Die Information:
Bericht und Meinung Niederlassungsvorhaben
Anlaß für die vorstehend wie- dergegebene Verlautbarung der Bundesärztekammer zu Niederlas- sungsvorhaben waren in den letz- ten Monaten bekanntgewordene Versuche verschiedenster .Firmen, für ihre Erzeugnise auf nicht ganz alltägliche Weise Absatzmöglich- keiten zu schaffen.
So hat sich zum Beispiel ein gro- ßes deutsches Elektrounterneh- men an die kommunalen Behör- den verschiedenster Bereiche in der Bundesrepublik gewandt und sie darauf hingewiesen, daß "aus ihrer Sicht die Niederlassung jun- ger Ärzte und Zahnärzte zur Ver- sorgung der in Ihrem Gebiet le- benden Menschen für Sie sicher- lich interessant ist."
Den kommunalen Verwaltungen wurde ein Fragebogen übersandt, der - wie es in dem Anschreiben heißt- "helfen soll, alle kurzfristig und mittelfristig er!(ennbaren Möglichkeiten klar darzustellen":
Es wurde zugleich der sicheren Erwartung Ausdruck gegeben, daß durch die Ausfüllung dieses Fra- gebogens "auch für Ihr Gemein- degebiet eine bessere ärztliche Versorgung erreicht werden kann."
ln dem Fragebogen selbst waren Angaben, insbesondere hinsicht- lich der Einwohnerzahl, erbeten, und zwar nach dem Stand 1977, Planung 1978 und auch für 1983.
Zugleich sollte die Gemeinde er- klären, ob sie bei einer eventuellen Niederlassung im Rahmen ihrer Möglichkeiten, insbesondere bei der Beschaffung von Räumen, be- hilflich sein würde.
Ein eigenartiger Fall von "Bedarfs- planung" durch ein absatzorien- tiertes Privatunternehmen. Von den Wünschen der Firma und den
"Möglichkeiten" der Kommune einmal abgesehen - der Dumme wäre der Kollege, dessen Nieder- lassung sich schließlich als nicht notwendig erweist ...
Das zweite eklatante Beispiel be- zieht sich, soweit bisher bekannt
wurde, auf den Raum Nordrhein- Westfalen. Dort versucht eine lm- mobilienfirma, junge Ärzte für die Niederlassung zu gewinnen.
Dieses Unternehmen bietet dabei nicht nur Räume an, sondern ver- sucht den niederlassungswilligen Kollegen vor der Vermietung von Objekten einzureden, daß es in der Lage sei, sämtliche erforderlichen Absprachen, insbesondere auch mit den Kassenärztlichen Vereini- gungen, zu treffen.
Es ist auch bestrebt, die Kollegen davon abzuhalten, sich wegen der Frage des tatsächlichen Bedarfs mit der für die Bedarfsplanung zu- ständigen Körperschaft, d. h. der · Kassenärztlichen Vereinigung, ins Benehmen zu setzen.
Wie zu erfahren war, mußte ein Kollege, der auf diese Form der Vermittlung "hereingefallen" war, als er dem betreffenden Immobi- lienunternehmen Vorwürfe mach- te, da in unmittelbarer Nachbar- schaft ein anderer Arzt des glei- chen Gebietes schon seit längerer Zeit niedergelassen ist, von die- sem Unternehmen hören: Sie hät- ten sich ja selber darum kümmern können!
Ein derartiges Vorgehen wird ins- besondere dann wohl kaum noch als seriös bezeichnet werden kön- nen, wenn bekannt wird, daß für die Vermittlung derartiger Immo- bilienprojekte erhebliche Summen in Aussicht gestellt werden, in die- sem speziellen Fall handelte es sich um einen fünfstelligen DM- Betrag.
!> Um weitere Kollegen vor derar-
tigem Geschäftsgebaren zu be- wahren, hat der Vorstand der Bun- desärztekammer sich zu der wie- dergegebenen Verlautbarung ent- schlossen, um allen Ärzten. drin- gend zu empfehlen, sich im Falle eines Niederlassungsvorhabens auf jeden Fall mit der für den zu- künftigen Niederlassungsort zu- ständigen Kassenärztlichen Ver- einigung in Verbindung zu set-
zen. hpb
1626 Heft 28 vom 13. Juli 1978 DEUTSCHES ARZTEBLATT
NACHRICHTEN
400 000 Mark jährlich für die Allgemeinmedizin an den Hochschulen
Gegenwärtig werden an 23 Univer- sitäten und Hochschulen Lehrver- anstaltungen für Allgemeinmedi- zin von insgesamt 47 Lehrbeauf- tragten für Allgemeinmedizin an- geboten. Dies ist nicht zuletzt eine Folge des vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, Köln, vor vier Jahren in Gang ge- setzten Förderungsprogramms. Im Rahmen dieses Programms, für das das Zentralinstitut (ZI) jährlich 400 000 DM bereitstellt, werden die Lehrbeauftragten, die aus- schließlich praktizierende Allge- meinärzte sind, finanziell unter- stützt. ·Dem ZI-Förderungspro- gramm lag die Erkenntnis zugrun- de, daß der durch die Universitäts- lehrpläne bedingte Trend zur Facharztweiterbildung, der sich in einer ständigen Zunahme der Zahl der Fachärzte und einer Abnahme .der Zahl der Allgemeinärzte nie-
·derschlägt, am Bedürfnis der am- bulanten Medizin vorbeigeht. Der Initiator dieses Förderungspro- gramms, Professor Dr. med. Sieg- tried Häussler, Altbach, hat früh- zeitig darauf aufmerksam ge- macht, daß diesem einseitigen Trend nur eine bundesweite För- derung der Allgemeinmedizin ent- gegenwirken kann.
Ziel dieser Initiative ist die lnstitu- tionalisierung des Faches Allge- meinmedizin in den Lehrplänen deutscher Hochschulen und damit ein qualifiziertes Angebot zur Aus- bildung des Medizinstudenten zum weitergebildeten Allgemein- arzt, der in der ambulanten Ver- sorgung das breite Spektrum des Hausarztes abdeckt.
~ Ein erster Erfolg auf diesem Weg ist die Einrichtung eines or- dentlichen Lehrstuhls für Allge- meinmedizin an der Medizini- schen Hochschule Hannover, den Professor Dr. med. Dieter Haehn, Walsrode, seit dem Jahre 1977 innehat.
Welche Bedeutung die kassen- ärztlichen Selbstverwaltungsorga- ne der Einrichtung dieser Lehr- stühle beimessen, ist daraus zu er- kennen, daß die Finanzierung die- ses Lehrstuhls zu einem wesentli- chen Teil von der Kassenärztli- chen Vereinigung Niedersachsen, Hannover, für die Anlaufphase übernommen wurde. Aber auch andere Universitäten wollen dem Fach "Allgemeinmedizin" mehr Ansehen verschaffen, indem sie - wie die Universitäten Heidelberg, Freiburg, Tübingen - die Lehrbe- auftragten - Mattern, Schrömb- gens und Schiffner - inzwischen zu Honorarprofessoren ernannt haben. An der Universität Ulm hält Professor Häussler, der sich für das Fach Allgemeinmedizin habili- tiert hat, seit mehreren Jahren Vorlesungen.
Die finanzielle Förderung der Lehrbeauftragten wird ergänzt durch zweimal im Jahr stattfinden- de Seminare, in denen die Lehrbe- auftragten den Inhalt ihrer Lehr- veranstaltungen abstimmen und ihre Erfahrungen austauschen. Er- gänzt wird die personelle Förde- rung der Allgemeinmedizin durch Vergabe von umfangreichen For- schungsaufträgen, die die Situa- tion der Allgemeinmedizin wissen- schaftlich analysieren und Verbes- serungsvorschläge entwickeln sollen. Bisher nur von regionaler Bedeutung sind die von Dr. med.
Eckart Sturm, Lehrbeauftragter für Allgemeinmedizin, in Niedersach- sen organisierten Weiterbildungs- seminare für Allgemeinärzte.
Das Programm "Allgemeinmedi- zin" des Zentralinstituts ist ein notwendiger Schritt in die richtige Richtung. Das Ziel der lnstitutiona- lisierung als Lehrfach in der Uni- versität wird aber voraussichtlich erst dann voll erreicht werden, wenn nicht nur die ärztlichen Selbstverwaltungsorgane, son- dern auch die verantwortlichen Politiker und die Öffentlichkeit er- kennen, daß die Qualität der am- bulanten Versorgung entschei- dend auch von der Qualität der Allgemeinmedizin abhängt. Br/DÄ
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Bericht und Meinung
"Ärzte helfen Ärzten":
Kein gewöhnliches Jubiläum
Zehn Jahre Studentenwohnheim in Berlin
Anläßlich des zehnjährigen Beste- hans ihres Studentenwohnheims in Berlin ist die Hartmannbund- Stiftung "Ärzte helfen Ärzten" wie- der einmal an die Öffentlichkeit getreten. Vor einem Monat fand in diesem Studentenwohnheim in Berlin-Grunewald, Delbrückstraße 13-17, nämlich eine Jubiläumsfei- er statt.
Professor Dr. Siegtried Häussler, der Gründer und Vorsitzende der Stiftung, begrüßte unter den 150 Gästen namentlich nur den Berli- ner Senator für Arbeit und Sozia- les, Olaf Sund, der stellvertretend für den Regierenden Bürgermei- ster und den Senat der Stadt Ber- lin ein Grußwort sprach.
Professor Häussler berichtete, daß die Stiftung, die schon in den fünf- ziger Jahren vor allem mitteldeut- sche Ärzte und Arztkinder unter- stützte, nach Errichtung der
"Mauer" am 13. August 1961 mehr als 500 neue Schützlinge - vor al- lem in Berlin - hinzubekam, die- plötzlich völlig vom Elternhaus ge- trennt - auf Hilfe angewiesen wa- ren. Durch den Bau des Studen- tenwohnheims ist es der Stiftung gelungen, wenigstens für einen Teil dieser jungen Leute einen
"Ersatz" für das verlorengegange- ne Zuhause zu finden. Aus diesem Grund hatte sich die Stiftung auch entschlossen, das Studenten- wohnheim nicht mit den üblichen Gemeinschaftsküchen zu verse- hen, sondern jedem einzelnen Heimbewohner ein Appartement
zu geben. ·
Leider konnte die Stiftung aus Lot- tomitteln und vom Bund keine zinsverbilligten Darlehen bekom- men. Mit Hilfe des inzwischen ver- storbenen Architekten Ernst Sass wurde 1965 im Grunewald ein Grundstück mit einem Umfang
Prof. Dr. Siegtried Häussler begrüßte zur Jubiläumsfeier des Studentenwohn- heims der Stiftung "Ärzte helfen Ärz- ten" in Berlin zahlreiche Ehrengäste
von 3975 Quadratmeter gefunden, und zwar zu einem Quadratmeter- preis von 110 DM. Die beiden Ge- bäude des Wohnheims haben ei- nen umbauten Raum von 9204 Ku- bikmetern zum damaligen Kubik- meter-Preis von 127,66 DM. Der Einbau für die 57 Zimmer dieser beiden Wohngebäude kostete 1,1 Millionen DM, so daß die Gesamt- baukosten auf 2,4 Millionen DM kamen.
..".. Bis auf Senatsmittel der Stadt Berlin in Höhe von rund 624 000 DM, die die Stiftung auf 100 Jahre mit 1 Prozent Tilgung und % Pro- zent Zins erhielt, wurde das ge- samte Objekt aus Spenden der An- gehörigen der westdeutschen Heilberufe finanziert.
..".. Seit dem Einzug vor zehn Jah- ren bis zum heutigen Tag ist es der Stiftung gelungen, den Mietpreis in Höhe von 110 DM für 22 Qua- dratmeter zu halten. Der Grund dafür liegt darin, daß das Studen- tenwohnheim von der Geschäfts- führung der Stiftung in Stuttgart-
DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 28 vom 13. Juli 1978 1627