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Archiv "Aktion „Blauer Engel“ auch im Krankenhaus" (20.09.1990)

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THEMEN DER ZEIT

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Die Deutsche Krankenhausge- sellschaft (DKG), Düsseldorf, hat mit finanzieller Förderung durch das Bundesumweltamt (Berlin) im Jahr 1989 an verschiedenen ICrankenhäu- sern der Bundesrepublik ein Pilot- Projekt „Umweltverträgliche Be- schaffung und Entsorgung im Kran- kenhaus" gestartet, dessen erste Zwischenergebnisse jetzt der Presse in Bonn vorgestellt wurden (das Pro- jekt läuft noch bis Ende 1991). Das Gesamtprojekt zielt darauf ab, Handlungsanweisungen und konkre- te Hinweise für eine umweltfreundli- che Beschaffung und Entsorgung der Krankenhäuser (Aktion „Blauer En- gel") zu geben. Im bisherigen Ver- lauf ist das DKG-Umweltschutzpro- gramm in drei Teilprojekten betrie- ben worden:

> So bearbeitet die Deutsche Krankenhaus-Management Bera- tungs- und Forschungsgesellschaft GmbH (DKI), Düsseldorf, ein analy- tisch-deskriptives Szenarium unter dem Titel „Erhebung über umwelt- politisch bedeutsame Pilotprojekte in Krankenhäusern und Dokumenta- tion von vier ausgewählten Pilotpro- jekten."

> Prof. Dr. med. Franz Dasch- ner, der Leiter der Abteilung Klinik- hygiene an der Universitätsklinik Freiburg, und dessen Mitarbeiter konzentrieren sich auf den Projekt- teil „Modellhafte Erprobung von Möglichkeiten umweltverträglicher Beschaffung von Medical-Produkten am Universitäts-Klinikum Freiburg mit dem Ziel einer Abfallverringe- rung".

> Das „Transferzentrum Heil- bronn" hat unter Leitung von Prof.

Dr.-Ing. Ewald Pruckner einen Pro- jektteil „Bestandsaufnahme der Ver- sorgungs- und Entsorgungsvorgänge in den Krankenhauseinrichtungen der Stadt Heilbronn und Erarbei- tung technischer Lösungsansätze für umweltverträgliche Entsorgungs- maßnahmen" unter der Feder (ein erster Zwischenbericht wird Ende September 1990 erwartet).

Die bisher zutage geförderten Ergebnisse zeigen, daß die Umwelt- schutzprobleme im Krankenhaus zwar erkannt, aber noch längst nicht im Griff sind. Eine Öko-/Umwelt- schutzbilanz des Krankenhauses ist unter Berücksichtigung der gesetzli- chen Auflagen und unter Kosten- dämpfungsaspekten unverzichtbar und notwendiger denn je. Allerdings sind praktische Vorschläge und In- itiativen auf Pionierbasis für den ge- samten Krankenhausbetrieb dann nicht umsetzbar und irrelevant, wenn nicht die finanziellen, bauli- chen, technischen, organisatorischen und personellen Voraussetzungen geschaffen werden. Daß sich die Öko-Bilanz lohnt, hat das Beispiel der Heilbronner Kliniken längst be- wiesen. Allerdings, so wurde in Bonn betont, muß es tatsächliche beschaf- fungstechnische, ablauforganisatori- sche Alternativen zur herkömmli- chen Ver- und Entsorgungssituation der Kliniken geben.

Zielpunkte: Beschaffung und Recycling

Dazu bedarf es des persönlichen Engagements, der Motivation und organisatorisch-institutioneller Absi- cherungen möglichst auf hoher Ebe- ne, um umweltfreundliche Alternati- ven fachkundig umzusetzen und zu verbreiten. Vielfach fehlt es aber an einem umweltorientierten systemati- schen Beschaffungs- und Entsor- gungskonzept, speziell für Kranken- häuser. Um Abfall zu vermeiden, ihn zu verringern und die Entsorgung zu steuern, bedarf es dringend des ver- mehrten Einsatzes von Mehrweg- oder Recycling-Produkten, betonten die Projektleiter des DKI, des Insti- tuts für Klinikhygiene der Universi- tät Freiburg und Sprecher des

„Transferzentrums Heilbronn".

Zwischenergebnisse der drei Teil-Pilotprojekte in Stichworten:

1. Bei Beschaffung und Einsatz

wiederverwendbarer Produkte wie beispielsweise Metall-Nierenschalen oder PVC-freier Erzeugnisse, wie et- wa Absaugkatheter und Magenson- den, wurden die Umweltverträglich- keit und die alternativen Einsatz- möglichkeiten im Bereich der medi- zinisch-technischen Produkte („Me- dical-Produkte") verbessert. Aller- dings, so berichteten Experten der Universität Freiburg, sind PVC-freie Produkte zum Teil 20 Prozent teurer in der Anschaffung als PVC-haltige Sachmittel. Auch das Recycling trägt zur Abfallvermeidung und -verringe- rung bei. So können zum Beispiel wiederverwendbare Infusionsfla- schen eingesetzt werden und so der Kunststoff-Abfall verringert werden.

Festgestellt wurde auch, daß viele Medical-Produkte häufig zu sehr aufwendig verpackt werden und vor allem der Handel nicht auf die Rück- nahme des Verpackungsmaterials eingerichtet ist.

Im Pilot-Projekt wurde ein An- forderungsprofil für Hersteller ent- wickelt, um die Packmittelmenge auf das erforderliche Maß zu reduzie- ren. Prof. Dr. med. Volker Zahn, Klinikum Straubing, hat eine prakti- kable „Check-Liste" fiir eine um- weltorientierte Beschaffung von Sachgütern für das Krankenhaus entwickelt, die von den Gutachtern in Bonn sehr empfohlen wurde.

2. Auch im Bereich der Speisen- versorgung können die Abfallberge der Kliniken verringert werden, wenn Porzellan (das in der Beschaf- fung teurer als Plastic-Geschirr ist) statt Wegwerf-Plastikgeschirr ver- wandt wird. Auch mehrfach ver- wendbare textile Wäschesäcke ver- ringern die Plastikabfälle.

3. Empfohlen wurde, Altstoffe getrennt zu sammeln und aufzube- reiten. Dies gelte zum Beispiel für die Sammlung von Glas- und Papier- abfällen oder die Aufarbeitung von Fixier- und Entwicklerflüssigkeit (Silber-Rückgewinnung). Die Ent- sorgung der Chemikalien-Abfälle muß gewissenhaft und kontrolliert erfolgen, damit Mensch und Umwelt nicht gefährdet werden, zum Bei- spiel

durch die Getrennthaltung der

Rückstände und die Kennzeichnung der Behälter. Bestimmte Rückstän- de, etwa Paraffin oder verbrauchte

Aktion „Blauer Engel"

auch im Krankenhaus

Dt. Ärztebl. 87, Heft 38, 20. September 1990 (25) A-2789

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Alkohollösungen, können für andere Zwecke wiederverwandt werden . . Dringend erforderlich sei es, bei der Sammlung von Altmaterialien auf Trenngenauigkeit zu achten (kein Glas und Metall vermengen!).

4. Aktiver Umweltschutz kann auch dadurch geleistet werden, daß auf umweltbelastende Chemikalien bei der routinemäßigen Fußboden- desinfektion oder beim Einsatz aner- kannter Dosiersysteme weitgehend verzichtet wird. Auch wenn Großge- binde und konzentrierte Präparate

anstelle gebrauchsfertiger verdünn- ter Lösungen verwandt werden, kön- nen Verpackungsabfälle verringert werden.

5. Vielfach arbeiten kleinere Krankenhäuser rationeller, wenn sie die umweltfreundliche Beschaffung im Verbund mit anderen Kranken- häusern lösen, ebenso das Entsor- gungsproblem in Angriff nehmen (zu- mal in vielen Fällen Stau- und Entsor- gungsräume sowie fuhrparkgerechte Abtransportvorrichtungen fehlen).

Kompetenz

für Umweltschützer

6. Umwelt(pflicht)aufgaben des Krankenhauses müssen in die Be- triebsführung und in den täglichen Arbeitsablauf gleichermaßen einge- bunden werden. Umweltschutzkom- missionen im Krankenhaus nützten ebensowenig wie Hygiene-Kommis- sionen, Einkaufs- und Energie-Kom- missionen beziehungsweise -konfe- renzen, wenn diese nicht mit Leben erfüllt und auf allen Führungsebe- nen angesiedelt werden.

~ Sinnvoll ist es - und das ha- ben die Pilotstudien erwiesen -, ei- nen besonders qualifizierten fort- und weitergebildeten Krankenhaus- mitarbeiter zum Umweltschutzbeauf- tragten zu ernennen und diesen mit Führungs- und Entscheidungskom- petenzen auszustatten. Freilich muß dies im Stellenplan und in den An- haltszahlen der Krankenhäuser ent- sprechend berücksichtigt werden.

Ebenso müssen die Krankenkassen beim "Umweltschutzpaket der Kran- kenhäuser" mitspielen, das heißt bei der Bezahlung "Butter bei die Fi- sche" tun. Dr. Harald Clade

Abfallvenneidung und Wertstoffsammlung bt Klinik und Praxis

Unter dem Motto "Umwelt- schutz ist nichts weiter als Medizin"

hat sich seit dem Jahr 1984 eine Um- weltkommission am Elisabeth-Kran- kenhaus Straubing etabliert, über deren Tätigkeit und Erfahrungen hier kurz berichtet werden soll. Die vordringliche Arbeit war die Samm- lung von Wertstoffen. Ein Diplo- mand der Technischen Fachhoch- schule München, Zweig Technischer Umweltschutz, stand uns zur Verfü- gung.

Seit 1989 sammelten wir unter anderem Glas, Papier, Plastikhohl- körper (zum Beispiel Infusionsfla- schen), Plastikfolien, Blumen, WeiB- blechdosen und Styropor, seit 1990 sogar alle Spritzen. Es standen uns sowohl für die Krankenzimmer als auch für Ambulanzen Funktionsräu- me und Stationen geeignete Wert- stoffsammler zur Verfügung.

1989 erreichten wir eine Re- cyclingquote von 44 Prozent. In einer Abteilung des Krankenhauses, die eine komplette Erfassung der Wert- stoffe erreicht hat, beträgt die Re- cyclingquote sogar 75 Prozent. Die nicht verwertbare Restmüllmenge je Pflegetag macht in dieser Abteilung nur noch 0,4 kg aus. Der infektiöse Müll bei 500 Betten liegt gegenwär- tig bei zwei Prozent. Nur durch den Einsatz geeigneter Sammelbehälter mit entsprechender Beschriftung, Farbgebung und Einwurfhilfen wa- ren diese Ergebnisse zu erzielen. Al- le Behälter sind inzwischen im Han- del erhältlich.

Nachdem die Gesamtmüllmenge im Krankenhaus im Laufe der Jahre nicht reduziert werden konnte, erar- beiteten wir ein Abfallvermeidungs- konzept Dabei steht die Reduzie- rung der Einmalartikel an erster Stelle.

So haben wir beispielsweise Re- donflaschen, Systemunterlagen, OP- Wäsche und Kittel auf Mehrwegarti- kel umgestellt. Ein leicht waschbarer und gut sterilisierbarer Mehrwegar- tikel erfüllt die hygienischen Bedin- gungen genau so gut wie ein Einweg- artikel. Bei konsequenter Umstel-

lung von Einweg- auf Mehrwegarti- kel und strenger Indikationsstellung von Antibiotika, Medikamenten, In- fusionstherapien und Pflegeartikeln konnte in einer Abteilung der medi- zinische Bedarf gegenüber 13 ver- gleichbaren Krankenhäusern von durchschnittlich 19,20 DM auf 8,50 DM je ~flegetag gesen~t werden.

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Okologie und Okonomie in Einklang zu bringen, ist zukunftswei- send auch im Gesundheitswesen.

Dieses Ziel kann allerdings nur er- reicht werden, wenn das Personal gut trainiert und motiviert werden kann.

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Entsprechende Vorausset- zungen wie Umweltkommission, Um- weltbea uftrager, Abfallbeauftragter, Einkaufskommission, Umweltschutz- unterricht in der Krankenpflege- schule und Umweltwettbewerbe bil- den die Voraussetzungen. Sind diese Ziele einmal erreicht, können dann auch andere Projekte unternommen werden, wie zum Beispiel Anlegen eines Kräutergartens, Organisation von Kongressen und praktischen Se- minaren, Vergabe von Diplomarbei- ten.

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Gerade die in unserem Ge- sundheitswesen Beschäftigten soll- ten gegenüber anderen Berufszwei- gen Vorbildfunktionen im Bereich des Umweltschutzes übernehmen, denn viele Erkrankungen hängen ur- sächlich mit Umwelteinflüssen zu- sammen.

Literatur

Zahn, V.: Müll sortieren- Kosten sparen, in: Krankenhaus Technik, März 1990;

Zahn, V.: Erste praktische Erfahrungen mit Plastikrecycling im Krankenhaus, in: Mana- gement & Krankenhaus, Heft 4/1990;

Follner, P.: Umweltfreundliche Optimie- rung der Entsorgung von Krankenhausabfällen, Diplomarbeit, 1990.

Weitere Literatur, Abfall-, Mehrweg- und Umweltfibel beim Verfasser erhältlich.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med.

VolkerZahn Elisabeth-Straße 23 8440 Straubing A-2790 (26) Dt. Ärztebl. 87, Heft 38, 20. September 1990

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