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Archiv "Entwicklungshilfe: Weitere Möglichkeiten" (21.03.1997)

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A-696 (4) Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 12, 21. März 1997

S P E K T R U M AKUT/LESERBRIEFE

Entwicklungshilfe

Zu dem Beitrag „Südafrika sucht deutsche Ärzte“ von Dr. med. Michael F. R. Popovic´ in Heft 6/1997:

Weitere Möglichkeiten

Auf der in dem Beitrag einleitend genannten gutach- terlichen Exkursion konnten auch wir uns von zwei Dingen überzeugen: Erstens von dem enormen Bedarf an ärztlicher Unterstützung in den medizi- nisch unterversorgten, vor- nehmlich nicht-weißen Ge- bieten Südafrikas. Zum zwei- ten von der mit großem Elan und Nachdruck durchgeführ- ten Reform des Gesundheits- wesens. Diese hat zum Ziel, die strukturellen Probleme, die dem eklatanten Ungleich- gewicht der medizinischen Versorgung in Südafrika zu- grunde liegen, zu beheben.

Dies ist für uns wichtig, da das zeitlich begrenzte Programm

„Ärzte für Südafrika“ nur als Überbrückungshilfe entwick-

lungspolitisch nachhaltig und sinnvoll ist.

Wir stehen vor der Auf- gabe, in 1997 insgesamt 50 Ärzte nach Südafrika zu ver- mitteln. Nicht zuletzt dank der fachlichen Unterstützung durch die Hessische Lan- desärztekammer und die Bundesärztekammer ist die- ses Programm nun gut ange- laufen. Nachdem in 1996 mit der zwischen CIM und dem südafrikanischen Gesund- heitsministerium abgeschlos- senen Vereinbarung der Grundstein für dieses Pro- gramm gelegt wurde, konn- ten noch im selben Jahr drei Ärzte ihre Tätigkeit in der Northern Province aufneh- men. Im Januar 1997 erfolgte die zweite Ärzteauswahl durch Vertreter der südafri- kanischen Ärztekammer mit dem Ergebnis, daß 17 Ärzte fachlich akzeptiert wurden und ihre ärztliche Zulassung für Südafrika erhielten. Nun steht die Anwerbung weiterer 30 bis 35 Ärzte an. !

Herzchirurgie

Zur Operation herzkranker Kinder im Ausland:

Koordinierungsstelle schaffen

Uns stört der Begriff

„Kinderherztourismus“. Wir Eltern habe ja meist gar keine Wahl. Eltern schwer herz- kranker Kinder sind uneinge- schränkt auf das Urteil der Ärzte angewiesen. Wenn ein Arzt ein Herzkind ins Aus- land überweist, vertrauen die Eltern dieser Entscheidung.

So sollte es ja wohl auch sein.

Ohne dieses Vertrauen in die behandelnden Ärzte könnten wir den Alltag mit unseren Kindern nicht bewältigen.

Keiner von uns stellt ohne weiteres die Anordnungen der Ärzte in Frage. So emp- finden wir uns nicht als Touri- sten, sondern manchmal eher wie das Fähnlein im Winde.

Viele Eltern sind verwirrt, wenn es darum geht, heraus- zufinden, welches Zentrum für den Herzfehler des eige-

nen Kindes besonders prä- destiniert ist.

Wir begrüßen die derzeiti- gen Bestrebungen, eine Ko- ordinierungsstelle zu schaf- fen, die auch uns Eltern jeder- zeit Auskunft darüber geben könnte, welches Herzzen- trum im Einzelfall auszu- wählen ist. Hierbei ist das ein- zige Kriterium, das betroffe- ne Eltern interessiert, die Qualität der Ergebnisse, die die einzelnen Zentren erzie- len. Weder Entfernung noch finanzielle Dinge spielen hier eine Rolle. Die Qualitätssi- cherung muß vorangebracht werden, und der Durchlauf in den einzelnen Kinderherz- zentren muß so weit erhöht werden, daß die nötige Erfah- rung gewährleistet ist.

Wir Eltern hoffen, daß diese Forderungen von den beteiligten Gremien in der Zentrierung auf nur noch zehn Zentren berücksichtigt werden.

Sonja Döring, Selbsthilfe- gruppe Gießen, Eltern herz- kranker Kinder, Schützen- straße 57, 57072 Siegen o eigenartig es klingt – die Inzidenz der schwer-

sten okulären Entzündung, der Endophthalmitis, ist in letzter Zeit rückläufig, die Prävalenz jedoch steigend. Dieses scheinbare Paradoxon liegt darin be- gründet, wie Prof. Volker Klaus (München) auf einer Fortbildungsveranstaltung in Essen berichtete, daß man zwar durch das bessere Erkennen von Risikopatienten, verbesserte Sterilität im OP und effektivere perioperati- ve Medikation die Rate dieser gefürchteten Komplikati- on senken konnte, die Gesamtzahl sich jedoch erhöht hat, da viel mehr Augenoperationen vorgenommen werden.

Fast die Hälfte aller Endophthalmitiden ist Folge eines operativen Eingriffs, meist einer Cataractoperation; in et- wa 20 Prozent handelt es sich um ein posttraumatisches Geschehen, in zirka acht Prozent entsteht das Krank- heitsbild fortgeleitet durch eine Keratitis. Die übrigen Endophthalmitiden haben eine endogene Genese.

eitsymptom ist der ziemlich plötzlich einsetzende Schmerz, der von einem Druckgefühl, einer Visus- reduktion und einer Photophobie begleitet wird.

Die Untersuchung zeigt in der Regel einseitige Lid- schwellung, Chemosis, Hornhautödem, Hypopyon, intra- okularen Druckanstieg und oft eine besonders gut im A- Bild des Ultraschalls nachweisbare Glaskörperinfiltrati- on. Allgemeinsymptome wie Fieber, Somnolenz, Übel- keit und Erbrechen können auf eine beginnende Septik- ämie und/oder eine Meningitis hinweisen. Prädisponie- rend ist ein reduzierter Immunstatus. Als lokale Risiko- faktoren müssen erhöhte Keimbesiedlungen angesehen werden, wie man sie bei Infektionen von Lidern, Tränen- wegen und Bindehaut findet. Eine besonders schlechte Prognose haben die Patienten, die sich ihre Augenverlet- zung bei landwirtschaftlicher Arbeit zugezogen haben, da es hier häufig zum Pilzbefall des Augeninneren kommt.

ykosen und Pseudomonas-Infektionen sind die typischen Ursachen für eine keratitisinduzierte Endophthalmitis. Risikopatienten sind die Trä- ger weicher Kontaktlinsen. Der Erregernachweis kann am sichersten per Kultur erfolgen und sollte sich auf Vi- trektomiematerial stützen, da Bindehautabstriche nur Zu- fallstreffer erbringen. Die Therapie besteht in Zykloplegie sowie lokaler und systemischer Prednisolongabe. Intravi- treal werden die Antibiotika Amikacin und Vancomycin appliziert, subkonjunktival Vancomycin, Ceftazidine und Dexamethason. Das Ziel der Vitrektomie als operative Therapie ist laut Prof. Anselm Kampik (München) neben der Materialgewinnung zur Diagnostik die weitgehende Ausräumung von Entzündungszellen, Erregern und Toxi- nen, worauf eine intraokulare Antibiotikaapplikation er- folgen kann. Dr. med. Dr. phil. Ronald D. Gerste

Entzündungen des Augeninneren

Meist Folge eines operativen Eingriffs

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L

M

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A-698 (6) Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 12, 21. März 1997 Als Reaktion auf den Bei-

trag erreichte uns eine große Zahl von Anfragen interes- sierter Ärzte. Erwartungs- gemäß konnten nicht alle ein- gehenden Anfragen berück- sichtigt werden. Ein Teil der Interessenten entsprach ent- weder nicht dem fachli- chen Anforderungsprofil oder aber lag über der Alters- grenze von 35 Jahren. Zum Teil konnten wir diese Ärzte aber auf Stellen hinweisen, die über CIM in anderen Ländern Afrikas wie Malawi, Uganda oder Mosambik zu besetzen sind. So besteht für interessierte Ärzte nach wie vor die Möglichkeit, sich für das Programm „Ärzte für Südafrika“ zu bewerben und in Südafrika zwei bis drei Jahre eine interessante, her- ausfordernde und lohnens- werte Aufgabe wahrzuneh- men.

Frank Gschwender, Centrum für internationale Migration und Entwicklung (CIM), Barckhausstraße 16, 60325 Frankfurt

Probleme nicht außer Landes schaffen

„Südafrika ruft Dr. Bruck- ner!“, so schoß es mir durch den Kopf, als ich den hochin- teressanten Bericht über die beruflichen „Chancen“ für deutsche Ärzte in diesem Land las. Das medizinische Telegenie, das mit seinem Allroundkönnen wöchentlich im RTL-Abendprogramm begeistert, wäre sicherlich mit seiner Einsatzfreude (alles geben), seinem Altruismus (über Bezahlen reden wir erst gar nicht), seinem medizini- schen Können in seinem noch jugendlichen Alter (drei Fachrichtungen, aber noch keine 35 Lenze) der ideale Mann für diese Tätigkeit.

Doch Spaß beiseite. Das, was in diesem Bericht be- schrieben wird, bedarf bei näherem Hinsehen einer ge- wissen hinterfragenden Kom- mentierung.

Dieser Bericht suggeriert, daß der bei steigenden Ar- beitslosenzahlen in einer nicht leichten Situation ste-

hende junge Arzt, wenn er denn nur wolle, Arbeit finden kann. Wenn nicht hier, dann im Ausland. Doch liest er weiter, wird er feststellen, daß er die geforderten An- forderungen bei derzeitigem Ausbildungsstandard wahr- scheinlich nicht erfüllen kann.

Was nicht zwingend an den Bedingungen im Ausland liegt, sondern vielmehr daran, daß hier im eigenen Land Hausaufgaben nicht erfüllt werden.

Die gängigen abdominal- und unfallchirurgischen Ein- griffe, die in diesem Fall in Südafrika benötigt werden, könnte der chirurgisch Aus- gerichtete sicherlich bis zum 35. Lebensjahr beherrschen.

Die zusätzlich geforderte Be- rufserfahrung in der Gynäko- logie, Kinderheilkunde und Inneren Medizin (Tropenme- dizin) auch noch zu erlangen kann als aussichtslos angese- hen werden. Und dabei ist die Art des Herangehens an eine solche Ausbildungskonstella- tion vollkommen gleichgül- tig, denn bewirbt man sich heute, ist letztendlich eine frühzeitige Ausrichtung hin zu einer Fachrichtung gefor- dert. Deutet der Bewerber in einer Bewerbung an, auch einmal über den Tellerrand einer gewählten Fachrichtung hinwegschauen zu wollen, hat er schlechte Karten, signali- siert er doch „mangelndes In- teresse und mangelnde Ein- satzfreude“ am/im Fach. Hat er mehrfach die Fachrichtung und/oder Klinik gewechselt, ist er „unstet und als wenig loyal“ einzuschätzen. Und schätzt der eine oder andere Chef doch einmal das Blicken über den Tellerrand, hatte dieser doch selber noch die Chance, es seinerzeit zu tun, dann wird der Bewerber ge- genüber der „Konkurrenz“

zu wenig operative Erfahrung gesammelt haben. Der Jung- mediziner gerät in eine Art Beziehungsfalle, und hier kann auch der Gang ins Aus- land nur noch bedingt retten, a) weil dort die Anforderun- gen auch steigen, siehe das Beispiel Südafrika, und b) weil die Rückkehr in die Hei-

mat wohl auch nicht unpro- blematisch sein dürfte (Be- werbungsschwierigkeiten, An- erkennung von Weiterbil- dungszeiten, Umzug, Famili- ensituation).

Hinzu kommt dann noch, daß der Artikel ebenfalls da- zu verleiten kann, denjeni- gen, die nicht gehen wollen, trotz drohender Arbeitslosig- keit, das Stigma von Trägheit zu verleihen. Dabei verblei- ben diese vielleicht wohlüber- legt. Angesichts der horren- den Überstundenzahlen in deutschen Kliniken kann man ja nicht von Arbeitsmangel, sondern nur von Fehlvertei- lung sprechen.

Ein Land, das für viele hundert Millionen Mark Me- diziner im Jahr ausbildet, muß sich über deren Verwen- dung auch im klaren sein.

Auch dieses ist ein Teil des betriebs- beziehungsweise volkswirtschaftlichen Den- kens in der Medizin. Der Ver- such, einen Teil der Probleme

„außer Landes zu schaffen“, kann und darf nicht gelten ge- lassen werden.

D. Wehrbein, Jakobistraße 60, 30163 Hannover

Mehr Repatriierung

Sicherlich ist es bei der derzeitigen Ausbildungsmi- sere in deutschen Kliniken für junge deutsche Ärzte in- teressant, im Ausland zu ar- beiten und entsprechende Facharztanerkennungen zu erwerben.

Für die medizinische Ver- sorgung der Bevölkerung ins- besondere in den Entwick- lungsländern wäre es jedoch wesentlich vorteilhafter, von Mitgliedern ihrer eigenen Volksgemeinschaft ärztlich betreut zu werden.

Hunderte von schwarz- afrikanischen Ärzten sind in der Bundesrepublik als ange- stellte oder niedergelassene Ärzte tätig. Hier für geeigne- te Anreize zur Repatriierung zu sorgen wäre sicherlich sinnvoller als deutsche, mit den örtlichen Modalitäten insbesondere der Bevölke- rungsmentalität nicht ver-

traute, Kollegen einzuset- zen . . .

Dr. med. Oswald Scheibe, Friedrich-Engels-Allee 282, 42285 Wuppertal

Medizinethik

Zu den Beiträgen „Keine Diagnose ,häppchenweise‘“ von Dr. med. Chri- stian Hick, M. A., und „Integration des Patienten in die medizinethische Diskussion“ von Dr. med. Christian Hick, M. A., et al. in Heft 4/1997:

Letzte Instanz:

Mein Gewissen

. . . Ein Patient, den ich patientengerecht über seine infauste Prognose aufkläre, will auf diese Fragenjetzteine Antwort, denn es ist höchste Zeit dafür. Der Bericht er- weckt geradezu den Ein- druck, als gehörten solche Fragen zur Krankheit und die

„Selbstvergessenheit“ (näm- lich solche Fragen gar nicht zu stellen) zur Gesundheit.

Könnte es nicht sein, daß die Diagnose weniger die Selbst- vergessenheit „stört“, als die existentielle Dimension der Frage nach dem Sinn des Le- bens zum Durchbruch bringt?

Die Einbeziehung von Pa- tienten in die Diskussion me- dizinethischer Fragen ist ge- wiß zu begrüßen. Ob aller- dings, wie Kollege Hick et al.

im Folgebeitrag plädieren, die Diskursethik und die ihr zugrundeliegende Konsens- theorie die richtigen Mittel sind, möchten wir bezweifeln.

Die Diskursethik verteilt die Verantwortung des einzelnen auf alle, bekanntlich mit der Folge, daß niemand sie über- nimmt. Es steht zu befürch- ten, daß im Angesicht des To- des der Patient das durch- schaut. Es ist schwerlich ein Kriterium „moralisch richti- ger“ Entscheidung, daß alle von ihr Betroffenen in freiem und echtem Austausch (Dis- kurs) dieser zustimmen kön- nen. In jeder ethisch richti- gen Handlung muß es mir primär darum gehen, dem Partner zu seiner Sinnerfül- lung zu verhelfen. Sie muß nicht notwendigerweise dem

S P E K T R U M LESERBRIEFE

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entsprechen, was der Partner selbst dafür hält. Es kann auch verlangt sein, daß ich dem widerspreche und zuwi- derhandle. Suizidgefährdete werde ich hindern, ihrem Sui- zidwunsch nachzukommen, weil sie dadurch ihrer eigenen Sinnerfüllung zuwiderhan- deln. Dies ist glücklicherwei- se tägliche medizinische Pra- xis. Das letzte Urteil über die ethische Qualität meines Handelns sprechen nicht Dis- kurspartner, sondern mein Gewissen.

Dr. med. Hans Thomas, Ra- fael Hüntelmann, Fried- rich-Schmidt-Straße 20 a, 50935 Köln

Gesundheitspolitik

Zu dem Beitrag „Das Dilemma der Prioritätensetzung“ von Dr. Harald Clade in Heft 3/1997:

Neuordnung zum GSG gescheitert

Eine exzellente Darstel- lung, was alles bei der Kran- kenbehandlung versteckt oder offen kostensenkend oder -steigernd wirken könn- te und im schnellen Wandel des medizinischen Fort- schritts heute der Einklas- sen-, tags darauf Zweiklas- senmedizin förderlich wäre.

Der Patient wäre längst tot, würde er den Entscheid eines

Obersten Gerichts, besetzt vielleicht noch mit ebenso (Arzt-)praxisfernen Spitzen aus KVen und Kassen oder Verbraucherverbänden, ab- warten müssen. Die Autoren dürfen getrost darauf vertrau- en, daß beim Umstieg von zum Beispiel der Röntgen- röhre auf die MR-Tomogra- phie weder der Patient noch der Erfinder derselben zu Schaden käme, bestenfalls der Arzt bekäme den Deckel auf den Kopf, der für seinen Honorartopf bestimmt war.

Es wäre aber denkbar, daß der mündige Patient in gesun- den Zeiten die Tomographie selbst zahlte oder sich mit Herrn Röntgens Erfindung begnügte, in Zeiten aber, wo er sich selbst nicht mehr hel- fen könnte, ihm die Solidar- gemeinschaft unter die Arme griffe. So könnte der Berufe- ne sich frei entscheiden, sein Honorar (das ist etwas ande- res als die von den Autoren sanktionierte Pauschale) in innovative, zukunftsorien- tierte Technologien zu inve- stieren, und bräuchte deswe- gen weder Herz noch Ver- stand am Sprechzimmerein- gang an den Haken zu hän- gen. Dann müßten sich nicht einmal mehr andere statt sei- ner über medizinische Prio- ritäten den Kopf zerbrechen.

Dr. med. Reinhard Prell, Buchhornstraße 1, 38820 Halberstadt

Cannabis

Zu dem Leserbrief „Auf Rolle als Fachleute besinnen“ von Jan Großer in Heft 5/1997:

Nicht standardisiert

Als Fachleute im Ver- gleich Alkohol versus Canna- bis hätten wir erstmal zu prä- zisieren, daß ein Vergleich ei- ner Einzelsubstanz (Alkohol) mit einer Naturdroge (Mari- huana, Haschisch) nicht an- geht. Die „Droge Alkohol“

ist exakt dosierbar, die Halb- wertszeit steht fest, die Wir- kung kann man bei üblicher Dosierung steuern (Abbau von 10 g pro Stunde), die Al-

koholmenge ist beim einzel- nen Genußmittel exakt zu do- sieren (Etikett zeigt Volu- menprozente an, Umrech- nungsfaktor Volumen-Pro- zent zu Gewicht beträgt 0,79) usw. Die einzelnen Ge- brauchsformen sind in der subjektiven Annahme sehr unterschiedlich (Aromastof- fe, Konzentration, Klima).

Cannabis ist hingegen bis heute nicht standardisiert, die einzelnen Schwarzhandels- produkte enthalten sehr un- terschiedliche Alkaloidmen- gen, die Wirkung der nichtal- kaloiden Bestandteile ist kaum durchforscht, das Alka- loid selbst wird nicht verstoff- wechselt (wie der Alkohol),

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sondern ausgeschieden (kein Eingang in den menschlichen Energiestoffwechsel). Der Vergleich mit Heroin hinkt, man müßte etwa mit Opium- rauchen vergleichen, wofür es allerdings gewisse Siche- rungsrituale gibt. Bevor die Vorbedingungen erfüllt sind, ist eine Diskussion überhaupt nicht einleitbar. Schließlich ist auch bei Herstellung von Kalbsleberwurst einiges zu beachten; hier ist die Menge der Kalbsleber und des Fettes vorgeschrieben, das Kalb darf nicht aus BSE-Ländern oder suspekten Beständen kom- men usw. Wie schlecht einem nach übermäßigem Genuß werden soll, ist dann dem ein- zelnen überlassen.

Dr. F. W. Degenring, Goethe- straße 3, 69502 Hemsbach

Steuererhöhung

Zu dem Kommentar „Entlastung statt Rationierung“ von Prof. Dr. med. Fritz Beske in Heft 7/1997:

Sorgfältig prüfen

Prof. Beske hat Recht mit seiner Forderung nach einer Entlastung unseres Sozialver- sicherungssystems und auch der gesetzlichen Kranken- kassen von Fremdleistungen.

Bei der Frage der Gegenfi- nanzierung dürfte die Überle- gung, über eine Erhöhung von Tabak- und Alkoholsteu- er Menschen zum Verzicht und damit gesundheitsbe- wußterem Verhalten anzulei- ten, aller Erfahrung nach nicht zu dem gewünschten Erfolg führen. Die letzte Er- höhung der Tabaksteuer 1992 hat weder Mehreinnahmen

noch einen Rückgang des Verbrauchs gebracht. Die Er- klärung ist ganz einfach. Der Steueranteil von Tabak- und Mehrwertsteuer ist bereits heute mit fast 70 Prozent der- art hoch, daß bei weiteren Er- höhungen Raucher nicht et- wa aufhören, was gesund- heitspolitisch sinnvoll sein mag, aber auch ein Weniger an Steuereinnahmen zur Fol- ge hätte, sondern ihr Verhal- ten modifizieren. Sie haben dabei zwei Optionen. Sie wei- chen auf billigere Produkte aus wie selbstgedrehte Ziga- retten, oder sie kaufen ver- stärkt Schmuggelware. Bei- des ist 1992 passiert.

Steuererhöhungen als In- strument der Gesundheitspo- litik sind daher nicht nur aus steuersystematischer Sicht wenig hilfreich, sondern brin- gen auch keine gesundheits- politisch positiven Ergebnis- se. Auch hierfür gibt es eine Erklärung. Nach einer EG- Umfrage haben nur neun Prozent der deutschen Rau- cher erklärt, daß sie eigent- lich mit dem Rauchen auf- hören wollen, der Rest will weiterrauchen oder ein wenig reduzieren. Mit simplen legis- lativen Maßnahmen sind grundsätzliche Veränderun- gen nicht zu erreichen . . .

So formulierte F. W.

Schwartz, Sozialmediziner und Mitglied im Sachverstän- digenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswe- sen: „Die Raucher sterben so viel früher, daß sie den Kassen wieder jene Kosten ersparen, die sie zuvor für die Behand- lung von Gefäßverschlüssen, Infarkten, Krebs und Bron- chitis gekostet haben.“

. . . Der Wirtschaftsstati- stiker Prof. W. Krämer hat er- rechnet, daß eine völlige Auf- gabe des Rauchens unser So- zialsystem mit jährlichen Mehrkosten von rund 40 Mil- liarden DM belasten würde.

Man sollte also bei der Dis- kussion um die Entlastung des Sozialversicherungssy- stems sorgfältig prüfen, mit welchen Steuermaßnahmen man gegenfinanzieren kann.

Dr. Heinrich Placke, Severi- nusstraße 39 b, 50354 Hürth

Absenderangabe

Der Redaktion gehen immer wieder Briefe mit unvollständiger Absen- derangabe zu. Deshalb unsere Bitte: Vermerken Sie neben Ihrem Namen auch Ihre vollständige Adresse auf dem Briefbo- gen oder der e-mail. DÄ

Neueingänge

MEDIZIN/WISSENSCHAFT Wolfgang Jilg: Schutzimp- fungen. Kompendium zum aktiven und passiven Impf- schutz, Ecomed Verlag, Landsberg/Lech, 1996, 160 Seiten, Paperback, 28 DM

Karlheinz Schmidt (Hrsg.):

Aktuelle Probleme der medi- zinischen Prävention. Ecomed Verlag, Landsberg/Lech, 1996, 140 Seiten, Paperback, 38 DM Martin Vogt: Angina pec- toris und Myokardischämie bei Patienten mit arterieller Hypertonie und normalem Koronarangiogramm. Me- chanismen und therapeuti- sche Beeinflußbarkeit, WVB, Bamberg, 1996, 176 Seiten, kartoniert, 48 DM

Hans-Günter Weeß: Lei- stungserfassung beim Ob- struktiven Schlaf-Apnoe-Syn- drom. Aufmerksamkeitsbe- zogene Einschränkungen und deren Reversibilität, Biologi- sche Rhythmen & Schlaf, Band 8, Roderer Verlag, Re- gensburg, 1996, 328 Seiten, kartoniert, 39,80 DM

NACHSCHLAGEWERKE Kuratorium Deutsche Al- tershilfe (Hrsg.): Rund ums Alter. Alles Wissenswerte von A bis Z, Verlag C. H. Beck, München, 1996, 349 Seiten, 31

Abbildungen, 34 Tabellen, broschiert, 29,80 DM

Peter Schiwy: Arzneimit- telgesetz. Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln sowie Sammlung des gesam- ten Arzneimittel- und Apo- thekenrechts des Bundes und der Länder, Kommentar, 146.

Ergänzungslieferung, Stand:

1. Juli 1996, Verlag R. S.

Schulz, Starnberg, 1996, Lo- seblattausgabe, 98 DM

Hans-Jürgen Dörner:

Schwerbehindertengesetz (SchwbG). Gesetz zur Siche- rung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft, Kom- mentar mit Europäischem Recht, 93. Ergänzungsliefe- rung, Stand: 1. Oktober 1996, Verlag R. S. Schulz, Starn- berg, 1996, 278 Seiten, Lose- blattausgabe, 119 DM

RATGEBER

Werner Maschewsky:

Handbuch Chemikalienun- verträglichkeit (MCS). medi Verlagsgesellschaft für Wis- senschaft und Medizin, Ham- burg, 1996, 271 Seiten, karto- niert, 34 DM

Fritz Reheis: Die Kreati- vität der Langsamkeit. Neuer Wohlstand durch Entschleu- nigung, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 1996, XIV, 258 Seiten, karto- niert, 29,90 DM

„37 º – Begegnungen mit dem Tod“, so der Titel eines Filmbeitrages von Thomas Riedelsheimer im Zweiten Deutschen Fernehen (ZDF) am 25. März, ab 22.15 Uhr.

Dieser eher poetische Dokumentarfilm beschreibt drei Menschen, die dem Tod auf unterschiedliche Art begegnet sind und die diese Erfahrungen in ihren persönlichen Le- bensentwurf integriert haben. In dem ersten Fall wird ein Anatom, Präparator, Erfinder und Wissenschaftler vorge- stellt, der an nichts glaubt, was nicht mit wissenschaftlicher Methode intensiv untersucht und bewiesen werden kann; er hält allerdings auch nichts für unmöglich. Im zweiten Fall wird eine surrealistische Malerin vorgestellt. Sie glaubt nichts von dem, was ihr die Sinne vermitteln, was greifbar oder sichtbar ist. Sie lebt ganz in der Vision ihres bewegli- chen und kreativen Geistes und verläßt sich dabei auf In- stinkt, Gefühl und Sinnlichkeit. Im dritten Fall wird eine aktiv tätige Sterbebegleiterin präsentiert, die Menschen be- treut, die an AIDS erkrankt sind. Das Schlüsselerlebnis war

die Erkrankung eines Freundes. EB

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