• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Enquete-Kommission zur Strukturreform: Ein Potpourri dissonanter Vorschläge" (01.03.1990)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Enquete-Kommission zur Strukturreform: Ein Potpourri dissonanter Vorschläge" (01.03.1990)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

N

ach einigen Geburtswehen kam der „Endbericht der Enquete-Kommission ,Strukturreform der ge- setzlichen Krankenversicherung — des Deutschen Bundestages über — elf Monate, nachdem die erste Stufe der von der Bonner Regierungskoali- tion eingeleiteten Strukturreform im Gesundheitswesen in Kraft getreten ist und nachdem längst Umrisse der nächsten Reformstufe — der Organi- sationsreform der Krankenversiche- rung — vernehmlich diskutiert wer- den.

Die Enquete-Kommission war auf Antrag der SPD vom Bundestag am 4. Juni 1987 eingesetzt worden;

auf Antrag der Fraktionen von CDU/

CSU und F.D.P. vom 27. Oktober 1988 wurde die Arbeit der Kommis- sion bis Mitte 1989 verlängert. Paral- lel dazu und unabhängig von der

„Enquete" wurden vom Bundesar- beitsministerium die Arbeiten für die erste Stufe der Strukturreform im Gesundheitswesen vorange- trieben und das 307-Paragraphen- Gesundheitsreform-Gesetz schließ- lich mit den Stimmen der Regie- rungskoalition schon zum 1. Januar 1989 über die parlamentarischen Hürden gebracht. Das einzige, was im November 1988 kurz vor Verab- schiedung des „Gesundheitsreform- Gesetzes" von der „Enquete" vorlag, war ein voluminöser Zwischenbe- richt. Zu wenig, um noch Sperrfeuer für das Blümsche Reformgesetz zu bieten . . .

Summarisch: Die Chance, ohne den Zeitdruck der Gesetzgebung auf Grund objektivierbarer Daten eine in sich geschlossene Analyse des beste- henden Versorgungssystems mit be- gründeten Novellierungsvorschlägen für den Gesetzgeber zu erarbeiten, wurde vertan. Zu sehr konzentriert sich die Kommission auf bekannte, parteipolitisch verfestigte Aussagen, einmal mehr staatswirtschaftlich, ein anderes Mal mehr marktwirtschaft- lich orientierte Programme, die je nach Mehrheitsverhältnissen als Lö- sungsansätze formuliert werden.

Der Vorstand der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung (KBV) moniert denn auch in einer ersten Erklärung: „Wissenschaftlich fundierte Belege für behauptete Versorgungsdefizite fehlen oder sind einseitig ausgewählt. Die beim Ge- setzgeber selbst liegende Verantwor- tung für anerkannte Strukturmängel (zum Beispiel die Qualität der ärzt- lichen Ausbildung und die Qualifika- tion des Hausarztes in der kassen- ärztlichen Versorgung) werden zwar passagenweise angedeutet, aber kaum Vorschläge mit der notwendi- gen Konsequenz entwickelt."

Wenn es um Kritik und System- überwindung geht, herrscht Wort- reichtum. So heißt es: Ambulante und stationäre Versorgung seien zu verzahnen. Gemeinschaftliche Pra- xisausübung der niedergelassenen Ärzte bei Stärkung des allgemeinen ärztlichen Elements sei zu fördern, ebenso die Integration beteiligter Fachärzte. Ambulante Therapiezen- tren seien notwendig. Pauschal wird behauptet: Defizite im Bereich der ambulanten Versorgung, wie eine mangelnde ärztliche psychosomati- sche und psychosoziale Kompetenz, Übermedikalisierung, unzureichen- de Versorgung alter Menschen oder fehlende pflegerische und soziale Dienste, müßten hauptsächlich auf eine Untergewichtung von Präven- tion und Gesundheitsförderung und auf eine Ungleichgewichtung ge- sundheitlicher und sozialer Versor- gung zurückgeführt werden.

Soweit Vorschläge zur Verände- rung des Systems der kassenärzt- lichen Versorgung unterbreitet wer- den (zum Beispiel: Beseitigung des Sicherstellungsauftrages der Kassen- ärztlichen Vereinigungen, „preis- orientierte" Ausschreibungsverfah- ren, um die Kapazitäten in allen Be- reichen zu regulieren; Kassenarztzu- lassungen nur auf Zeit; Pflichtwei- terbildung), scheint bei den Kommis- sionsmitgliedern die Neigung zu po- litischen und vorwiegend theoretisch begründeten Experimenten die

Oberhand über die Einsicht gewon- nen zu haben, daß damit grundlos ein bewährtes Versorgungssystem zerschlagen würde.

Der alternativen Minderheit der Kommission ist sogar dies noch zu wenig; sie spricht sich planwirt- schaftlich-reglementierend für eine

„regionale Bedarfsplanung" aus, die in der Hand einer einzurichtenden (politisch strukturierten) „Gesund- heitskonferenz" liegt (wortgetreu dem aktuellen SPD-Gesundheitspro- gramm)

Mehrheitlich für Sachleistungsprinzip

So gedankenoffensiv die Kom- mission die einzelnen Sektoren des Gesundheitswesens auch durchmu- stert, so festgefügt erscheinen hinge- gen die Essentials zur Organisations- reform der Krankenversicherung.

Hier plädiert die Mehrheit der Kom- mission für

• die Erhaltung des Solidari- tätsprinzips als konstitutives Merk- mal der gesetzlichen Krankenversi- cherung. Eine weitere Reprivatisie- rung von Krankheitsrisiken wird ab- gelehnt (insbesondere von den SPD- Mitgliedern).

• Gleichzeitig soll das Sachlei- stungsprinzip als grundsätzliches Ge- staltungsmerkmal der Krankenversi- cherung erhalten bleiben. Allerdings soll in Einzelbereichen die Kostener- stattung als Wahlleistung für die Versicherten erprobt werden (Mo- dell Zahnersatz und Kieferorthopä- die nach dem ersten „Gesundheits- reform-Gesetz").

Auch die Selbstverwaltung der Krankenversicherung bekommt ihr

„Fett" ab. Die Entscheidungskompe- tenzen der Sozialversicherungs-„Par- lamente" müßten verbessert werden.

Im übrigen sei die paritätische Be- setzung

der Selbstverwaltung bei al- len

Kassen und Kassenarten (ein- schließlich der Ersatzkassen) „Mittel der Wahl". Dr. Harald Clade

AKTUELLE POLITIK

Enquete-Kommission zur Strukturreform

Ein Potpourri dissonanter Vorschläge

I Parteipolitisch

vorgeprägte Vorschläge

Dt. Ärztebl. 87, Heft 9, 1. März 1990 (17) A-645

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Unterschiedliche Vervielfacher für Ärzte und Zahnärzte lassen sich aus den geltenden Bewertungskriterien der GOÄ und der GOZ erst recht nicht begründen (Schwie- rigkeit

enthält Informationen für Ärzte, Hinweise und Bezugsmodali- täten zu Medien für Kinder, Jugendliche und ihre Familien, Kurzdarstellungen von Programmen sowie nützliche Adressen..

„Somit wer- den die entsprechenden Kostengewich- te nicht realistisch ermittelt.“ Dass qua- litätssichernde Maßnahmen im An- schluss an das Feststellungsverfahren Mängel bei

und in Nebenzentren gegeben. so daß sich hier automatisch eine ten- denzielle Ballung nicht nur von ärzt- lichen, sondern auch anderer Dienstleistungsangebote

Es wird Zeit, dass Ärztinnen (und das Buch richtet sich an die im Berufsleben schon fortgeschrittenen und immer wieder in ihre Schranken verwiesenen Ärztinnen) nicht nur lernen,

Wenn alle Ärzte, die an der Notfallmedizin interessiert sind und dort auch tätig werden, aus ihrem eigenen speziellen Wir- kungsbereich genügend Wissen und Fähigkeiten

Eine gestufte Schwerpunktbildung wird erst im zweiten Studien- jahr von den Studierenden selbst vorgenommen, wobei eine Auswahl zwischen zur Zeit sechs Alternativen be-

Die Broschüre gibt einen Überblick über die wichtig- sten Versicherungsarten und erläutert die besonderen Re- gelungen für behinderte Menschen, zum Beispiel bei