A1080 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 22⏐⏐29. Mai 2009
A K T U E L L
Die Versicherten in Deutsch- land setzen seit der Ein- führung des Gesundheits- fonds wieder auf die großen gesetzlichen Krankenkassen.
Wie eine Umfrage der „Berli- ner Zeitung“ ergeben hat, konnte die Techniker-Kran- kenkasse im ersten Quartal ihre Mitgliederzahl um 36 765 auf fast fünf Millionen stei- gern.
Die Barmer Ersatzkasse ver- zeichnete nach einem Minus von rund 300 000 Mitgliedern in den vergangenen fünf Jahren ein Plus von 12 489 auf 5,2 Millionen Mit- glieder. Die Deutsche Angestellten- Krankenkasse legte um 6 574 Mit- glieder auf 4,6 Millionen zu, die AOK Bayern um 7 125 auf mehr als drei Millionen Mitglieder.
Dabei profitieren die bis zum ver- gangenen Jahr meist teuren Kassen
nach Einführung des Einheitsbei- tragssatzes auch von der Rückkehr ehemaliger Mitglieder, die aus Preis- und nicht aus Leistungsgründen ge- wechselt hatten.
Damit zeichnet sich dem Bericht zufolge ab, dass ehemals billige Kassen den Fonds bereits zu spüren bekommen. So verlor die einst güns- tige AOK Plus (alter Beitragssatz 13,8 Prozent) im ersten Quartal 15 141 Mitglieder. ddp
ALZHEIMER: BIOMARKER IN ERPROBUNG
Biomarker auf Blutbasis zur Früherkennung der Alzheimer-Erkrankung (AD) befinden sich noch in einem frühen Stadium der Entwicklung, wer- den jedoch im Routine-Screening zur Demenz- prävention als besonders wichtig angesehen.
Prof. Dr. med. Harald Hampel und Priv.-Doz. Dr.
Katharina Bürger vom Alzheimer-Gedächtnis- zentrum in der Psychiatrischen Klinik der Lud- wig-Maximilians-Universität München haben in Zusammenarbeit mit der Biotechnologiefirma Brahms einen Biomarkertest entwickelt, mit dem systemische Mikrogefäßveränderungen nachgewiesen werden können.
Gefäßveränderungen einschließlich Arterio- sklerose, zu hoher oder zu niedriger Blutdruck sowie Diabetes gehören zu den wesentlichen Risikofaktoren der neurodegenerativen Erkran- kung. Die neuartigen Blutbiomarker bilden Mechanismen ab, welche die Dilatation und
Kontraktion des zerebralen Mikrogefäßsystems steuern; der Gefäßdurchmesser ist ein wichti- ger Parameter, um das Gehirn mit ausreichend Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen sowie toxische Substanzen zu entfernen.
Mikrogefäßveränderungen als diagnostisches Werkzeug
In einer ersten großen Studie, an der 147 Pro- banden (94 Patienten mit vermuteter AD und 53 gesunde Kontrollprobanden) teilnahmen, unterschied der neue Bluttest, der auch die Konzentration von Endothelin und anderen Mi- krogefäßmarkern einschließt, mit einer für Blut- tests sehr hohen Genauigkeit von 81 Prozent klinisch diagnostizierte AD von gesunden Kon- trollprobanden. Die Ergebnisse legen nahe, dass systemisch gemessene Mikrogefäßverän- derungen ein hochsensitives diagnostisches
Werkzeug zur Früherkennung von AD sein könnten (Biological Psychiatry vom 1. April, elektronische Veröffentlichung vor dem Druck).
Einer der entscheidenden Vorteile dieses neuen Tests liegt darin, dass er auf für Allge- meinmediziner problemlos erhältlichen Blut- proben basiert, was ihn zu einem leicht zu- gänglichen Screening-Werkzeug macht. Frühe- re Biomarker mit guter klinischer Genauigkeit zum Nachweis von AD basierten meistens auf Rückenmarksflüssigkeit (Liquor, CSF) oder auf Neurobildgebung einschließlich MRT oder PET, die für den Allgemeinmediziner relativ schwer zugänglich und teuer sind. CSF- und MRT- Marker sind bislang die am besten validierten Biomarker, die für die Frühprognose von AD infrage kommen, da sie selbst in vorklinischen Stadien wie leichter kognitiver Beeinträchti- gung (MCI) eine hohe Sensitivität zeigen. EB GESETZLICHE KRANKENVERSICHERUNG
Zahl der Versicherten bei großen Kassen steigt
Ein Ausschuss der Deutschen For- schungsgemeinschaft (DFG) hat Vorwürfe gegen Prof. Dr. med. Axel Haverich von der Medizinischen Hochschule Hannover im Rahmen der Nominierung zum Deutschen Zukunftspreis 2008 geprüft. Nach der Nominierung des Teams aus Hannover hatten andere Forscher aus Deutschland mitgeteilt, bereits Vergleichbares erfunden zu haben und nicht erwähnt worden zu sein (siehe „Denominierung von Medi- zinern“, DÄ, Heft 46/2008). Der
Ausschuss zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehl- verhaltens ist nun zu dem Ergebnis gekommen, dass Haverich kein wis- senschaftliches Fehlverhalten vor- geworfen werden könne.
„Wir freuen uns außerordentlich für Haverich und sein Team, dass sich nach einer eingehenden Un- tersuchung durch die DFG auch anhand gutachterlicher Stellung- nahmen zur Patentsituation im Forschungsprojekt ,Mitwachsende Herzklappen zur Implantation im
Kindesalter‘ die Vorwürfe als un- begründet erwiesen haben“, erklärte die Jury des Deutschen Zukunfts- preises. Zwar könnten die gut- achterlichen Stellungnahmen eine noch ausstehende Entscheidung des Patentamts nicht vorwegnehmen.
Sie seien aber wichtige Eckpunk- te in der Auseinandersetzung um eine Patentfrage, die zur Denomi- nierung von Haverich und seines Teams im Auswahlverfahren für den Deutschen Zukunftspreis ge-
führt habe. nsi
DEUTSCHER ZUKUNFTSPREIS
Kein wissenschaftliches Fehlverhalten
Foto:Becker & Bredel