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Archiv "Berufsreport 2003: Beurteilung der Fort- und Weiterbildung" (30.01.2004)

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(1)

Ü

ber Quantität und Qualität ärztli- cher Fort- und Weiterbildung ist im Zusammenhang mit der Reform des Gesundheits- und Sozialsystems viel diskutiert worden. Die Verquickung von Fortbildung und Pharmasponsoring sorgt ebenso wie die geplante verbindliche Einführung von Fortbildungsnachwei- sen (Continuous Medical Education;

CME-Punkte) für viel Zündstoff und wird politisch je nach Interessenlage un- terschiedlich bewertet und zum Teil auch instrumentalisiert. Mängel in Form und Inhalt der Fort- und Weiterbildung wer- den immer wieder als Gründe für Ar- beitsunzufriedenheit angeführt und vor allem von jungen Ärztinnen und Ärzten häufig als ein Ansatz für nachhaltige Verbesserungen genannt (1).

Die Landesärztekammern in Baden- Württemberg, Hessen, Berlin, Thürin- gen und Rheinland-Pfalz haben grö- ßere Umfragen zu Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen in deutschen Kli- niken durchgeführt (2). Doch scheint das Phänomen der Unzufriedenheit viel- schichtiger zu sein als bisher in der Öf- fentlichkeit und in den Berufsverbänden diskutiert und nicht allein auf die hohe Arbeitsbelastung reduzierbar. Darüber hinaus sind die Ergebnisse dieser Studien nur begrenzt miteinander vergleichbar.

Ziel der vorliegenden Studie ist es hingegen, ein repräsentatives und um-

fassendes Meinungsbild zur gegenwär- tigen Situation in der ärztlichen Fort- und Weiterbildung zu skizzieren. Zu- grunde liegt ein einheitlicher Fragebo- gen für Kliniker und niedergelassene Ärzte, der die Bereiche beruflicher Hin- tergrund, Arbeitszeiten/Überstunden, Organisation und Leitung, Fortbildung, Weiterbildung,Wissenschaft und Lehre, Allgemeine Lebenszufriedenheit, Ver- besserungspotenziale und Soziodemo- graphie abfragt. Folgende Fragestellun- gen sollten hierbei beantwortet werden:

> Gibt es Unterschiede in der Beur- teilung der Fort- und Weiterbildung zwischen den einzelnen Fachbereichen, den hierarchischen Positionen oder der Versorgungsstufe des jeweiligen Ar- beitgebers?

> Gibt es Unterschiede in der Beur- teilung und Finanzierung der Fort- und Weiterbildung zwischen Niedergelasse- nen und Klinikern?

Methodik

Das Deutsche Ärzteblatt verfügt über eine komplette Adresskartei aller Ärz- tinnen und Ärzte in Deutschland. Aus dieser Grundgesamtheit ist eine Zu- fallsstichprobe der Größe N = 7 000 ge- zogen und angeschrieben worden. Bei der Stichprobenziehung wurden die Merkmale Bundesland, Geschlecht und Tätigkeit (je 50 Prozent Niedergelasse- ne und 50 Prozent Klinikärzte) berück- sichtigt. Optisch wurde der Fragebogen nach Dillmanns „Total-Design-Meth- od“ gestaltet (3). Auf weitere Aktivi- täten zur Erhöhung der Rücklaufquo- te (Nachfassaktion, Einsatz von Incen-

tives und Ähnliches) wurde verzichtet, um eine größtmögliche Anonymität der Befragung zu gewährleisten.

Da sich die berufliche Situation von Niedergelassenen und Klinikern erheb- lich unterscheidet, wurden zwei Frage- bogenversionen erarbeitet. Aus Grün- den der Vergleichbarkeit wurden mög- lichst viele Fragebogenteile identisch ge- staltet. In beiden Fragebogenversionen sind folgende Themenblöcke enthalten:

Einleitung/beruflicher Hintergrund, Ar- beitszeiten/Überstunden, Organisation und Leitung, Fortbildung, Weiterbil- dung,Wissenschaft und Lehre,Verbesse- rungspotenziale, Allgemeine Lebenszu- friedenheit sowie Soziodemographie.

Der Teil zur Allgemeinen Lebenszufrie- denheit wurde analog zum Fragebogen- modul Lebenszufriedenheit im Sozio- ökonomischen Panel (SOEP) gestaltet und um sechs Items erweitert. Insgesamt enthält der Kliniker-Fragebogen 65 Fra- gen. Der Fragebogen für die niedergelas- senen Ärzte besteht aus 42 Fragen. Ein Experten-Panel (Soziologen, Psycholo- gen und Ärzte unterschiedlicher Fach- richtungen, Alters, Geschlecht und hier- archischer Position) hat die Fragebögen erarbeitet. Der Deutsche Ärzte-Verlag

Berufsreport 2003

Beurteilung der Fort- und Weiterbildung

Die Zufriedenheit mit der Fort- und Weiterbildung ist unter anderem abhängig von der Position und der Fachzugehörigkeit.

Das ist eines der Ergebnisse der ersten bundesweit

repräsentativen Umfrage unter deutschen Ärztinnen und Ärzten.

1Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie Uni- versitätskliniken Gießen (Direktor: Prof. Dr. W. Weidner)

2Institut für Pathologie Universitätskliniken Bonn (Direk- tor: Prof. Dr. R. Büttner)

3Referenzzentrum Lebensqualität in der Onkologie (Lei- ter: Priv-Doz. Dr. Th. Küchler), Klinik für Allgemeine Chirur- gie und Thoraxchirurgie, Universitätsklinikum Schleswig Holstein, Campus Kiel

Der Berufsreport 2003 basiert auf einer Koopera- tion der Wissenschaftler Beate Bestmann, M.A., Universität Kiel, Dr. med.Volker Rohde, Universität Gießen, Priv.-Doz. Dr. med.Axel Wellmann, Univer- sität Bonn, sowie der Stabsstelle Marktforschung des Deutschen Ärzte-Verlags (Gabriele Reinert) und der Redaktion des Deutschen Ärzteblattes.

Der vorliegende Beitrag legt den Schwerpunkt auf die Ergebnisse aus den Bereichen Fort- und Wei- terbildung. Weitere Ergebnisse der übrigen Frage- bogenkomplexe werden sukzessive publiziert.

Volker Rohde1 Axel Wellmann2 Beate Bestmann3

(2)

hat die Befragung logistisch abgewickelt.

Vor der Versendung durchlief der Frage- bogen eine Feasibility-Studie, in der ver- schiedene Aspekte der Durchführbar- keit überprüft wurden.

Aus der Grundgesamtheit aller Ärz- tinnen und Ärzte in Deutschland wurde eine Stichprobe der Größe N = 7 000 (je 3 500 Kliniker und Niedergelassene)

angeschrieben. Bis zum Stichtag am 20.

April 2003 gingen 2 165 Fragebögen beim Deutschen Ärzte-Verlag ein. Die Rücklaufquote betrug 30,9 Prozent, die Rücklaufquoten von Klinikern und Niedergelassenen waren mit 31,2 und 30,2 Prozent beinahe identisch.

Zur Überprüfung der Repräsentati- vität wurden die Stichproben mit der Grundgesamtheit (4) hinsichtlich so- ziodemographischer Merkmale vergli- chen. Während die niedergelassenen Ärzte in der Stichprobe gut abgebildet waren, wurde bei den Klinikern eine geringfügige Korrektur durch Gewich- tungsfaktoren (5) hinsichtlich der Varia- blen Alter und Geschlecht vorgenom- men, um auch hier Repräsentativität zu erreichen.

Für die Datenanalyse kamen je nach Fragestellung unterschiedliche Metho- den zum Einsatz. Im ersten Auswer- tungsschritt wurden Kliniker und Nie- dergelassene zunächst einmal deskriptiv dargestellt. Unterschiede zwischen den Gruppen (zum Beispiel Fachbereich, berufliche Position) wurden varianzana- lytisch untersucht (ANOVA mit Post- hoc-Tests). Zusammenhänge zwischen verschiedenen Variablen wurden an- hand von multiplen Korrelationen be- ziehungsweise Regressions-Analysen

untersucht. Als „Overall-Signifikanzni- veau“ wurden fünf Prozent festgelegt.

Für die vorliegenden Ergebnisse wur- den 17 Fragen aus dem Gesamtfragebo- gen herangezogen. 1 730 Befragte (80,5 Prozent) gaben an, ihre Facharzt-Weiter- bildung abgeschlossen zu haben. Mit 85,3 beziehungsweise 82,9 Prozent ist der An- teil der Befragten mit abgeschlosse-

ner Facharzt-Weiterbildung bei den An- ästhesisten und Gynäkologen über- durchschnittlich hoch.Auch auf die Frage

„Konnten Sie Ihre Weiterbildung gemäß der Weiterbildungsordnung in der vorge- sehenen Zeit abschließen?“ antwortete der Großteil der Befragten mit „ja“.

Während in der Anästhesie und in der Kinderheilkunde jeweils 17,7 Prozent der Befragten ihre Weiterbildung nicht in der vorgesehenen Zeit absolvieren konn- ten, liegt der Anteil in der Chirurgie (21,3 Prozent), in der Inneren Medizin (28,6 Prozent) und in der Psychiatrie (32 Pro- zent) deutlich höher. In der vorliegenden Stichprobe haben prozentual in etwa gleich viele Männer und Frauen ihre Wei- terbildung nicht zeitgerecht beendet. Als Hindernis führen dabei Frauen dienstli- che Gründe seltener (57,1 Prozent) an als Männer (62,6 Prozent). Frauen geben

„persönliche Gründe“ mit 48 Prozent signifikant häufiger an als Männer (25,9 Prozent). Zwar wurden die Gründe nicht weiter aufgeschlüsselt, doch antworteten viele Frauen in der Kategorie „Sonstige Gründe“ mit „Babypause“.

Die Befragten wurden außerdem ge- beten, Schulnoten zur Bewertung der theoretischen und praktischen Weiter- bildung zu vergeben. Zur Vereinfachung der Darstellung sind für die vergebenen

Noten (1 bis 6) zwei Kategorien, „bis Note 2“ sowie „Note 3 und schlechter“

gebildet worden. Die älteren Befragten bewerten theoretische und praktische Weiterbildung signifikant positiver als die jüngeren (Varianzanalyse ANOVA;

p < .05). Zur detaillierten Analyse wur- de für beide Variablen ein Post-hoc-Test nach Scheffé durchgeführt. Für die Va- riable „Wie beurteilen Sie die theoreti- sche Weiterbildung?“ zeigten sich stati- stisch signifikante Unterschiede zwi- schen den Altersgruppen „35 bis 39 Jah- re“, „40 bis 49 Jahre“ und den Befrag- ten, die 50 Jahre und älter sind (p < .05).

Bei der Variablen „Wie beurteilen Sie die praktische Weiterbildung?“ zeigten sich statistisch signifikante Unterschie- de zwischen den ganz jungen Befragten (bis 34 Jahre) und den Befragten, die 50 Jahre und älter sind (p < .05).

Gleiches gilt für die Variable Berufs- erfahrung („Wie lange sind Sie bereits als Arzt tätig?“). In der Bewertung der theoretischen und praktischen Weiter- bildung zeigen sich hier statistisch signi- fikante Unterschiede zwischen denjeni- gen, die seit fünf bis neun Jahren als Ärzte tätig sind, und den „Älteren“ (> 20 Jahre Berufserfahrung). Weibliche Be- fragte geben sowohl der theoretischen als auch der praktischen Weiterbildung schlechtere Noten als die Männer. Ob- wohl sich der überwiegende Teil der Be- fragten von seinem Weiterbilder unter- stützt fühlt, ist der Anteil derer, die sich

„eher nicht“ beziehungsweise „über- haupt nicht“ unterstützt fühlen, in der Kinderheilkunde sehr hoch (29,8 Pro- zent). Auch in der Psychiatrie fühlt sich jeder Fünfte (19,9 Prozent) eher nicht vom Weiterbilder unterstützt.

Analyse

Für eine sinnvolle Analyse einzelner Fachgruppen kommen nur diejenigen mit ausreichend hohen Fallzahlen (N≥50) in Betracht: Anästhesiologie und Intensiv- medizin (N = 128), Chirurgie (N = 182), Frauenheilkunde und Geburtshilfe (N = 63), Innere Medizin (N = 266), Kinderheilkunde (N = 68) und Psychia- trie (N = 50). Die praktische Weiterbil- dung bewerten die Befragten je nach Fachzugehörigkeit recht unterschied- lich.Während Chirurgen und Kinderärz- A

A234 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 530. Januar 2004

Grafik 1

Haben Sie eine Facharztweiterbildung abgeschlossen?

100 % 80 % 60 % 40 % 20 %

0 %

Anästhesiologie und Intensivmedizin

Chirurgie Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Innere Medizin Kinderheilkunde Psychiatrie 14,7

85,3 76,7 82,9 62,4 59,5 58,2

23,3 17,1 37,6 40,5 41,8

(3)

te – über die verschiedenen Versor- gungsstufen hinweg – die praktische Weiterbildung überwiegend (> 50 Pro- zent) positiv beurteilen, zeigt sich in der Inneren Medizin ein gegenläufiger Trend. Auch die theoretische Weiterbil- dung beurteilen konservative und ope- rative Fächer zum Teil gegenläufig.

Aus der Perspektive der jeweiligen hierarchischen Position bewerten 60 Pro- zent der Assistenten, 56,9 Prozent der Stationsärzte, aber auch 62,6 Prozent der Oberärzte die theoretische Weiterbil- dung mit der Note 3 und schlechter.Deut- lich besser schneidet sie in der Bewertung von Chefärzten und Klinikdirektoren ab.

Lediglich 44,7 beziehungsweise 36,8 Pro- zent geben die Note 3 oder schlechter.

Noch schlechter als die theoretische Weiterbildung bewerten Assistenten (65,4 Prozent) und Stationsärzte (58,7 Prozent) die praktische Weiterbildung.

Die Oberärzte vergeben zu 41 Prozent die Note 3 und schlechter, wohingegen die Chefärzte die praktische Weiterbil- dung noch besser bewerten als die theo- retische. Lediglich 29,3 Prozent der Chef- ärzte und 28,2 Prozent der Klinikdirek- toren geben die Note 3 und schlechter.

Differenziert nach Geschlecht geben in der praktischen Weiterbildung 54,7 Prozent der Frauen, aber nur 38,3 Pro- zent der Männer die Note 3 und schlechter. Die theoretische Weiterbil- dung bewerten 60,9 Prozent der Frauen und 54,3 Prozent der Männer mit der Note 3 und schlechter.

Auf die Frage „Wie viel Zeit wenden Sie in der Woche auf, medizinische Lite- ratur zur Fortbildung zu lesen?“ (Lite- ratur zur wissenschaftlichen Arbeit soll- te explizit nicht mitgezählt werden) ga- ben sowohl Niedergelassene als auch Kliniker zu fast 41 Prozent an, hierfür ein bis zwei Stunden zu investieren. 31 Prozent der niedergelassenen Ärztin- nen und Ärzte sowie 25 Prozent der Kli- niker wendeten wöchentlich sogar zwei bis vier Stunden auf. Als Form der Fort- bildung gaben die Befragten zu 95 Pro- zent Fachzeitschriften und Fachbücher sowie Veranstaltungen an.

Nur 0,3 Prozent der Niedergelassenen und 0,4 Prozent der Kliniker gaben an, keine Fortbildungsmittel zu nutzen. Die am häufigsten genutzten Formen der Fortbildung sind mit mehr als 80 Prozent bei beiden Gruppen die Fachzeitschrif-

ten, Veranstaltungen und Fachbücher.

Deutliche Unterschiede zeigen sich in der Nutzung von Qualitätsszirkeln und strukturierten, interaktiven Fortbildun- gen. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte nutzen sie wesentlich häufiger zur Fortbildung als Kliniker (T-Test für un- abhängige Stichproben, p < 0.001).

Das Prinzip der zertifizierten Fortbil- dung (CME) scheint noch nicht allge- mein etabliert. 41,3 Prozent der Nieder- gelassenen und 60 Prozent der Kliniker geben an, keine CME-Punkte zu sam- meln. Die Gründe liegen vor allem im hohen administrativen Aufwand und darin, dass es noch nicht verbindlich vorgeschrieben ist.

In puncto Finanzierung ergibt die Analyse nach Fachrichtungen, dass überdurschnittlich viele Internisten (29,2 Prozent) ihre Fortbildung aus In- dustriemitteln finanzieren. Die Höhe der Zuwendungen lässt sich aus den Daten nicht ableiten.

Die vorliegenden Ergebnisse beruhen auf einer Untersuchung, in der erstmals eine Stichprobe aller Ärztinnen und Ärz- te in Deutschland gezogen wurde. Sie geht damit in Bezug auf Umfang und Re- präsentativität deutlich über die bisheri- gen Befragungen der Landesärztekam-

mern hinaus. Die Rücklaufquote von 30,9 Prozent ist in Anbetracht des umfangrei- chen Fragebogens gut.Verglichen mit der zweier Umfragen vom Zentrum für Um- fragen, Methoden und Analysen in Mannheim (ZUMA), in denen 13,6 Pro- zent beziehungsweise 13,1 Prozent der Befragten (6) antworteten, lässt die vor- liegende Rücklaufquote auf eine hohe Akzeptanz und damit auch Relevanz der Themen schließen. Die Ausgewogenheit der Rücklaufquote bei Klinikern und Niedergelassenen ist beachtlich und ein weiteres Indiz für die Repräsentativität der Stichprobe.

Interpretation

Übereinstimmend führen junge Ärztin- nen und Ärzte in Berlin und Sachsen in Umfragen zur Weiterbildung eine unzu- reichende abteilungsinterne Rotation sowie fehlende inhaltliche und zeitliche Weiterbildungspläne als wesentliche Hindernisse zur Komplettierung des Facharztkataloges an (1, 2). Insbeson- dere in den Fächern Anästhesie, Chirur- gie, Innere Medizin und Psychiatrie sind mehr als 50 Prozent der Meinung, ihre Facharztweiterbildung nicht in der vor- gesehenen Zeit beenden zu können. Der Berufsreport 2003 beleuchtet diesen Aspekt aus einer anderen Perspektive. Da die Mehrzahl der Befragten Facharztstatus hat, ist darstell- bar, ob sie ihre Weiterbildung in der vorgegebenen Zeit abschlie- ßen konnten. Während in der Anästhesie und in der Kinder- heilkunde jeweils 17,7 Prozent der Befragten ihre Weiterbil- dung nicht in der vorgesehenen Zeit absolvieren konnten, liegt der Anteil in der Chirurgie (21,3 Prozent), in der Inneren Medi- zin (28,6 Prozent) und in der Psychiatrie (32 Prozent) deut- lich höher. Obwohl die Daten der beiden Studien nicht unmit- telbar miteinander verglichen werden können, scheinen sich im Spiegel einer bundesweiten repräsentativen Befragung die negativen Erwartungen der Ber- liner Umfrage nicht im vollen Umfang zu bestätigen.

´ Tabelle 1CC´

Kategorien freier Antworten, weshalb Antwortende keine CME-Punkte sammeln

Ich sammle keine CME-Punkte, weil . . . Anzahl der Nennungen es formal noch nicht erforderlich ist 50 es zu bürokratisch/strukturell 38 umständlich ist

Ablehnung ohne sachliche Gründe 32 ich Fortbildung unabhängig von 31 CME-Punkten individuell betreibe

ich zu alt bin 21

ich diese Form der Fortbildung ablehne 21

andere Gründe 15

ich in der Klinik arbeite 14

ich Chefarzt bin 13

es zu zeitaufwendig ist 13

ich das System nicht kenne 12

ich selbst Fortbildung leite/organisiere 12

ich kein Interesse habe 12

ich noch in der Weiterbildung bin 10

es zu teuer ist 5

Gesamt 299

(4)

Betrachtet man die Bewertungen der theoretischen und praktischen Weiterbil- dung aus der Perspektive der jeweiligen hierarchischen Position, so fallen die der Chefärzte und Klinikdirektoren signifi- kant besser aus als die Bewertungen der Assistenten, Stations- und Oberärzte.

Die Tatsache, dass Chefärzte und Klinik- direktoren lediglich zu 29,3 Prozent be- ziehungsweise zu 28,2 Prozent die Note 3 und schlechter für die überwiegend von ihnen organisierte praktische Weiterbil- dung vergeben, wirft die Frage auf, ob ei- ne hierarchisch höhere Position generell zu einer positiveren Bewertung führt.

Für die Interpretation der Weiterbil- dungsnoten ist es interessant, in welchen Fachbereichen – unter Berücksichtigung der Versorgungsstufe des Krankenhau- ses – die Bewertungen vorgenommen wurden. In der Chirurgie fällt auf, dass in allen definierten Versorgungsstufen die theoretische Weiterbildung schlechter bewertet wird als die praktische. Beson- ders negativ fallen die Universitätsklini- ken heraus, in denen die Befragten zu 82,4 Prozent die Note 3 und schlechter gaben, während dieses Notenspektrum in Kliniken der Maximalversorgung nur zu 43,8 Prozent vergeben wurde. Durch- weg positiver bewerteten die Chirurgen die praktische Weiterbildung. In allen Versorgungsstufen gaben mehr als 50

Prozent der Befragten die Note 2 und besser, wobei die Angestellten von Krankenhäusern der Maximalversor- gung mit 71,9 Prozent den Spitzenplatz einnehmen, gefolgt von den Univer- sitätskliniken mit 58,3 Prozent.

Einen konstruktiven und viel ver- sprechenden Ansatz, zumindest die theoretische Weiterbildung zu verbes-

sern, verfolgt die „European Society of Residents in Urology“. In so genannten

„In-Service-Examinations“ stellt das European Board of Urology 100 Multi- ple-Choice-Fragen, die in der eigenen Ausbildungsklinik je nach Ausbildungs- stand abgelegt werden können (7).

Im Vergleich zu den Chirurgen ver- geben die Internistinnen und Inter- nisten bessere Noten für die theore- tische Weiterbildung, wobei hier nur 48,6 Prozent der Befragten aus Univer- sitätskliniken die Note 3 und schlech- ter vergeben. 61,8 Prozent der Befrag- ten aus Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung vergaben eben- falls die Note 3 und schlechter. Bei der praktischen Weiterbildung in der In- neren Medizin werden im Vergleich zur Chirurgie deutlich schlechtere No- ten vergeben. Lediglich 15,4 Prozent

der Befragten aus AHB- und Rehabi- litationskliniken und nur 30 Prozent der Befragten aus Universitätskliniken vergaben die Note 2 und besser. In den Kliniken der Maximalversorgung ver- teilten immerhin 57,1 Prozent der Be- fragten diese Note, in den Kranken- häusern der Grund- und Regelversor- gung 58,2 Prozent.

In den USA befragte die „Society of General Internal Medicine Career Sa- tisfaction Study Group“ 2 326 Interni- sten unter anderem danach, ob sie Me- dizinstudierenden ihr Fach weiter emp- fehlen können. Dabei konnten die „gen- eral internists“ ihr Fach deutlich we- niger empfehlen als die Gruppen der

„family physicians“ und der „internal medicine subspecialists“. In dieser Stu- die hatten „general internists“ längere Arbeitszeiten und mussten mehr ambu- lante Patienten und komplexere medi- zinische und psychosoziale Krankheits- bilder versorgen (8).

Die erste Analyse der Daten des Be- rufsreports 2003 zeigt, dass in nahezu al- len Fächern Verbesserungspotenzial in der Weiterbildung gesehen wird. Da die Befragten aber im Detail ganz unter- schiedliche Bereiche aufgezeigt haben, müssten im nächsten Schritt fachspezi- fische Analysen folgen, damit Form und Inhalt der Weiterbildung praxisrelevant angepasst werden können.

Um die Qualität ärztlicher Fortbil- dung weiter zu erhöhen, werden zuneh- mend Qualitätszirkel gegründet mit dem Ziel, selbstverantwortlich Prozess- und Ergebnisqualität zu evaluieren und zu verbessern. Dieser derzeit noch frei- willige Zusammenschluss von Kollegin- nen und Kollegen wird interessanter- weise von Niedergelassenen dreimal so häufig (62,3 Prozent) genannt wie von Klinikern (21,5 Prozent). Somit ist die Forderung des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesund- heitswesen von 1992 erfolgreich umge- setzt worden, die eine vermehrte Zu- sammenarbeit niedergelassener Ärzte in Qualitätszirkeln anregte (9).

Kontrovers diskutiert werden das Wie und Warum einer zertifizierten Contin- uing Medical Education als für alle Ärz- te verbindliche Fortbildungsform. Die A

A236 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 530. Januar 2004

´ Tabelle 2CC´

Finanzierung der Fortbildung

Uniklinik Klinik der Maximal- und Klinik der Grund- und Klinik für AHB sonstige Schwerpunktversorgung Regelversorgung und Reha

privat/aus eigenem 93,3% 97,3% 98,7% 95,4% 86,6%

Einkommen

aus Institutsmitteln 25,7% 25,0% 25,5% 32,9% 45,3%

aus Industriemitteln 27,0% 17,5% 13,9% 7,2% 18,7%

aus Drittmitteln 24,6% 6,5% 2,7% 0,0% 0,0%

(z. B. DFG)

Grafik 2

Haben Sie das Gefühl, dass Ihr Weiterbilder ihre Weiterbildung unterstützt?

100 % 80 % 60 % 40 % 20 %

0 %Anästhesiologie und Intensivmedizin

Chirurgie Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Innere Medizin Kinderheilkunde Psychiatrie IIvoll und ganz IIeher ja IIeher nein

30 59

10 2

36 46

16 1

35 56

9 21

57

19 3

39 31

23 7

36 44

20 (Werte auf volle Prozentzahlen gerundet)

(5)

Landesärztekammer Baden-Württem- berg berichtet von ihrem Modellver- such, der bis Februar 2003 lief, dass 2002 jeder Arzt in Baden-Württemberg min- destens vier Fortbildungsveranstaltun- gen besucht hat (10). Im Berufsreport 2003 verneinten allerdings 43 Prozent der Niedergelassenen und 40 Prozent der Kliniker die Frage, ob sie CME- Punkte sammeln. Die Gründe konnten in freier Antwort gegeben werden. Am häufigsten wurden der unverhältnis- mäßig hohe administrative Aufwand und die fehlende Verpflichtung genannt.

Entgegen den ermutigenden Zahlen der Landesärztekammern legen diese Da- ten den Schluss nahe, dass viele Kolle- ginnen und Kollegen nicht von diesem Fortbildungssystem überzeugt sind.

Finanzierung der Fortbildung

Nach Abschluss der Modellphase zum Fortbildungszertifikat sollen die Bewer- tungskriterien für Fortbildungsveranstal- tungen (11) bundesweit vereinheitlicht werden. Der Deutsche Ärztetag 2003 hat unter anderem beschlossen, dass Fort- bildungsinhalte unabhängig von Indu- strieinteressen sein müssen. Gesponserte Veranstaltungen sollen aber weiterhin anerkannt werden, wenn kein Einfluss auf den Inhalt der Fortbildung ge- nommen wurde (11).Auf die Frage „Wie werden Ihre Fortbildungen bezahlt?“

(Mehrfachantwort) gaben weit über 90 Prozent der Befragten an, dass sie einen Teil der Kosten aus privaten Einkünften tragen. Unterschiedlich häufig wurden

jedoch Industriemittel eingesetzt. Be- merkenswert ist, dass Angehörige von Universitätskliniken zu 27 Prozent, An- gehörige von Kliniken der Maximalver- sorgung zu 17 Prozent und Mitarbeiter von Kliniken der Grund- und Regelver- sorgung zu 13,9 Prozent Zuwendungen aus der Industrie erhalten. Niedergelas- sene Ärztinnen und Ärzte setzen zu 31,6 Prozent Industriemittel ein. Eine Auf- schlüsselung nach Fachbereichen zeigt, dass Internisten Industriemittel deutlich häufiger einsetzen (29,3 Prozent) als Chirurgen (14,4 Prozent) oder Anästhe- sisten (11,3 Prozent). Der prozentuale Anteil von Privat- und Industriemitteln an den Gesamtkosten für den Besuch ei- nes Kongresses oder einer Fortbildungs- veranstaltung wurde nicht erfasst.

Die Verflechtung von medizinischer Forschung und Industrie sowie das Sponsoring von Fortbildungsveranstal- tungen durch die Pharmaindustrie ist ein vielschichtiges und sensibles Thema.

Dieser Problematik hat sich unter ande- rem Finzen (12) angenommen, der auf inhaltliche Verzerrungen in gesponser- ten Veranstaltungen hinweist und dies mit Aktionen aus der Zeit der Ein- führung einer neuen Generation von Antidepressiva belegt.Tatsache ist, dass Fortbildung ohne Unterstützung der In- dustrie im bisherigen Umfang nicht möglich wäre. Untersuchungen, die ob- jektiv darstellen, wie weit eine Verflech- tung tatsächlich vorangeschritten ist oder die Beeinflussung von Verschrei- bungsaktivitäten durch Sponsoring be- schreibt, sind derzeit nicht publiziert.

Der Berufsreport 2003 ist die bis- lang umfangreichste repräsentative Stu-

die in Deutschland. Die große Band- breite der Antworten gerade auf dieje- nigen Fragen, die Bewertungen enthiel- ten, zeigt, dass nicht die „Extremen“

(nur die vollkommen Unzufriedenen oder die vollkommen Zufriedenen) ge- antwortet haben. Damit deutet sich eine Repräsentativität und Validität nicht nur der Stichprobe, sondern auch der Ergebnisse an. Studiendesign und Themenvielfalt sind geeignet, die viel- schichtigen Problemfelder im Ansatz transparent zu machen, aber unzurei- chend, um konkrete inhaltliche Ver- änderungen ableiten zu können. Die- se Studie kann aber das Problem- bewusstsein schärfen und damit eine datenbasierte Grundlage für Lösungen darstellen.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2004; 101: A 233–238 [Heft 5]

Literatur

1. Studie der Landesärztekammer Berlin in Zusammen- arbeit mit dem „Arbeitskreis Junge Ärzte“ (http://

aekb.arzt.de/10_Aktuelles/18_BERLINER_AERZTE/B AEthemen/05mai02/10ErgFrageb.html).

2. Kaiser R, Kortmann A: Arbeitszeit hessischer AiP, Assi- stenten und Oberärzte. Hessisches Ärzteblatt 2/2002.

3. Dillmann D: Mail and telephone surveys: the total de- sign method. New York u. a.: Wiley 1978.

4. Ärztestatistik der Bundesärztekammer/Kassenärztli- chen Bundesvereinigung (www.aerztekammer.de).

5. Gabler S (Hrg.): Gewichtung in der Umfragepraxis.

Opladen: Westdeutscher Verlag 1994.

6. Harkness JA: Cross cultural survey equivalence: T`ZU- MA-Nachrichten: Spezial Nr. 3, Mannheim, 1998.

7. Simon J, Kubler H, Necknig U, Schmelz HU: Graduate education in Germany. Path out of the dead end. Uro- loge A. 2002 Mar; 41(2): 174–176.

8. Wetterneck TB, Linzer M, McMurray JE, Douglas J, Schwartz MD, Bigby J, Gerrity MS, Pathman DE, Karl- son D, Rhodes E, Society of General Internal Medicine Career Satisfaction Study Group: Worklife and satis- faction of general internists. Arch Intern Med 2002 Mar 25; 162 (6): 649–656.

9. Selbmann HK: Qualitätssicherung in der ambulanten Versorgung. Sicht des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen. Fortschr Med 1992; 110: 183–186.

10. Erfahrungen mit dem Modellversuch zur CME-Fortbil- dung in Baden-Württemberg. DMW 2003; 14: 710– 711.

11. Beschlussprotokoll des 106. Deutschen Ärztetages vom 20. bis 23. Mai 2003 in Köln (www.bundesärzte kammer.de30/Aerztetag/106_DAET/indes.html).

12. Finzen A: Wir dankbaren Ärzte. Dtsch Arztebl 2002;

99: 766–769 [Heft 12].

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Volker Rohde

Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie Universitätsklinikum Gießen

Rudolf-Buchheim-Straße 7, 35392 Gießen E-Mail: vrohde@gmx.de

Grafik 3

Welche Formen der Fortbildung nutzen Sie?

100 % 80 % 60 % 40 % 20 %

0 %

Fachzeit- schriften

Fachbücher Veran- staltungen

Qualitätszirkel Strukturierte interaktive Fortbildung

keine andere

IIniedergelassen IIKliniker 97,5 97,9

82,9

89,9 95,7 97,5

62,3

21,5 25,4

16,3

0,3 0,4

11,4 9,3

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