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Archiv "Therapie des nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms: Eine interdisziplinäre Herausforderung" (18.02.2000)

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eltweit gibt es jährlich zirka 1,3 Millionen Neuerkran- kungen mit steigender Ten- denz bei Frauen und jüngeren Patien- ten. Jährlich sterben in Deutschland über 45 000 Personen an den Folgen eines Bronchialkarzinoms. Auch in Deutschland ist das Bronchialkarzi- nom bei den Männern der am häufig- sten zum Tode führende maligne Tu- mor. Statistisch erkrankt jeder 20.

Mann an einem Bronchialkarzinom.

Bei den Frauen steht in Deutschland das Bronchialkarzinom noch hinter dem Mammakarzinom und dem Ko- lonkarzinom in der Statistik der durch Malignome bedingten Todesursachen.

Aufgrund der zunehmenden Erkran- kungshäufigkeit ist jedoch damit zu rechnen, dass in den kommenden Jah- ren – wie heute schon in den USA – auch in Deutschland das Bronchialkar- zinom die häufigste malignombedingte Todesursache bei Frauen sein wird.

Die Prognose der Patienten mit einem Bronchialkarzinom ist insge- samt schlecht. Die Fünf-Jahres-Über- lebensrate liegt zwischen acht und 13 Prozent. Typische Frühsymptome exi- stieren nicht.

Histopathologisch unterscheidet man das nichtkleinzellige (zirka 75 bis 80 Prozent) von dem kleinzelligen (zirka 20 bis 25 Prozent) Bronchial- karzinom (SCLC). Zu dem nichtklein- zelligen Bronchialkarzinom (NSCLC) werden das Plattenepithelkarzinom, das Adenokarzinom und das großzel- lige Karzinom gerechnet. Der histopa- thologischen Unterscheidung in nicht- kleinzelliges und kleinzelliges Bron- chialkarzinom kommt für die weitere Diagnostik, Therapie und Prognose eine entscheidende Rolle zu.

Das nichtkleinzellige ist im Ver- gleich zum kleinzelligen Bronchialkar- zinom durch eine langsamere Prolife- rationsrate, eine niedrigere Tumorver- dopplungszeit, eine spätere Metasta- sierungstendenz und eine mäßigere Chemosensibilität gekennzeichnet.

Neben dem histopathologischen Typ ist die Ausbreitung des Tumors, das Stadium, der wichtigste prognosti- sche Parameter.

Stadieneinteilung

Die Stadieneinteilung des nicht- kleinzelligen Bronchialkarzinoms er- folgt nach der TNM-Klassifikation.

Für das NSCLC ist zur Zeit die fünfte Auflage der TNM-Klassifika- tion von 1997 (106) gültig (Textka- sten).

Bezüglich der Einstufung von intrapulmonalen Tumorherden, die getrennt vom Primärtumor liegen und die gleiche Histologie haben, er- gibt sich in der jetzigen fünften Auf- lage eine Veränderung im Vergleich zur vierten Auflage von 1993. Liegen die Tumorherde im gleichen Lun- genlappen wie der Primärtumor, er- folgt die Klassifikation als T4. Be- finden sich die Tumorherde hinge- gen in einem anderen Lappen als der Primärtumor, wird M1 klassifiziert.

Die Stadien I und II werden in der fünften Auflage (106) (Tabelle 1) jeweils neu unterteilt in die Stadien IA (T1N0M0) und IB (T2N0M0) be- ziehungsweise IIA (T1N1M0) und IIB (T2N1M0). Ein T3-Tumor, bei dem keine regionären Lymphkno- ten- oder Fernmetastasen vorliegen,

Therapie

des nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms

Eine interdisziplinäre Herausforderung Eckart Laack

Dieter Kurt Hossfeld

Die Therapie von Patienten mit nichtkleinzelligem Bron- chialkarzinom (NSCLC) stellt eine besondere interdiszi- plinäre Herausforderung dar, da zum Zeitpunkt der Dia- gnosestellung bei zwei Dritteln der Patienten schon ein lokal fortgeschrittenes oder fernmetastasiertes Stadium vorliegt. Nur durch das Zusammenwirken von Thorax- chirurgen, Strahlentherapeuten, Pneumologen und in- ternistischen Onkologen lässt sich für die Patienten das

therapeutische Optimum erreichen.

Multimodale Therapiekonzepte im

lokal fortgeschrittenen Tumorstadium sowie neue wirksa- me und gut verträgliche Zytostatika im fernmetastasierten Tumorstadium haben zu therapeutischen Fortschritten ge- führt.

Schlüsselwörter: Nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom, Ope- ration, Strahlentherapie, Chemotherapie, Therapiestrategie

ZUSAMMENFASSUNG

Therapy of Non-Small Cell Lung Cancer:

An Interdisciplinary Challenge

In particular, treatment of patients with non-small cell lung cancer (NSCLC) requires an interdisciplinary approach in oncology, as more than two thirds of patients have locally ad- vanced or metastatic disease at time of diagnosis. Only an in- terdisciplinary treatment including surgery, radiotherapy,

pulmonology and medical oncology can provide the therapeutic optimum for the patients. In lo-

cally advanced NSCLC multimodal therapy and in metastat- ic disease new effective and well tolerated cytotoxic agents have both led to an improvement of treatment.

Key words: Non-small cell lung cancer, surgery, radiothera- py, chemotherapy, treatment strategy

SUMMARY

W

Abteilung für Onkologie und Hämatologie (Direktor: Prof. Dr. med. Dieter Kurt Hossfeld) der Medizinischen Klinik des Universitäts- Krankenhauses Eppendorf, Hamburg

(2)

wird nicht mehr dem Stadium IIIA, sondern aufgrund der ähnlichen Pro- gnose dem Stadium IIB zugerechnet.

Bei Diagnosestellung liegt bei etwa 23 Prozent der Patienten ein lo- kal begrenztes Tumorstadium I und II, bei 44 Prozent ein lokal fortge- schrittenes Stadium IIIA/B und bei 33 Prozent der Patienten ein fernme- tastasiertes Stadium (IV) vor (13).

Prognose in Abhängigkeit vom Tumorstadium

Bei Patienten mit einem Tumor- stadium I beträgt die Fünf-Jahres- Überlebensrate nach kompletter Resektion 50 bis 75 Prozent, im Sta- dium II beträgt sie lediglich nur noch 30 bis 50 Prozent. Im Tumorstadium IIIA sind Patienten mit einem T3N1- Status von denen mit einem N2- Lymphknotenstatus prognostisch zu unterscheiden. Liegt die Fünf-Jah- res-Überlebensrate beim T3N1-Sta- tus noch zwischen 30 und 40 Prozent, so ist die Prognose beim N2-Lymph- knotenstatus schlechter.

Hier beläuft sich das Fünf-Jah- res-Überleben nach Resektion und adjuvanter Strahlentherapie für das Gesamtkollektiv aller Patienten mit einem N2-Lymphknotenstatus auf 10 bis 15 Prozent, wobei die Prognose mit der Ausdehnung und der Loka- lisation des N2-Lymphknotenbefalls variiert. Bei Befall nur einer N2- Lymphknotenstation kann die Fünf- Jahres-Überlebensrate über 20 Pro- zent liegen, während diese bei meh- reren positiven N2-Lymphknoten- stationen häufig unter zehn Prozent sinkt. Tumoröse Lymphknoten in der Hauptbifurkation und paraöso- phageal sind prognostisch eher un- günstig (102).

Für das Stadium IIIB liegt das Fünf-Jahres-Überleben bei durch- schnittlich fünf Prozent der Patien- ten nach alleiniger Strahlenthera- pie, wobei auch hier der N3-Lymph- knotenstatus prognostisch ungünsti- ger ist als die T4-Tumoren. Eine Ausnahme machen hier die malig- nen Pleuraergüsse, die eine ähnlich schlechte Prognose wie das fernme- tastasierte Stadium bedingen: Die Fünf-Jahres-Überlebensrate ist klei- ner als zwei Prozent (12).

TNM-Klassifikation des NSCLC

TX Primärtumor kann nicht beurteilt werden, oder Nachweis von malignen Zellen im Sputum oder bei Bronchialspülungen, jedoch Tumor weder radiologisch noch bronchoskopisch sichtbar.

T0 Kein Anhalt für Primärtumor.

Tis Carcinoma in situ.

T1 Tumor 3 cm oder weniger in größter Ausdehnung, umgeben von Lungengewebe oder viszeraler Pleura, kein bronchoskopischer Nachweis einer Infiltration proximal eines Lappenbronchus (Hauptbronchus frei).

T2 Tumor mit wenigstens einem der folgenden Kennzeichen hinsichtlich Größe oder Ausbreitung:

❃Tumor mehr als 3 cm in größter Ausdehnung

❃Tumor befällt Hauptbronchus, 2 cm oder weiter distal der Hauptcarina

❃Tumor infiltriert viszerale Pleura

❃assoziierte Atelektase oder obstruktive Entzündung bis zum Hilus, aber nicht der ganzen Lunge.

T3 Tumor jeder Größe mit direkter Infiltration einer der folgenden Strukturen:

❃Brustwand (einschließlich der Sulcus-superior-Tumoren)

❃Zwerchfell

❃mediastinale Pleura

❃parietales Perikard oder Tumor im Hauptbronchus weniger als 2 cm distal der Hauptcarina, aber Hauptcarina selbst nicht befallen, oder Tumor mit Atelektase oder obstruktiver Entzündung der ganzen Lunge.

T4 Tumor jeder Größe mit Infiltration wenigstens einer der folgenden Strukturen:

❃ Mediastinum

❃Herz

❃große Gefäße

❃Trachea

❃Ösophagus

❃Wirbelkörper

❃Hauptcarina oder vom Primärtumor getrennte Tumorherde im gleichen Lungenlappen, oder Tumor mit malignem Pleuraerguss.

NX Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden.

N0 Keine regionären Lymphknotenmetastasen.

N1 Metastasen in ipsilateralen peribronchialen und/oder in ipsilateralen Hiluslymphknoten (einschließlich einer direkten Ausbreitung des Primärtumors).

N2 Metastasen in ipsilateralen mediastinalen und/oder subcarinalen Lymphknoten.

N3 Metastasen in kontralateralen mediastinalen, kontralateralen Hilus-, ipsi- oder kontralateralen Skalenus- oder supraklavikulären Lymphknoten.

MX Fernmetastasen können nicht beurteilt werden.

M0 Keine Fernmetastasen.

M1 Fernmetastasen, einschließlich vom Primärtumor getrennte Tumorherde in einem anderen Lungenlappen (ipsilateral oder kontralateral).

(Quelle: 5th edition of the TNM classification of lung cancer, 1997)

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Therapeutische Optionen

Operation

Die Operation stellt die effektiv- ste Therapieform dar, um eine Kurati- on zu erreichen. Sie ist die Stan- dardtherapie für das lokal begrenzte Tumorstadium (I/II) sowie für T3N1- Tumoren. Bei einem präoperativ be- kannten N2-Lymphknotenstatus er- folgt die Entscheidung zur primären Operation individuell in Abhängig- keit von der Ausdehnung des ipsilate- ralen mediastinalen Lymphknotenbe- falls, der Lungenfunktion und des All- gemeinzustandes des Patienten. Bei der Operation müssen der Tumor und die ihn drainierenden intrapulmona- len, hilären und mediastinalen Lymph- knotenstationen komplett reseziert werden. Die Entfernung des Primär- tumors ist meistens mit einer Lobek- tomie, Bilobektomie oder einer Pneu- monektomie möglich. Für Patienten mit höherem Alter und/oder mit ein- geschränkter Lungenfunktion werden parenchymsparende Verfahren, wie zum Beispiel die Manschettenresekti- on eingesetzt. Seltener werden Bifur- kationsresektionen durchgeführt, die sehr erfahrenen thoraxchirurgischen Zentren vorbehalten bleiben sollten.

Wird bei einem peripheren Bronchial- karzinom die Operation nur auf eine parenchymsparende Klemmenresek- tion beschränkt, so geht diese mit ei- ner höheren Lokalrezidivrate einher als bei einer Lobektomie (15 versus 5 Prozent) (50).

Bei der Operation sollte eine En- bloc-Resektion angestrebt werden, um eine Verschleppung von Tumorzellen zu vermeiden. Obligat ist die intraope- rative Schnellschnittdiagnostik mit der Beurteilung der Absetzungsränder von Bronchus, Gefäßen und Nachbar- strukturen, um gegebenenfalls eine Nachresektion noch während der Ope- ration zu ermöglichen.

In der Literatur wird die Quote der R0-Resektionen (R0 = kein Resi-

dualtumor vorhanden) mit zirka 80 Prozent angegeben (80, 103). In 20 Prozent bleibt hingegen noch ein Tu- morrest mikroskopisch (R1) oder ma- kroskopisch (R2) nachweisbar.

Dem Chirurgen kommt die be- sondere Stellung zu, durch sein Re- sektionsverfahren eine genaue und verlässliche pTNM-Klassifikation zu schaffen. Neben der radikalen Resek- tion des Primärtumors kommt dem Ausmaß der mediastinalen Lymph- Tabelle 1

Stadieneinteilung des NSCLC

Stadium Primärtumorstatus Lymphknotenstatus Metastasierungsstatus

Okkult TX N0 M0

Stadium 0 Tis N0 M0

Stadium I A T1 N0 M0

B T2 N0 M0

Stadium II A T1 N1 M0

B T2 N1 M0

T3 N0 M0

Stadium IIIA T1 N2 M0

T2 N2 M0

T3 N1 M0

T3 N2 M0

B jedes T N3 M0

T4 jedes N M0

Stadium IV jedes T jedes N M1

Definitionen siehe Textkasten TNM-Klassifikation

Quelle: 5th edition of the TNM classification of lung cancer, 1997 (106)

Tabelle 2

Randomisierte Phase-III-Studien zur präoperativen Induktionschemotherapie (CT –> OP) versus alleiniger Operation (OP) im Stadium IIIA (N2-Lymphknotenstatus)

Autor Studiendesign n Chemotherapie Radiotherapie Medianes Überleben 2-J- 5-J- p

(Gy) (Monate) ÜLR % ÜLR %

Pass, 2xCT–> OP–> 4xCT 13 Cisplatin/Etoposid 28,7 46 n.a.

1992 (85) vs OP–> RT 14 50 15,6 21 n.a. n.s.

Rosell, 3xCT–> OP–> RT 30 Cisplatin/Ifosfamid/ 50 26 25 13

1994 (95) Mitomycin C

vs OP–> RT 30 50 8 8 0 < 0,001

Roth, 3xCT–> OP–> RT 28 Cisplatin/Etoposid/ 66 64 60 40

1994 (96) Cyclophosphamid

vs OP–> RT 32 66 11 25 18 < 0,05

n.a., nicht angegeben; n.s., nicht signifikant; J-ÜLR, Jahres-Überlebensrate; RT, Strahlentherapie

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knotendissektion die entscheidende Rolle zu. Obwohl immer wieder die Notwendigkeit und der Umfang einer mediastinalen Lymphknotendissekti- on kontrovers diskutiert werden (103), gilt in Deutschland nach wie vor die systematische und radikale Lymphknotendissektion des Media- stinums als Standardtherapie, von der grundsätzlich nicht abgewichen wer- den sollte. Aufgrund der Möglichkeit des Auftretens von lymphatischen Skip-Metastasen, das heißt bei der Lymphknotenmetastasierung werden Lymphknotenstationen übersprun- gen, darf auf die dezidierte Lymph- knotendissektion des Mediastinums auch bei tumorfreien intrapulmona- len und hilären Lymphknoten nicht verzichtet werden (58, 73).

Somit stellt die mediastinale Lymphknotendissektion in der Dia- gnostik des tatsächlichen Tumorstadi- ums und der sich daraus ableitenden unterschiedlichen weiteren Therapie- strategien für die realistische Ein- schätzung der individuellen Prognose und, nicht zu vergessen für die Beur- teilbarkeit und die Vergleichbarkeit von Studienergebnissen, einen der entscheidensten Faktoren dar, insbe- sondere wenn man berücksichtigt, dass in einigen Patientenkollektiven das präoperative mit dem postoperati- ven Tumorstadium in nur etwa 50 Pro- zent der Fälle übereinstimmte (12).

Die häufigste Thorakotomieform stellt die posterolaterale Thorakoto- mie bei Seitenlagerung des Patienten dar. Vorteile sind einerseits gute Ex- plorationsvoraussetzungen für das vordere und hintere Mediastinum so- wie andererseits die Erweiterungs- möglichkeit der Operation in sämtli- che Richtungen (40, 79).

Bei der Resektion pulmonaler Metastasen spielt die mediane Sterno- tomie eine wichtige Rolle. Für die operative Therapie des Bronchialkar- zinoms ist sie primär nicht zu empfeh- len. Die radikale und systematische Lymphknotendissektion im Mediasti- num, insbesondere der dorsal lokali- sierten Lymphknotenstationen, pa- raösophageal, im aortopulmonalen Fenster und im Bereich des Ligamen- tum pulmonale ist bei medianer Ster- notomie schwierig. Dasselbe gilt für Operationen am linken Lungenunter- lappen.

In der palliativen Therapiesitua- tion wird die Operation nur selten eingesetzt. Indikationen für eine ope- rative Vorgehensweise können zum Beispiel die operative Stabilisierung von frakturgefährdeten Knochenme- tastasen, die Exstirpation einer so- litären Hirnmetastase, Tumorblutun- gen oder poststenotische Pneumoni- en sein.

Strahlentherapie

Bei den Tumorstadien I und II wird die Strahlentherapie bei Inope- rabilität (zum Beispiel eingeschränkte Lungenfunktion, Komorbidität) in kurativer Intention eingesetzt. Insge- samt liegt der Anteil kurierter Patien- ten durch die alleinige Strahlenthera- pie im Stadium I-III bei fünf Prozent, wobei die Stadien I und II progno- stisch günstiger sind als das Stadium III, insbesondere als das Stadium IIIB mit kontralateralem mediastinalen Lymphknotenbefall, bei dem die allei- nige Strahlentherapie lange Zeit die Standardtherapie vor dem Beginn der Ära der multimodalen Therapiekon- zepte darstellte.

Es werden Gesamtdosen von 60 bis 70 Gy über sechs bis acht Wochen appliziert. Eine randomisierte RTOG- Studie konnte zeigen, dass eine Stei- gerung der Dosis mit einer Verbesse- rung der Überlebenszeiten einher- geht (87). Das Optimum der strah- lentherapeutischen Wirkung auf den Tumor wurde mit 69,6 Gy erzielt, wo- bei über 5,5 Wochen zweimal täglich 1,2 Gy hyperfraktioniert appliziert wurden. Höhere Dosen führten zu keinem Vorteil (27). Es bestehen ver- schiedene Möglichkeiten der Fraktio- nierung. Bei der konventionellen Fraktionierung wird täglich eine Ein- zeldosis appliziert (zum Beispiel ein- mal 2 Gy täglich, fünfmal pro Woche über sechs Wochen). Bei der Hyper- fraktionierung erfolgt die Strah- lentherapie zweimal täglich, wobei kleinere Einzeldosen verwendet wer- den und die Gesamtbestrahlungszeit unverändert bleibt. Eine Verkürzung der Gesamtbestrahlungszeit findet bei der akzelerierten Strahlenthera- pie statt, indem meistens zwei- bis dreimal pro Tag bestrahlt wird. Ein Grund für eine Hyperfraktionierung ist unter anderem bei verringerter

Einzeldosis die Gesamtdosis zu stei- gern und so die Nebenwirkungen nicht zu erhöhen. Die Hyperfraktio- nierung wird zunehmend mit dem ak- zelerierten Verfahren kombiniert, um zusätzlich die Vorteile dieses Verfah- rens zu nutzen, nämlich durch eine Verkürzung der Strahlentherapiein- tervalle eine effiziente Proliferations- hemmung des Tumors zu erreichen.

Die CHART-Studie (continous hy- perfractionated accelerated radio- therapy) verglich die akzeleriert hy- perfraktionierte Strahlentherapie (dreimal 1,5 Gy pro Tag [Montag bis Sonntag] über zwölf Tage bis 54 Gy) mit einer konventionellen Strah- lentherapie (30-mal 2 Gy über sechs Wochen bis 60 Gy). Hierbei zeigte sich für die akzeleriert hyperfraktio- nierte Strahlentherapie ein Vorteil hinsichtlich der Lokalrezidivrate und der Zwei-Jahres-Überlebensrate (29 versus 20 Prozent, p=0,004), jedoch kein Unterschied in der Fernmetasta- sierungsrate (98).

Die Indikation für eine adjuvante postoperative Strahlentherapie be- steht bei R0-resezierten Patienten, wenn am Operationspräparat ein me- diastinaler Lymphknotenbefall (Sta- dium III) nachgewiesen worden war.

Eine additive postoperative Strah- lentherapie ist bei inkompletter Tu- morresektion (R1/R2) indiziert.

Nach einer Brustwandresektion erfolgt eine individuelle Entschei- dung zur Strahlentherapie.

Durch die adjuvante Strahlenthe- rapie wird versucht, das hohe Lokal- rezidivrisiko (beim N2-Lymphkno- tenstatus 50 bis 60 Prozent) zu redu- zieren. Es wird eine Senkung der lo- kalen Rezidive um 10 bis 50 Prozent erreicht (100, 105, 115). Ein signifi- kanter Überlebensvorteil konnte in einer Metaanalyse jedoch nicht nach- gewiesen werden (90).

Das Strahlenfeld umfasst das ehemalige Tumorbett sowie das Me- diastinum. Dabei werden Dosen von 50 bis 60 Gy appliziert. Die Behand- lungsdauer beträgt meistens fünf bis sieben Wochen. Der günstigste Zeit- punkt für den Beginn der Strahlenthe- rapie ist vier (bis maximal acht) Wo- chen nach der Operation.

Beim resezierten, lokal begrenz- ten NSCLC (Stadium I und II) besteht keine Indikation für eine adjuvante

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Strahlentherapie. Eine Metaanalyse von neun randomisierten Studien er- gab für Patienten im Stadium I und II, die nach Resektion eine adjuvante Strahlentherapie erhalten hatten, ungünstigere Überlebensdaten (90).

Pancoast-Tumoren (Sulcus-su- perior-Tumoren) bei einem Tumor- stadium T3N0-2M0 stellen zur Zeit die einzige Indikation für eine alleini- ge präoperative Strahlentherapie dar.

In Einzeldosen von 2 Gy bis zu einer präoperativen Gesamtdosis von 40 Gy werden der Primärtumor, der ipsi- laterale Hilus und das Mediastinum über vier Wochen bestrahlt. Die Ope- ration mit En-bloc-Resektion sollte wenige Tage nach Abschluss der prä- operativen Strahlentherapie durchge- führt werden, um schwierige Resekti- onsbedingungen durch zum Beispiel narbige Schrumpfungen zu vermei- den. Postoperativ erfolgt dann die Aufsättigung des Tumorbettes mit weiteren 20 Gy auf insgesamt 60 Gy.

Bei positiven mediastinalen Lymph- knoten wird auch das Mediastinum in das postoperative Strahlenfeld einge- schlossen. Bei negativem Lymphkno- tenstatus (pN0) liegt die Fünf-Jahres- Überlebensrate zwischen 30 und 50 Prozent (62, 82, 86, 104).

In einer palliativen Therapie- situation kommt die Strahlentherapie – wie auch die Operation – nur am

„Ort der größten Not“ zum Einsatz, zum Beispiel bei bevorstehenden oder schon eingetretenen Komplikationen durch lokales Tumorwachstum oder durch Metastasen insbesondere im Skelettsystem und im ZNS. Mögliche weitere Indikationen sind unter ande- rem Schmerzen durch Infiltration der Thoraxwand, medikamentös nicht be- herrschbare Schmerzen bei Knochen- metastasen, frakturgefährdete Kno- chendestruktionen, poststenotische Pneumonien, therapierefraktäre Hä- moptysen und unstillbarer Husten- reiz. In der palliativen Situation wer- den Dosen bis 40 Gy eingesetzt, wo- mit sich eine Symptomverbesserung in 25 bis 80 Prozent der Fälle errei- chen lässt (64). Bei multiplen Hirnme- tastasen wird die Ganzhirnbestrah- lung angewendet. Eine Sonderstel- lung nimmt das Vorliegen einer ver- einzelten Hirnmetastase bei sonsti- ger Fernmetastasenfreiheit ein. Durch die primäre Resektion der solitären

Hirnfilia mit anschließender Ganz- hirnbestrahlung kann in dieser Situa- tion die mediane Überlebenszeit im Vergleich zur alleinigen Ganzhirnbe- strahlung deutlich verlängert werden (18 Monate versus 4 Monate) (74). Ob eine stereotaktische Bestrahlung der solitären Hirnfilia die Operation in dieser Situation ersetzen kann, wer- den zukünftige Untersuchungen zei- gen.

Chemotherapie

Das Ziel einer Induktionschemo- therapie ist die Verkleinerung des Primärtumors und eine Beseitigung okkulter Mikrometastasen.

Die Induktionschemotherapie wird bisher fast ausschließlich im lo- kal fortgeschrittenen Tumorstadium (Stadium IIIA/B) im Rahmen von Studien eingesetzt. Durch eine Ver- kleinerung des Primärtumors soll eine bessere Resektabilität erzielt bezie- hungsweise eine Resektion erst er- möglicht werden. Die Operation soll- te drei bis vier Wochen nach Beendi- gung der Induktionschemotherapie erfolgen.

Da bei über 65 Prozent der Pati- enten nach Resektion des Primärtu- mors Metastasen auftreten, kommt der Zerstörung von inapparenten Mi- krometastasen eine wichtige Rolle zu.

Im Vergleich zum fernmetastasierten Stadium (IV) werden im lokal be- grenzten Tumorstadium (IIIA/B) zum Teil deutlich höhere Remissionsraten erzielt, was für eine höhere Chemo- sensibiltät des NSCLC in früheren Tumorstadien spricht (23, 32, 52, 57).

Die durch eine Induktionschemothe- rapie erzielten mittleren Remissions- raten im Stadium III liegen in Phase- II-Studien bei 50 bis 60 Prozent, wo- bei in etwa zehn Prozent der Fälle komplette Remissionen nachweisbar sind (14, 21, 34, 37, 38, 76). Die media- nen Überlebenszeiten betragen zwi- schen 11 und über 20 Monaten. Im Stadium IIIA (N2-Status) wurde über komplette Resektionsraten bis 65 Prozent sowie über teilweise hohe Überlebensraten (Fünf-Jahres-Über- lebensrate zwischen 17 und 29 Pro- zent) berichtet (14, 21, 34, 76, 111).

In den ersten drei randomisierten Phase-III-Studien (Induktionschemo- therapie plus Operation versus Ope-

ration) an kleinen Patientenkollekti- ven bei N2-Lymphknotenbefall (Sta- dium IIIA) konnte der positive Trend der Phase-II-Studien nachvollzogen werden (Tabelle 2) (85, 95, 96). Ein signifikanter Überlebensvorteil für die Option Induktionschemotherapie plus Operation konnte in zwei Studi- en (95, 96) nachgewiesen werden.

In einer aktuell publizierten ran- domisierten Phase-III-Studie aus Frankreich, in der eine Induktions- chemotherapie plus Operation mit ei- ner alleinigen Operation bei Patien- ten mit den Tumorstadien I (Ausnah- me T1N0), II und IIIA verglichen wurde, zeigte sich zwar ein signifikan- ter Vorteil im krankheitsfreien Über- leben für die erstgenannte Option, doch war hier auch eine hohe periope- rative Morbidität nachweisbar (30).

Der Vergleich der perioperativen Komplikationsrate einer Induktions- chemotherapie plus Operation mit ei- ner Operation allein zeigte ein signifi- kant höheres Auftreten von Pneumo- nien, erneuten Intubationen, Tra- cheostomien und verlängerten Kran- kenhausaufenthalten bei den präope- rativ chemotherapierten Patienten (94).

Der theoretische Ansatz einer adjuvanten Chemotherapie nach voll- ständiger Tumorresektion ist ähnlich dem der Induktionschemotherapie.

Da sich bei über zwei Dritteln der Pa- tienten trotz kompletter Resektion Fernmetastasen entwickeln, sollen durch eine adjuvante Chemotherapie okkulte Fernmetastasen eradiziert werden. Die adjuvante Chemothera- pie wurde bisher in Studien beim lokal begrenzten (Stadium I und II) und beim lokal fortgeschrittenen Tumor- stadium (III) eingesetzt.

Während ältere Studien in den 70er- und Anfang der 80er-Jahre mit Substanzen wie zum Beispiel Cyclo- phosphamid und Stickstoff-Lost kei- nen Vorteil für eine adjuvante Che- motherapie im Stadium II und IIIA hinsichtlich des rezidivfreien Überle- bens und der Gesamtüberlebenszeit erbrachten, war in anderen Studien ein Vorteil für die adjuvant chemothe- rapierten Patienten beobachtet wor- den (54, 55, 65).

Auch für Patienten ohne media- stinalen Lymphknotenbefall (Stadium I und II) gibt es für den Einsatz einer

(6)

Tabelle 3

Ergebnisse randomisierter Studien beim metastasierten NSCLC

Cisplatin (n = 209) versus Cisplatin + Vinorelbin (n = 206) (117)

Cisplatin Cisplatin + Vinorelbin

Remissionsrate: 12% 26%

medianes Überleben: 6 Monate 8 Monate (p = 0,0018)

1-Jahres-Überlebensrate: 20% 36%

2-Jahres-Überlebensrate: 6% 12%

Cisplatin (n = 260) versus Cisplatin + Gemcitabin (n = 262) (97)

Cisplatin Cisplatin + Gemcitabin

Remissionsrate: 9,1% 31% (p = 0,0001)

medianes Überleben: 7,6 Monate 9,1 Monate (p = 0,004)

1-Jahres-Überlebensrate: 28% 39%

Cisplatin (n = 197) versus Cisplatin + Paclitaxel (n = 190) (48)

Cisplatin Cisplatin + Paclitaxel

Remissionsrate: 17% 26% (p = 0,028)

medianes Überleben: 8,6 Monate 8,1 Monate (p = 0,862) Cisplatin (n = 219) versus Cisplatin + Tirapazamine* (n = 218) (112)

Cisplatin Cisplatin + Tirapazamine

Remissionsrate: 13,7% 27,5% (p<0,001)

medianes Überleben: 27,7 Wochen 34,6 Wochen (p = 0,0078)

Vinorelbin (n = 206) versus Vinorelbin + Cisplatin (n = 206) versus Vindesin + Cisplatin (n = 200) (68, 69) Vinorelbin Vinorelbin + Cisplatin Vindesin + Cisplatin

Remissionsrate: 14% 30% 19%

medianes Überleben: 31 Wochen 40 Wochen (p = 0,0078) 32 Wochen

1-Jahres-Überlebensrate: 30% 33% 27%

2-Jahres-Überlebensrate: 9% 15% (p = 0,016) 9%

Gemcitabin (n = 71) versus Etoposid + Cisplatin (n = 75) (75)

Gemcitabin Etoposid + Cisplatin

Remissionsrate: 18,2% 15,3%

Gemcitabin + Cisplatin (n = 69) versus Etoposid + Cisplatin (n = 60) (15) Gemcitabin + Cisplatin Etoposid + Cisplatin

Remissionsrate: 41% 22% (p = 0,025)

progressionsfreie Zeit: 6,9 Monate 4,3 Monate (p = 0,0147) medianes Überleben: 8,7 Monate 7,2 Monate (p = 0,1885)

1-Jahres-Überlebensrate: 32% 26%

Gemcitabin + Cisplatin (n = 154) versus Mitomycin + Ifosfamid + Cisplatin (n = 152) (28) Gemcitabin + Cisplatin Mitomycin + Ifosfamid + Cisplatin

Remissionsrate: 40% 28% (p = 0,03)

medianes Überleben: 35 Wochen 38 Wochen

Etoposid + Cisplatin (n = 194) versus Paclitaxel + Cisplatin (n = 187) versus high-dose Paclitaxel + Cisplatin + G-CSF (n = 190) (9) Etoposid + Cisplatin Paclitaxel + Cisplatin high-dose Paclitaxel + Cisplatin + G-CSF

Remissionsrate: 12% 27% 32% (p = 0,001)

progressionsfreie Zeit: 2,9 Monate 4,5 Monate 5,3 Monate

medianes Überleben: 7,4 Monate 9,6 Monate 10,1 Monate (p = 0,012)

1-Jahres-Überlebensrate: 31,3% 37,3% 40,4%

* in Deutschland noch nicht zugelassen

(7)

Cisplatin + Teniposid (n = 162) versus Cisplatin + Paclitaxel (n = 155) (49) Cisplatin + Teniposid Cisplatin + Paclitaxel

Remissionsrate: 28% 40% (p = 0,018)

medianes Überleben: 9,9 Monate 9,7 Monate

1-Jahres-Überlebensrate: 41% 43%

2-Jahres-Überlebensrate: 18% 19%

Carboplatin + Paclitaxel (n = 190) versus Cisplatin + Etoposid (n = 179) (6) Carboplatin + Paclitaxel Cisplatin + Etoposid

Remissionsrate: 21,6% 14,0% (p = 0,059)

medianes Überleben: 8 Monate 9 Monate

1-Jahres-Überlebensrate: 32% 37%

Paclitaxel + Carboplatin (n = 207) versus Vinorelbin + Cisplatin (n = 201) (61) Paclitaxel + Carboplatin Vinorelbin + Cisplatin

Remissionsrate: 27% 27%

medianes Überleben: 8 Monate 8 Monate

1-Jahres-Überlebensrate: 36% 33%

Tabelle 4

Randomisierte Phase-III-Studien zur sequenziellen Chemoradiotherapie (CT –> RT) versus alleiniger Radiotherapie (RT) bei inoperablem Stadium IIIA/B

Autor/ Studiendesign n Chemotherapie Radiotherapie Medianes Überleben 2-J- 5-J- p

Studie (Gy) (Monate) ÜLR % ÜLR %

Mattson, CT–> RT 119 Cisplatin/Adria- 55 10,9 19 n.a.

1988 (78) mycin/Cyclo-

phosphamid

vs RT 119 55 10,2 17 n.a. n.s.

Brodin/ CT–> RT 165 Cisplatin/Etoposid 56 9,0 n.a. n.a.

Nou, vs RT 165 56 9,0 n.a. n.a. n.s.

1991 (10)

Morton, CT–> RT 56 Methotrexat/ 60 10,3 21 n.a.

1991 (80) Adriamycin/Cyclo-

phosphamid/CCNU

vs RT 58 60 10,4 16 n.a. n.s.

Sause, CT–> RT 164 Cisplatin/ 60 13,7 33 8

1995 (99) Vinblastin

(RTOG vs RT1 163 60 11,4 21 5

8808 vs RT2 163 69,6 12,2 20 6 0,04

ECOG 4588 SWOG 8992)

Dillmann, CT–> RT 78 Cisplatin/ 60 13,7 26 17

1996 (31) Vinblastin

(CALGB vs RT 77 60 9,6 13 6 <0,05

8433)

Le Cheva- CT–> RT 176 Cisplatin/Vin- 65 12,0 21 6

lier, desin/CCNU/

1991, 1997 Cyclophosphamid

(5, 67) vs RT 177 65 10,0 14 3 <0,02

1konventionell; 2hyperfraktioniert; n.a., nicht angegeben; n.s., nicht signifikant; J-ÜLR, Jahres-Überlebensrate

(8)

adjuvanten Chemotherapie gegensätz- liche Beobachtungen (36, 83, 116).

Eine Metaanalyse (84) zur adju- vanten Chemotherapie zeigte, dass in fünf Studien, in denen Alkylanzien die Grundlage einer adjuvanten Chemo- therapie bildeten (2 145 Patienten, 1 670 Todesfälle), die Sterberate um 15 Prozent höher lag, was zu einer statisti- schen Verminderung des Fünf-Jahres- Überlebens um fünf Prozent führte.

Hingegen erbrachten Cisplatin-haltige Chemotherapiekombinationen in acht Studien (1 394 Patienten, 614 Todesfäl- le) eine Reduktion des Sterberisikos um 13 Prozent, was zu einer statisti- schen Verbesserung des Fünf-Jahres- Überlebens um fünf Prozent führte (70). Trotz dieser Metaanalyse bleibt der Stellenwert einer adjuvanten Che- motherapie für die Tumorstadien I, II und III weiterhin umstritten.

Bei Diagnosestellung besteht bei über einem Drittel der Patienten mit einem NSCLC ein primär fernmeta- stasiertes Stadium (Stadium IV). In diesem Tumorstadium gibt es zur Zeit keinen kurativen Therapieansatz, die Therapie hat hier nur einen palliati- ven Charakter mit dem Ziel der Le- bensverlängerung und der Lebens- qualitätsverbesserung.

Eine Standardchemotherapie gibt es für Patienten in diesem Stadium bis- her nicht. Die mediane Überlebenszeit im fernmetastasierten Stadium liegt zwischen drei und sechs Monaten (12).

Die Ergebnisse mit Zytostatika der ersten Generation sind ernüch- ternd. Nur fünf Substanzen (Ifosfa- mid, Cisplatin, Vindesin, Vinblastin, Mitomycin C) weisen eine höhere Re- missionsrate als 15 Prozent auf. Hin- sichtlich Remissionsrate und Remis- sionsdauer ist die Kombinationsche- motherapie der Monotherapie über- legen (8, 26, 35). Die Kombinati- onstherapie erbrachte in randomisier- ten Studien Remissionsraten zwi- schen 10 und 30 Prozent. Hierbei han- delte es sich vor allem um Platin-halti- ge Kombinationen.

Aufschluss darüber, ob die Che- motherapie zu einer Lebensverlänge- rung führt, erbrachten zehn randomi- sierte Studien, welche Chemotherapie versus „best supportive care“ (optima- le supportive Therapie) untersuchten (11, 16, 17, 24, 45, 59, 72, 91, 92, 116). In allen zehn Studien wurde ein kleiner

Überlebensvorteil und eine bessere Symptomenkontrolle für die chemo- therapierten Patienten festgestellt, wobei der Unterschied in sechs Studi- en (11, 16, 24, 72, 91, 92) signifikant war. Insbesondere während der ersten sechs Monate wurde ein Rückgang der Mortalität und eine Steigerung der Le- bensqualität für die chemotherapier- ten Patienten beobachtet (51).

Die mediane Überlebenszeit konnte von 16 bis 17 auf 28 bis 35 Wo- chen verlängert und die Ein-Jahres- Überlebensrate von 10 auf 20 Prozent verdoppelt werden.

Eine Analyse der Einzelsubstan- zen zeigte, dass Alkylanzien, wie zum Beispiel Cyclophosphamid keinen, Vinca-Alkaloide oder Etoposid einen kleinen, aber nicht signifikanten und nur Cisplatin einen signifikanten Vor- teil im Vergleich zu „best supportive care“ zeigten (84).

Häufig musste jedoch für den klei- nen Überlebensvorteil und/oder eine bessere Symptomenkontrolle eine ho- he Toxizität in Kauf genommen wer- den. Die Suche nach neuen aktiven und gleichzeitig besser verträglichen Substanzen zur Optimierung der The- rapie beim nichtkleinzelligen Bronchi- alkarzinom erlangte durch diese Da- tenlage eine besondere Bedeutung.

Mit dem Vinca-Alkaloid Vinorel- bin, dem Antimetaboliten Gemcitabin, den Taxanen Paclitaxel und Docetaxel, den Topoisomerase-I-Inhibitoren Iri- notecan und Topotecan sowie dem Benzotriazinderivat Tirapazamine (in Deutschland noch nicht zugelassen) stehen seit Anfang der 90er-Jahre neue aktive Zytostatika für die Therapie des metastasierten nichtkleinzelligen Bron- chialkarzinoms (NSCLC) zur Verfü- gung. Von diesen Substanzen haben insbesondere Vinorelbin, Gemcitabin, Paclitaxel und Docetaxel das therapeu- tische Spektrum erweitert.

In der Monotherapie wurden in Phase-II-Studien Remissionsraten von zirka 15 bis 30 Prozent, mediane Über- lebenszeiten zwischen 6 und 13 Mona- ten und Ein-Jahres-Überlebensraten von bis über 30 Prozent erzielt (1, 18, 29, 39, 41, 46, 47, 81).

In der Kombinationstherapie mit Platinderivaten wurden Remissionsra- ten in Phase-II-Studien zwischen 25 und 60 Prozent erreicht. Die medianen Überlebenszeiten lagen zwischen 8 und

15 Monaten und die Ein-Jahres-Über- lebensraten über 30 Prozent (bis 60 Prozent) (2, 27, 63, 66, 89).

Nach den bisher vorliegenden ran- domisierten Studien (Tabelle 3)bewir- ken die Kombinationstherapien aus Vi- norelbin und Cisplatin (117), Gemcita- bin und Cisplatin (97) sowie Tirapaza- mine und Cisplatin (112) eine signifi- kante Verlängerung der medianen Überlebenszeit im Vergleich zur allei- nigen Therapie mit Cisplatin.

Nach der Studie von Le Chevalier et al. (68) (Vinorelbin versus Vinorel- bin plus Cisplatin versus Vindesin plus Cisplatin) hat die Kombination aus Vi- norelbin und Cisplatin einen Überle- bensvorteil gegenüber der Kombinati- on aus Vindesin und Cisplatin (68, 69).

Dasselbe gilt für die Kombination aus Paclitaxel und Cisplatin im Vergleich zur Kombinationstherapie aus Etopo- sid und Cisplatin (9). Nach den bisher vorliegenden Studien führt die Kombi- nationschemotherapie mit Gemcitabin und Cisplatin zu signifikant höheren Remissionsraten als die Kombinatio- nen Etoposid und Cisplatin (15) und Mitomycin, Ifosfamid und Cisplatin (28). Der randomisierte Vergleich von Paclitaxel plus Carboplatin mit Vinorel- bin plus Cisplatin erbrachte gleiche Re- missionsraten und Überlebensraten für beide Kombinationstherapien (61).

Zwei Studien (75, 88) konnten zei- gen, dass eine Monochemotherapie mit Gemcitabin – bei deutlich besserer Ver- träglichkeit – zu gleichen Remissionsra- ten führt wie eine Kombinationschemo- therapie aus Etoposid und Cisplatin.

Von den neuen Zytostatika sind bisher Vinorelbin, Gemcitabin und Paclitaxel in Deutschland für die Indi- kation NSCLC Stadium III und IV zu- gelassen.

Kombinierte Chemoradiotherapie

Im Stadium III hat die Strah- lentherapie einen Stellenwert in der lokalen Tumorkontrolle. Durch die Kombination mit einer Chemothera- pie soll die lokale Kontrolle verbes- sert und eine Eradikation von Mikro- metastasen erreicht werden. Die Che- moradiotherapie kann sequenziell, si- multan oder alternierend erfolgen.

Im randomisierten Vergleich ei- ner sequenziellen Chemoradiothera-

(9)

pie mit einer alleinigen Radiotherapie im inoperablen Stadium III zeigten einige Studien (10, 78, 80) keinen sig- nifikanten Überlebensvorteil, welcher jedoch bei Verwendung von Cisplatin mit einem Vinca-Alkaloid für die che- moradiotherapierten Patienten in an- deren Studien deutlich nachweisbar war (5, 31, 67, 99) (Tabelle 4). Durch zwei Zyklen solch einer Induktions- chemotherapie gefolgt von einer Strahlentherapie wurden Zwei-Jah- res-Überlebensraten zwischen 20 und 33 Prozent und Fünf-Jahres-Überle- bensraten zwischen 6 und 17 Prozent beobachtet. In der Studie von Sause et al. (99) war die sequenzielle Chemora- diotherapie nicht nur der konventio- nellen, sondern auch der hyperfraktio- nierten Strahlentherapie überlegen.

Le Chevalier et al. (5, 67) fanden, dass bei der sequenziellen Chemora- diotherapie die Rate der Fernmeta- stasierung deutlich geringer war (46 versus 70 Prozent), die lokale Rezidiv- rate aber in beiden Therapiearmen mit 92 Prozent gleich hoch war.

Zum randomisierten Vergleich ei- ner simultanen Chemoradiotherapie mit einer alleinigen Radiotherapie im inoperablen Tumorstadium III liegen nur wenige Untersuchungen vor. Wäh- rend Blanke et al. (7) an 240 Patienten zwischen einer konventionellen Radio- therapie mit dreiwöchiger Cisplatinga- be und der alleinigen Radiotherapie keine signifikanten Überlebensunter- schiede nachweisen konnten, berichte- ten andere Arbeitsgruppen über einen teilweise deutlichen Überlebensvorteil für die simultan chemoradiotherapier- ten Patienten (55, 101, 107, 108) (Tabel- le 5). Die tägliche Cisplatingabe war der wöchentlichen Applikationsweise überlegen (101).

Die CALGB (Cancer and Leuke- mia Group B) und die ECOG (Ea- stern Cooperative Oncology Group) verglichen bei 283 Patienten mit ei- nem inoperablen Tumorstadium III nach einer Induktionschemotherapie mit Vinblastin und Cisplatin randomi- siert eine anschließende alleinige kon- ventionelle Strahlentherapie mit ei- ner konventionellen Strahlentherapie kombiniert mit einer simultanen, wöchentlichen Carboplatingabe. Hin- sichtlich des rezidivfreien Intervalls und der Überlebenszeit ergab sich kein signifikanter Unterschied (22).

Durch den Einsatz einer simulta- nen Chemoradiotherapie ohne an- schließende Operation im Stadium III A/B wurden in Phase-II-Studien Re- missionsraten bis über 80 Prozent, mediane Überlebenszeiten zwischen 13 und 19 Monaten sowie Zwei-Jah- res-Überlebensraten von 24 bis 54 Prozent erzielt (4, 20, 42, 43, 44, 53, 71). Furuse et al. (43, 44) verabreich- ten zwei Zyklen einer MVP-Chemo- therapie (Mitomycin C, Vindesin, Cis- platin) und eine konventionell frak- tionierte Radiotherapie (56 Gy) ent- weder simultan oder sequenziell. Im simultanen Therapiearm war die Re- missionsrate höher (88 versus 66,4 Prozent) und die mediane Überle- benszeit statistisch signifikant länger (16,5 versus 13,3 Monate, p=0,0399).

Auch im Fünf-Jahres-Überleben zeig- te sich ein Vorteil für die simultan the- rapierten Patienten: 15,8 versus 8,9 Prozent. Jedoch war die Hämatotoxi- zität im simultanen Therapiearm deutlich höher als im sequenziellen.

Eine präoperative Induktions- chemoradiotherapie soll neben der Eradikation von okkulten Mikrome- tastasen durch eine Tumorverkleine- rung Patienten im Stadium IIIA (N2- Lymphknotenstatus) besser resekta- bel machen und im Stadium III B eine Resektabilität erreichen, um so über eine verbesserte lokale Kontrolle die Überlebensrate zu verbessern. Die maximal präoperativ eingesetzte Strahlendosis betrug 45 Gy, um die perioperative Komplikationsrate kal- kulierbar zu halten. In Phase-II-Studi- en mit simultaner Induktionschemo- radiotherapie im Stadium III A und B betrug die mediane Überlebenszeit zwischen 13 und 25 Monaten (3, 19, 33, 93, 109, 110). Die bisher vorliegen- den Fünf-Jahres-Überlebensraten be- tragen zwischen 22 und 37 Prozent.

Die Resektionsrate lag zwischen 50 und 75 Prozent, wobei in bis zu 30 Pro- zent der Fälle pathologisch komplette Remissionen nachweisbar waren. Mit einer hyperfraktioniert akzelerierten Strahlentherapie wurden in diesen Studien die höchsten Remissions- und Überlebensraten erreicht. In den Stu- dien von Albain et al. (3) und Eber- hardt et al. (33) gab es hinsichtlich des Überlebens keinen Unterschied zwi- schen den Stadien III A und B. In al- len oben genannten Phase-II-Studien

wurde eine Cisplatin-haltige Chemo- therapiekombination verwendet.

Eine postoperative simultane Chemoradiotherapie erbrachte im Vergleich zu einer alleinigen adjuvan- ten Radiotherapie bei Patienten im Stadium II und IIIA in einer Studie der ECOG (Eastern Cooperative On- cology Group) keinen Überlebens- vorteil (60).

Endobronchiale Therapieoptionen

Aufgrund der häufigen Beteili- gung der zentralen Atemwege – insbe- sondere im fortgeschrittenen Tumor- stadium – und der daraus resultieren- den, den Patienten häufig erheblich beeinträchtigenden klinischen Sym- ptome kommt den endobronchialen Therapiemaßnahmen in der palliati- ven Situation eine wichtige Rolle zu.

Wichtige Einsatzbereiche sind unter anderem das Offenhalten bezie- hungsweise Wiederöffnen der zentra- len Atemwege bei intraluminärem Tumorwachstum sowie die Stillung von Tumorblutungen. Die Methode der Wahl hängt unter anderem von der Lokalisation des Tumors und der Dringlichkeit des Eingriffes ab.

Im Rahmen der interventionellen Bronchoskopie kommen unter ande- rem folgende Techniken zum Einsatz:

❃ starre Bronchoskopie unter an- derem mit Zangenabtragung

❃ Bougierung

❃ Ballondilatation

❃ Argon-Plasma-Koagulation mittels Argon-Beamer

❃ Laserkoagulation mittels Nd: YAG-Laser

❃ Elektrokauter

❃ Kryotherapie

❃ Stentimplantation

❃ Brachytherapie (so genannte Afterloading-Therapie)

❃ Photodynamische Therapie (PDT)

Bei der endobronchialen photo- dynamischen Therapie (PDT) besteht bei histologisch gesicherten nicht- kleinzelligen endobronchialen Früh- karzinomen (Stadium TisN0M0 be- ziehungsweise T1N0M0), die einer chirurgischen oder radiotherapeuti- schen Behandlung nicht zugänglich sind, ein potenziell kurativer Thera- pieansatz. In Deutschland wurde 1998

(10)

der erste Photosensibilisator (Porfi- mer) für diese Indikation zugelassen.

Bei der PDT erfolgt die Zerstörung des Tumors durch eine photochemi- sche Reaktion. Als Photosensibilisa- tor wird ein Hämatoporphyrinderivat intravenös injiziert, welches sich be- vorzugt in Tumorgewebe anreichert und es gegen Licht einer bestimmten Wellenlänge sensibilisiert. Wird das Tumorgewebe dann mit dem Licht be- strahlt, dessen Wellenlänge im Ab- sorptionsmaximum des Photosensibi- lisators liegt, kommt es zur Freiset- zung von zytotoxischen Sauerstoff- radikalen, welche zu einer direkten Zellschädigung führen.

Ebenso wie die photodynamische Therapie kann auch die endoluminale Brachytherapie (so genannte After- loading-Therapie) nur für sehr wenige selektionierte Patienten einen kurati- ven Therapieansatz darstellen. Für zentral sitzende Tumoren, welche in- operabel sind und einen Tiefendurch- messer von kleiner als 2 cm haben, kann der Einsatz einer endoluminalen Brachytherapie – eventuell zusätzlich zur perkutanen Radiatio – diskutiert werden. Meistens kommt die After- loading-Therapie jedoch nur in rein palliativer Intention zum Einsatz.

Therapiestrategien

Stadium IA/B und IIA/B Beim lokal begrenzten Tumorsta- dium I und II ist die primäre Operati- on die wichtigste therapeutische Maß- nahme. Bei Inoperabilität (zum Bei- spiel eingeschränkte Lungenfunktion, Komorbidität) kommt die Strahlen- therapie in kurativer Intention zum Einsatz. Der Stellenwert einer adju- vanten Chemotherapie ist noch nicht abschließend beurteilbar, sodass ihr Einsatz außerhalb von Studien zur Zeit nicht zu empfehlen ist. Eine große Metaanalyse deutet zwar auf ei- nen Überlebensvorteil beim Einsatz von Cisplatin-haltigen Kombinatio- nen hin, doch sollten die Ergebnisse der laufenden randomisierten Studien abgewartet werden. Nachdem in den frühen Studien zumeist die Auswahl der Zytostatika und der Dosierungen – insbesondere von Cisplatin – subop- timal war, besteht nun durch den Ein- satz von neuen und wirksamen Zy- tostatika (unter anderem Vinorelbin, Gemcitabin, Paclitaxel, Docetaxel) zum Beispiel in Kombination mit Cis- platin die Möglichkeit, effizientere adjuvante Therapiemodelle zu prü-

fen. Des Weiteren kommt der Evalua- tion von prognostischen Faktoren ei- ne wichtige Rolle zu, um Subgruppen mit ungünstigem Risikoprofil zu defi- nieren und gegebenenfalls gezielt ad- juvant therapieren zu können. Die Strahlentherapie erbringt nach der bisherigen Datenlage postoperativ nach R0-Resektion im Stadium I und II keinen Vorteil.

Stadium IIIA und B

Aufgrund des sehr inhomogenen Tumorstadiums IIIA sind unterschied- liche Vorgehensweisen notwendig. Bei einem T3N1-Tumor ist eine primäre Operation zu empfehlen, wobei je nach Operationsbefund und -ausmaß über eine anschließende Strahlenthe- rapie entschieden werden muss.

Beim Pancoast-Tumor (Sulcus-su- perior-Tumor) ist nach wie vor die

„Sandwich-Therapie“ (präoperative Radiotherapie, Operation, postopera- tive Radiotherapie) die Therapie der Wahl.

Vor der Festlegung der Therapie- strategie im Stadium III kommt der Bestimmung der Ausdehnung des me- diastinalen Lymphknotenbefalls eine entscheidende Rolle zu. Als ergänzen- Tabelle 5

Randomisierte Phase-III-Studien zur simultanen Chemoradiotherapie (CT/RT) versus alleiniger Radiotherapie (RT) bei inoperablem Stadium III A/B

Autor Studiendesign n Chemotherapie Radiotherapie Medianes Überleben 2-J- 5-J- p

(Gy) (Monate) ÜLR % ÜLR %

Schaake- CT/RT 107 Cisplatin (täglich) 55 (split) n.a. 26 3-J-ÜLR:

Koning, 16

1992 (101) vs CT/RT 110 Cisplatin 55 (split) n.a. 19 3-J-ÜLR:

(wöchentlich) 13

vs RT 114 55 (split) n.a. 13 3-J-ÜLR: 0,009

2

Soresi, CT/RT 50 Cisplatin 50,4 16 24 3-J-ÜLR:

1988, (wöchentlich) 11

1994 vs RT 45 50,4 11 6 3-J-ÜLR: 0,07

(107, 108) 2

Blanke, CT/RT 117 Cisplatin 60–65 9,9 18 5

1995 (7) (alle 3 Wochen)

vs RT 123 60–65 10,7 13 2 n.s.

Jeremic, CT/RT 65 Carboplatin/ 69,5 (hyper- 22 n.a. 4-J-ÜLR:

1996 (56) Etoposid (täglich) fraktioniert) 23

vs RT 66 69,5 (hyper- 14 n.a. 4-J-ÜLR: 0,02

fraktioniert) 9

n.a., nicht angegeben; n.s., nicht signifikant; J-ÜLR, Jahres-Überlebensrate

(11)

de Maßnahmen zur Computertomo- graphie sollten hierzu die Mediastino- skopie, die Positronenemissionstomo- graphie oder die Endosonographie zum Einsatz kommen.

Bei einem minimalen N2-Lymph- knotenstatus ist der bisherige Stan- dard primäre Operation mit an- schließender adjuvanter Radiothera- pie weiterhin eine akzeptable Thera- piestrategie. Eine adjuvante Chemo- therapie ist zur Zeit nicht etabliert und sollte Studien vorbehalten wer- den. Nach der bisherigen Datenlage erscheint bei einem ausgedehnten N2-Lymphknotenstatus mit mehr als einer tumorbefallenen Lymphknoten- station eine präoperative Indukti- onstherapie sehr sinnvoll. Der Stel- lenwert einer Operation bei N2- Lymphknotenstatus ist zur Zeit noch unbestritten, und die Strahlenthera- pie ist trotz fehlendem Beweis eines signifikanten Überlebensvorteils ein wichtiger Faktor für die lokale Kon- trolle, sodass sich die Frage nach der optimalen Induktionsstrategie (In- duktionschemotherapie oder kombi- nierte Chemoradiotherapie) stellt.

Auch hier bieten die neuen Zytostati- ka die Möglichkeit einer Optimierung der neoadjuvanten Chemotherapie.

Im Vergleich zur alleinigen Indukti- onschemotherapie führt die kombi- nierte Chemoradiotherapie zwar zu etwas höheren Remissionsraten in- klusive pathologisch kompletter Re- missionen, doch ist sie auch mit einer höheren Toxizität behaftet (höhere Raten an Pneumonitiden, Ösophagiti- den, Bronchusstumpfinsuffizienten), welche eine anschließende Operation teilweise erheblich erschweren kann.

Der Stellenwert einer simultanen Chemoradiotherapie zusätzlich zur präoperativen Chemotherapie wird zur Zeit untersucht.

Aufgrund der noch vielen offenen Fragen nach der richtigen Therapie- strategie für das Stadium IIIA sollte die Therapie vorrangig unter kontrol- lierten Bedingungen im Rahmen von Studien erfolgen.

Beim inoperablen Stadium III A und B sollte eine Kombination aus Chemotherapie und Radiotherapie angewendet werden, da die bisherigen Daten für eine Überlegenheit einer Kombination aus Chemotherapie und Radiotherapie gegenüber einer alleini-

gen Radiotherapie sprechen. Insbe- sondere durch die chemotherapeu- tische Komponente kann durch Tu- morverkleinerung ein initial nicht resektabler Tumor in ein resektables Stadium überführt und günstige Vor- aussetzungen für eine anschließende Strahlentherapie geschaffen werden.

Ob die Chemoradiotherapie se- quenziell, simultan, alternierend oder zum Beispiel kombiniert sequenziell- simultan erfolgen sollte, ist zur Zeit nicht endgültig geklärt. Dasselbe gilt für das optimale Fraktionierungssche- ma. Weitere Studien werden zeigen, ob sich der Trend zur simultanen Chemo- radiotherapie mit akzeleriert hyper- fraktioniertem Bestrahlungsschema bestätigen wird. Die Toxizität der Ver- fahren sollte jedoch nicht unberück- sichtigt gelassen werden. Für Patienten mit eingeschränktem Allgemeinzu- stand kann der sequenzielle Einsatz ei- ner Chemotherapie mit neuen, gut ver- träglichen Zytostatika gefolgt von ei- ner konventionellen Radiotherapie ein gutes Therapiekonzept darstellen.

Stadium IV

Die Chemotherapie ist einer aus- schließlichen „best supportive care“- Therapie hinsichtlich der Überlebens- zeit überlegen. Darüber hinaus kann insbesondere durch die neuen Zytosta- tika mit günstigem Nebenwirkungs- profil bei bis über 50 Prozent der Pati- enten eine Lebensqualitäts- und/oder Lebenszeitverlängerung erreicht wer- den.

Voraussichtlich wird sich der Ge- winn an Überlebenszeit durch die neuen Zytostatika in der Kombi- nationstherapie des metastasierten NSCLC im Stadium IV im Vergleich zu herkömmlichen Kombinationstherapi- en im Bereich von Wochen bis zu eini- gen Monaten bewegen. Die Ergebnis- se weiterer großer randomisierter Stu- dien – insbesondere hinsichtlich der Überlebensraten – bleiben abzuwar- ten. Mediane Überlebenszeiten zwi- schen acht und zehn Monaten sind je- doch realistisch. Neben dem Gewinn an Überlebenszeit wird der Hauptge- winn der neuen Zytostatika in der Symptom- und Lebensqualitätsverbes- serung liegen. Da es bis heute keine Standardchemotherapie für das fern- metastasierte Tumorstadium gibt,

kommt der Suche nach einer wirksa- men und gleichzeitig gut verträglichen Chemotherapie, die möglichst ambu- lant gegeben werden kann, weiterhin größte Priorität zu. Unter diesem Aspekt sind zum Beispiel Kombinati- onstherapien aus Gemcitabin und Vi- norelbin, Gemcitabin und Vindesin, Vinorelbin und Mitomycin C in der Primärtherapie des metastasierten NSCLC interessant, da die Substanzen durch eine gute Symptomkontrolle, ein günstiges Toxizitätsprofil und somit durch eine gute Verträglichkeit sowie durch die Möglichkeit der ambulanten Verabreichung gekennzeichnet sind.

Es ist denkbar, dass Cisplatin, wel- ches als einziges herkömmliches Zy- tostatikum einen signifikanten Überle- bensvorteil im Vergleich zu „best sup- portive care“ zeigte, aber mit erhöhter Toxizität einhergeht, in der Ära der neuen und gut verträglichen Zytostati- ka eine weniger wichtige Rolle spielen wird als im Tumorstadium III bei kura- tiver Therapieintention. Zur Prüfung dieses Sachverhaltes werden zur Zeit neue Studien initiiert. In Deutschland wurde im September 1999 eine multi- zentrische, randomisierte Phase-III- Studie gestartet, wobei Gemcitabin plus Vinorelbin mit Gemcitabin plus Vinorelbin plus Cisplatin in der pallia- tiven Therapiesituation (Stadium IIIB mit malignem Pleuraerguss und Stadi- um IV) verglichen wird.

Zur Zeit werden in Deutschland immer noch deutlich weniger als 50 Prozent der Patienten mit einer Fern- metastasierung einer Chemotherapie zugeführt. Wir empfehlen, Patienten mit metastasiertem NSCLC die Mög- lichkeit der Chemotherapie – insbe- sondere mit neuen und gut verträgli- chen Zytostatika – zu eröffnen. Dieses sollte vorrangig in Studien geschehen, um dem Ziel einer Standardtherapie näherzukommen. Da insbesondere die Patienten in gutem Allgemeinzustand ohne oder nur mit geringem Gewichts- verlust und mit nur einer geringen Tu- morlast von der Chemotherapie pro- fitieren, ist der frühzeitige Beginn der Chemotherapie zu empfehlen. Eine restriktive Therapiehaltung ist nicht mehr zeitgemäß.

Endobronchiale Therapiemaß- nahmen, eine perkutane oder endo- bronchiale Radiotherapie sowie ope- rative Maßnahmen werden in der pal-

(12)

liativen Therapiesituation bei bevor- stehenden oder eingetretenen Kompli- kationen flankierend eingesetzt. Rou- tinemäßig kommen sie nicht zum Ein- satz.

Fazit und Ausblick

Die Therapie des NSCLC befindet sich im Wandel. Nach der bisherigen Datenlage gibt es im Vergleich zu Be- ginn der 90er-Jahre einige Fortschritte.

Neue wirksame und gut verträgliche Zytostatika haben zu einer Änderung des Therapieverhaltens bei Patienten mit Fernmetastasen geführt. Die Che- motherapie ist außerdem ein fester Be- standteil der multimodalen Therapie- konzepte geworden, welche die thera- peutischen Optionen und Perspektiven bei Patienten mit lokal fortgeschritte- nem NSCLC erheblich erweitert ha- ben.

Jedoch bleiben zur Zeit noch viele Fragen unbeantwortet, auf die es erst in den kommenden Jahren Antworten geben wird.

Wichtige in Zukunft zu beantwor- tende Fragen sind:

❃ Welche Rolle spielt eine adju- vante Chemotherapie nach R0-Resek- tion im Stadium I und II? Welches ist die optimale Chemotherapie? Wieviele Zyklen sollten gegeben werden? Wel- che prognostischen Faktoren indizie- ren eine adjuvante Chemotherapie?

❃ Gibt es eine Indikation für eine Induktionstherapie im Stadium I und II? ❃ Welches ist die optimale Induk- tionstherapie (Chemotherapie versus Chemoradiotherapie) im operablen Stadium III?

❃ Sollte die präoperative Chemo- radiotherapie im Stadium III simultan, sequenziell, alternierend erfolgen oder ist sogar ein Wechsel von simultanen und sequenziellen Therapieblöcken sinnvoll?

❃ Welches ist das optimale Re- gime bei definitiver Chemoradiothera- pie bei inoperablem Stadium III?

❃ Bestätigt sich der positive Trend für ein akzeleriert hyperfraktioniertes Strahlenregime im Vergleich zum kon- ventionellen Fraktionierungsschema?

❃ Welche Rolle spielt die Operati- on nach einer Induktionschemoradio- therapie im Stadium III?

❃ Welche Rolle spielt die Strah- lentherapie nach einer Induktionsche- motherapie und Operation im Stadium III?❃ Welche Rolle spielt eine adju- vante Chemotherapie im Stadium III?

❃ Welches ist das optimale Che- motherapieregime für eine Induktions- chemotherapie und welches für die Kombination mit der Strahlenthera- pie?

❃ Welches wird die Standardche- motherapie beim fernmetastasierten Stadium in der rein palliativen Thera- piesituation sein? Wird Cisplatin in der Ära der neuen und gut verträglichen Zytostatika noch benötigt?

❃ Welche Rolle spielen neue The- rapiemodalitäten, wie zum Beispiel In- hibitoren der Angiogenese, monoklo- nale Antikörper, Antisense-Oligonu- kleotide in der Therapie des NSCLC?

Spielen sie allein oder in der Kombina- tion mit einer Chemotherapie eine Rol- le in der Primärtherapie des metasta- sierten NSCLC? Oder kommt ihnen – auch in frühen Tumorstadien – eine wichtige Rolle in der adjuvanten The- rapiesituation sowie bei der Verlänge- rung der progressionsfreien Zeit zu?

Bedingt durch die hohe Inzidenz- und Mortalitätsrate wird das NSCLC auch weiterhin einer besondere inter- disziplinäre Herausforderung in der Onkologie darstellen. Nur durch das

Zusammenwirken von Thoraxchirur- gen, Strahlentherapeuten, Pneumolo- gen, internistischen Onkologen, Or- thopäden, Radiologen, Anästhesisten, Pathologen und Epidemiologen kann für den Patienten das jeweilige Opti- mum erreicht werden. Ein Einzel- kämpfertum wird der Situation des Pa- tienten nicht gerecht. Gemäß dem spa- nischen, italienischen oder auch fran- zösischen Vorbild sollte auch in Deutschland versucht werden, die Pa- tienten in großen multizentrischen Stu- dien zu behandeln, um der Beantwor- tung der offenstehenden Fragen ge- meinsam ein kleines Stück näher zu kommen.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2000; 97: A-373–384 [Heft 7]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Sonder- druck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser Dr. med. Eckart Laack

Abteilung für Onkologie und Häma- tologie der Medizinischen Klinik Universitätskrankenhaus Eppendorf Martinistraße 52

20251 Hamburg

E-Mail: laack@uke.uni-hamburg.de

Die Autoren untersuchten den Einfluss des Protonenpumpen-Inhibi- tors (PPI) Lansoprazol auf Differen- zierungs- und Proliferationsmarker von Schleimhautproben aus einer Zylindermetaplasie der Speiseröhre.

Analysiert wurde dabei die Expressi- on von Villin und PCNA, einem Pro- liferationsmarker sowie dysplastische Schleimhautveränderungen vor und nach einer sechsmonatigen Lansopra- zoltherapie. Beim Barrett-Ösophagus besteht eine inverse Relation zwischen Villin und PCNA, dysplastische Ver- änderungen haben mit der Villin-Ex- pression nichts zu tun, korrelieren je- doch gut mit der PCNA-Expression.

Eine effektive Unterdrückung der Säuresuppression begünstigt die Aus- reifung des Zylinderepithels und hemmt die Proliferationskinetik. Al- lerdings müssen prospektive Studien noch zeigen, ob beim Barrett-Ösopha- gus eine ausreichende Säuresuppressi- on die Entwicklung einer schweren Dysplasie zu verhindern vermag. w Quatu-Lascar R, Fitzgerald RC, Triadafi- lopoulos G: Differentation and prolifer- ation in Barrett’s esophagus and the ef- fects of acid suppression. Gastroenterol- ogy 1999; 117: 327–335.

Gastroenterology Section, Palo Alto Ve- terans Affairs Health Care System. 3801 Miranda Avenue, Palo Alto, Kalifornien 94304, USA.

Proliferationsmarker bei

Barrett-Ösophagus unter PPI rückläufig

Referenzen

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