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Archiv "Perspektive '83: Krankenhausfinanzierung an der Wende?" (06.05.1983)

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Perspektive '83:

Krankenhausfinanzierung an der Wende?

Die Kärrnerarbeit

der Sachverständigen-Kommission kann beginnen Es hörte sich in der Theorie alles

gut an: Der Entwurf, so in der Be- gründung zum "Krankenhausfi- nanzierungsgesetz" von 1972 nachzulesen, geht davon aus, daß die Finanzierung der Vorhaltung von Krankenhäusern eine "öffent- liche Aufgabe" ist. Weiter ist nach- zulesen, daß sich in Zukunft auch der Bund in erheblichem Umfang an den Aufwendungen für die Krankenhäuser beteiligen wird. Damit war das duale Kran- kenhausfinanzierungssystem ge- schaffen, nach dem die Kranken- hauskosten in Investitionskosten und Betriebskosten aufgespalten

und von unterschiedlichen Ko-

stenträgern finanziert werden. Die Kosten für die Ersterrichtung von Krankenhäusern, Umbau und Er- weiterungskosten sowie die Ko- sten für die Wiederbesc;haffung von Anlagegütern, für Instandhal- tung und Instandsetzung sollten aus öffentlichen Mitteln gedeckt werden. Alle anderen Kosten soll- ten wie bisher als laufende Be- triebskosten durch den Pflegesatz gedeckt werden, der von den Krankenversicherungen an die Krankenhäuser zu zahlen ist. Das Krankenhausfinanzierungsgesetz von 1972 erntete eine Menge Vorschußlorbeeren, und viele wa- ren der Meinung, daß nunmehr die Krankenhausfinanzierung auf zwei starken Beinen stände.

Heute, nachdem dieses duale Kran kenhausfi nanzieru ngssystem gut zehn Jahre praktiziert wurde, sieht alles ganz anders aus. Exper- ten der kommunalen Spitzenver- bände haben errechnet, daß auf- grund der Finanzmisere der öf- fentlichen Hand - also des Bun- des, der Länder und Gemeinden- bei den Krankenhäusern in der

Bundesrepublik Deutschland ein Investitionsstau in der Größenord- nung von zur Zeit etwa 13 bis 15 Milliarden DM bestände (vgl. dazu auch DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 3/1983, Rubrik "Spektrum der Woche"). Dieses sehr ansehnliche Finanzvolumen fehlt angeblich, um Krankenhäuser auf den "mo- dernen Stand von Entwicklung und Technik" zu bringen.

Die laufenden Betriebskosten, die durch das duale Krankenhausfi- nanzierungssystem entlastet wer- den sollten, sind überproportional gegenüber anderen Ausgaben der gesetzlichen Krankenversiche- rung gewachsen.

Die Aufwendungen der gesetzli- chen Krankenversicherung (GKV) je Mitglied stiegen für stationäre Behandlung im Jahre 1982 gegen- über 1981 um 8,6 Prozent bei einer Entwicklung der Grundlohnsum- me von 4,3 Prozent.

Ein Drittel des GKV-Etats für die Hospitäler

..,.. Prozentual beträgt der Ausga- benanteil der GKV für stationäre Behandlung heute 31,9 Prozent der Gesamtausgaben.

Kein Wunder, daß die gesetzliche Krankenversicherung dem Kran- kenhausfinanzierungsgesetz so- wie der auf dessen Grundsätzen beruhenden Bundespflegesatzver- ordnung von 1974 heute wenig po- sitiv gegenübersteht.

Die derzeitige Situation bei der Krankenhausfinanzierung mit auf der einen Seite zu wenig Finanz- mitteln für die notwendigen Inve-

stitionen im Krankenhaus, auf der

Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen DER KOMMENTAR

anderen Seite ständig steigenden Pflegesätzen, die die Kostenstabi- lität der Beitragssätze der Gesetz- lichen Krankenversicherung ge- fährden, wird schon seit einigen Jahren beklagt. Der Versuch, das Krankenhausfinanzierungsgesetz von 1972 durch das "Kran- kenhauskostendämpfungsgesetz'' vom 22. Dezember 1981 grundle- gend zu ändern, ist am Widerstand der Länder gescheitert. Die hier verabschiedeten Änderungen rei- chen keinesfalls aus, die finanziel- len Probleme des Krankenhauses zu lösen. Eine Reform, die über

"kosmetische Verschönerungen"

hinausging, konnte bei den Län- dern bisher nicht durchgesetzt werden. Nun scheint die neue Bundesregierung das Problem der Krankenhausfinanzierung ener- gisch angehen zu wollen. Dabei wird auch das System der dualen Krankenhausfinanzierung zur Dis- kussion gestellt.

Richtig ist, daß die derzeit von der öffentlichen Hand gewährten För- dermittel für die Investitionen im Krankenhaus unzulänglich sind.

Nach glaubhaften Berechnungen müßten jährlich zwei Milliarden DM von der öffentlichen Hand mehr aufgewendet werden als bis- her. Im übrigen subventionieren die kommunalen Krankenhausträ- ger ihre Krankenhäuser bereits wieder mit mehr als einer halben Milliarde DM im Jahr, und dies bei den hohen Schulden, mit denen Städte und Gemeinden fertig wer- den müssen.

Die freigemeinnützigen Kranken- hausträger, die keine Rückgriffs- möglichkeit auf Steuermittel ha- ben, zehren an der Substanz oder machen ebenfalls Schulden. Alles in allem eine höchst unerfreuliche Situation, und die Bundesregie- rung macht hierbei bisher kein gu- tes Bild.

Von den im Jahre 1982 gezahlten Mitteln für Krankenhausinvestitio- nen in Höhe von 4,1 Milliarden DM hat der Bund 880 Millionen DM getragen. Im Vergleich dazu wur- Ausgabe A DEUTSCHES ARZTEBLATT 80. Jahrgang loJeft 18 vom 6. Mai 1983 61

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Spektrum der Woche Aufsätze Notizen

Krankenhausfinanzierung

den im Jahre 1973 - also direkt nach Inkrafttreten des Kranken- hausfinanzierungsgesetzes - vom Staat 3,2 Milliarden DM aufge- bracht, wovon der Bund 972 Mil- lionen DM an die Krankenhäuser gezahlt hat. Dies noch einmal in Verhältniszahlen: von öffentlichen Fördermitteln wurden vom Bund 30 Prozent 1973 aufgebracht, 1982 nur noch 18,9 Prozent - ursprüng- lich sollten die Investitionskosten von Bund, Ländern und Gemein- den gleichmäßig zu je einem Drit- tel übernommen werden.

Hier zeigt sich, daß der Bund lang- sam, aber stetig aus der Kranken- hausfinanzierung und damit einer Verantwortung für die finanzielle Sicherstellung der Krankenhäuser aussteigt. Er hat durch das Kran- kenhausfinanzierungsgesetz von 1972, das erst durch eine Ände- rung des Grundgesetzes zustande kommen konnte, zwar den Rah- men für die Krankenhausfinanzie- rung geschaffen, so beispielswei- se neben dem dualen Kranken- hausfinanzierungssystem auch den Anspruch der Krankenhäuser, daß ihnen die Selbstkosten ei- nes sparsamen Wirtschaftens im Krankenhaus erstattet werden („Selbstkostendeckungsgrund- satz"); nur, heute möchte er auf Verantwortung in diesem Bereich völlig verzichten. Plötzlich werden grundsätzliche Probleme im gel- tenden Finanzierungs- und Pla- nungssystem erkannt. So hat das

Krankenhausfinanzierungssystem beispielsweise mit sich gebracht, daß je nach Finanzlage der Länder die Gelder in den Krankenhausbe- reich üppiger oder dünner flossen.

Neuerdings ist der Bund auch der Meinung, daß die Aufspaltung der Krankenhausfinanzierung in Vor- halte- und Betriebskosten mit un- terschiedlichen Finanzierungs- quellen und Finanzierungsverant- wortlichkeiten verhindert, be- triebswirtschaftlich sinnvolle, auf das einzelne Krankenhaus ausge- richtete Unternehmensentschei- dungen über die Investitionen zu fällen. Das duale Finanzierungssy- stem - meint der Bund - zwingt

Krankenhäuser dazu, bei Ent- scheidungen mit finanziellen Aus- wirkungen nicht die jeweils ko- stengünstigste Lösung zu wählen, sondern diejenige, die am leichte- sten finanzierbar ist. Richtig ist, daß verbunden mit dem Selbstko- stendeckungsgrundsatz das duale Krankenhausfinanzierungssystem den Krankenhäusern kaum Anrei- ze für eine wirtschaftliche Be- triebsführung bietet. Dies liegt aber nicht im System selbst, son- dern an der Schwierigkeit, die Wirtschaftlichkeit der Betriebsfüh- rung im Krankenhaus im Detail zu überprüfen. Echte Selbstkosten- deckung führt immer dazu, daß man etwas großzügiger wirtschaf- tet, als in der Regel notwendig. - Das Selbstkostendeckungsprinzip schließt Gewinne aus und gibt da- mit dem einzelnen Krankenhaus wenig Anreiz, Betriebskostenbe- reiche intensiv zu analysieren.

Hospitalkosten im Würgegriff?

Nun hat das Bundesarbeitsmini- sterium bereits Gespräche mit den Ländern und den Beteiligten be- gonnen, um die Krankenhausaus- gaben - wie man so schön sagt - in den Griff zu bekommen. Ein ganzer Strauß von Reformvor- schlägen ist bereits offeriert wor- den. Die gesetzliche Krankenversi- cherung will offenbar bei einem lupenreinen dualen Krankenhaus- finanzierungssystem bleiben und

Bund und Länder verpflichten, ih- ren Zahlungen, die sie durch das

Krankenhausfinanzierungsgesetz übernommen haben, auch voll nachzukommen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) will die Aufhebung des dualen Fi-

nanzierungssystems vom Grund- satz her und die öffentliche Förde- rung nur noch für die Errichtung von Krankenhäusern, einschließ- lich Ersatz- und Erweiterungsbau übernommen sehen, während alle anderen Kosten in den Pflegesatz eingehen sollen. Die Deutsche An- gestellten-Gewerkschaft (DAG), die im März 1983 ihr Programm zur Krankenversicherung 1983 vorgestellt hat, will das Kranken-

haus ausschließlich durch die Pa- tienten bzw. ihre Versicherungs- träger finanzieren lassen.

Selbstverständlichkeiten vergessen?

Als 1972 die Wirtschaft noch flo- rierte, die Steuereinnahmen stän- dig stiegen und die Beiträge bei den Krankenkassen üppig flossen, besann sich der Staat darauf, daß auch das Krankenhaus zur Infra- struktur eines Kulturlandes ge- hört. Bund und Länder - man müßte besser sagen Länder und Bund - erweiterten damals ihren Aufgabenbereich und damit auch ihre Einflußmöglichkeiten. Daß der Krankenhausbau wie auch der Schulbau zu den öffentlichen Auf- gaben gehörte, erschien damals als eine Selbstverständlichkeit.

Wenn der Staat nun meint, Kran- kenhäuser wären eine Angelegen- heit der Krankenversicherungen, so ist dies eine neue Entwicklung, über die man sehr kritisch nach- denken sollte. Dabei muß man sich auch über eines im klaren sein: Sollte sich die öffentliche Hand aus der Krankenhausfinan- zierung völlig herausstehlen, soll- te auch der Krankenhausneubau ausschließlich über die Pflegesät- ze finanziert werden, so ist an Bei- tragsstabilität in der gesetzlichen Krankenversicherung überhaupt nicht mehr zu denken. Der durch- schnittliche Beitragssatz müßte von derzeit 12 auf voraussichtlich 13 Prozent erhöht werden, falls sonst nichts Einschneidendes ge- schieht. Und zudem droht die Ge- fahr, daß die übrigen Leistungser- bringer zugunsten der Kranken- häuser weiter geknebelt werden, falls die Krankenhäuser und Kran- kenkassen im stationären Sektor (fast alles) zu bestimmen hätten.

Dann würde der „goldene Zügel"

des Staates lediglich durch den Strick der Kassen ersetzt.

Es ist nicht anzunehmen, daß die Bundesregierung eine erneute

„Kostenexplosion" in der ge- setzlichen Krankenversicherung wünscht. HW 62 Heft 18 vom 6. Mai 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

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