A 1064 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 22|
31. Mai 2013 Der Aidsausschuss der Ärztekam-mer Mecklenburg-Vorpommern hat einen Appell zur Prävention der HIV-Ausbreitung vorgelegt. Als übergeordnetes Ziel formuliert das Gremium die Verhinderung von Neuinfektionen. Konkret fordert der Ausschuss eine Abschaffung der Sonderregelungen für die HIV- Infektion, wie etwa das Recht auf Nichtwissen. „Wir appellieren an die politisch Ver antwortlichen, die für die HIV- Infektion eingeführ- ten Sonderregelungen aufzuheben
ÄRZTEKAMMER MECKLENBURG-VORPOMMERN
Ausschuss legt Appell zur HIV-Prävention vor
und die HIV-Infektion ohne Aus- nahmeregelungen im Infektions- schutzgesetz einzuordnen“, heißt es in dem Appell.
Die Mitglieder des Ausschus- ses betonen, dass ihnen als mit der Erkrankung befasste Ärzte die Probleme der Betroffenen be- wusst sind. Aus epidemiologi- scher Sicht seien die Sonderrechte bei HIV-Infektionen aber nicht akzeptabel. Der Rostocker Appell im Internet: www.arzteblatt.
de/131064a. BH
Die Ärztekammer Nordrhein will den Stellenwert der präventiven Me- dizin stärken und deutlich machen, dass Prävention ein originär ärztli- ches Aufgabengebiet ist. In einem gemeinsam mit der Deutschen Sport- hochschule Köln entwickelten Pilot- projekt sollen in 20 Hausarztpraxen in Köln 200 bewegungsarme und übergewichtige Patienten dazu mo- tiviert werden, innerhalb eines hal- ben Jahres auf 10 000 Schritte pro Tag zu kommen oder sich adäquat körperlich zu bewegen.
Im Rahmen der Studie wird den Patienten während der Vorsorgeun- PRÄVENTION
10 000-Schritte-Pilotstudie gestartet
tersuchungen eine Änderung ihres Bewegungsverhaltens nahegelegt.
Sie erhalten Schrittzähler, der ihnen eine Kontrolle des Bewegungsum- fangs ermöglichen. Die Hausarzt- praxen werden die Patienten beglei- ten, indem sie monatliche Bewe- gungstagebücher einholen und zum Durchhalten motivieren. Das Insti- tut für Bewegungs- und Neurowis- senschaft evaluiert die Studie; die
Regelmäßige Bewegung steht im Zentrum der Pilotstudie mit 200 übergewichtigen Patienten.
Foto: mauritius images
Kontrollgruppe bilden Patienten, die lediglich allgemeine Bewegungs- empfehlungen erhalten.
Bei der Vorstellung des Pilotpro- jekts am 22. Mai verwies Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein, auf die starke Zunahme lebensstilbedingter Erkrankungen in Deutschland. „Angesichts solcher Zahlen müssen wir konsequent neue Wege gehen“, erklärte er. TG
Erst am 15. Mai hatte die Fachzeitschrift „Cell“
eine Studie veröffentlicht, wonach es zum ersten Mal gelungen ist, aus geklonten menschlichen Embryonen Stammzelllinien herzustellen (doi:
10.1016/j.cell.2013.05.006). Nun ist Kritik an der weltweit beachteten Publikation von Shoukhrat Mitalipov vom Oregon National Pri - mate Research Center laut geworden. Nach An- gaben eines anonymen Kommentators auf der Website PubPeer – einer Online-Plattform, auf der Wissenschaftler bereits veröffentlichte Fach- arbeiten begutachten – haben die Autoren ein Foto (jeweils anders geschnitten) doppelt benutzt und in Bildlegenden unterschiedlich identifiziert.
Zudem wird eine Abbildung kritisiert, die die Er- gebnisse einer Reihe von Wiederholungen eines Versuchs zeigt. Eine Grafik komme darin doppelt vor, zwei weitere seien einander extrem ähnlich (pubpeer.com/publications/F0CFE0360002C2
5DC0BEFE28987D 70). Der PubPeer-Kommen- tator hält sie daher nicht für biologische, sondern für technische Replikate des Versuchs.
Diese Kritik lässt nicht nur Zweifel an der Arbeit der Stammzellforscher, sondern auch an den Kontrollmechanismen der etablierten Fachzeitschrift aufkommen. Handelt es sich (wieder einmal) um eine Fälschung oder ledig- lich um Schlamperei? Im aktuellen Fall wurde die Peer-Review-Prüfung offenbar im Eilverfah- ren erledigt. Nur vier Tage nachdem die Studie bei „Cell“ eingereicht worden war (30. April), akzeptierte das Magazin sie zur Veröffentli- chung (3. Mai). Chefredakteurin Emilie Marcus verteidigt die Studie: „Wir glauben nicht, dass sich diese Fehler in irgendeiner Weise auf die wissenschaftlichen Resultate auswirken.“ Auch sehe sie keinen Grund, an der Gründlichkeit der hausinternen Prüfungen zu zweifeln.
Mitalipov selbst bestätigt auf der Internet- seite von „Nature“ „unbeabsichtigte Fehler“
in der Arbeit (doi: 10.1038/nature.2013.
13060). Sie seien durch zu große Eile pas- siert. Zugleich betonte Mitalipov: „Die Ergeb- nisse sind real, die Zelllinien sind real, alles ist real.“
Dennoch äußern sich deutsche Stammzell- forscher entsetzt: „Grundsätzlich darf so etwas nicht passieren, schon gar nicht bei einer Ver- öffentlichung, die quasi der Fälschung von Hwang nachfolgt“, urteilt Prof. Dr. med. Hans Schöler. Der Münsteraner Wissenschaftler be- zieht sich dabei auf einen Fälschungsskandal im Jahr 2004, als der Südkoreaner Hwang Woo Suk teilweise frei erfundene Ergebnisse zum Klonen embryonaler Stammzellen veröf- fentlicht hatte und später zu einer Bewäh- rungsstrafe verurteilt worden war. zyl