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Archiv "Berufsreport 2003: Klinik, Forschung und Lehre - Ein Spagat" (02.04.2004)

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T H E M E N D E R Z E I T

A

A908 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 142. April 2004

V

iele Probleme aus dem Umfeld wissenschaftlich arbeitender Ärz- tinnen und Ärzte sind seit Jahren bekannt: die vertikale Hierarchie, Ver- trags- und Vergütungssysteme ohne Bo- nus für eingeworbene Drittmittel, zu kurze Förderungszeiten und zu geringe Fördersummen. Die vielfach fehlen- den Strukturen für eine gewinnbringen- de Wiedereingliederung von aus dem Ausland zurückkehrenden Stipendia- ten und der unter anderem deshalb nicht unerhebliche Talent-Exodus gen USA haben im Jahr 2000 das Bun- desministerium für Bildung und For- schung veranlasst, die Initiative „Pro- ject TALENT“ ins Leben zu rufen. Es sollte Lage, Rückkehrpläne und wissen- schaftspolitische Ansichten deutscher Nachwuchswissenschaftler in den USA erfassen (1). Die innerhalb des Projekts ebenfalls initiierten Expertengespräche beschreiben eindringlich, dass allein die Dienstrechtreform und die Einführung der Juniorprofessuren ohne begleiten- den internen Wandel der deutschen Hochschulen keine kurzfristige Verbes- serung der internationalen Wettbewerbs- position erwarten lassen (1). Trotz des einsetzenden Problembewusstseins der politischen Entscheidungsträger prägt der Spagat zwischen Klinik, Lehre und Forschung weiterhin den Alltag.

Unbestritten ist – neben der Wissen- schaft – die grundlegende Bedeutung der Lehre für jede ärztliche Tätigkeit in

Klinik und Forschung. Seit langem wird über die Defizite in diesem Bereich dis- kutiert. Im Gegensatz zur Forschung sind hier bereits Modellversuche wie das Heidelberger Curriculum Medici- nale oder das Dresdner integrative pro- blemorientierte Lernen erfolgreich ver- laufen, sodass eine nachhaltige Verbes- serung zumindest aus der Sicht der Stu- dierenden greifbar nahe erscheint (2).

Über die Perspektive der Lehrenden fehlten bislang jedoch methodisch fun- dierte Daten.

Auffällig viele Zeitverträge

Um ein erstes repräsentatives Mei- nungsbild zur gegenwärtigen Situation deutscher Ärztinnen und Ärzte in For- schung und Lehre zu skizzieren, wurden folgende Fragestellungen formuliert:

1. Unter welchen Arbeitsbedingun- gen und mit welcher Motivation wird an den Kliniken Wissenschaft und Lehre betrieben?

2. Wie werden wissenschaftliche Pro- jekte in Deutschland gegenwärtig fi- nanziert?

Der Deutsche Ärzte-Verlag verfügt über eine komplette Adresskartei aller Ärztinnen und Ärzte in Deutschland.

Aus dieser Grundgesamtheit wurde eine Zufallsstichprobe der Größe N = 7 000 gezogen und angeschrieben. Berück- sichtigt wurden die Merkmale Bundes- land, Geschlecht und Tätigkeit (je 50 Prozent niedergelassene und 50 Pro- zent Krankenhausärzte).

Die optische Gestaltung des Frage- bogens erfolgte gemäß Dillmans „To- tal-Design-Method“ (3). Insgesamt ent- hielt der Fragebogen elf verschiedene Dimensionen mit 65 geschlossenen und offenen Fragen. Zum Thema Forschung und Lehre wurden elf Fragen gestellt (4).Auf weitere Aktivitäten für eine Er- höhung der Rücklaufquote (Nachfass- aktion, Einsatz von Incentives) wurde verzichtet, um größtmögliche Anony- mität zu gewährleisten.

Bis zum Stichtag gingen 2 165 Frage- bogen beim Deutschen Ärzte-Verlag ein und gelangten in die Auswertung.

Die Rücklaufquote betrug 30,9 Pro- zent, die Rücklaufquoten von Klinikern und Niedergelassenen waren beinahe identisch (31,2 Prozent beziehungswei- se 30,2 Prozent).

Zur Überprüfung der Repräsentati- vität wurden die Stichproben mit der Grundgesamtheit (5) hinsichtlich be- stimmter soziodemographischer Merk- male verglichen. Bei den Klinikern wurden bei den Variablen Alter und Geschlecht geringfügige Korrekturen durch Gewichtungsfaktoren (6) vorge- nommen, um eine Repräsentativität zu erreichen.

Berufsreport 2003

Klinik, Forschung und Lehre:

Ein Spagat

Bei den meisten Ärztinnen und Ärzten schließt sich die wissenschaftliche Arbeit an einen normalen zehn- bis zwölfstündigen Arbeitstag an.

Der Berufsreport 2003 basiert auf einer Kooperati- on der Wissenschaftler Beate Bestmann, M.A., Uni- versität Kiel, Dr. med. Volker Rohde, Universität Gießen, Priv.-Doz. Dr. med. Axel Wellmann, Univer- sität Bonn, sowie der Stabsstelle Marktforschung des Deutschen Ärzte-Verlages (Gabriele Reinert) und der Redaktion des Deutschen Ärzteblattes. Der Beitrag legt den Schwerpunkt auf die gegenwärtige Situation von Ärztinnen und Ärzten in Forschung und Lehre. Bislang sind in der Reihe Berufsreport 2003 vier Artikel erschienen: „Reformpolitik stößt auf breite Skepsis“, DÄ, Heft 21/2003; „Zufrieden- heit von Ärztinnen und Ärzten“, DÄ, Heft 1–2/2004,

„Beurteilung der Fort- und Weiterbildung“, DÄ, Heft 5/2004 und „Geschlechterunterschiede im Be- ruf“, DÄ, Heft 12/2004. „Klinik, Forschung und Leh- re: Ein Spagat“ ist der letzte Beitrag der Reihe.

1Klinik für Urologie und Kinderurologie Universitätsklini- ken Gießen (Direktor: Prof. Dr. W. Weidner),2Referenzzen- trum für Lebensqualität (Leiter: Priv.-Doz. Dr. Th. Küchler), Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie (Direktor Prof. Dr. B. Kremer), Universitätsklinikum Schles- wig-Holstein, Campus Kiel,3Institut für Pathologie Uni- versitätskliniken Bonn (Direktor: Prof. Dr. Büttner)

Volker Rohde1 Beate Bestmann2 Axel Wellmann3

(2)

Von den Klinikärzten gaben 53,7 Pro- zent an, wissenschaftlich zu arbeiten.

Hiervon waren 44,7 Prozent im Status ei- nes Assistenten oder Stationsarztes, 33,9 Prozent gaben an, als Oberarzt zu arbei- ten. 94,1 Prozent der Befragten bekleide- ten eine volle Stelle, lediglich 0,9 Prozent gaben an, über Drittmittel finanziert zu werden. Auffällig viele in Wissenschaft und Forschung tätige Ärztinnen und Ärzte (54,4 Prozent) haben zeitlich befri- stete Arbeitsverträge. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass nicht nur in Univer- sitätskliniken wissenschaftlich gearbeitet wird. Zwar gaben 63,7 Prozent der Be- fragten an, an einer Universitätsklinik angestellt zu sein. Überraschenderweise antworteten 19,3 Prozent, sie seien an ei- ner Klinik der Maximal- und Schwer- punktversorgung tätig, 13 Prozent arbei- teten an einer Klinik der Grund- und Re- gelversorgung. Dort werden überwie- gend klinische beziehungsweise Medika- mentenstudien betreut.

Interessant sind die unterschiedli- chen Motive, aus denen heraus die Ärz- tinnen und Ärzte Wissenschaft betrei- ben. Bei der Möglichkeit zu Mehrfach- antworten nannten 66,4 Prozent me- dizinisch-naturwissenschaftliches Inter- esse. 52,9 Prozent gaben an, dass die Leitung der Abteilung es erwartet, und 47,5 Prozent erhoffen sich eine Qualifi- zierung für die weitere Karriere. Dieje- nigen, die keine Wissenschaft betrei- ben, wurden nicht nach ihren Gründen gefragt.

Defizite bei der Unterstützung

Um die Motivation zur wissenschaftli- chen Arbeit aufrechterhalten zu kön- nen, ist es wesentlich, dass die Kliniklei- tung diese Tätigkeit unterstützt. Von den Befragten gaben 17,4 Prozent an, gar nicht unterstützt zu werden. Immer- hin 23,1 Prozent der wissenschaftlich

tätigen Ärztinnen und Ärzte gaben an, zeitweilig freigestellt zu werden. Inhalt- lich betreut wurden 37,4 Prozent. Diese Angaben zeigen, dass auch im Bereich der nicht unmittelbar von Drittmitteln abhängigen Unterstützungsformen De- fizite bestehen.

Assistenten investieren mit durch- schnittlich 7,3 Stunden wöchentlich nur unwesentlich mehr Zeit in die wissen- schaftliche Arbeit als Oberärzte mit durchschnittlich 6,8 Stunden. Klinikdi- rektoren verbringen damit 4,8 Stunden.

Für das Schreiben von Drittmittelanträ- gen wenden Klinikdirektoren mit 3,9 Stunden mehr Zeit auf als Oberärzte (2,8 Stunden) und Assistenten (2,2 Stun- den). Eine berechtigte Frage lautet si- cher: Ist das nun viel oder wenig? Der Berufsreport 2003, in dem Fragen zu Wissenschaft und Lehre lediglich ein Modul darstellten, kann darauf keine Antwort geben. Hierzu müssten weiter- gehende Aspekte zur Forschungsstruk- tur und Organisation oder die Einbin- dung in Forschungsschwerpunkte be- kannt sein, die nicht Gegenstand dieser Befragung waren. Es bleibt aber festzu- halten, dass der zeitliche Aufwand für wissenschaftliches Arbeiten bei den meisten Befragten zusätzlich zur durch- schnittlichen Wochenarbeitszeit von 60 Stunden nach einem 10- bis 12-Stunden- Tag erfolgt.

Als ein Qualitätskriterium wissen- schaftlicher Arbeit gilt die Publikati- onsleistung. Nach einer Online Umfra- ge im Rahmen des „Project TALENT“

unter 650 deutschen Post-Doktoranden in den USA publizieren diese durch- schnittlich 2,7 wissenschaftliche Arbei- ten pro Jahr in führenden Zeitschriften ihrer Disziplin, davon 1,3 als Erstauto- ren (1). Diese Zahl wird von Nach- wuchswissenschaftlern erreicht, die 100 Prozent ihrer Arbeitszeit und Arbeits- kraft in einem meist gut funktionieren- den Umfeld investieren können.Wie ef- fektiv Nachwuchswissenschaftler unter deutschen Rahmenbedingungen sind oder wie hoch die Drop-out-Rate von ambitionierten Nachwuchswissenschaft- lern ist, ist bisher nicht erfasst.

Inhaltlich ist die wissenschaftliche Arbeit bei 84,9 Prozent der Befrag- ten klinisch ausgerichtet, 25,8 Prozent betreuen Medikamentenstudien, und nur 21 Prozent forschen grundlagen- T H E M E N D E R Z E I T

A

A910 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 142. April 2004

Grafik 1

Welche Möglichkeiten haben Sie genutzt, um das Lehren zu lernen?

(Mehrfachantworten waren möglich)

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Orientierung an den Lehrpraktiken von Kolleginnen und Kollegen Didaktische Diskussionen mit Kolleginnen und Kollegen Lehrtätigkeit außerhalb der Hochschule Teilnahme an hochschuldidaktischen Veranstaltungen Ich habe keine dieser Möglichkeiten genutzt Veranstaltungen von Studierenden Lektüre hochschuldidaktischer, pädagogischer und psychologischer Bücher Systematische Erprobung und Auswertung unterschiedlicher Lehrformen

Grafik 2

Wie wird wissenschaftliche Arbeit bei Ihnen in der Abteilung unterstützt?

(Mehrfachantworten waren möglich)

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Bereitstellung von Räumlichkeiten Bereitstellung von Sach- und Finanzmitteln inhaltliche Betreuung Finanzierung von Kongressreisen personelle Unterstützung Freistellung gar nicht

61,9 35,4

31,7 20,0 19,2 18,9 15,8 15,0

60,1 42,1

37,4 24,3 24,2 23,1 17,4

Prozent

Prozent

(3)

orientiert. Dabei sind die chirurgischen Fächer weniger grundlagenorientiert (Chirurgie 14,8 Prozent, Frauenheil- kunde vier Prozent) als konservative Fächer (Kinderheilkunde 21,1 Prozent, Psychiatrie 20,9 Prozent). 41,9 Prozent der Medikamentenstudien werden von Anästhesisten und 38,2 Prozent von In- ternisten durchgeführt, Chirurgen ga- ben diese Form wissenschaftlicher Ar- beit zu 10,1 Prozent an. Es wurde nicht erfragt, welchen Phasen einer klini- schen Prüfung (I–IV) diese Studien zu- zuordnen sind.

Gremien, wie der Medizinische Fa- kultätentag und Experten, benennen seit Jahren die Gründe für den vergleichs- weise geringen Anteil an Grundlagen- forschung und die unbefriedigende Qua- lität klinischer Forschung (7, 8). Die Um- setzung geforderter struktureller Verän- derungen steht aber weiterhin aus.

Motivation, Engagement, methodi- sches „Know-how“ und ausreichende Zeit zur Umsetzung von wissenschaftli- chen Fragestellungen laufen ins Leere, wenn Projekte nicht finanziert werden können. Interessant sind somit die Drittmittelquellen, die zur Finanzie- rung von Studienprojekten je nach wis- senschaftlicher Ausrichtung benannt wurden. 40,1 Prozent der Befragten, die klinisch orientiert arbeiten, gaben an, ihre Forschung aus öffentlichen Gel- dern zu finanzieren, 16,1 Prozent nann- ten private Stiftungen inklusive der Deutschen Krebshilfe, 28,4 Prozent wurden durch die Industrie gesponsert.

Grundlagenorientierte Projekte wurden zu 46,3 Prozent aus öffentlichen Gel- dern, zu 18,1 Prozent aus privaten Stif- tungen und zu 25 Prozent aus industri- ellen Mitteln finanziert. Medikamen- tenstudien wurden zu 34,1 Prozent aus öffentlichen Geldern, zu 13,5 Prozent von privaten Stiftungen und zu 44,1 Prozent von der Industrie finanziert.

Ob und inwieweit die Finanzierung aus mehreren Quellen erfolgte, wurde nicht gesondert erfragt.

Die Verflechtung von Industrie und Universitäten ist ein internationales Phänomen. Einerseits basieren die Ko- operationen zwischen Industrie und medizinischen Einrichtungen auf ge- setzlichen Vorschriften, wonach vor ei- ner Produkteinführung klinische Studi- en und nach der Markteinführung An- wendungsbeobachtungen durchgeführt werden müssen. Brisant und noch nicht abschließend geklärt ist andererseits die Frage, unter welchen Voraussetzun-

gen das Einwerben beziehungsweise die Vergabe von Drittmitteln die Straftat- bestände der Vorteilsnahme oder der Vorteilsgewährung erfüllen (9). Die Zahlen des Berufsreports 2003 deuten zumindest an, dass fast die Hälfte der medizinisch wissenschaftlichen Akti- vitäten in Deutschland ohne industriell-

universitäre Kooperation nicht finan- zierbar wäre.

Problematisch ist außerdem, dass diese Form der Zusammenarbeit die Darstellung von Studienergebnissen beeinflusst. Lexchin und Mitarbeiter haben gezeigt, dass pharma-gesponser- te Medikamentenstudien weniger häu- fig publiziert werden als Studien, die beispielsweise durch öffentliche Dritt- mittel finanziert werden. Weiterhin zeigte sich, dass von der Industrie geför- derte Arbeiten häufiger Ergebnisse präsentierten, die dem Sponsor Vorteile erbrachten. Bezogen auf das methodi- sche Design, zeigten industriell gespon- serte Arbeiten jedoch keine schlechtere Qualität (10).

Vergleichsweise große Bedeutung hat die Industrie auch bei der Finanzie- rung von Kongressreisen. Befragte, die klinische Studien bearbeiten, gaben zu 38 Prozent an, bei Kongressreisen zur Präsentation ihrer wissenschaftlichen Daten von der Industrie unterstützt zu werden. Befragte, die grundlagenorien-

tiert arbeiten, gaben dies zu 42,2 Pro- zent an, Betreuer von Medikamenten- studien zu 48,9 Prozent. Die Höhe der finanziellen Zuwendungen wurde nicht erfragt.

Die neue Approbationsordnung, die im Oktober 2003 in Kraft trat, hat Bewe- gung in die Lehre gebracht (2). Durch T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 142. April 2004 AA911

Grafik 4

Was ist Ihre Motivation, wissenschaftlich zu arbeiten?

(Mehrfachantworten waren möglich)

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

medizinisch-naturwissenschaftliches Interesse von der Leitung der Abteilung gewünscht Weiterqualifizierung für beruflichen Werdegang sonstige Gründe

66,4 52,9 47,5

9,4 Prozent

Grafik 3

Wissenschaftliche Tätigkeit und Lehre

(Mehrfachantworten waren möglich)

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

findet überwiegend außerhalb der Regelarbeitszeit statt wird nicht gesondert vergütet ist Bestandteil der tariflich geleisteten Arbeitszeit Ich beziehe Einkünfte aus wissenschaft- licher Tätigkeit und Lehre

55,1 44,9 39,4

7,7 Prozent

´ TabelleCC´

Kreuztabelle zur Finanzierung und inhaltlichen Ausrichtung der Forschung (Prozentuierung zeilenweise)

Ausrichtung der Forschung Finanzierung durch

öffentlich privat Deutsche Krebshilfe u. Ä. Industrie andere

klinisch 40,1 % 12,2 % 3,9 % 28,4 % 15,3 %

grundlagenorientiert 46,3 % 14,9 % 3,2 % 25,0 % 10,6 % Versorgungsforschung 30,5 % 13,6 % 3,4 % 30,5 % 22,0 % Medikamentenstudien 34,1 % 10,0 % 3,5 % 44,1 % 8,2 %

(4)

Problemorientiertes Lernen und „best evidence medical education“ soll das klinische Lehrangebot praktischer und interdisziplinärer werden.Vielerorts be- werten seither die Studierenden – wis- senschaftlich begleitet – die Lehre (2).

Nach einer Befragung aller medizini- schen Fakultäten kommt der Medizini- sche Fakultätentag zu dem Schluss, dass die Lehrevaluation etabliert ist, wobei die eingesetzten Methoden sehr hetero- gen sind, und das Problem der Bewer- tung von Lehrleistungen ungelöst ist (11). Obwohl für die Studierenden viele, nachhaltig positive Veränderungen ein- geleitet worden sind, fehlen moderne Ansätze, die Hochschullehre zu erler- nen. Lehrerfahrungen gehören aller- dings in 31 der 37 medizinischen Fakul- täten in Deutschland zu den Habilitati- onsvoraussetzungen (11).

Ansätze für Verbesserungen lassen die Methoden erkennen, die die Leh- renden genutzt haben, um sich didak- tisch fortzubilden. 61,9 Prozent gaben an, sich an den Lehrpraktiken von Kol- legen und Kolleginnen zu orientieren.

Die Teilnahme an hochschuldidakti- schen Veranstaltungen wird mit 20 Pro- zent, die Lektüre von Literatur mit pädagogischem und/oder psychologi- schem Inhalt mit 15,8 Prozent deutlich weniger genutzt.

Interessant ist die Selbsteinschätzung der Lehrenden. Auf die Frage „Wie gut fühlen Sie sich für die Aufgaben als Leh- render in didaktischer Hinsicht ausge- bildet?“ geben sich Klinikdirektoren/

Chefärzte mit 2,6 im Vergleich zu den Oberärzten mit 3,3 oder den Sta- tionsärzten/Assistenten mit 3,8 noch die

besten Noten. Ob die diskutierte „virtu- elle Akademie für Didaktik“ die didak- tische Ausbildung deutlich verbessern kann beziehungsweise genutzt würde, darüber kann man gegenwärtig nur spe- kulieren. Der Trend, dass Klinikdirek- toren/Chefärzte Zustände und Situatio- nen positiver beurteilen als Oberärzte oder Assistenten, findet sich in gleicher Weise, statistisch signifikant, in den Da- ten zur Fort- und Weiterbildung (12).

Umfragen können immer nur den Ist-Zustand abbilden. Viele Kollegin- nen und Kollegen werden sagen: „Das haben wir schon immer gewusst“ oder

„Genau so läuft das in unserem Alltag“

oder „Sensationell neue Aspekte wer- den hier nicht aufgezeigt“. Mit dem Be- rufsreport 2003 ist es aber erstmals möglich, diese subjektiven Eindrücke mit empirischen Daten zu untermau- ern. Wenn man als Berufsgruppe in ein- flussreichen Kommissionen Gehör fin- den und seine Ideen einbringen will, kann dies nur auf der Basis einer wis- senschaftlich und methodisch aner- kannten Analyse erfolgen. Die Daten können darüber hinaus als Basis für de- tailliertere Befragungen dienen, die ein-

zelne Problemfelder umfassender un- tersuchen. Die Betroffenen in ein drin- gend benötigtes Change Management einzubeziehen kann helfen, die Rah- menbedingungen für effizientes wissen- schaftliches Arbeiten wirksam zu refor- mieren.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2004; 101: A 908–912 [Heft 14]

Literatur

1. Buechtemann CF: Project TALENT-Ziele, Themen und Highlights. http://bmbf.de4055_2144html.

2. Jünger J, Köllner V: Integration eines Kommunikati- onstrainings in die klinische Lehre. Psychother Psych Med 2003; 53: 56–64.

3. Dillmann D: „Mail and telephone surveys: the total design method“, New York [u. a.] Wiley, 1978.

4. Bestmann B, Rohde V, Wellmann A, Küchler Th: Be- rufsreport 2003: Zufriedenheit von Ärztinnen und Ärzten. Dtsch Arztebl 2004; 101: A 28–32.

5. Ärztestatistik der Bundesärztekammer/Kassenärzt- lichen Bundesvereinigung (www.aerztekammer.de).

6. Gabler S (Hrsg.): „Gewichtung in der Umfragepraxis“

Opladen, Westdeutscher Verlag, 1994.

7. Rothmund M: An international comparison of the position of clinical research in Germany. Dtsch Med Wochenschr 1997 Oct 31; 122 (44): 1358–1362.

8. Adler G: Evaluation of scientific medicine in Ger- many, Dtsch Med Wochenschr 2000 Sep 22; 125 (38):

1115–1116.

9. Tag B, Tröger J: Drittmitteleinwerbung – strafbare Dienstpflicht? Dtsch Arztebl 2003; 100: A 2776–2780.

10. Lexchin J, Bero LA, Djulbegovic B, Clark O: Pharma- ceutical industry sponsorship and research outcome and quality: systematic review. BMJ 2003 May 31;

326 (7400): 1167–1170.

11. Weber A, Wacker A, Weltle D, Lehnert G: Assessment of teaching at the faculties of medicine in Germany.

Dtsch Med Wochenschr 2000 Dec 22; 125 (51–52):

1560–1564.

12. Rohde V, Wellmann A, Bestmann B: Berufsreport 2003: Beurteilung der Fort- und Weiterbildung. Dtsch Arztebl 2004; 101: A 233–238.

Anschrift für die Verfasser:

Priv.-Doz. Dr. med. Axel Wellmann Institut für Pathologie

Universitätskliniken Bonn Sigmund-Freud-Straße 53127 Bonn

E-Mail: axel.wellmann@uni-bonn.de T H E M E N D E R Z E I T

A

A912 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 142. April 2004

Grafik 6

Wie hoch ist Ihr wöchentlicher Aufwand für . . .

8 7 6 5 4 3 2 1 0

7,3 6,8

4,8

2,7

3,9 3,6

2,2 2,8

3,9

Stunden

wissenschaftliche Tätigkeit Schreiben von Drittmittelanträgen

Lehrtätigkeit (inkl. Vor- und Nachbereitung) IIAssistent/Stationsarzt IIOberarzt

IIChefarzt/Klinikdirektor Grafik 5

Wie werden Kongressreisen finanziert?

(Mehrfachantworten waren möglich)

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

privat/aus eigenem Einkommen aus Industriemitteln aus Institutsmitteln anderes

84,1 35,0

33,2

9,2 Prozent

Referenzen

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