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Archiv "Berufsreport 2003: Geschlechterunterschiede im Beruf" (19.03.2004)

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T H E M E N D E R Z E I T

A

A776 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1219. März 2004

D

ie Medizin ist immer noch von Männern dominiert. Dies zeigt sich schon in der geschichtlichen Ent- wicklung. Die Universität Zürich war nach der Universität Paris die zweite in Europa, die ab 1865 Frauen prinzipiell zum Medizinstudium zuließ. In Deutsch- land wurde es Frauen 1900 erstmalig er- möglicht, ein Studium der Humanmedi- zin aufzunehmen. Seither hat der Frauen- anteil unter den Medizinstudierenden kontinuierlich zugenommen. Im Winter- semester 2000/2001 lag er bei 62 Prozent (1, 2). Betrachtet man die Anzahl bestan- dener Abschlussprüfungen im Fach Me- dizin (und damit den Eintritt ins Berufs- leben als Arzt im Praktikum) im Hin- blick auf geschlechtsspezifische Unter- schiede, so findet sich bei den Männern weitgehend Stagnation, bei den Frauen dagegen ein leichter Wachstumstrend (HIS). Eine Analyse der Bundesärzte- kammer zeigte, dass bei den Qualifi- kationsstufen Studenten, Examenskan- didaten, Promotionen, berufstätige Ärz- te und wissenschaftliche Assistenten an Hochschulen derzeit ein circa 15 Prozent höherer Frauenanteil zu finden ist als noch vor 20 Jahren (3).

Dennoch wäre es übereilt, angesichts dieser Tendenzen von einer „Feminisie- rung der Medizin“ zu sprechen. Im Lau- fe der auf das Examen folgenden Berufs- jahre scheiden immer mehr Frauen aus

dem Arbeitsprozess aus. In der Literatur wird eine Reihe von Gründen diskutiert:

Wichtigster Punkt scheint hier die nur schwierige (und mit einer Reihe von Kompromissen verbundene) Vereinbar- keit von Karriere und Familienplanung zu sein. Als weitere Ursachen kommen Vorurteile gegenüber Frauen, fehlende Anerkennung und fehlende Unterstüt- zung sowie fehlende weibliche Vorbilder in Betracht (4). Unter den berufstätigen Medizinern haben deutlich mehr Män- ner als Frauen eine Facharztweiterbil- dung abgeschlossen (5), die die Grund- voraussetzung für eine Niederlassung oder auch das berufliche Weiterkommen

innerhalb einer Klinik darstellt. Ähnli- che Entwicklungen zeichnen sich in ver- schiedenen Stadien der beruflichen und akademischen Laufbahn ab. Nur jede zehnte leitende Stelle in Krankenhäu- sern ist mit einer Ärztin besetzt, und die einflussreichen Positionen an Univer- sitäten sind nach wie vor mit über 95 Prozent von Männern besetzt (6).

Eine Analyse der Daten des Berufs- reports 2003 sollte in erster Linie fol- gende Fragen beantworten:

> Unterscheiden sich Ärztinnen und Ärzte hinsichtlich ihrer formalen Aus- bildung?

> Zeigen sich Unterschiede in der Arbeitszeit?

> Ist die Bezahlung bei Ärztinnen und Ärzten vergleichbar?

> Gibt es Unterschiede in der „allge- meinen Lebenszufriedenheit“?

Den Fragebogen hat eine interdiszi- plinäre Arbeitsgruppe (Mediziner und Sozialwissenschaftler) in Kooperation mit dem Deutschen Ärzteblatt erarbeitet (siehe DÄ, Heft 1–2/2004). Für die Ana- lyse der Daten wurden je nach Fragestel- lung und Skalenniveau unterschiedliche Auswertungsmethoden eingesetzt. Un- terschiede zwischen den Gruppen (zum Beispiel Geschlecht, Fachbereich, be- rufliche Position) wurden varianzana- lytisch untersucht. Soweit Normalver- teilung gegeben war, wurden para- metrische Verfahren (zum Beispiel T-Test, ANOVA), in allen anderen Fäl- len nichtparametrische Verfahren (zum Beispiel Chi-Quadrat-Test, Mann-Whit- ney-U-Test, Kruskal-Wallis-Test) ange- wendet. Zusammenhänge zwischen ver- schiedenen Variablen wurden mit mul- tiplen Korrelationen beziehungsweise Regressions-Analysen untersucht. Als

Berufsreport 2003

Geschlechterunterschiede im Beruf

Obwohl immer mehr Frauen den Arztberuf ergreifen, gibt es immer noch deutliche Unterschiede

in der beruflichen Entwicklung von Ärztinnen und Ärzten.

1Referenzzentrum Lebensqualität in der Onkologie (Leiter:

Priv.-Doz. Dr. phil. Thomas Küchler), Klinik für Allgemei- ne Chirurgie und Thoraxchirurgie (Direktor: Prof. Dr. med.

Bernd Kremer), Klinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel

2Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie (Direktor: Prof. Dr. med.Wolfgang Weidner), Klinikum der Justus-Liebig-Universität Gießen

3Klinik für Pathologie (Direktor: Prof. Dr. med. Reinhard Büttner), Klinikum der Rheinischen Friedrich-Wilhelms- Universität Bonn

Der Berufsreport 2003 basiert auf einer Kooperati- on der Wissenschaftler Beate Bestmann, M.A., Uni- versität Kiel, Dr. med. Volker Rohde, Universität Gießen, Priv.-Doz. Dr. med. Axel Wellmann, Univer- sität Bonn, sowie der Stabsstelle Marktforschung des Deutschen Ärzte-Verlages (Gabriele Reinert) und der Redaktion des Deutschen Ärzteblattes. Der Beitrag legt den Schwerpunkt auf die unterschied- lichen beruflichen Lebensläufe von Ärztinnen und Ärzten. Weitere Ergebnisse der übrigen Fragebo- genkomplexe werden sukzessive publiziert.

Beate Bestmann1 Volker Rohde2 Axel Wellmann3 Thomas Küchler1

´ Tabelle 1CC´

Berufliche Position bei den Klinikerinnen und Klinikern

Position Geschlecht

männlich weiblich gesamt N = 673 N = 401 N = 1 074

AiP 0,7 % 2,5 % 1,4 %

Assistent 20,7 % 41,6 % 72,6 % Stationsarzt 19,5 % 18,2 % 7,8 % Oberarzt 35,4 % 33,4 % 4,5 % Chefarzt 17,7 % 3,7 % 12,8 % Klinikdirektor 6,1 % 0,5 % 0,9 % Gesamt 100,0 % 100,0 % 100,0 %

(2)

„Overall-Signifikanzniveau“ wurden fünf Prozent festgelegt.

Aus der Grundgesamtheit aller Ärz- tinnen und Ärzte in Deutschland wurde eine Stichprobe N = 7 000 (je 3 500 Kli- niker und Niedergelassene) angeschrie- ben. Bis zum Stichtag, dem 20. April 2003, gingen 2 165 Fragebögen beim Deutschen Ärzte-Verlag ein und ge- langten in die Auswertung. Dies ent- spricht einer Gesamtrücklaufquote von 30,9 Prozent. Von den Befragten waren zwei Drittel (67,2 Prozent) Männer und ein Drittel (32,8 Prozent) Frauen.

Die weiblichen Befragten waren im Durchschnitt jünger als die männlichen und verfügten daher auch über weni- ger Berufserfahrung. Deutliche Unter- schiede zeigten sich beim Familien- stand. Während 80 Prozent der Ärzte angaben, verheiratet zu sein, waren es bei den weiblichen Befragten gerade einmal 57,4 Prozent. Entsprechend ist der Anteil der Ledigen bei den Frauen höher. Mit Blick auf wissenschaftliche Abschlüsse und Titel offenbart der Be- rufsreport jedoch keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen (Chi- Quadrat-Test, p > .05). Die Themen- komplexe „Berufliche Position“, „mo- natliche Arbeitszeit“ und „Organisati- on und Leitung“ wurden nur im Kli- nikerfragebogen abgefragt. Basis der Auswertungen zu diesen Bereichen ist daher nicht das Gesamtkollektiv, son- dern die Gruppe der Krankenhausärz- tinnen und -ärzte (N = 1 074). Die beruf- liche Situation ist nur im Kliniker-Fra- gebogen erfasst, weil sich bei den Nie- dergelassenen keine vergleichbare hier- archische Struktur findet.

Männer arbeiten länger

Der Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Befragten hinsichtlich ihrer beruflichen Position ist statistisch signifikant (Chi-Quadrat-Test, p < .001).

Frauen sind deutlich seltener in höheren Positionen (> Oberarzt) vertreten als Männer. Bei den Assistenten (= niedri- gere Berufsposition) finden sich dage- gen doppelt so viele Ärztinnen (41,6 Prozent) wie Ärzte (20,7 Prozent).

Die Fragen zur Arbeitszeit wurden nur den Ärztinnen und Ärzten gestellt, die abhängig beschäftigt sind, das heißt

nur den Klinikern (N = 1 074). Dabei zeigte sich, dass die männlichen Befrag- ten durchschnittlich mehr Stunden pro Monat arbeiten als die weiblichen (T- Test für unabhängige Stichproben, p < .001). Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass unter den Befragten Frau- en zu einem größeren Prozentsatz (20,1 Prozent) in Teilzeit beschäftigt sind als Männer (2,4 Prozent). Doch auch bei

den Teilzeitbeschäftigten arbeiten die Männer im Durchschnitt länger. Die Frage, ob Frauen (beispielsweise auf- grund familiärer Verpflichtungen) tat- sächlich weniger arbeiten oder nur „ehr- licher“ antworten, lässt sich anhand der vorliegenden Daten nicht klären.

Insgesamt liegt der Anteil derer, die die Facharztweiterbildung (noch) nicht abgeschlossen haben, bei den Frauen deutlich höher als bei den Männern (28,1 Prozent gegenüber 15,3 Prozent).

Dieser Unterschied ist statistisch signi- fikant (Chi-Quadrat-Test, p < .001). In etwa gleich viele Männer und Frauen konnten ihre Weiterbildung nicht zeit- gerecht beenden. Bemerkenswert ist die Aufschlüsselung der Gründe: Wäh- rend Frauen dienstliche Gründe sel- tener (57,1 Prozent) als Männer (62,6 Prozent) angaben, gaben die Frauen

„persönliche Gründe“ mit 48 Prozent deutlich häufiger an als die Männer (25,9 Prozent). Zwar wurden die Grün- de nicht weiter differenziert, doch ga- ben viele Frauen in der Kategorie „Son- stige Gründe“ meist „Babypause“ als freie Antwort. Dem Berufsreport zufol- ge sind Frauen sowohl mit der theoreti-

schen als auch mit der praktischen Wei- terbildung unzufriedener als Männer.

Die Theorie bewerteten die Männer im Durchschnitt mit der Note 2,96, Frauen hingegen mit 3,23. Die Unterschiede in der Bewertung der praktischen Weiter- bildung sind sogar noch größer: Männer vergaben eine 2,75 und Frauen eine 3,1.

Geschlechtsspezifische Unterschiede zeigten sich auch bei der Beurteilung

der Organisations- beziehungsweise Lei- tungsebene. Übereinstimmung zwischen männlichen und weiblichen Befragten herrscht lediglich bei der Einschätzung, dass die Anzahl der ärztlichen Mitarbei- ter in der Klinik nicht ausreicht. Anson- sten beurteilen Ärztinnen die Organisa- tion und Leitung negativer als die Ärzte.

Besonders deutliche Unterschiede zeig- ten sich bei den Statements „Die Lei- tung ist an der Meinung/Vorschlägen der Mitarbeiter interessiert“, „Prozesse in der Klinik werden ständig angepasst und verändert“, „In der Abteilung finden Mitarbeitergespräche ausreichend statt“,

„Mit den Mitarbeitern werden Karriere- ziele vereinbart, die regelmäßig evaluiert werden“ und „Die Leitung setzt sich für die Mitarbeiter ein“.

Die Einkommensverteilung zeigt, dass – wie erwartet – weibliche Befragte im Durchschnitt deutlich häufiger in den unteren Gehaltskategorien anzutreffen sind als ihre männlichen Kollegen. Dies trifft sowohl auf niedergelassene als auch auf Krankenhausärztinnen und -ärzte zu.

Die oberen Kategorien (150 000 Euro bis mehr als 250 000 Euro) sind stärker von Männern besetzt, wobei sich hier die Un- T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1219. März 2004 AA777

Grafik 1

Vergleich der Arbeitszeit bei Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung

70 60 50 40 30 20 10 0

52,8 47,6

68,6 67,6

33,0 29,3

47,9 37,5

Stunden

durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit ohne Bereitschaftsdienste

durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit mit Bereitschaftsdiensten

durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit ohne Bereitschaftsdienste

durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit mit Bereitschaftsdiensten IImännlich

IIweiblich

Vollzeit Teilzeit

(3)

terschiede am stärksten bei den Klini- kern zeigen. Berücksichtigt man den Be- schäftigungsstatus (Vollzeit versus Teil- zeit), so verschwinden die geschlechts- spezifischen Unterschiede bei den Teil- zeitbeschäftigten. Dies liegt jedoch vor allem an der verschwindend geringen Fallzahl (N = 16, 2,4 Prozent) von männ- lichen Befragten in Teilzeitbeschäftigung (Frauen: N = 82, 20,1 Prozent). Bei den Vollzeitbeschäftigten hingegen liegt das Einkommen der Frauen deutlich unter dem der Männer.

Unzufrieden mit dem Arztbild

Die Befragten wurden gebeten, ihre Zu- friedenheit mit verschiedenen Berei- chen ihres Lebens auf einer Skala von 1 (voll und ganz unzufrieden) bis 10 (voll und ganz zufrieden) zu bewerten.

Während Frauen und Männer bei der Einschätzung der meisten Items (zehn von 16 Items) übereinstimmten, zeigten sich in sechs Bereichen Unterschiede.

Die weiblichen Befragten sind deutlich unzufriedener mit „ihrer Tätigkeit im Haushalt“, mit den „vorhandenen Mög- lichkeiten der Kinderbetreuung“, mit dem „Netz der sozialen Sicherung“, mit dem „Zustand der Umwelt hier in der Region“, mit dem „Arztbild in den Pu- blikumsmedien“ und mit dem „Arztbild in der Gesellschaft im Allgemeinen“.

Mit dem „Verhältnis zu ihren Patienten“

hingegen sind die weiblichen Befragten zufriedener als ihre männlichen Kolle- gen (p < .05). Die größte Diskrepanz zwi- schen Männern und Frauen zeigt sich in der Zufriedenheit mit „den vorhande- nen Möglichkeiten der Kinderbetreu- ung“. Die größte Unzufriedenheit herrscht sowohl bei Ärztinnen als auch

bei Ärzten über das „Arztbild in den Pu- blikumsmedien“.

Obwohl es zwischen Ärztinnen und Ärzten Unterschiede in der allgemei- nen Lebenszufriedenheit gibt, die zu einem großen Teil auf die schlechte Vereinbarkeit der Lebenssphären Beruf und Familie zurückzuführen sind, stim- men beide überraschenderweise in der Beurteilung der Arbeitsbedingungen überein. Der Anteil von Zufriedenen („sehr zufrieden“ und „eher zufrie- den“) und Unzufriedenen („gar nicht zufrieden“ und „eher unzufrieden“) ist bei männlichen und weiblichen Befrag- ten nahezu identisch.

Auch auf die Frage „Würden Sie sich zu den gegenwärtigen Bedingungen noch einmal für diesen Beruf entscheiden?“

antworteten Ärztinnen und Ärzte ähnlich. Beachtlich hoch ist der Anteil

derer, die sich „wahrscheinlich nicht“ beziehungsweise „auf keinen Fall“ wieder für den Arztberuf entscheiden wür- den (37,1 Prozent der Männer und 31,8 Prozent der Frauen).

Ziel des vorliegenden Bei- trages war es, die berufliche Situation von Ärztinnen und Ärzten zu vergleichen. In der formalen Ausbildung zeigten sich keine markanten Unter- schiede zwischen Männern und Frauen. Die prozentua- len Anteile wissenschaftli- cher Abschlüsse (Promotion, Habilitation) unterscheiden sich nicht signifikant. Dies ist insofern verwunderlich, als in der Literatur immer wieder beschrieben wird, dass der Anteil von Frauen unter den Promotionen bei rund 40 Pro- zent und bei den Habilitationen nur noch bei rund zehn Prozent liegt (7).

Deutliche Unterschiede fanden sich hingegen im Hinblick auf die Altersver- teilung und die derzeitigen beruflichen Positionen: Unter den weiblichen Be- fragten fanden sich überproportional mehr jüngere in niedrigerer hierarchi- scher Position. Dies lässt sich vor allem dadurch erklären, dass der Frauenanteil in der Medizin erst langsam zunimmt.

Immer mehr Frauen entscheiden sich für ein Medizinstudium, und ihr Anteil steigt auch bei den Absolventen und Ärzten im Praktikum (AiPler) kontinuierlich, das heißt, es gibt unter den Berufsanfängern einen deutlich höheren Anteil von jun- gen Ärztinnen. Da das Alter in der Medi- zin „von erheblicher Bedeutung für die jeweilige Position ist“ (8), bleibt die span- nende Frage, ob sich diese Disparitäten im Laufe der nächsten Jahre ausgleichen und es möglicherweise gar zu einer

„Feminisierung der Medizin“ kommt, oder ob beim weiblichen Nachwuchs der

„Schereneffekt“ zum Tragen kommt, das heißt, dass – obwohl es direkt nach dem Examen keinen Unterschied in den Lei- stungen, Erwartungen und Zielen zwi- schen Ärztinnen und Ärzten gibt – der berufliche Erfolg bei Frauen bereits ab dem AiP deutlich geringer ist als bei ihren männlichen Kollegen (9).

Deutliche Unterschiede gibt es auch beim Familienstand. Bei den Ärztinnen T H E M E N D E R Z E I T

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A778 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1219. März 2004

Grafik 2

Bewertung der Organisation und Leitung

1 1,5 2 2,5 3 3,5 4

trifft voll und trifft gar

ganz zu nicht zu

Das Betriebsklima ist gut Die Leitung ist an der Meinung/Verbesserungs- vorschlägen der Mitarbeiter interessiert Prozesse in der Klinik werden ständig angepasst und verändert Die Anzahl der ärztlichen Mitarbeiter in der Klinik ist ausreichend Die Anzahl qualifizierten Pflegepersonals in Ihrer Klinik ist ausreichend Die Leitung der Abteilung ist für Führungsaufgaben speziell geschult In der Abteilung finden Mitarbeitergespräche ausreichend statt In der Abteilung findet externes Coaching statt Mit den Vorgesetzten werden Karriereziele vereinbart, die regelmäßig evaluiert werden Die Leitung setzt sich für die Mitarbeiter ein Durch den Kostendruck hat sich die tägliche ärztliche Tätigkeit verschlechtert

IImännlich IIweiblich

´ Tabelle 2CC´

Einkommen von Ärztinnen und Ärzten in Klinik und Praxis

Niedergelassene Kliniker

männlich weiblich gesamt männlich weiblich gesamt bis 35 000 A 4,72 % 14,29 % 7,39 % 3,03 % 14,57 % 7,42 % über 35 000 bis 50 000 A 7,15 % 19,51 % 10,60 % 23,03 % 36,05 % 27,98 % über 50 000 bis 90 000 A 23,75 % 28,22 % 25,00 % 41,52 % 40,25 % 41,03 % über 90 000 bis 150 000 A 35,36 % 25,09 % 32,49 % 20,15 % 8,64 % 15,77 % über 150 000 bis 250 000 A 21,19 % 8,71 % 17,70 % 8,79 % 0,49 % 5,63 % über 250 000 A 7,83 % 4,18 % 6,81 % 3,48 % 0,00 % 2,16 %

(4)

ist der Anteil der Ledigen deutlich höher als bei den Ärzten. Die Befunde decken sich mit denen der Literatur (9). Die Ärztinnen haben häufiger vollzeitberufs- tätige und gut ausgebildete Partner, wo- hingegen Ärzte oft mit Partnerinnen zu- sammenleben, die ihnen in Ausbildung und Status unterlegen sind und deshalb eher bereit sind, ihre beruflichen Ambi- tionen hinter die des Mannes zurückzu- stellen (10). Daher erfahren die Ärzte mehr Entlastung und soziale Unterstüt- zung in ihrer Partnerschaft als die Ärz- tinnen. Die Partnerschaft ist für die Kar- riere der Ärztinnen entsprechend weni- ger förderlich als für Ärzte (11).

Dass die Bezahlung bei den weibli- chen Befragten deutlich geringer ausfällt als bei ihren männlichen Kollegen, liegt nicht daran, dass bei den Ärztinnen der Anteil der Teilzeitbeschäftigungen höher ist. Der gleiche signifikante Unterschied findet sich auch, wenn man nur Vollzeit- beschäftigte untersucht. Trotz des stei- genden Frauenanteils in der Medizin fanden auch andere Autoren beispiels- weise in Quebec (12) immer noch deutli- che Unterschiede hinsichtlich des Ein- kommens und der Arbeitszeit.

Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten ist bei den Frauen fast zehnmal so hoch wie bei den Männern. Sowohl bei den Teilzeitarbeitnehmern als auch bei den Befragten in Vollzeit zeigte sich, dass die männlichen Befragten durchschnittlich mehr Stunden je Monat arbeiten als die weiblichen Befragten (13). Ein mögli- cher Grund hierfür ist, dass es für Frauen wegen der geringeren Entlastung durch den Partner schwieriger ist, die Lebens- bereiche „Klinische Ausbildung“, „Aka- demische Profilierung“ und „Familie und Haushalt“ unter einen Hut zu brin- gen. Eine abschließende Beurteilung lässt die Datenlage nicht zu.

Beruf und Familie schwer vereinbar

„Von Frauen wird heute in widersprüch- licher Weise sowohl berufliche Leistung als auch familiäre Arbeit erwartet. Frau- en – insbesondere in hoch qualifizierten Berufen – sollen beruflich ,ihren Mann stehen‘ und privat die Familie managen“

(9). Speziell für den Arztberuf gilt, dass die Aus- und Weiterbildung eine lange

zeitliche Flexibilität verlangt, durch die sich die Lebenssphären „Beruf“ und

„Familie“ nur schwer miteinander ver- einbaren lassen. Die Ergebnisse des Be- rufsreports 2003 zeigen an einigen Stel- len Unzufriedenheitspotenziale und ge- schlechtsspezifische Unterschiede auf.

Sie betreffen vor allem die Arbeitszeit, die Vergütung sowie familienassoziierte Bereiche (zum Beispiel Tätigkeit im

Haushalt, Möglichkeiten der Kinderbe- treuung) der allgemeinen Lebenszufrie- denheit. Politik, Krankenhäuser und Universitäten sind hier aufgerufen, Rah- menbedingungen zu schaffen, die Ärz- tinnen und Ärzten ein zufrieden stellen- des Nebeneinander von Beruf und Fami- lie ermöglichen. Das Problembewusst- sein ist in der Politik vorhanden, wie sich beispielsweise in der Rede der Bundes- ministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn, auf dem 105. Ärzte- tag in Rostock (2002) über „Frauen in Wissenschaft und Lehre – Familie und Beruf als gesamtgesellschaftliche Aufga- be“ zeigt. Leider lässt die Umsetzung dieser Erkenntnisse bisher auf sich war- ten. Der Schlüssel für Veränderungen in der Aus- und Weiterbildung junger Ärz- tinnen und Ärzte liegt in den Kranken- häusern und Universitäten, weil gerade Hochschullehrer als Rollenvorbilder prägend sind. Die Veränderungen müs- sen schon zu Beginn der Ausbildung an- setzen, damit sie in zukünftigen Genera- tionen greifen können (14).

Bei der Gesamtgruppe der Befragten ist vor allem die Diskrepanz zwischen

den genannten Belastungsfaktoren und der dennoch verhältnismäßig hohen Zu- friedenheit mit den Arbeitsbedingungen erstaunlich. Weder hierarchische Positi- on, Anzahl der Überstunden, mangelnde Unterstützung durch den Weiterbilder, Anzahl der wöchentlichen Überstunden, personelle Ausstattung der jeweiligen Einrichtung noch die Bezahlung beein- flussen die berufliche Zufriedenheit bei

Ärztinnen oder Ärzten. Bei den Ärztin- nen wird dies noch deutlicher: Die größe- re Unzufriedenheit mit allen abgefragten Bereichen und die spezifische Unzufrie- denheit mit den familienbezogenen Rah- menbedingungen haben keinen Einfluss auf die Gesamtbewertung des Berufs.

Denn in einem Punkt herrscht Überein- stimmung zwischen Ärztinnen und Ärz- ten:Trotz aller Unzufriedenheit geben 63 Prozent der Männer und 68,1 Prozent der Frauen an, dass sie sich zu den gegen- wärtigen Bedingungen auch heute wie- der für diesen Beruf entscheiden würden.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2004; 101: A 776–779 [Heft 12]

Anschrift für die Verfasser:

Beate Bestmann

Referenzzentrum Lebensqualität in der Onkologie Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel Arnold-Heller-Straße 7, 24105 Kiel

Telefon: 04 31/5 97 25 47, Fax: 04 31/5 97 22 18 E-Mail: bbestmann@chirurgie-sh.de

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Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1219. März 2004 AA779

Grafik 3

Wie zufrieden sind Sie mit den folgenden Bereichen Ihres Lebens?

Gesundheit Arbeit Tätigkeit im Haushalt Einkommen des Haushalts Wohnung Freizeit Kinderbetreuung Netz der sozialen Sicherung Umwelt Lebensstandard Verhältnis zu Patienten Verhältnis zu Partner/in Freundes- und Bekanntenkreis Arztbild in den Publikumsmedien Arztbild in den Fachmedien Arztbild in der Gesellschaft im Allgemeinen 10

9 8 7 6 5 4 3 2 1

männlich weiblich

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit1204 abrufbar ist.

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