• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Weihnachten im Krankenhaus: Engel und Clowns" (24.12.2012)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Weihnachten im Krankenhaus: Engel und Clowns" (24.12.2012)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A 2570 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 109

|

Heft 51–52

|

24. Dezember 2012

A

m ersten Weihnachtstag wur- den die Schmerzen unerträg- lich. Paola Jerochim fuhr mit ihrem Sohn in die Rettungsstelle. Die Diagnose : Blinddarmdurchbruch.

Notoperation. Doch das war erst der Anfang. Die Beschwerden des damals zwölfjährigen Kevin ließen nicht nach. Die starken Bauch- schmerzen blieben. Häufig hatte er Durchfall, später auch Blut im Stuhl. Doch die Suche nach der richtigen Diagnose wurde steinig, über das Jahr saß Kevin in vielen Wartezimmern. Heute nun – wieder ist es kurz vor Weihnachten – hat er endlich seine Diagnose erhalten, nach zweiwöchigem, stationärem Aufenthalt mit Blut- und Stuhlun- tersuchungen, mit MRT und Kolo- skopie. Sie lautet: Morbus Crohn.

Paola Jerochim sitzt in einem Aufenthaltsraum des Eltern-Kind- Zentrums am Sana-Klinikum Ber- lin-Lichtenberg. Sie hat die Hände auf dem Bauch gefaltet und wirkt gefasst. „Es ist keine gute Diagno- se“, sagt die 37-jährige gelernte Ein- zelhandelskauffrau. „Aber zumin-

dest wissen wir jetzt, was es ist, und können uns darauf einstellen.“ Wäh- rend sie spricht, fällt Schnee vor den Fenstern der Kinderklinik, in der Stadt ist die Weihnachtsstimmung allgegenwärtig. Ob Kevin die Klinik bis Heiligabend verlassen kann, weiß sie noch nicht. Zusätzlich zu seiner Krankheit, zu seinen Schmer- zen, drückt das auf Kevins Gemüt.

Eine Krankenschwester hat kleine Geschenke gebastelt

„Gerade für Kinder ist Weihnachten ein ganz besonderes Fest“, sagt Prof. Dr. med. Volker Stephan, Chefarzt in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin. „Wenn sie Weihnachten im Krankenhaus ver- bringen müssen, empfinden sie das als besonders schlimm.“ Bundes- weit versuchen Kinderkliniken des- halb, ihren jungen Patienten auch im Krankenhaus eine Weihnachts- atmosphäre zu bieten. In Lichten- berg sind die Stationen ge- schmückt. In den Gängen stehen Weihnachtsbäume, an den Emp- fangstresen hängen Tannengirlan- den. Auf Kevins Station hat eine Krankenschwester zu Hause kleine Geschenke gebastelt und in einer Nische neben einen Baum gelegt.

Doch ob sie dort bleiben dürfen, ist noch ungewiss: Gleich kommt der Brandinspektor. „Wir haben viele

engagierte Pflegekräfte, die versu- chen, den Kindern die Adventszeit im Krankenhaus so weihnachtlich wie möglich zu gestalten – viele auch nach Feierabend, denn wäh- rend der Arbeitszeit ist so etwas meistens nicht möglich“, sagt Ober- ärztin Dr. med. Ute Voß.

Das Klinikum arbeitet mit dem Verein „Kinderschutzengel“ zu- sammen, der es sich zum Ziel ge- setzt hat, Kindern ihren Kranken- hausaufenthalt zu erleichtern. In der Vorweihnachtszeit gehen die Mitar- beiter des Vereins von Zimmer zu Zimmer und verteilen Geschenke, jedes Kind wird bedacht. Auch mit dem Verein „Rote Nasen – Clowns im Krankenhaus“ kooperiert die Klinik. Einmal in der Woche kom- men sie zur Sprechstunde. In der Adventszeit gehen die Clowns durch die Zimmer, scherzen mit den Kindern und singen Weihnachtslie- der. Bei Kevin waren sie gestern.

„Sie waren zu zweit“, sagt Paola Je- rochim. „Der erste hat ein Weih- nachtslied ganz lahm und langwei- lig gesungen und Kevin gefragt, ob ihm das gefallen hat.“ Hatte es nicht. Der zweite dann bot eine ro- ckigere Version des Liedes. Die kam besser an. „Sie waren nur fünf Minuten da. Aber das hat schon ge- reicht, um die Kinder aufzumun- tern“, sagt Jerochim.

WEIHNACHTEN IM KRANKENHAUS

Engel und Clowns

Im Krankenhaus bleiben zu müssen, macht vielen Kindern Angst. Besonders schlimm ist es, wenn sie

auch über Weihnachten das Krankenhaus nicht verlassen dürfen. Kinderkliniken versuchen deshalb,

die Adventsstimmung auf die Stationen zu tragen.

(2)

Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 109

|

Heft 51–52

|

24. Dezember 2012 A 2571 Engel und Clowns in Zeiten, in

denen viele Krankenhäuser ums fi- nanzielle Überleben kämpfen? „Mit dem DRG-System bekommen wir genug Geld, um die medizinische Versorgung der Kinder sicherzustel- len“, sagt Chefarzt Stephan. „Für al- les andere reicht das Geld nicht aus.“

Engel und Clowns kann sich die Kli- nik nur mit Spenden leisten.

Lebkuchen für die Eltern oder Schokoweihnachtsmänner

Eine vorweihnachtliche Besonder- heit der Klinik ist das alljährliche Kinderweihnachtsfest. In diesem Jahr findet es zum ersten Mal in neu- er Umgebung statt – im Mai sind Teile der Kinderklinik aus dem Grü- nen an das Klinikum nahe dem S-Bahnhof Lichtenberg gezogen.

Nun findet das Fest im Gang des So- zialpädiatrischen Dienstes statt. An langen Tischen können sich die Kin- der schminken lassen und Lebku- chen naschen. Dazu gibt es laute Weihnachtslieder von einer quirli- gen Sängerin im weiß-roten Kos- tüm, Polonaise inklusive.

Sehr viele Kinder sind bislang nicht gekommen. Aber die, die da sind, sehen glücklich aus. „Wir sind nun mal ein Krankenhaus“, erklärt Stephan. „Und viele unserer Patien- ten sind so krank, dass sie ihr Zim- mer nicht verlassen können.“ Auch Kevin ist sich noch nicht sicher, ob er zu der Feier gehen wird. Lust hät- te er schon – aber er weiß nicht, ob er fit genug ist. „Die Weihnachtsfei- er gibt es schon, solange ich mich er- innern kann“, sagt Oberärztin Voß.

Sie ist seit 20 Jahren an der Klinik.

Während im Sozialpädiatrischen Dienst eine deutsche Version von

„Jingle Bells“ von den Wänden wi- derhallt, geht auf den Stationen der Klinik alles seinen gewohnten Gang.

Auf der Intensivstation im ersten Stock sind alle zehn Zimmer besetzt.

„Wie viele es Weihnachten sein wer-

den, können wir im Voraus nicht sa- gen“, erklärt die leitende Stations- schwester Claudia Liske. „Aber klar ist: Wenn jemand über Weihnachten bei uns liegt, gibt es einen triftigen Grund dafür.“ In vier Zimmern kön- nen auch Mutter oder Vater der Pa- tienten mit aufgenommen werden.

Besuchszeiten gibt es darüber hinaus nicht. Weihnachten können also die Familien auf die Station kommen, um mit ihren kranken Kindern zu feiern. „Am Heiligabend kommt ein Weihnachtsmann auf die Intensiv- station und geht vorsichtig durch die Zimmer“, erzählt Liske. Viele der Patienten nähmen ihn gar nicht wahr. „Doch wer ihn sieht“, so Lis- ke, „freut sich darüber.“ Außerdem gibt es kleine Geschenke aus der Küche für die Eltern, die mit auf der Station sind – Lebkuchen oder Schokoladenweihnachtsmänner.

Ein Stockwerk darüber liegen vor allem Kinder und Jugendliche, die eine Diagnostik im pulmonalen, neurologischen oder gastroentero- logischen Bereich erwarten. Auch hier steht ein Weihnachtsbaum in der Ecke, auch hier hängen weiße Papierschneeflocken an Bänden von der Decke. „Manche der Eltern sind sehr traurig, dass ihre Kinder über Weihnachten bei uns sein müs- sen“, erzählt die leitende Stations- schwester Ramona Fiedler. „Ande- re fügen sich in ihr Schicksal.“ Am Heiligabend versuchen die Ärzte, so viele Patienten wie möglich nach Hause zu entlassen. „Am Weih- nachtstag wird Prof. Stephan jedes Kind besuchen“, sagt Fiedler, „und auch den Familien persönlich gute Wünsche für das Fest überbringen.“

Manchmal komme es vor, be- richtet Oberärztin Voß, „dass wir am Weihnachtsabend zusammen mit einigen der aufgenommenen El- tern Abendbrot essen“. Insbesonde- re wenn die Eltern schon lange mit auf den Stationen wohnten und das

Kind am Abend schlafe: „Damit sie am Weihnachtsabend nicht alleine sind.“ Diesen Heiligabend hat sie keinen Dienst, erzählt Voß und lä- chelt – dafür im nächsten Jahr.

„Wenn man am Weihnachtsmorgen zur Arbeit fährt, ist es zuerst traurig.

Später, wenn man bemerkt, wie alle anderen, die Kollegen und auch die Patienten und ihre Familien, in Weihnachtsstimmung sind, wird es aber doch ganz schön.“

Die Weihnachtsdekoration muss umziehen

Auf Kevins Station war der Brand- inspektor inzwischen da. Sein Ent- schluss: Die Weihnachtsdekoration steht auf dem Fluchtweg. Sie muss umziehen. „Ich weiß, dass sich die Schwestern viel Mühe geben mit der Dekoration“, erklärt Sicher- heitsingenieur Mathias Jordan.

„Aber wir müssen darauf achten, dass gerade zu Weihnachten die Brandschutzbestimmungen einge- halten werden, um keine Risiken einzugehen.“ Kevin ist noch auf seinem Zimmer. Für die Weih- nachtsfeier ging es ihm nicht gut genug. Nach wie vor ist nicht ent- schieden, ob er bis Weihnachten das Krankenhaus verlassen darf – das wird von seinem Gesundheitszu- stand in den nächsten Tagen abhän- gen. „Ich finde es toll, wie viel Mü- he sich das Krankenhaus macht, um den Kindern auch hier eine schöne Weihnachtszeit zu ermöglichen“, sagt Paola Jerochim zum Abschied.

„Trotzdem hoffe ich, dass wir Ke- vin bald wieder zu uns nach Hause

holen können.“

Falk Osterloh

Zufriedene Kinder, zufriedener Chefarzt: Für Volker Stephan (Bild Mitte) ist es das sechste Weihnachts- fest als Leiter der Kinderklinik.

Fotos: Georg J. Lopata

Weihnachten in der Kinderklinik Das Deutsche Ärzteblatt besuchte eine Weihnachtsfeier im Sana-Klinikum Berlin- Lichtenberg. Dazu ein Video im Internet:

www.aerzteblatt.de/video52756 video.aerzteblatt.de

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Wie viele Personen gehen nach links und wie viele Personen gehen nach rechts?. Rechts

„Weihnachten" nennen. Wie hold und warm das Wort schon klingt, es kann doch nicht den Umfang und die Tiefe des Geschehens beschreiben, das mit dem Kommen des

Patienten, die beispielsweise an den Feiertagen erkranken und deren Be- handlung nicht bis zur nächsten regulären Sprechstunde warten kann, werden im Rahmen des

Rela- tiv häufig ereignen sie sich aber beim Verrichten von Arbeiten in der Freizeit (gut 20 % der Unfälle mit Ver- letzungsfolge bei Erwachsenen), zum Beispiel beim Kochen

Hier kann gesungen werden: Send deinen Engel, halte deine gute Hand über uns allen..

Eine große Verantwortung die Manu da trägt: Denn er muss auf der Zugfahrt von Berlin nach Hamburg nicht nur auf seine kleine Schwester Jana aufpassen, sondern auch auf den

Die Pille danach hat keinen Einfluss auf eine bereits be- stehende Schwangerschaft und kann auch während der Stillzeit eingenommen werden. Bis zur nächsten Blutung muss

• Wählen Sie die Schwierigkeit entsprechend Ihrem Können, fangen Sie mit einer einfachen Variante an und steigern Sie die Schwierigkeit der Übung allmählich.. • Führen Sie