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Archiv "Ulkusrezidivprophylaxe — konservativ oder operativ?" (09.01.1984)

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EDITORIAL

Ulkusrezidiv- prophylaxe — konservativ oder operativ?

Wolfgang Rösch

Seit der Einführung der H 2-Re- zeptor-Antagonisten in die The- rapie des peptischen Ge- schwürs, insbesondere aber seit Erfüllung des alten Wunschtraums der konservati- ven Therapie, Ulkusrezidive durch eine Dauermedikation wirksam zu verhindern, wird vor allem in Großbritannien dem Motto gehuldigt: "A tablet a day keeps the surgeon away".

Wie die Übersichtsarbeit von Hentschel jedoch zeigt, muß auch bei einer Langzeitbehand- lung, z. B. mit H 2-Blockern, mit einer jährlichen Rezidivrate von 20 Prozent bis 30 Prozent („break-through") gerechnet werden. Wie lange eine derarti- ge medikamentöse Ulkus- prophylaxe fortgeführt werden muß, ist derzeit noch ungewiß:

Langzeit-Verlaufsbeobachtun- gen an Ulkuspatienten in Groß- britannien machen es wahr- scheinlich, daß es bei der über- wiegenden Mehrzahl der Pa- tienten zu einem „Ausbrennen"

der Krankheit nach etwa 15 Jahren kommt. Individuelle Prognosen sind jedoch nicht möglich, wie der klinische All- tag mit Patienten, bei denen sich eine über 30 und mehr Jah- re erstreckende Ulkusana- mnese erheben läßt, zeigt.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Langzeitbehandlung des Ulcus pepticum

aufgelassen werden, da zu diesem Zeitpunkt bereits 71,5 Prozent der Patienten ein Rezidiv erlitten hat- ten (22).

1.1.2 Cimetidin - Ulcus ventriculi Es liegen 4 doppelblind kontrol- lierte einjährige Studien vor (14, 17, 18, 20). Unter 400-1000 mg Ci- metidin pro Tag rezidivierten 9 von 90 Patienten (10 Prozent), unter Placebo 54 von 93 Patienten (58 Prozent). Auch dieser Unterschied ist statistisch signifikant.

1.1.3. Kritische Wertung -Cimetidin Die Wirksamkeit von Cimetidin in der Rezidivprophylaxe des Ulcus duodeni et ventriculi ist gesichert und gut dokumentiert.

1.2.1. Ranitidin - Ulcus duodeni Von 279 Patienten aus 2 Studien rezidivierten in einem Jahr 70 (25 Prozent) (3, 8).

In einem direkten Vergleich zwi- schen 150 mg Ranitidin und 400 mg Cimetidin jeweils abends über ein Jahr eingenommen, fand sich in beiden Gruppen mit 25 Prozent eine identische Rezidivrate (16).

1.2.2. Ranitidin - Ulcus ventriculi In einer halbjährigen Doppelblind- studie war die Rezidivrate unter 150 mg Ranitidin 6,7 Prozent si- gnifikant niedriger als jene von 44 Prozent bei den Placebo-Patien- ten (6a). In einer offenen unkon- trollierten Studie wurden in einem Jahr 17 Prozent Rezidive unter Ra- nitidin gesehen (6a).

1.2.3. Kritische Wertung - Ranitidin Die Wirksamkeit der Rezidivpro- phylaxe mit Ranitidin entspricht der von Cimetidin, wenn dies auch bisher nur durch wenige Studien dokumentiert ist.

Auch die derzeit gängigen Ope- rationsverfahren, wie proxi mal selektive Vagotomie (psV) beim Ulcus duodeni und Billroth-l- Resektion beim Ulcus ventricu- li, sind nicht unproblematisch:

die kumulative Rezidivquote nach psV liegt bei 10 bis 15 Prozent, die resezierenden Ver- fahren sind mit der Spätkompli- kation des Magenstumpfkarzi- noms belastet. Prinzipiell muß festgehalten werden, daß ein Maximum an Heilungschance für die Ulkuskrankheit nur durch einen höheren operati- ven Aufwand (Morbidität und Letalität) erreicht werden kann.

Da medikamentöse Langzeit- therapie und Elektivoperation prinzipiell den gleichen Perso- nenkreis betreffen, bei dem we- gen rezidivierender Geschwü- re, abgelaufener Komplikatio- nen oder Komorbidität etwas getan werden muß, sollte die Entscheidung für das eine oder andere Verfahren in einem Ge- spräch zwischen Chirurgen und Internisten getroffen wer- den (3). Dabei muß nicht nur die Kostenfrage analysiert, son- dern auch auf mögliche Lang- zeitkomplikationen sowohl un- ter der medikamentösen als auch unter der operativen The- rapie eingegangen werden.

Der Leistungsvergleich zwi- schen konservativen und ope- rativen Verfahren kann sich bis- lang erst auf zwei kontrollierte Studien stützen, die zudem mit dem Fehler der kleinen Zahl be- lastet sind und dadurch auch zu durchaus unterschiedlichen

Ergebnissen gelangen. Ström und Mitarbeiter (4) behandelten 53 Ulcus-duodeni-Patienten 23 Monate lang mit 400 mg Cimeti- din nocte. Die Rezidivrate lag trotz der Dauermedikation bei 46,5 Prozent.

Von 39 proximal selektiv vago- tomierten Patienten entwickel- ten im Beobachtungszeitraum 18 Prozent ein Rezidivulkus, insgesamt 28,3 Prozent der Pa- tienten waren mit dem Ergebnis der Operation unzufrieden.

26 (36) Heft 1/2 vom 9. Januar 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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Langzeitbehandlung des Ulcus pepticum

1.3.1. Pirenzepin — Ulcus duodeni auch, daß mit Rezidiven bezie-

hungsweise erneuten Ulkusbe- schwerden immer dann zu rechnen ist, wenn die Patien- tencompliance nachläßt.

Bei allen Überlegungen, ob konservativ oder operativ vor- gegangen werden soll, muß pri- mär berücksichtigt werden, daß es sich bei der Ulkuskrankheit um ein benignes, in Schüben verlaufendes Leiden handelt.

Im Einzelfall müssen Individual- faktoren und auch die Neigung des Patienten zu mehr aktivem oder abwartendem Vorgehen Eingang in die Entscheidung finden. Die Tendenz beim rezi- divierenden Magengeschwür geht heute eher in Richtung Operation; beim Ulcus duodeni scheint der Versuch einer medi- kamentösen Langzeitbehand- lung möglich, doch sollte der Patient auf die chirurgische Al- ternative aufmerksam gemacht werden. Ebenso sollte bei Rezi- diven unter einer Dauermedika- tion mit dem operativen Eingriff nicht gezögert werden.

Es könnte durchaus sein, daß der derzeitige Enthusiasmus über die Möglichkeiten der me- dikamentösen Ulkusrezidivpro- phylaxe schon bald einer Er- nüchterung weicht, wie uns dies unsere chirurgischen Kol- legen mit der Beurteilung der proximal selektiven Vagotomie schon vorexerziert haben.

Literatur beim Sonderdruck (zu beziehen über den Verfasser)

Professor

Dr. med. Wolfgang Rösch Medizinische Klinik am Krankenhaus Nordwest der Stiftung Hospital

zum Heiligen Geist Steinbacher Hohl 2-26 6000 Frankfurt 90

In 5 Studien (5, 7, 9, 25, 26a) rezidi- vierten unter einer Pirenzepin- Dauertherapie in einem Jahr 45 von 87 (52 Prozent) Patienten, im Vergleich zu 96 von 113 (85 Pro- zent) Placebo-Patienten. Bei zwei dieser Studien (5, 7) mit einer Pi- renzepindosis von 50 mg und 100 mg pro Tag war die Differenz zu- gunsten von Pirenzepin statistisch signifikant, während in den 3 an- deren Studien mit Dosen von 30 mg, 50 mg und 100 mg pro Tag vermutlich wegen der zu kleinen Fallzahlen keine überlegene Wir- kung gesichert werden konnte.

1.3.2. Pirenzepin Ulcus ventriculi Über eine Langzeittherapie des Ul- cus ventriculi mit Pirenzepin lie- gen keine Berichte vor.

1.3.3. Kritische Wertung

— Pirenzepin

Unter Pirenzepin treten weniger Rezidive des Ulcus duodeni auf als unter Placebo. Für einen stati- stisch signifikanten Unterschied ist bei einem Teil der Studien die Fallzahl zu klein. Verglichen mit den H 2-Rezeptor-Antagonisten scheint Pirenzepin in der Tendenz etwas schwächer wirksam zu sein.

Eine Wirksamkeit beim Ulcus ven- triculi ist nicht belegt.

1.4.1. Sucralfat Ulcus duodeni In 4 Studien rezidivierten unter ei- ner Sucralfatdosis von 1, 2, 2,5 und 3 Gramm im Zeitraum von 6 Monaten 26 von 121 (21 Prozent) Patienten. In den Kontrollgruppen erlitten 61 von 109 (56 Prozent) Patienten ein Rezidiv. In allen vier Studien war der Unterschied signi- fikant (6, 19, 21, 26). Zwei der vier Studien wurden auf ein Jahr aus- gedehnt. Nach 12 Monaten Sucral- fattherapie mit 2,5 g (26), bzw. 1 g oder 2 g (21) waren 44 Prozent bzw. 47 Prozent Rezidive aufgetre- ten, im Vergleich zu 82 Prozent Gear (1) kommt in einer ähnlich

angelegten Studie zu dem Schluß, daß bei einer Rezidiv- quote unter einer 1- bis 4jähri- gen H 2-Blocker-Therapie von 54 Prozent jedem Patienten frühzeitig die Vagotomie mit ei- ner Rückfallquote von nur 10 Prozent angeboten werden sollte.

Alle bislang gemachten Ausfüh- rungen beziehen sich mehr oder weniger ausschließlich auf das Zwölffingerdarmgeschwür.

Beim Ulcus ventriculi gilt nach wie vor, daß jedes Geschwür, das nicht innerhalb von 3 Mo- naten unter einer adäquaten medikamentösen Behandlung abgeheilt ist, reseziert werden sollte, da die endoskopisch bioptische Sicherung eines ex- ulzerierten Karzinoms durch- aus problematisch sein kann.

Bei mehr als zwei Rezidiven pro Jahr und bei vorausgegange-

nen Komplikationen ist eben- falls die Indikation zur Magen- teilresektion gegeben.

Eine Langzeittherapie als Alter- native zur proximal selektiven Vagotomie ist bei häufig rezidi- vierenden Ulcera duodeni, bei vorausgegangenen Komplika- tionen (Blutung oder Perfora- tion) und insbesondere bei schweren Grundkrankheiten wie Niereninsuffizienz, Zustand nach Nierentransplantation, Le- berzirrhose, chronischer pul- monaler Insuffizienz und Herz- klappenfehler zu diskutieren.

Daß das Prinzip der konservati- ven Langzeitbetreuung effektiv ist, zeigt eine Studie von Gray und Mitarbeitern (2). Während eines Beobachtungszeitraums von 5 Jahren konnte 60 Prozent von ursprünglich 50 Patienten, bei denen ein Elektiveingriff vorgesehen war (in einem Drit- tel der Fälle wegen Ulkuskom- plikationen) die Operation er- spart werden. Sie zeigt aber

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 1/2 vom 9. Januar 1984 (39) 27

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