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Armee, so daß er erst nach Kriegsschluß die Universität beziehen konnte

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Gustav Haloun (1898-1951) In memoriam

Von Herbert Feanke, Münclien

Wenn es auoli nur wenigen Geleiirten vergönnt ist, die Ernte ihres

Lebenswerks in die Scheuern zu bringen, eo wird dieser Gemeinplatz

nicht darüber hinwegtrösten können, daß das frühe Dahinscheiden

Gustav Halouns eine besonders schmerzliche Lücke in die ohnehin

schmale Schar der europäischen Sinologen gerissen und die Wissenschaft

um Hoffnungen beraubt hat, die nun unerfüllt bleiben müssen. Als ein

sanfter Tod infolge eines Herzleidens am 24. Dezember 1951 den bis in

seine letzten Stunden rastlos Tätigen dahinraffte, war die der Öffentlich¬

keit bekannt gemachte Ausbeute seines Schaffens an Umfang gering.

Hierfür ist seine stets ein Höchstmaß an Genauigkeit fordernde Arbeits¬

weise nicht minder verantwortlich als sein Lebensgang, der ihm nur

selten Zeiten ruhigen Arbeitens vergönnte.

Am 12. 1. 1898 im damals österreichischen Pirnitz (Mähren) als Sohn

des Forstrats G. Haloun geboren, besuchte er von 1908 bis 1916 das

Staatliche Obergymnasium in Iglau. Während der letzten Jahre des

ersten Weltkriegs (seit Mai 1916) diente er in der k. und k. Armee, so daß

er erst nach Kriegsschluß die Universität beziehen konnte. Er studierte

Sinologie, Japanologie, Ethnologie, Vorgeschichte, Alte Geschichte,

Geschichte des Vorderen Orients und Religionswissenschaft in Wien

und Leipzig. In Wien legte er bei A. v. Rosthokn den Grund zu seinen

chinesischen Kenntnissen. Seine eigentliche Ausbildung verdankte er

jedoch August Conrady, den er stets als seinen bedeutendsten Lehrer

anerkannt hat. In Conbadys Seminar wurde auch der Grund zu seinen

Arbeiten über die ,, Siedlungsgeschichte chinesischer Clans" gelegt. Der in

englischer Fassung veröffentlichte zweite Teil (Contributions to the

History of Clan Settlement in Ancient China)^ ist ein Auszug aus der Dis¬

sertation, mit der er am 2. 8. 1923 zum Dr. phil. promoviert wurde

{„Beiträge zur Siedlungsgeschichte altchinesischer Clans IJ. Phratrien Yen,

Ying, Ki, I. Der Ahnherr Shao-hao (mit einem Exkurs über die Genealogie

der Chou"). 1926 habilitierte er sich an der deutschen Universität Prag

mit der Schrift ,,Seit wann kannten die Chinesen die Tocharer oder Indo¬

germanen überhaupt? Erster Teil", die noch im selben Jahr im Druck

1 AM. 1 (1924) 76—111.

1 ZDMG 102/1

(2)

2 Herbeht Franke

erschien. Dem gleichen Themenkreis war auch die Antrittsvorlesung

,,Erste Beziehungen zwischen Chinesen und Indogermanen" entnommen,

die er nach seiner Umhabilitierung in Halle hielt (21. 7. 1927). In Halle

widmete er sich auch mit Nachdruck dem Ausbau des chinesischen Teils

der Bücherei der DMG; ebenso schaffte er für das dortige orientalische

Seminar einen Grundstock chinesischer Texte an. 1928 erhielt er einen

Lehrauftrag für Sinologie. Seit dem W. S. 1930/1931 zur Vertretung in

Göttingen aufgefordert, wurde er November 1931 nach dort umhabili¬

tiert und zum Leiter des Sinologischen Seminars ernannt. Eine Vertre¬

tung in Bonn (S. S. 1931) brachte eine weitere zusätzliche Belastung.

Durch planvolle Ankäufe vermochte Haloun die Göttinger Seminar¬

bibliothek zu einer Arbeitsstätte ersten Ranges auszubauen. Im März.

1934 erfolgte seine Ernennung zum nichtbeamteten a. o. Professor. Das

S.S. 1936 brachte wiederum Vertretungen in Berlin und Bonn.

Im November 1938 verließ er Deutschland, um einem Ruf auf die

durch die Emeritierung von A. C. Moule freigewordene Professur in

Cambridge zu folgen. Obwohl seine Lehrverpflichtungen zumal während

der aufreibenden Kriegsjahre bei weitem das Maß des an deutschen

Universitäten Üblichen überstiegen, betrieb er unter Einsatz seiner gan¬

zen Kräfte den weiteren Ausbau der chinesischen Abteilung der Uni¬

versitätsbibliothek. Es ist vor allem Halouns Verdienst, wenn Cambridge

heute zu den führenden sinologischen (und japanologischen!) Biblio¬

theken in Europa zählt und der unter seiner Leitung angelegte Katalog

musterhaft ist. Nicht wenige der Karten zeigen seine reinliche klare

Schrift. Aber Haloun setzte sich auch mit Erfolg, geschickt die durch

den Scarborough-Plan geschaffenen großzügigen Möglichkeiten aus¬

nützend, für die Ausgestaltung des Lehrbetriebs ein. 1938 war er der

einzige, der ein ostasiatisches Fach lehrte; 1951 waren es elf (6 für Chine¬

sisch, 4 für Japanisch und Koreanisch, 1 für altaische Sprachen). Solche

Erfolge bezeugen ebensosehr die Aufgeschlossenheit der Universitäts¬

stellen in Cambridge wie die moralische Autorität, deren er sich erfreuen

durfte. Sie bewirkte auch, daß er zum Professorial Fellow von King's

College gewählt wurde (1943). Alles schien so auf eine vielversprechende

Zukunft der ostasiatischen Studien in Cambridge und auf eine Periode

beruhigten Schaffens hinzudeuten. Es war jedoch die Tragik der Um¬

stände, daß Haloun alles das auf Kosten seiner Gesundheit erreicht hat.

Die im Jahre 1949 während der Universitätsferien unternommene Reise

nach China und Japan, die der Bibliothek weiteren gewichtigen Zuwachs

brachte, verschlechterte sein Befinden. Niemand freilich hatte ein so

plötzliches und frühes Ende zu befürchten gewagt.

Auf den ersten Blick scheint sein wissenschaftliches Lebenswerk un¬

einheitlich. Erst bei näherem Zusehen zeigt sich, daß auch zwischen an-

(3)

Gustav Haloun

(4)
(5)

Gustav Haloun 3

scheinend isolierten Arbeiten Halouns ein innerer Zusammenhang be¬

steht. Sein Hauptanliegen galt der historischen Geographie und Ethno¬

logie Chinas und seiner Randgebiete. Die Arbeiten über die Siedlungs¬

geschichte chinesischer Clans versuchten auf Grund der literarischen

Quellen die allmähliche Herausbildung des altchinesischen Volkstums

aufzuzeigen. Es liegt auf der Hand, daß die Ergebnisse einer solchen aus

den Texten gewonnenen Darstellung mit der Identifikation der Orts¬

namen in den Texten durch spätere chinesische Kommentatoren stehen

und fallen. Ein anderes Problem stellt sich für den archäologisch bisher

nicht verifizierbaren Abschnitt der chinesischen Geschichte (vor der

Shang-Zeit) in Gestalt des legendären bzw. konstruierten und euhemeri-

sierten Gehalts der Quellen. Dieses Problem hat Haloun dann, nach

einigen Ansätzen in "Contributions", grundsätzlich aufgegriffen in seiner Rekonstruktion der chinesischen Urgeschichte durch die Chinesen". Zwar

neigt er in einigen Punkten noch zu Wedembyebs Auffassung von Yao

und Shun als historischer Größen (vgl. S. 247, 267), doch verkennt er

keineswegs, daß Mythisches und Legendäres sich an diese Gestalten ange¬

setzt hat. Vor allem aber ist die Darstellung der Urgeschichte in den spä¬

teren chinesischen Quellen, wie sie insbesondere dem Shih-chi zugrunde

liegen, durch Haloun, man darf wohl sagen endgültig aufgehellt worden.

Er hat zeigenkönnen, wie die Vorstellung der san-huang riM VinAum-ti SlI??

kosmologischer Spekulation der ausgehenden Chou-Zeit ihre Form ver¬

dankt und damit nicht nur eine Beurteilung des Wertes der einheimi¬

schen Überlieferungen über die vordynastische Zeit ermöglicht, sondern

auch einen überaus bedeutsamen Beitrag zur Geistesgeschichte der späten

Chou-Zeit geliefert. So konnte Ku Chieh-kang's und Yang Hsiang-

K'uEi's(Saw-ÄM«TO(7Ä;'aoHM^"(1936) im wesentlichen nicht über Halouns

bereits 11 Jahre früher ausgesprochene Erkenntnisse hinausgelangen.

Von besonderer grundsätzlicher Wichtigkeit sind auch Halouns Aus¬

führungen über die kosmologischen Zahlen (S. 243) für die pseudo¬

historische Chronologie des chinesischen Altertums, wie denn überhaupt

die Fülle anregender Ideen hier nur angedeutet werden kann. Haloun

hat von diesem Aufsatz auch in späteren Jahren, als die Forschung weiter

vorangeschritten war und auch die Archäologie (vgl. S. 267!) zum Zuge

kam, viel gehalten. Noch 1951 sagte er mir, daß er ihn für seine bedeut¬

samste und gedankenreichste Arbeit hielte, trotz überholter Einzel¬

heiten.

Eine neue Epoche in der Erforschung der altchinesischen Geschichte

wurde durch Maspeeo heraufgeführt. Seine "Ligendes mythologiques dans

le Chou-king" erwiesen endgültig die Unmöglichkeit, die vordynastische Geschichte Chinas als vollhistorisch aufzufassen. Seine Kritik an Haloun

freilich hält näherer Prüfung nicht stand. Wenn er etwa Haloun vor-

1*

(6)

4 Heebebt Fbanke

wirft, zwischen historischer und legendärer Interpretation zu schwanken

und eine klare Entscheidung fordert, so verkennt er damit gerade das

Anliegen Halouns, der aufzuzeigen suchte, daß sich an historische Ge¬

stalten, wie verschwommen die Überlieferung auch immer sein mochte,

legendäre Zutaten knüpfen können.

Hatte Haloun bisher vor allem noch in den Studien zur Clansiedlung

sich auf den textus receptus der Quellen und die Angaben der chinesi¬

schen Enzyklopädien verlassen, so tat er in seiner nächsten Arbeit den

bedeutsamen Schritt zu kritischer Behandlung der literarischen Quellen.

Das Problem, ob und seit wann unter den Randvölkern Indogermanen

auftauchen, ist ein wichtiges Teilproblem der Geschichte der asiatischen

Völkerverschiebungen im ersten vorchristlichen Jahrtausend. Halouns

Ansatzpunkt war O. Feankes Auffassung, daß das Ta-Hsia ]g der chi¬

nesischen Quellen die Tocharer auch schon vor 126 v. Chr. bezeichne und

daß somit das ,,alte Handels- und Kulturvolk der Tocharer" bereits im

12. Jahr v. Chr. an Chinas Westgrenze anzusetzen sei. Demgegenüber

zeigte Haloun, daß noch um 500 v. Chr. Ta-Hsia (oder eher T'ai-Hsia)

ein rein chinesisches Gebiet bezeichnet und die späteren Angaben eine

fortschreitende Mythisierung aufweisen, innerhalb deren Ta-Hsia als

Fabelvolk am Rand der Oikumene erscheint. Erst durch Chang Ch'ien

wird Ta-Hsia wieder mit einem realen Landesnamen (Baktrien) ver¬

bunden. Dieses Ergebnis wird durch eine kritische inhaltliche und chro¬

nologische Analyse der herangezogenen Textstellen erreicht, die Haloun

im wesentlichen auf eine ,,Vita des Herzogs Huan von Ch'i" als Arche¬

typus zurückführt (vgl. das Stemma S. 95).

Halouns Widerlegung der Gleichung Ta-Hsia = Tocharer für die

Zeit vor 126 v. Chr. ist von der Wissenschaft akzeptiert worden, mit Aus¬

nahme von 0. Feanke^, dessen Beweisführung jedoch von Haloun

später widerlegt werden konnte^. Von den Besprechungen können wir

diejenigen ruhig übergehen, die auf völliger Verständnislosigkeit be¬

ruhen (v. Zach). Ernster sind die von Maspeeo erhobenen Einwände,

die sich gegen die Datierung der Quellen durch Haloun richten. Maspeeo

verwirft den von Haloun aufgestellten Textstammbaum und will alle

die Kriegszüge des Herzogs Huan betreffenden Stellen von einem Kuan-

feM-Roman des 4. vorchristlichen Jahrhunderts ableiten, eine Verein¬

fachung, der Haloun mit dem Hinweis auf die doch wohl komplizierter

liegende Textschichtung entgegengetreten ist*. Diese Kontroverse be¬

rührt ein grundsätzliches Problem der Textkritik chouzeitlicher Quellen

1 MSOS 29 (1926) 109 — 114; SBPrAW 1934, XV, 21ff.; vgh auch Oe¬

schichte des Chinesischen Reiches Bd. III, S. 30.

2 insbesondere Zi3M(? 91 (1937) 282, 288.

3 AM 8 (1932/33) 474 Anm. 3.

(7)

Gustav Haloun 5

überhaupt. Die „Vita" ist als unabhängiger Text nicht bezeugt, sondern

nur erschlossen. Halouns Stemma setzt sie aber bereits für 500 v. Chr.

als Archetypus an. Natürlich kann man versuchen, aus den verschie¬

denen, zum Teil weit voneinander abweichenden Parallelstellen in den

Vor-Han-Texten einen Archetypus zu rekonstruieren, doch wird ein

solches Vorgehen Gefahr laufen, gleichsam nach dem Prinzip des klein¬

sten gemeinsamen Vielfachen, einen fiktiven Text zu konstituieren. Dies

zumal, wenn man berücksichtigt, daß wahrscheinlich die schriftliche

Fixierung der überlieferten Texte nicht vor der späteren Chan-kuo-Zeit

anzusetzen ist, eine Annahme, die Haloun später in mündlicher Unter¬

haltung selbst vertreten hat. So ist es vielleicht zu erklären, daß Haloun die beabsichtigte kritische Edition der ,,Vita"^ nicht weiter betrieben hat.

Aber abgesehen von diesen mehr allgemeinen Zweifelspunkten ent¬

hält ,,Seit wann ..." eine derartige Fülle von Material, daß auch heute

noch die Durcharbeitung des nicht leicht zu lesenden Buches in reichem

Maße lohnt. Wir erinnern nur an die — auch von Maspero gelobte —

Darstellung der Ereignisse während der Regierungszeit des Herzogs Huan

von Ch'i (S. 47 ff.) oder die Rolle der kosmologischen Zahl 72 (S. 63f.).

In seinen nächsten Arbeiten wandte Haloun die kritische Methode

systematisch auf bezeugte Texte an. Die Edition der ,, frühkonfuzianischen

Fragmente" (Fu-tzu Ching-tzu^^, Ti-tzu-chih |& ^^^|c) zeigt ihn als

unerreichten Meister kritischer Textbehandlung. Bisher hatte noch kein

westlicher Sinologe die in der biblischen und klassischen Textkritik er¬

arbeiteten Methoden auf die Rekonstruktion eines chinesischen Textes

angewandt. Über der Fülle mühsamster Einzelarbeit, die auch die Er¬

gebnisse der modernen phonologischen Forschung berücksichtigte, sollte

man die grundsätzlichen Bemerkungen Halouns in diesen Editionen

nicht vergessen, wie etwa seine Beurteilung des Quellenwertes der Chia-

yü Wer freilich annehmen wollte, daß Haloün hier bereits end¬

gültige Ergebnisse vorlegte, wurde viele Jahre später eines besseren be¬

lehrt, als er den „Fürstenspiegel" aus Kuan-tzu 55 (veröffentlicht als An¬

hang zu Fu-tzu VI in AM 8 [1932/33] 498—503) erneut edierte ("Legalist

Fragments"). Nicht nur neue testimonia wurden herangezogen, sondern

vor allem auch in MSS erhaltene Versionen. Das Ergebnis war eine nun

doch wohl als endgültig anzusehende Edition, die jedenfalls mit der von

Haloun eingeführten Methode kaum weiter vervollkommnet werden

kann. Das Indogermanen-Problem war inzwischen weiter verfolgt wor¬

den. Zwar sind die angekündigten Teile II und III von „Seit wann ..."

nicht erschienen, doch schließt sich die in dieser Zeitschrift erschienene

Studie über die Yüeh-chih unmittelbar zeitlich und sachlich an die

1 AM 8 loc. cit. ^ AM 8 (1932/33) 456 ff.

(8)

6 Hebbebt Fbanke

frühere Arbeit an. Das Ausmaß der darin verarbeiteten Literatur wie

auch der Grad der historisch-philologischen Kritik sind staunenswert.

Eine Teilfrage, nämlich die Rolle des Stammes der ,, kleinen Yüeh-chih"

in den Aufständen zu Ende der Han-Zeit hat Haloun dann in einer wei¬

teren Arbeit {"The Liang-chou Rebellion") mit der gleichen Akribie be¬

handelt^. Der Aufsatz in der ZDMG war als Vorbericht zu einer umfas¬

senderen Arbeit gedacht, und in der Tat hat Haloun, wie das durch¬

schossene Exemplar seines Aufsatzes zeigt, noch bis 1951 daran weiter¬

geschaffen.

Manche der von Haloun selbst noch angekündigten Arbeiten sind

nicht erschienen, und es muß fraglich bleiben, vor allem angesichts der

Eigenart textkritischer Editionsarbeit, ob aus dem umfangreichen Nach¬

laß etwa die textkritischen Studien zum I-chou-shu noch zutage

treten^. Dsa Kap. 59 (EE"^) spielteschoninder Argumentation von,,Äei<

wann ..." eine Rolle, ja bereits 1922 hatte er seine Aufmerksamkeit diesem Text zugewandt*. Am Meng-tzu wai-shu tS-T-^'i-fl^* hat er noch bis in die letzte Zeit hinein gearbeitet ; seine Studien zum Teng-hsi-tzu ^ -tf •7"*

sind teilweise in den ^.^Legalist Fragments" verwertet. Besonders zu bedauern ist,daß er die kritische Neuausgabe deäM u-t'ien-tzu chuan ^^^i^i^-^ nicht

mehr vorlegen konnte. Von den früher angekündigten Arbeiten' wurde

einiges bei anderen Gelegenheiten verwertet, so etwa die Vorarbeiten zu

einem historischen Atlas Alt-Chinas^ für die Karten im „Großen Brock¬

haus", in Voretzsch, Altchinesische Bronzen und die sehr eingehende Re¬

zension von Herrmann's Historical and Commercial Atlas. Anderes, wie

die Wanderungen der Ch'üan-Jung und Ti-Völker mag in „Seit wann ..."

und der Yüeh-chih-Studie Aufnahme gefunden haben.

Halouns kritische Quellenbehandlung setzte eine umfassende Kennt¬

nis der chinesischen Bibliographie voraus. Sein bibliographisches Wissen,

das selbstverständlich auch dem Ausbau der von ihm geleiteten Bi¬

bliotheken in reichem Maße zugute kam, war erstaunlich. Ein anderes

Gebiet, auf dem er sich durchaus heimisch fühlen durfte, obgleich er

nichts Einschlägiges veröffentlicht hat, war die chinesische Paläographie.

Zweifellos war er hierauf durch seine textkritischen Untersuchungen ge¬

führt worden ; galt es doch, Korruptelen ausfindig zu machen und zu er¬

klären, was oft genug nur durch paläographische Kriterien (und Tabu-

Substitutionen) geschehen konnte. Haloün gehörte zu den wenigen

1 Vgl. schon ZZ>MÖ 91 (1937) 270ff.

" VgL AM 8 (1932/33) 457 Anm. 4; 473 Anm. 1; ZDMG 91 (1937) 298

Anm. 2. 3 OLZ 1922, 435, zur Völkerliste des Wang-hui.

* AM 10,2 (1935) 247 Anm. 1. » ib. S. 250.

8 ZDMG 91 (1937) 302 Anm. 3. ' AM 1 (1925) 352.

* Vgl. auch „Rekonstruktion" S. 243, Vorbemerkimg.

(9)

Gustav Haloiui 7

westlichen Gelehrten, die sich mit den Bronze-Inschriften ernsthaft be¬

faßten. Nicht minder geläufig waren ihm die Ergebnisse der historischen

Phonologie ; hat er doch selbst zu einer Arbeit Simons Ergänzungen ge¬

liefert, die weiteres Material zum Anlautsystem des Altchmesischen ent-

halteni. gein Exemplar von Kaelgeen's Analytic Dictionary enthält

viele hundert handschriftliche Eintragungen und Korrekturen, in de¬

nen zum Teil auch inschriftliche Zeichenformen herangezogen sind neben

dem Material des Shuo-wen, das er beherrschte wie wenige.

Unser Überblick über Halouns Werk wäre unvollständig, wollten

wir die vielen Beiträge übergehen, die er zu Arbeiten anderer Gelehrter

beigesteuert hat. Wer sich mit einer Frage an ihn wandte, konnte sicher

sein, daß er, eigene Arbeiten zurückstellend, sich mit der ihm eigenen

Akribie der Beantwortung widmen würde. Oft sind seine Beiträge in

Fußnoten erwähnt, denen nur der Kenner der Materie anmerkt, wieviel

mühevolle Arbeit darin steckt. A. Waley hat seine Shih-ching Über¬

setzung in dankbarer Anerkennung seinem Freund Haloun gewidmet^.

Für Mänchen-Helfen rekonstruierte Haloun den Abschnitt über den

Schützen I nach dem korrupten Text von Huai-nan-tzu K. 8*. Vor allem

aber hat er sein reiches Wissen den Kollegen zur Verfügung gestellt, die

über zentralasiatische Fragen arbeiteten. Vor dem Kriege hatte er

J. Junge die Angaben der chinesischen Quellen über die Saka (Sai-

wang) mitgeteilt*. In späteren Jahren hat er besonders eng mit

H.W. Bailey zusammen gearbeitet und u. a. die Stael-Holstein-Rolle von

der sinologischen Seite her untersucht und ihr ungefähres Datum er¬

mitteln können^. Für V. Minoesky besorgte er eine Neuübersetzung des

chinesischen Teils der Inschrift von Qara Balgasun und klärte auch hier

die Datierung«. Diese — keineswegs erschöpfende — Übersicht läßt viel¬

leicht ahnen, wie uneigennützig er stets zur Stelle war, wenn es galt, die

Grenzen des Wissens weiter zu stecken, aber auch, wie sehr Hilfsbereit¬

schaft und freundschaftliches Entgegenkommen zu seinen Eigenschaften

zählten. Daß er hierzu noch die Zeit fand, neben vielfältigen Verwaltungs¬

geschäften, eigener wissenschaftlicher Arbeit und schließlich der über¬

aus sorgfältigen Vorbereitung seiner Vorlesungen, zeugt von der ihn

kennzeichnenden, selbst die eigene Gesundheit nicht schonenden Energie.

Ein Mann von der Gedankentiefe Halouns konnte angesichts der

leidvollen und blutigen beiden letzten Jahrzehnte nicht gleichgültig

1 BSOS 9 (1939) 287.

2 The Book of Songs, London 1937, Vorwort (S. 11).

3 Archiv Orientälni 7 (1935) 29 Anm. 1.

* Saka-Studien (Beihefte zu Klio, Nr. 41, 1939) 94ff.

^AM N.S. 2,1 (1947/48) 1.

8 BSOS 12,2 (1947/48) 286, 295 Anm. 2, 300. Weiteres Material auch in

Minorsky, Marvazt, London 1942, insb. S. 98 f.

(10)

"8 Herbert Franke

bleiben. Er war zu sehr Humanist, als daß er sich unbewegten Herzens in

seine Wissenschaft hätte verschließen können. Die Zeitumstände ver¬

tieften seine Neigung zum Pessimismus — vielleicht ist es kein Zufall,

daß ihn gerade mit O. Spenglek vieljährige Freundschaft verbunden

hat. Wer ihn nach dem Kriege wiedersah, mochte mehr denn je fühlen,

daß er einem Manne gegenüberstand, dem es nicht gegeben war, Lasten

von sich abzuwälzen. Auch die kleinste seiner Pflichten nahm er ernst.

Auf diesem Hintergrunde des Ernstes und der kompromißlosen Sach¬

lichkeit aber wirkte seine Herzensgüte um so bezwingender, zumal wenn

in den kargen Stunden der Muße, die er sich gönnte, sein doch im Grunde

heiteres, dem Schönen offenes Wesen zutage trat. Über seinem Leben

hätten Goethes Diwan-Worte als Devise stehen können

,, Schwerer Dienste tägliche Bewahrung, Sonst bedarf es keiner Offenbarung".

Die Wissenschaft hat allen Anlaß, Gustav Halouns frühen Tod zu

beklagen. Er hat einmal gesagt, sein Ziel sei es, eine neue Geschichte des

chinesischen Altertums zu schreiben; alles, was er geleistet habe, sei eine

Vorarbeit hierzu gewesen. Sie wird nun ungeschrieben bleiben müssen.

Niemand kam ihm an Beherrschung des Stoffes und an Akribie gleich.

Mit ihm ist auch derjenige Gelehrte dahingegangen, der imstande ge¬

wesen wäre, bisher ungelöste Fragen wie etwa das Ta-Ch'in ^ ^ Problem

aufzugreifen und zu beantworten. Am schmerzlichsten aber wird sein

Dahinscheiden von denen empfunden, die ihm nahegestanden haben.

Wer je zu seinen Freunden, Schülern und Mitarbeitern zählte, wird sich

trauernd bewußt, daß mit ihm ein Mann dahingegangen ist, dem die

Gaben des Geistes wie des Herzens in gleichem Maße zuteil geworden

waren. Sie werden stets mit Verehrung und Dankbarkeit an ihn zu¬

rückdenken.

Verzeichnis der Schriften Gustav Halouns

1. Wissenschafthche Arbeiten

a) Beiträge zur Siedlungsgeschichte chinesischer Clans. I. Der Clan Feng.

Asia Major, Hirth Anniversary Volume (1923), S. 165—181

Besprechungen und Anzeigen: The Chinese Social and Political

Science Review 8, Nr. 3 (1924) S. 248 (Lm Yü-t'ang) T'oung Pao

22 Nr. 5 (1923) S. 356—357 (Paul Pelliot) Journal of the North

China Branch of the Royal Asiatic Society 55 (1924) S. 240 (H.C.).

b) Contributions to the History of Clan Settlement in Ancient China. I.

Phratry Yen — Ying — Ki l. Asia Major 1 (1924) S. 76—111

Literarisches Zentralblatt 1924, S. 223—224 (A. Wedemeyeb)

Deutsche Literaturzeitung 1925, S. 876—877 (O. Franke) Deutsche Wacht, JuU 1926, S. 38 (E. v. Zach).

c) Die Rekonstruktion der chinesischen Urgeschichte durch die Chinesen.

(11)

Gustav Haloun »

Japanisch-deutsche Zeitschrift für Wissenschaft und Technik, 3 (1925) S. 243—270.

Joumal Asiatique. 210 (1927) S. 142—144 (H. Maspero).

d) Seit wann kannten die Chinesen die Tocharer oder die Indogermanen

überhaupt? I. '^^^ chinesischen Quellen vor 126 v. u. Z.

Leipzig 1926. Verlag Asia Major. 207 + (1) S.

Journal Asiatique 210 (1927) S. 144—152 (H. Maspero).

Zapiski Kollegii Vostokovedov 2 (1926) S. 200—206 (F. Rosenberg).

Literarische Wochenschrift 1926 Nr. 33, Sp. 955—956 (E. Erkes).

Chinesische Blätter für Wissenschaft und Kunst 1 Nr. 4 (1927) (Mitt.

des China-Institus) S. 32 (R. Wilhelm).

Deutsche Wacht, Juli 1926 S. 38 (E. v. Zach).

Indogermanische Forschungen 46 (1928) S. 274—276 (J. Friedrich).

Indogerm. Jahrbücher 12 (1928) S. 60—76 (J.Friedrich).

Revue Beige de Philologie et d'Histoire 8 (1929) (W. van Eeqhem).

ZeiUchrift des Vereins für Volkskunde 1927/1928 H. 3/4 (W. Fuchs).

Die katholischen Missionen 1927 H. 4 (G. Schubhammeb S. J.).

Deutsche Akademiker-Zeitung Folge 26 (1929) (anon.).

e) Fragmente des Fu-tsi und des Tsin-tsi. Frühkonfuzianische Fragmente I. Asia Major 8 (1932/33) S. 437—509.

f) Das Ti-tsi-t§i. Frühkonfuzianische Fragmente II. Asia Major 9 (1933) S. 467—502.

g) Einige Berichtigungen und Nachträge zum Ti-tsi-t§i und zum Fu-tsi.

Asia Major 10 H. 2 (1935) S. 247—250.

h) Zur Üe-tsi-Frage. Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesell¬

schaft 91 (1937) S. 243—318.

Anthropos 33 (1938) S. 958—959 (O. Maenchen-Helfen).

i) The Liang-chou RebeUion 184—221 A. D. Asia Major N. S. 1 (1949)

S. 119—132.

j) Legalist Fragments Part I : Kuan-tsi 55 and Related Texts. Asia Major N. S. 2, 1 (1951) S. 85—120.

2. Sonstiges

a) Die Novelle vom Prinzen Tan von Jen. Reclam's Universum 1928

S. 827 f. [übersetzt aus Chan-kuo ts'e].

b) Chinese Script. World Review Sept. 1942, S. 27—28.

c) Paul Pelliot. Joumal of the Royal Asiatic Society 1947, S. 137—138.

d) China-Artikel zu ,,Der große Brockhaus", 15. Aufl.

3. Besprechungen

a) J. J. M. de Gboot, Die Hunnen der vorchristlichen Zeit. In Orien¬

talistische Literaturzeitung 1922 Sp. 433—438.

b) F. E. A. Krause, Tseng Kung. In Asia Major 2 (1925) S. 353—354.

c) H. Hülle, Neuerwerbungen chinesischer und manjurischer Bücher in

den Jahren 1921—1930. In Oriental. Lit. Ztg. 1934, Sp. 260—262.

d) E. Habnisch, Die Heiligung des Vater- und Fürstennamens in China.

In Oriental. Lit. Ztg. 1934, Sp. 576—579.

e) A. Hebbmann, Historical and Commercial Atlas of China. In Oriental.

Lit. Ztg. 1939, Sp. 45—51.

f) W. P- Yetts, The Gull Chinese Bronzes. In The Burlington Magazine

Okt. 1940, Sp. 134-135.

g) E.T.Hibbeet, K'ang Hsi, Emperor of China. IxiCamhridge Review\94\.

h) Anzeigen: Jahresberichte des Lit. Zentralblatts 1925 Sp. 279—282; 1926»

Sp. 361—364.

(12)

Johannes Hendrik Kramers (1891-1951)

Von Feanz Babingee, Miinchen

In den ohnehin bedenklich gelichteten Reihen der holländischen Ver¬

treter der Wissenschaft vom Islam hat ein blindes Schicksal im letzten

Jahrzehnt auf fast erschütternde Weise gewütet. Sieht man von

M. Th. Houtsma ab, dessen Leben an der äußersten Markscheide verlief,

als Unmenschlichkeit und Roheit es zum Verlöschen brachten, so hat

wohl kaum einer der seither hingerafften holländischen Islamforscher ein

Alter erreichen dürfen, von dem wir nach menschlichem Ermessen keine

weitere literarische Ernte hätten erwarten müssen. Mit Johannes

Hendeik Keamebs, dessen Dasein am 17. Dezember 1951 zu Oegstgeest

bei Leiden viel zu früh versiegte, ist nunmehr wohl der letzte Nachklang

einer glücklichen und großen Zeit der morgenländischen Studien in den

Niederlanden verstummt.

Mehr als einmal war gerade in der jüngsten Vergangenheit Anlaß dar¬

auf hinzuweisen, in welcher ungleich bevorzugteren Lage sich die Islam¬

wissenschaft in Ländern entwickeln und gedeihen konnte, werm sie in

engen Verbindungen nicht nur diplomatischer Art mit dem Orient

standen : Frankreich, England, Österreich und Holland vor allen anderen

Staaten Europas waren es, die durch ihre Orientalisten eine lebendige,

aus gründlicher Anschauung des Nahen Ostens geschöpfte Kenntnis

ihrer Wissenschaften vermittelten. J. H. Keamees gehörte zweifellos

zu dieser glücklichen Schar, die sich eines solchen unschätzbaren Vorteils

rühmen durfte. Sie wird von Jahr zu Jahr kleiner, je mehr sich die

Staaten des Vorderen Orients der Rolle von Kolonialvölkern entwöhnen

und ihre eigenen Wege gehen. Zweifellos erklärt der Zusammenbruch,

das Dahinschwinden von Kolonialreichen in unserem Jahrhundert den

Rückgang und die Verkümmerung der Kunde vom Morgenland.

J. H. Keamees hat es sich in seiner Jugend schwerlich träumen lassen,

daß er seine Tage als hoogleraar fürs Arabische und Islamwissenschaft

beschließen werde. Als er, der am 26. Februar 1891 zu Rotterdam als

Kind vermöglicher Eltern geboren worden war, das dortige altberühmte

Gjrmnasium Erasmianum besucht hatte, bezog er die Leidener Univer¬

sität, um sich vor allem rechtswissenschaftlichen Studien zu widmen.

Da geriet er in den Bann von Che. Snouck Huegeonje, dem gefeierten

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