- reits ein Fortschritt wäre? Dem kann wi- dersprochen werden: Da alle Metastasen Monate oder Jahre vor der Diagnose und Behandlung des Primärtumors entstan- den sind, ist die Metastasierung bereits unterschiedlich weit fortgeschritten. Für nur partiell wirkende adjuvante und bei Metastasierung nicht kurative Therapien dürfte deshalb nur ein kleines Zeitfenster zur wirksamen Metastasenbehandlung bestehen. Weil sich aber das Metastasie- rungsmuster nicht verändert hat, dürften heute keine aggressiveren Metastasie- rungen auftreten als zu früheren Zeit- punkten. Zu fragen ist auch, ob eine Verlängerung des Überlebens nicht auf- zudecken ist, weil es differenzielle Effek- te gibt. Wenn ein Teil der Patienten län- ger lebt, andere aber früher sterben, könnten sich beide Effekte egalisieren.

Ein Cochrane Review legt dies nahe (2).

Es wäre erfreulich, wenn die neu ent- wickelten Therapien der letzten zwei bis drei Jahre zu Verbesserungen führen würden.Auch dann sollten die vergange- nen Behandlungsergebnisse kritisch hin- terfragt werden, um hieraus zu lernen.

Wenn notwendige Diskussionen unter- drückt werden, ist dies ein Verzicht auf Wissenschaftlichkeit. Dies kann auch als fehlende Aufrichtigkeit gewertet wer- den, die Patienten Scharlatanen zutreibt.

Die Patientin braucht eine selbstbewus- ste und selbstkritische Medizin, die Sinn- volles auf den Weg bringt und Sinnloses, wie DMP-Brustkrebs, anprangert (1).

Auch die Schriftengläubigkeit ist seit der Scholastik nicht mehr zeitgemäß.

Was wurde nicht alles zur Hochdosis- Chemotherapie, zu vom Markt genom- menen Medikamenten oder zur Hormon- ersatztherapie geschrieben. Die externe Validität auch guter Studien mit restrikti-

ven Einschlusskriterien ist unbekannt.

Das allein erfordert Handeln. Wer keine eigene Erfahrung hat, kann sich nur auf Publikationen berufen. Beispielswei- se auf den beeindruckend erscheinen- den Fortschritt französischer Tumorzen- tren mit Behandlungskohorten aus den 1990er-Jahren (3). Allerdings sollten bei dieser Studie die schlechten Ergebnisse Anfang der 1990er-Jahre hinterfragt wer- den. Unsere Arbeit und die Leserbriefe sind ein Aufruf, die fulminanten Ergeb- nisse vom M. D. Anderson Hospital (4) mit eigenen Daten zu bestätigen.

Eine Lebensverlängerung von weni- gen Wochen kann kein Arzt alleine fest- stellen,auch wenn er Hunderte Patienten behandelt. Relevante und erhoffte Ver- besserungen der Lebensqualität dagegen sind erfahrbar und widersprechen nicht der nachgewiesenen Stagnation. Nichts Tendenziöses, wie H. T. Steinmetz ver- mutet, sondern Ethos steckt hinter dem Aufruf, Metastasierungen durch Scree- ning zu vermeiden – vor dem Hinter- grund, dass sich die Kosten für eine Ver- meidung denen einer erfolglosen Be- handlung nähern. Eine zeitgemäße mo- derne versorgungsbegleitende Doku- mentation, die die interdisziplinäre Ver- sorgung unterstützt und transparent macht, sollte als Herausforderung gese- hen und kritisch erprobt werden. Dies berücksichtigt die Komplexität von Er- kenntnisprozessen und deckt bestehende Risiken und reale Optimierungschancen in der Onkologie auf.Viele Diskussionen könnten auf dieser Basis weniger emo- tional, weniger kontrovers, vielleicht so- gar zukunftsgestaltend geführt werden.

Literatur

1. Hölzel D et al.: Disease-Management-Programm Brust- krebs. Versorgungsrealität, Konzeptkritik und Perspekti- ven. Dtsch Arztebl 2004; 101(25): A 1810–9.

2.Wilcken N, Hornbuckle J, Ghersi D: Chemotherapy alone versus endocrine therapy alone for metastatic breast cancer (Cochrane Review). Chichester, UK: John Wiley &

Sons Ltd. The Cochrane Library 2004.

3.Andre F, Slimane K, Bachelot T et al.: Breast cancer with synchronous metastases: trends in survival during a 14- year period. J Clin Oncol. 2004; 22: 3302–8.

4. Giordano SH et al.: Is breast cancer survival improving?

Cancer. 2004; 100: 44–52.

Anne Schlesinger-Raab Dr. med. Jutta Engel

Prof. Dr. rer. biol. hum. Dieter Hölzel Klinikum Großhadern/IBE

Marchioninistraße 15, 81377 München E-Mail: hoe@ibe.med.uni-muenchen.de

Angemessen aufklären

Traumata erzeugen bei 15 bis 24 Pro- zent der Opfer eine chronische post- traumatische Belastungsstörung (PTB).

Beispielhaft werden Unfälle, Vergewal- tigungen oder auch Kriegshandlungen genannt.

Aus eigener Erfahrung weiß ich je- doch, dass auch Patienten, die eine aus- führliche differenzialdiagnostische Ab- klärung bei angenommener maligner Krankheit erhalten haben, an PTB lei- den können. Eindrucksvoll präsentierte eine Mitte 30-jährige Patientin eine ent- sprechende Symptomatalogie, die aus- giebig bei nachweisbaren Speicherher- den im Knochenszintigramm unter- sucht wurde und darüber informiert war, dass man nach einem in die Kno- chen metastasierenden Malignom fahn- de. So kann die aktuell so sehr geliebte Aufklärungswut zur Krankheitsursache werden.

Nur allzu häufig wird vergessen, dass eine angemessene Aufklärung nur sinn- voll ist, wenn man sicher weiß, worüber man aufklären muss.

Prof. Dr. med. habil. Helmut W. Minne Klinik Der Fürstenhof

Am Hylligen Born 7 31812 Bad Pyrmont

Die Autoren des Beitrags haben auf ein Schlusswort ver- zichtet.

Die Autoren aller Diskussionsbeiträge erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des Internatio- nal Committee of Medical Journal Editors besteht.

zu dem Beitrag

Frühzeitige psychologische Interventionen nach Traumatisierung

von

Dr. phil. Tanja Michael Marta Lajtman, B. Sc.

Prof. Dr. rer. soc. Jürgen Margraf

in Heft 33/2005

DISKUSSION

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