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Archiv "Praxisführung: Den allein selig machenden Führungsstil gibt es nicht" (06.03.2009)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 10⏐⏐6. März 2009 A477

S T A T U S

Z

wei Notfälle zur selben Zeit in der Praxis – jetzt ist schnelles Handeln angesagt. Auch Ärztinnen und Ärzte, die auf die Eigeninitia- tive ihrer Mitarbeiterinnen setzen, sie in Entscheidungen einbinden und einen kooperativ-partnerschaft- lichen Führungsstil pflegen, müssen in diesen Situationen autoritär auf- treten und schnell entscheiden. In der Notfallsituation gibt es kein lan- ges Diskutieren – die Ärztin/der Arzt bestimmt, welcher Patient zu- erst behandelt wird. Umgekehrt gilt:

Auch ein Arzt, der auf Disziplin pocht und die Mitarbeiterinnen mit exakten Arbeitsanweisungen führt, sollte sich in gewissen Situationen einem konsensorientierten Führungs- stil öffnen – beispielsweise wenn er plant, tief greifende Änderungen im Praxisbetrieb durchzuführen. Ein Arzt, der ohne Mitsprache seiner Angestellten die Abläufe ändern will, läuft Gefahr, dass sich die Me- dizinischen Fachangestellten den Neuerungen verweigern.

„Den allein selig machenden Führungsstil gibt es nicht“, betont der Dr. med. Rüdiger Pfeiffer, Gynäkologe mit Praxis in Ulm, „oft sind situativ bedingte Wechsel des Führungsstils sinnvoll.“ Gerade deswegen ist es notwendig, dass ein Arzt sich bewusst ist, zu welchem Führungsstil er tendiert. Dieser er- gibt sich aus seinen Einstellungen und seiner Persönlichkeit. Wenn er darüber hinaus berücksichtigt, wel- chen Entwicklungsgrad eine Mit- arbeiterin aufweist, kann er sein bevorzugtes Führungsleitbild der

Situation anpassen. „Eine Auszubil- dende im ersten Lehrjahr benötigt eine kontrollierendere Führung als etwa die erfahrene rechte Hand“, er- läutert Pfeiffer. „Der etablierten Arzt- helferin gestehe ich durchaus zu, dass sie meine ärztlichen Entschei- dungen auch einmal hinterfragt.“

Die Beschäftigung mit den Vor- und Nachteilen der verschiedenen Führungsstile zeichnet eine profes- sionelle Führungskraft aus. Doch welche Führungsleitbilder gibt es überhaupt? Die aufgaben-, men- schen- und sachorientierten Füh- rungsstile setzen unterschiedliche Schwerpunkte und differenzieren sich zumeist durch das dahinterste- hende Menschenbild. Aus der Fra- ge, ob ein Arzt der Meinung ist,

>Menschen müssten grundsätz- lich angeleitet und kontrollierend geführt werden, weil sie ansonsten

versuchten, eigenständiges Arbeiten und Handeln zu vermeiden, oder

>Menschen wollten ihre Fähig- keiten zum Wohl der Praxis einset- zen und aktiv Verantwortung über- nehmen,

leiten sich drei grundlegende

Führungsstile ab.

PRAXISFÜHRUNG

Den allein selig machenden Führungsstil gibt es nicht

Führung ist die Kunst, andere Menschen für die gesetzten Ziele zu begeistern und mit auf den Weg zur Erfüllung der Ziele zu nehmen. Welche Art zu führen im Praxisalltag die

„richtige“ ist, variiert je nach Situation und Mitarbeiterin.

Die Beschäftigung mit den Vor- und Nachteilen der einzelnen Führungsstile zeichnet eine gute Führungskraft aus.

Fotos (2):Vario-Images [m]

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A478 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 10⏐⏐6. März 2009

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Der hierarchische oder auto- ritäre Führungsstilführt Mitarbei- terinnen durch feste Regeln und strikte Anweisungen. Der Arzt will, dass Aufgaben sauber erledigt und konkrete Ergebnisse erzielt werden.

Das kann zu einem funktionieren- den Praxisalltag führen, hat aller- dings den Nachteil, dass die Men- schen oft kein Vertrauen zueinander aufbauen, zuallererst ihre eigenen Interessen verfolgen und ängstlich agieren. Der Arzt erscheint als über- mächtiger Vorgesetzter, den zu kriti- sieren als „Sakrileg“ gilt.

Beim demokratischen Füh- rungsstilräumt der Arzt seinen Mit- arbeiterinnen Freiräume ein und be- vorzugt den Gedanken der koopera- tiven Partnerschaftlichkeit. Er ver- traut darauf, dass sie eigenständig Problemlösungen kreieren und um- setzen. Ihm geht es darum, dass sich die Mitarbeiterinnen auch mensch- lich weiterentwickeln und sich Be- ziehungen innerhalb des Praxis- teams entwickeln. Dafür muss er mit dem Risiko leben, dass eingeräumte Freiheiten ausgenutzt sowie Ent- scheidungsprozesse unnötig in die Länge gezogen werden.

Vom Laissez-faire-Führungs- stil spricht man, wenn die Mitarbei-

terinnen ein Höchstmaß an Ent- scheidungsfreiheit nutzen können und der Aspekt der Selbstverwirkli- chung am Arbeitsplatz in den Vor- dergrund rückt. Diese Art zu führen hat den Nachteil, dass durch das Fehlen fester Regeln geordnete Ar- beitsabläufe erschwert werden.

Gynäkologe Pfeiffer empfiehlt:

„Der Arzt sollte feststellen, welchen Stil er am besten leben kann, und ihn im Praxisalltag auch anwenden.

Denn entscheidend für die Akzep- tanz des Führungsstils durch die Mitarbeiterinnen ist die Glaubwür-

digkeit. Ärzte, die den autoritären Führungsstil pflegen, weil sie sich nicht verbiegen wollen oder glau- ben, die Situation erfordere dies, sollten sich dazu bekennen.“

Wichtig ist dabei der Unterschied zwischen angemaßter Autorität und verliehener Autorität. Wenn die Mit- arbeiterinnen den Arzt als Autorität anerkennen, akzeptieren sie Anwei- sungen als Hilfestellungen.

Zugleich sollte ein Arzt sein Wis- sen um die Schwächen seines be- vorzugten Führungsstils nutzen, um negative Auswirkungen zu vermei- den. Und indem er prüft, welche Aspekte der anderen Führungsstile er in das Repertoire seiner Mitarbei-

terführung integrieren kann, erar- beitet er sich Handlungsoptionen.

Der Nutzen: Ein Arzt wird jeden Tag mit verschiedenen Führungssitua- tionen konfrontiert. Verfügt er über lediglich eine Führungsstrategie, kann er nicht immer angemessen reagieren. So aber führt er unterstüt- zend-motivierend, konstruktiv-pro- blemlösend, informierend oder au- toritär zurechtweisend – je nach Si- tuation und Mitarbeiterin.

Bei der Frage, welcher Führungs- stil dominieren sollte, sind neben der Persönlichkeit des Arztes und dem Reifegrad der Mitarbeiterin die Be- lange des Patienten zu berücksichti- gen. Die Frage: „Was ist in dieser Si- tuation das Beste für den Patien- ten?“, liefert dem Arzt eine Ent- scheidungshilfe. Das Notfallbeispiel veranschaulicht dies. Wenn sich ein Patient zu Recht über die unfreundli- che Mitarbeiterin im Empfangsbe- reich beschwert, sollte die demokra- tische oder Laissez-faire-Führungs- kraft zu autoritären Mitteln greifen und unmissverständlich klarma- chen, dass sie dieses Verhalten nicht duldet, und gegebenenfalls Konse- quenzen androhen.

Fazit:Die Ärztin/der Arzt sollte nicht über einen Führungsstil verfü- gen, sondern über mehrere, die er kontextabhängig und mitarbeiterbe-

zogen einsetzt. I

Patric P. Kutscher E-Mail: kontakt@diktig.de

RECHTSREPORT

Unter bestimmten Umständen müssen sich Prüfgremien bei einem Streit um die Recht- mäßigkeit von Arzneimittelregressen von den Krankenkassen die sogenannten erweiterten Arznei- beziehungsweise Heilmitteldaten vorle- gen lassen und sie dem geprüften Arzt zur Ver- fügung stellen. Das hat das Bundessozialge- richt (BSG) entschieden.

Im vorliegenden Fall lag der Verordnungs- aufwand der klagenden Gemeinschaftspraxis für Arzneimittel je Behandlungsfall in drei Quar- talen um 39, 43 beziehungsweise 53 Prozent über dem Durchschnitt der Fachgruppe der All- gemein- und praktischen Ärzte. Die Ärzte be-

stritten allerdings, dass die ihr elektronisch zu- geordneten Verordnungskosten korrekt erfasst worden waren. Nach Auffassung des BSG ist davon zunächst zwar nicht auszugehen. Hegen allerdings die Prüfgremien den Verdacht, es könne zu Fehlern gekommen sein, oder macht der geprüfte Arzt substantiierte Zweifel geltend, müssen die Prüfgremien dem nachgehen und eventuell weitergehend ermitteln.

Umfasst der Korrekturbedarf dann ein er- hebliches Verordnungsvolumen, das heißt min- destens fünf Prozent der Verordnungskosten, müssen sämtliche Einzelverordnungsblätter be- ziehungsweise Printimages des Arztes herange-

zogen werden. Gegebenenfalls müssen sich die Prüfgremien auch die sogenannten erweiterten Arznei- beziehungsweise Heilmitteldateien vorle- gen lassen und sie dem geprüften Arzt zur Ver- fügung stellen. Dies ist aber nur dann erforder- lich, wenn die Prüfvereinbarung es vorschreibt oder der geprüfte Arzt aufgrund substantiierter Zweifel auf diesem Vorgehen besteht. Wenn un- ter diesen Voraussetzungen die erweiterten Arz- nei- beziehungsweise Heilmitteldaten nicht her- angezogen werden, um den Sachverhalt aufzu- klären, stellt dies einen Verfahrensfehler dar.

Er führt grundsätzlich dazu, dass der Be- scheid des Beschwerdeausschusses aufgeho- ben wird. (Urteil vom 16. Juli 2008, Az.: B 6 KA

57/07 R) RAin Barbara Berner

Bei Zweifeln erweiterte Wirtschaftlichkeitsprüfung

Wenn die Mitarbeiterinnen den Arzt als Autorität anerkennen,

akzeptieren sie Anweisungen als Hilfestellungen.

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