bens versuchen die Schwangere oder ihr Partner, das Kind zum Beispiel durch Schläge auf den Bauch oder schädigende Substanzen zu töten.
.... Emotionale Mißhandlung:
Ein ständiges feindliches, abweisen- des oder ignorierendes Verhalten der Eltern führt zu unterschiedlichen Störungen beim Kind. Die emotiona- le Mißhandlung kann zum Beispiel bei einem vernachlässigten Kleinkind die Sprachentwicklung retardieren.
..,.. Vernachlässigung: Die Sym- ptome der Vernachlässigung sind ab- hängig vom Grad der Mißhandlung und der Entwicklungsphase des Kin- des. Beim kleinen Kind fallen beson- ders hygienische Mißverhältnisse ins Auge.
.... Körperliche Mißhandlung:
Körperliche Mißhandlung liegt vor, wenn durch Gewaltanwendung Kin- dern ernsthafte, vorübergehende oder bleibende Verletzungen zuge- fügt werden .
..,.. Sexueller Mißbrauch: Der se- xuelle Mißbrauch beginnt oft schon vor dem dritten Lebensjahr. Die mei- sten Täter (70 bis 80 Prozent) stehen in direkter Beziehung zum Kind. Et- wa 25 Prozent der Täter sind jünger als 20 Jahre, viele wurden in ihrer Kindheit selbst mißbraucht.
In dem von Jungjohann heraus- gegebenen Praxis-Leitfaden mit dem Titel "Hilfen für mißhandelte Kin- der", der jetzt erschienen ist, werden konkrete Hinweise, Untersuchungs- methoden, Anamnese und Differen-
tialdiagnose vorgestellt. Zur Erleich-
terung der Vorgehensweise wurde
ein Anamnese- und Befundbogen entwickelt, der dem Leitfaden bei- liegt. Auf ihm können Merkmale der körperlichen und der sexuellen Miß- handlung eingetragen werden. Ein weiterer Bogen unterstützt die Dia- gnosestellung in bezug auf Verhal- tensauffälligkeiten beim Kind und bei den Eltern. Adressen von Bera- tungsstellen, Selbsthilfegruppen und Kliniken sind im Anhang aufgelistet.
Das Buch ist im Handel zum Preis von 29,50 DM erhältlich (der Reinerlös wird einer gemeinnützigen Kinderschutzorganisation gespen- det) oder kann bei der Firma Thie- mann Arzneimittel unentgeltlich be- zogen werden (Mühlenstraße 1 a, W-4030 Ratingen 4). Kli
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AUFSÄTZE
Allgemeinmedizin an
deutschen Hochschulen
Ein aktueller Situationsbericht
Gisela C. Fischer, Ferdinand M. Gerlach, Johannes Pan- gritz, Dirk H. Pullwitt und Beate Rossa
Bis zum Jahr 1966 war das Fach Allgemeinmedizin an bundesdeutschen Uni- versitäten und Hochschulen nicht vertreten. ln jenem Jahr wurde der erste Lehrauftrag für Allgemeinmedizin an einer deutschen Hochschule (Medizini- sche Hochschule Hannover) erteilt. Damit begann ein lnstitutionalisierungs- prozeß, der bis heute noch nicht abgeschlossen ist. - Was ist seitdem gesche- hen? Wie ist die Situation des Faches Allgemeinmedizin in Forschung und Lehre heute? Welche inhaltlichen Perspektiven zeichnen sich ab?
D
er Neuaufbau der medizini- schen Fakultäten in den neuen Bundesländern und die damit verbundene Suche nach Konzepten für eine zukunftsorientierte Hoch- schulentwicklung ist einer von vielen Anlässen für eine Bestandsaufnah- me. Auch die aktuellen Diskussionen über die Stellung der Allgemeinme- dizin und der hausärztlichen Versor- gung insgesamt, zum Beispiel auf dem 95. Ärztetag 1992 in Köln im Rahmen der Verabschiedung einer neuen (Muster-)Weiterbildungsord- nung, beeinflussen Überlegungen zur Etablierung des Faches an den deut- schen Hochschulen.Historische Entwicklung
Ohne die jahrzehntelange Dis- kussion über den Sinn einer Institu- tionalisierung der Allgemeinmedizin an bundesdeutschen Hochschulen fortzuführen, sollen die historische Entwicklung und die aktuelle Situati- on des Faches Allgemeinmedizin an den medizinischen Fakultäten der al- ten und neuen Bundesländer be- schrieben werden. Hinzu kommt ein Ausblick auf Inhalte, mit denen sich das Fach zukünftig auseinanderset- zen wird.
1960 hielten an den Universitä- ten Freiburg/Breisgau, Mannheim und Tübingen erstmals Praktische Ärzte Gastvorlesungen im Rahmen der Ausbildung von Medizinstuden- ten. 1966 wurde Siegfried Häussler in Freiburg der erste Lehrauftrag für Allgemeinmedizin erteilt. Die Kul- tusministerkonferenz der Länder for- derte bereits 1969 die Einführung der Lehre über die Allgemeinmedi- zin an den bundesdeutschen Univer- sitäten sowie die Schaffung entspre- chender Lehreinrichtungen. 1972 sprach sich auch der Deutsche Ärzte- tag erstmals für die Integration der Allgemeinmedizin in Forschung und Lehre durch Schaffung von Lehr- stühlen aus und forderte, diese mit praktizierenden Allgemeinärzten zu besetzen.
Auf Initiative von Siegfried Häussler erfolgte dann 1973 die Gründung der "Vereinigung der Hochschullehrer und Lehrbeauftrag- ten für Allgemeinmedizin". Aufgabe dieser Vereinigung, die heute über 130 Hochschullehrer und Lehrbeauf- tragte als Mitglieder zählt, ist in er- ster Linie die hochschulpolitische
In-
teressenvertretung der Allgemeinme- dizin und die Weiterentwicklung von allgemeinmedizinischer Forschung und Lehre. Neben halbjährlich statt- Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 22, 4. Juni 1993 (17) A1-1641
THEMEN DER ZEIT
findenden Lehrbeauftragten-Semi- naren wurde von der Vereinigung einmal jährlich ein „Dekan-Symposi- um", das die Etablierung der Allge- meinmedizin als Hochschulfach för- dern sollte, durchgeführt. Hier kam es zu einem Gedankenaustausch von lehrenden Allgemeinmedizinern mit Dekanen und Fachbereichsvertre- tern medizinischer Fakultäten.
1975 wurde der Gegenstandska- talog, der für die Lehre und Prüfung der Allgemeinmedizin maßgeblich ist, erarbeitet, und 1976 kam es schließlich an der Medizinischen Hochschule Hannover zur Einrich- tung des ersten ordentlichen Lehr- stuhls für Allgemeinmedizin an einer deutschen Universität mit (dem in- zwischen verstorbenen) Klaus-Dieter Haehn als erstem Lehrstuhlinhaber.
Eine Änderung der Approbati- onsordnung führte 1978 zur Etablie- rung der Allgemeinmedizin als schriftlichem Prüfungsfach des zwei- ten Abschnitts der Ärztlichen Prü- fung. Gleichzeitig wurde ein „Kurs zur Einführung in Fragen der allge- meinmedizinischen Praxis" Pflicht-
Aktuelle Situation
Allgemeinmedizin ist ein außer- klinisch-primärärztliches Fach; die Patientenversorgung erfolgt im Re- gelfall in den Praxen niedergelasse- ner Ärzte. Die Beschreibung der Si- tuation der Allgemeinmedizin an den Hochschulen bezieht sich hier auf die Bereiche Lehre und Forschung, er- gänzt durch Angaben bezüglich der Ausstattung des Faches in personel- ler, finanzieller und räumlicher Sicht.
Hinzu kommt ein Blick auf die Hauptprobleme des Faches aus der Sicht der für das Fach Allgemeinme- dizin zuständigen Ansprechpartner der verschiedenen Hochschulen.
Unsere Angaben beziehen sich, soweit nicht anders gekennzeichnet, auf eine Umfrage, die wir im Novem- ber 1992 teils telefonisch, teils schriftlich durchführten. Es gibt an 34 Hochschulen im gesamten Bun- desgebiet 36 Bereiche, an denen das Fach Allgemeinmedizin gelehrt wird.
Davon wurden 35 Bereiche erfaßt;
lediglich aus Halle-Wittenberg er- reichte uns keine Antwort. Erfurt
AUFSÄTZE
kurs für alle Medizinstudenten in der Bundesrepublik Deutschland. 1988 wurde die Allgemeinmedizin auch mündliches Prüfungsfach des zweiten und dritten Abschnitts der Ärztli- chen Prüfung. Mit der 7. Änderung der Approbationsordnung (AO) wur- de 1989 der Pflichtkurs umbenannt und als „Kurs der Allgemeinmedi- zin" selbständiges Lehrgebiet inner- halb des Medizinstudiums. Im Rah- men dieser 7. Novelle der AO wur- den auch ein „Praktikum zur Einfüh- rung in die klinische Medizin mit Pa- tientenvorstellung" und ein „Prakti- kum der Berufsfelderkundung" ein- geführt. An vielen Universitäten be- teiligen sich inzwischen Allgemein- mediziner auch an diesen vorklini- schen Unterrichtsangeboten.
1989 beschloß die Konferenz der Kultusminister der Länder erneut, daß an allen medizinischen Hoch- schulen ordentliche Lehrstühle für Allgemeinmedizin eingerichtet wer- den sollen. In dem Beschluß wurde eine entsprechende Institutionalisie- rung der Allgemeinmedizin bis An- fang der neunziger Jahre gefordert.
und Jena wurden beide in die Befra- gung eingeschlossen, obwohl die wei- tere Entwicklung beider Standorte zur Zeit der Befragung offen war.
Lehre
Die allgemeinmedizinische Leh- re kann sich neben gesetzlichen Grundlagen an Analysen künftiger Anforderungen an den Arzt (Ab- schlußbericht des „Murrhardter Kreises", Verlag Bleicher 1989), an Studienreformdiskussionen und Pu- blikationen zur Thematik orientieren (Stein, R. 1988, Pillau H. 1989, Zöll- ner, N. 1989, Fischer, G. 1986, Fi- scher, G., B. Rossa u. S. Schug 1988).
Die gesetzliche Grundlage der allgemeinmedizinischen Lehre bil- den die Approbationsordnung für Ärzte vom 28. Oktober 1970 in der Neufassung vom 3. April 1979 sowie der Wortlaut der Bundesärzteord- nung vom 14. Oktober 1977 und ihrer nachfolgenden Änderungen.
Die 7. Novelle (1990) enthält neue wichtige Impulse für die Lehre im Fach Allgemeinmedizin:
§ 1,1: „Die Ausbildung zum Arzt wird auf wissenschaftlicher Grundla- ge und praxis- und patientenbezogen durchgeführt. Sie hat zum Ziel,
die grundlegenden medizini- schen, fächerübergreifenden und me- thodischen Kenntnisse,
I> die praktischen Fertigkeiten und psychischen Fähigkeiten,
I> die geistigen und ethischen Grundlagen der Medizin und
I> eine dem einzelnen in der Allgemeinheit verpflichtete ärztliche Einstellung
zu vermitteln, deren es bedarf, um in Prävention, Diagnostik, Thera-
Tabelle 1: Angebot allgemeinmedizi- nischer Lehrveranstaltungen (Novem- ber 1992)
Lehr- Anzahl
veranstaltungen der Fach- bereiche
(n = 35) Beteiligung von 29 Lehrpraxen am Stu-
dentenunterricht Unterrichtsveranstal- tungen gern. Appro- bationsordnung:
„Kursus Allgemein- 30 medizin"
„Praktikum der Be- 14 rufsfelderkundung"
„Praktikum zur Ein- 11 führung in die klini-
sche Medizin"
Zusatzangebote auf 22 freiwilliger Basis (Se-
minare, Hausbesuch- dienst, Vorberei- tungskurs Famulatur in der Allgemein- Praxis usw.)
pie und Rehabilitation von Gesund- heitsstörungen unter Berücksichti- gung der psychischen und sozialen Lage des Patienten und der Entwick- lung in Wissenschaft, Umwelt und Gesellschaft eigenverantwortlich und selbständig handeln zu können."
§ 2,2: „Bei praktischen Übungen und Kursen ist die praktische An- schauung zu gewährleisten. Die Un- terweisung am Patienten in kleinen Gruppen steht im Vordergrund. >
A1 -1642 (18) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 22, 4. Juni 1993
Tabelle 2: Bereiche allgemeinmedizinischer Forschung (modifiziert nach EGPRW 1984) Epidemiologischer Bereich Morbiditätsverteilung
Morbiditätsentstehung Morbiditätsentwicklung
Medizinisch-klinischer Bereich Krankheitsbehandlung in der Allgemein- praxis
allgemeinmedizinische Methoden allgemeinmedizinisches Tätigkeitsfeld Qualitätssicherung
Prävention Rehabilitation Verfahrenstechnischer Bereich
Verhaltens- und interaktions- bezogener Bereich
Arzt-Patienten-Verhältnis Familienmedizin
psychologische Krankheitsaspekte Pädagogischer Bereich Aus-, Weiter- und Fortbildung;
Lehre THEMEN DER ZEIT
Dem Studierenden ist dabei ausrei- chend Gelegenheit zu geben, selbst am Patienten tätig zu werden. Sol- cher praktischer obligatorischer Un- terricht in Allgemeinmedizin erfolgt in der Vorklinik, in den Praktika ,Einführung in die klinische Medizin' und ,Berufsfelderkundung` und in der Klinik im Praktikum Allgemein- medizin.
Die Ärztliche Prüfung integriert allgemeinmedizinische Fragen und Stoffgebiete in allen drei klinischen Prüfungsabschnitten und berücksich- tigt fachübergreifende Zusammen- hänge (§ 25 bis 32)."
Der Studentenunterricht in der Allgemeinmedizin fordert für das an- wendungs- und praxisbezogene Fach- gebiet einen Unterricht am Patienten in kleinen Gruppen unter zentraler Berücksichtigung seiner körperlichen und seelischen Beschwerden im Kon- text sozialer und existentieller Bezü- ge durch allgemeinärztliche Lehrärz- te in ihrer Praxis. Hier bestehen zwi- schen den einzelnen Ausbildungs- stätten in Deutschland erhebliche Unterschiede in Form und Umfang, aber auch hinsichtlich der Zahl der Mitarbeiter, der Studenten und der Sachmittelausstattung. Das Angebot der Lehrveranstaltungen ist in Tabel- le 1 wiedergegeben (vgl. hierzu auch Habeck 1992, Unterrichtsveranstal- tungen Allgemeinmedizin).
Nur an 26 Hochschulen (74 Pro- zent) werden durch den Leiter des Faches Allgemeinmedizin Prüfungs- aufgaben im Rahmen des zweiten und dritten Prüfungsabschnittes wahrgenommen.
Forschung
Im deutschsprachigen Raum be- trieb als erster R. N. Braun ab 1944 allgemeinmedizinische Forschung (vgl. zum Beispiel Braun R. N., 1988). Er nutzte den besonderen Zu- gang über die Praxis des niedergelas- senen Hausarztes und zeigte neue Methoden und Inhalte auf, die sich zum Beispiel aus spezifisch hausärzt- lichen Tätigkeiten wie der Bearbei- tung des Erstkontaktes, den Koordi- nationsaufgaben, der kontinuierli- chen Langzeitbehandlung und der Familienarztfunktion ergeben.
AUFSÄTZE
Die Inhalte allgemeinmedizini- scher Forschung sind heute ebenso vielseitig wie das Fach selbst; sie um- fassen die Klinik der Allgemeinmedi- zin ebenso wie Versorgungs- und be- rufstheoretische Sachverhalte. Ent- sprechend ist es Forschung mit und durch, aber auch über Allgemeinärzte und ihr Umfeld (vgl. Fischer 1986, 1988).
Tabelle 2 enthält eine Aufstel- lung der Inhalte der allgemeinmedi- zinischen Forschung (modifiziert nach EGPRW 1984).
• Die Umfrage ergab, daß nur an 9 von 34 deutschen Hochschulen ausdrücklich als allgemeinmedizi- nisch ausgewiesene Forschung be- trieben wird und daß nur zu einem geringen Teil Studien eine Drittmit- telförderung erhalten.
In Tabelle 3 sind die Hochschu- len mit explizit allgemeinmedizini- schen Forschungsaktivitäten aus Grund- und Drittmitteln dargestellt.
Als weitere Indikatoren für den Grad der Institutionalisierung des Faches Allgemeinmedizin mögen die Zahlen der Tabelle 4 dienen, die Hinweise auf die personelle, räumliche und finanzielle Ausstat- tung geben.
Die Auflistung gibt die großen Unterschiede an den verschiedenen Hochschulen nur unvollkommen wie- der. So schwankt zum Beispiel die Anzahl der Stellen für wissenschaftli- che Mitarbeiter von 0 bis 4 und die Anzahl der Drittmittelstellen von 0
bis 10. Sehr uneinheitlich ist ferner die Anzahl der beteiligten Lehrpra- xen und Lehrbeauftragten sowie de- ren Bezahlung. Eine in Halle-Witten- berg ausgeschriebene C4-Stelle für den Bereich Allgemeinmedizin ist in der Abbildung nicht erfaßt; in Mar- burg gibt es eine halbe C3-Stelle.
Defizite an den Hochschulen
Wir befragten die Vertreter des Faches Allgemeinmedizin zu den Hauptproblemen des Faches an ihrer jeweiligen Hochschule (Mehrfach- nennungen möglich). Personelle und finanzielle Probleme (je 48 Prozent der Nennungen) und Raumfragen (40 Prozent der Nennungen) standen im Vordergrund, gefolgt von Proble- men mit der unzureichenden Institu- tionalisierung in Forschung und Leh- re, dem zusätzlichen Bedarf an Lehr- praxen und der mangelnden Einbin- dung in universitäre Entscheidungs- gremien.
Für die primärärztliche Versor- gung zeichnen sich folgende Perspek- tiven ab:
1. Die Bemühungen um Quali- tätssicherung führen zu einer weitrei- chenden Analyse der allgemeinmedi- zinischen Versorgung nicht nur unter Effektivitätsgesichtspunkten. Sie er- zeugen dadurch eine bisher nicht ge- kannte Transparenz der komplexen hausärztlichen Tätigkeit. Sie tragen
A1 -1644 (20) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 22, 4. Juni 1993
Deutsches Arzteblatt
21
19
12
5 Eigene räumliche
Einheit
Stellen für nicht- wissenschaftliche Mitarbeiter/innen Hochschulstellen für wissenschaftliche Mitarbeiter/innen Drittmittelstellen für wissenschaftliche Mitarbeiter/innen
Tabelle 4: Personelle, räumliche und finanzielle Ausstattung des Faches (November 1992)
Vorhandenes Aus- stattungsmerkmal
Anzahl der Fach- bereiche
(n =35)
Professur 5
Eigener Etat 17
Drittmitteletat 7 Tabelle 3: Hochschulen mit allgemeinmedizinischen Forschungsaktivitäten
(November 1992)
Hochschulen, die allge- Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule, meinmedizinische For- Aachen
schung aus dem Hoch- Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf schuletat betreiben Georg-August-Universität Göttingen
Medizinische Hochschule Hannover Medizinische Universität zu Lübeck Johannes Gutenberg-Universität Mainz Philipps-Universität Marburg
Hochschulen, die allge- Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
meinmedizinische For- Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt schung mit Drittmitteln am Main
betreiben Georg-August-Universität Göttingen Medizinische Hochschule Hannover Universität Heidelberg
Johannes Gutenberg-Universität Mainz Westfälische Wilhelms-Universität Münster
THEMEN DER ZEIT
zudem zur inhaltlichen Klarheit, fachspezifischen Konsensbildung und Abgrenzung der Allgemeinmedi- zin als eigenständiger Disziplin bei.
2. Die primärärztliche Versor- gung bildet die Basis für erfolgreiche Präventionskonzepte. Neben dem klassischen medizinischen Risikofak- torenmodell wird vermutlich das
„Lebensweisenkonzept", wonach das gesundheitliche Verhalten nur im Kontext bestimmter Lebensstile zu verstehen und zu beeinflussen ist, für die Prävention in der ambulanten Versorgung weiter an Bedeutung ge- winnen. Hand in Hand mit dem Pro- gramm einer gemeindenahen Pri- märversorgung der WHO kann sich aus dem Lebensweisenkonzept eine Verklammerung zwischen Gesund- heitswesen und Gemeinwesen bil- den, welche bereichsübergreifende Projekte der Prävention und Ge- sundheitserziehung hervorbringt.
3. In der ambulanten Rehabili- tation wird die Allgemeinmedizin ei- ne ähnlich wichtige Position einneh- men. Insbesondere im Rahmen der hausärztlichen Geriatrie lassen sich durch Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen der Gesundheitszu- stand und die Selbständigkeit älterer Menschen länger erhalten.
4. Die Zuweisung der psychoso- zialen Grundversorgung an den Hausarzt eröffnet die Basis für eine breit angelegte Hilfe ohne den Nach- weis einer psychotherapeutischen Sonderqualifikation. Damit kommt eine überaus anspruchsvolle Aufgabe
AUFSÄTZE
der Aus- und Weiterbildung auf den (Allgemein-)Arzt zu, die zugleich neue didaktische Konzepte erfordert.
Ob und wie diese Möglichkeit syste- matisch von den Hausärzten genutzt wird, ist noch unklar.
5. Der künftige Forschungsbei- trag der Allgemeinmedizin wird un- ter anderem ein Feld betreffen, das bisher von der medizinischen For- schung weitgehend vernachlässigt wurde: Er trägt dazu bei, die Umset- zung medizinischen Wissens in prak- tische Handlungsvollzüge zu verdeut- lichen. Die vielfältigen Einflußfakto- ren, die neben der medizinischen In- tervention selbst zu deren Ergebnis beitragen, werden sichtbar. Eine Versorgungsforschung dieser Art macht die reale Leistungsfähigkeit klinisch-medizinischer Maßnahmen unter Anwendbarkeits-, Effektivi- täts- und Effizienzgesichtspunkten deutlich. Als besonderer Aspekt tritt hier die Möglichkeit hervor, die Ebe- ne des wirklich erlebten subjektiven
„Gesundheitsgewinns" zu beleuchten (vgl. hierzu Delbanco 1992).
6. Im Zusammenwirken ärztli- chen Handelns mit den Einflüssen seitens der Patientenschaft wird die Allgemeinmedizin zum Umschlags- punkt gesundheitsbezogener zeitge- nössischer Strömungen, Erwartun- gen und Hoffnungen. Dies spielt sich ab in der permanent den Praxisalltag durchziehenden Auseinandersetzung zwischen den puristischen Inhalten medizinischer Hilfsangebote und der Verwobenheit ihrer Zwecke mit der
biographisch, psychologisch und sozi- al bestimmten Lebensrealität. Die Verteilung knapper Mittel, etwa bei Arzneimittelkosten, bildet ein aktu- elles Beispiel. Diese setzt Wertungen voraus, deren Maßstäbe überwiegend außerhalb der Medizin liegen. Ziel-, Zweck- und Wertvorstellungen medi- zinischer Interventionen werden im Sinne einer Art Alltagsethik täglich zur Frage. Die Allgemeinmedizin schafft den Zugang und eine Erfah- rungsbasis für die gedankliche Durch- dringung solcher Prozesse. Sie kann dazu beitragen, jene entscheidenden Fragen hervorzubringen, deren Be- antwortung nur im gesellschaftlichen Konsens zu entwickeln ist.
90 (1993) A 1 -1641-1645 [Heft 22]
Literatur bei den Verfassern Anschrift für die Verfasser:
Prof. Dr. med. Gisela C. Fischer Medizinische Hochschule Hannover Abteilung Allgemeinmedizin Postfach 61 01 80
W-3000 Hannover 61
Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 22, 4. Juni 1993 (21) A1-1645