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Archiv "Der Kollege aus dem Glottertal" (01.08.1986)

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Friedhelm von Estorff

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

DIE GLOSSE

S

eit Anfang Juli bis Ende August wird im Glottertal wieder ge- dreht. Den Pilgerfahrern zur Schwarzwaldklinik kann das Pro- duktionsteam nur noch mit Geheim- haltung und Absperrungen begeg- nen. Die Serie wird auf fast fünfzig neue Folgen verlängert. ZDF-Pro- grammdirektor Alois Schardt ver- spricht, wir werden in den nächsten Episoden unsere „gewohnte Schwarzwaldklinik wiedersehen:

glaubwürdige sympathische Haupt- personen mit ihren dienstlichen und privaten Handlungen in Geschich- ten, die die Fülle der Lebensrealität aufgreifen". Endlich bekommen wir unser beliebtes modernes TV-Mär- chen wieder! „Kitsch und Sentimen- talität, falsche Innerlichkeit und ein sich gegen alles Neue verzweifelt anstemmender Konservatismus", so die intellektuelle Presse. Die Nation ist in Gefahr. Schuld sind wieder mal die Ärzte!

Da soll es doch tatsächlich vorge- kommen sein, daß ein unwissender Patient so einem waschechten (kei- nem aus der Seifen-Oper) bundes- deutschen Einheits-Professor, Ge- haltsstufe C 4, vormals „ordentlich"

genannt, aus einer dieser heute so verbreiteten unpersönlichen Groß- kliniken ein Kompliment hat machen wollen mit dem Dank: „Also hier war es ja wie in der Schwarzwaldklinik", und der soll, so wird berichtet, sich doch glatt geschmeichelt gefühlt ha- ben. Bäh! Pfui! Hatten die Schwe- stern den etwa zu freundlich behan- delt oder der Professor ihn als ge- heilt entlassen? Dann doch lieber gleich die Sterbehilfe von Julius, aus dem Hackethal, über die Mattschei- be. Der hat uns ja sowieso schon mal wieder rechtzeitig vorher ge- warnt: „Diese Serie ist gefährlich."

Die standeswidrigen Nachreden auf den Kollegen Brinkmann häufen sich. Nicht mal Dr. med. Hans Halter im „Spiegel" hielt Brinkmann die Stange, wie das doch sonst so unter Kollegen üblich ist. Mögt Ihr den Herrn Professor Brinkmann nicht?

Vertritt er euch die deutsche Ärzte- schaft nicht würdig genug? Seit Dr.

Holl hat doch keiner so viel Positiv- werbung für das Image der Ärzte ge- macht wie unser Professor Brink- mann.

Sogar nach USA wird deutsche Me- dizin nun exportiert: 52 Folgen hat Bruce Gordon, Direktor von Para- mount, auf der MIP, der internatio-

Der Kollege aus dem

Glottertal

nalen Fernsehmesse in Cannes, ein- gekauft. Endlich bekommt die Neue Welt mal wieder das Know-how der deutschen Medizin (Entschuldi- gung: deutschen Medizin-Unterhal- tung) zu sehen. Auch Südafrika und Polen können in Zukunft an der Schwarzwaldklinik genesen.

In der ersten Folge wird unser Pro- fessor allerdings erstmal zu seinem Freund, dem Herzspezialisten, über den großen Teich nach San Francis- co fliegen, um sich eine genaue Herzdiagnose stellen zu lassen. Gro- ßer Jammer, wissen die beim ZDF denn immer noch nicht, daß wir das mit dem Herzen in Deutschland nun mindestens genauso gut können! Na ja, vielleicht schaut Alexis dem- nächst mal im Glottertal vorbei.

Gerade genesen vom Herzinfarkt muß sich unser Professor in der zweiten Folge auch noch einen ärzt- lichen „Kunstfehler" vorwerfen las- sen. Aber das ist es, was allen an ihm so gut gefällt. Brinkmann ist eben ehrlich. Er gesteht seine Schuld ohne Zögern ein — auch mo- derne Professoren können irren — und korrigiert den fehlerhaften Ein- griff. Überhaupt, er setzt sich immer für Qualität ein. Will doch der spießi- ge Verwaltungsrat glatt einen duften

Junganästhesisten ablehnen, nur weil der eigenmächtig einem Phar- maskandal in der psychiatrischen Landesanstalt auf die Spur gekom- men ist und für Schlagzeilen gesorgt hat. Aber Brinkmann hält seinen Kopf für den Querulanten hin.

Kein Wunder, daß die Medizinstu- denten den Professor unterstützen.

Über tausend zogen ins Glottertal, um vor der Schwarzwaldklinik ge- gen die Änderung der Ausbildungs- ordnung zu demonstrieren. Keine verantwortungsvollen Persönlich- keiten mit fachlicher Qualifikation, sondern eine Herde von grauen Mäusen in weißen Kitteln werde her- angezogen. Die Realität der Ausbil- dung widerspreche dem harmoni- sierenden Bild der Fernsehserie, meinte ein Sprecher. Na, wenigstens die sind für Professor Brinkmann.

Auch der TV-Zuschauer hilft ihm, wo er kann. Da wollte doch der SPD- Bundestagsabgeordnete Kurt Vo- gelsang die Serie in die späten Abendstunden verlegen, weil die Schwarzwaldklinik Volksverdum- mung und eine Beleidigung für den Zuschauer sei. Dieser Besserwisser vom Bildungsausschuß! Der hatte aber nicht mit der Brinkmann-Lobby gerechnet. Nach der mißlungenen Aktion war er wohl reif für die Schwarzwaldklinik.

Da reagierten die Berliner mit viel mehr Herz. Auf ihren Vorschlag hin wurde der Produzent der Serie Wolf- gang Rademann mit dem Bundesver- dienstkreuz für besondere Verdien- ste um Volk und Staat ausgezeich- net. Ach ja, die Berliner. Die wa- ren ja schon immer etwas sentimen- tal. Dr. med. Cornelia Herberhold Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 31/32 vom 1. August 1986 (63) 2179

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