A3510 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 51–52⏐⏐24. Dezember 2007
A K T U E L L
Das Bundesjustizministeri- um wird das Präventions- projekt „Dunkelfeld“ der Berliner Charité von 2008 an bis 2010 mit jeweils 250 000 Euro pro Jahr för- dern. Mit der Verabschie- dung des Bundeshaushalts 2008 wurden die erforder- lichen Mittel zur Verfü- gung gestellt.
Im Rahmen des ge- förderten Projekts werden Möglichkeiten präventiver Therapien untersucht, um sexuellen Übergriffen auf Kinder vorzubeugen. Pä- dophile Männer trainieren, ihre sexuellen Wünsche und Fantasien so weit zu kontrollie- ren, dass sie keine Sexualstraftaten begehen. Teilnehmer sind Männer, die selbst erkannt haben, dass sie gefährdet sind, Kinder sexuell zu missbrauchen.
Das „Dunkelfeld“-Projekt wurde 2004 begonnen. Es wird von der VolkswagenStiftung finanziell ge- fördert und zusätzlich von der Kinderschutzorganisation Stiftung Hänsel + Gretel unterstützt. „Erfolg- reiche Präventionsarbeit ist der
beste Opferschutz. Deshalb habe ich mich intensiv dafür eingesetzt, dass das Präventionsprojekt Dunkelfeld der Berliner Charité auch in den nächsten drei Jahren fortgeführt werden kann“, betonte Bundes- justizministerin Brigitte Zypries
(SPD). EB
KRANKENHAUSHYGIENE
„Aktion saubere Hände“
gestartet
Mit der „Aktion saubere Hände“ will Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt die Händehygiene in deut- schen Krankenhäusern fördern. Da- mit soll die Zahl der Krankenhaus- infektionen gesenkt werden. „Wir haben in Deutschland
eine hervorragende Gesundheitsversor- gung: Hochleistungs- medizin, exzellent ausgebildetes Perso- nal, innovative Arz- neimittel. Es darf ein- fach nicht passieren, dass eine erfolgreiche Behandlung vielleicht daran scheitert, dass eine Händedesinfek- tion unterlassen wur- de“, sagte die Ministe-
rin zum Start der Kampagne Mitte Dezember in Berlin.
Die „Aktion saubere Hände“
gliedert sich in eine Studie und eine Kampagne und wird über den Zeit- raum von drei Jahren mit 650 000 Euro durch das Bundesgesundheits- ministerium gefördert. Beteiligen werden sich neben dem Referenz- zentrum für die Überwachung von Krankenhausinfektionen die Ge- sellschaft für Qualitätsmanagement in der Gesundheitsversorgung und das Aktionsbündnis Patientensi- cherheit. Jährlich treten hierzulande etwa 500 000 Fälle auf, in denen sich Patienten eine Infektion im Krankenhaus zuziehen, vor allem Wundinfektionen nach Operationen oder Lungenentzündungen bei be- atmeten Patienten. ER
INEFFEKTIVE SINUSITISTHERAPIE
Die akute Sinusitis gehört in der allgemeinärzt- lichen Praxis zu den häufigsten Gründen für den Einsatz von Antibiotika. Diese können jedoch die Dauer der Erkrankungen nicht verkürzen, auch die topische Behandlung mit Steroiden ist nicht effektiv, wie eine aktuelle Studie (JAMA 2007; 298: 2487–96) zeigt.
Patienten, die über eitrigen Ausfluss aus der Nase und lokalen Schmerz über den Neben- höhlen klagen, erhalten von ihrem Hausarzt zu 67 Prozent (Norwegen) bis 98 Prozent (USA) ein Antibiotikum verschrieben. Dies ist schon des- halb eine Übertherapie, weil eitriger Ausfluss allein noch kein Beweis für eine bakterielle In- fektion ist. Es gibt nach Auskunft des Editorialis- ten Morten Lindbæk (Oslo) kein sicheres Zei- chen, um bei einer Sinusitis zwischen bakteriel- len und viralen Infektionen zu unterscheiden (JAMA 2007; 298: 2543–4). Auch die von Berg
und Carenfeld (Stockholm) aufgestellten Kriterien (Acta Otolaryngol 1988; 105: 343–9) seien nicht validiert. Danach müssen zwei der folgen- den Befunde vorhanden sein: purulenter Aus- fluss mit einseitiger Betonung, lokaler Schmerz mit einseitiger Betonung, beidseitiger purulenter Ausfluss, Nachweis von Eiter bei der Inspektion.
Auf Antibiotika und Steroide verzichten?
Diese Kriterien wurden in der Studie bei 240 Erwachsenen mit akuter nicht rezidivieren- der Sinusitis angewendet. Die Patienten wur- den einmal auf eine empirische Antibiotika- therapie mit Amoxicillin (auch in Deutschland Mittel der Wahl) oder Placebo randomisiert.
Zusätzlich erhielten sie ein Nasenspray, das entweder Budesonid oder ein Placebo enthielt.
Beide Therapien wirkten nicht. Unter der Anti-
biotikatherapie hatten nach zehn Tagen noch 29 Prozent der Patienten Beschwerden. Unter Placebo waren es 33,6 Prozent – ein gering- fügiger Unterschied, der statistisch nicht signi- fikant war (Odds Ratio 0,99; 95-Prozent-Konfi- denzintervall 0,57–1,73). Auch das Nasen- spray hatte keinen Einfluss: Mit oder ohne Budesonid waren nach zehn Tagen 32 Prozent der Patienten noch symptomatisch. Die Ärzte könnten daher bei den meisten Patienten auf die Gabe von Antibiotika und Steroiden verzich- ten, fordert Editorialist Lindbæk. Nur bei hartnäckigen Infektionen würden Antibiotika benötigt. Leider könne dies niemand den Patienten ansehen. Eine mögliche Lösung könnte in der Ausstellung von Eventualrezepten bestehen, welche die Patienten nur dann einlösen, wenn die Beschwerden sich nach einigen Tagen nicht bessern. rme
KINDESMISSBRAUCH
Bundesmittel für Pädophilen-Projekt
Foto:ddp