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Archiv "Arzneimitteltherapie: Empathie fördert die Motivation" (21.12.2009)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 106

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Heft 51–52

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21. Dezember 2009 [115]

ARZNEIMITTELTHERAPIE

Empathie fördert die Motivation

Bis zu 50 Prozent der Patienten nehmen ihre Medikamente nicht oder in falschen Mengen ein. Die Autorin gibt Hinweise, wie der Arzt durch eine geeignete Kommunikation die Compliance verbessern kann.

D

ie Non-Compliance gehört zu den größten Problemen bei der Arzneimitteltherapie. Bei der Ursachenforschung, warum Patien- ten ihre Medikamente nicht oder in falschen Mengen einnehmen, stößt man häufig auf die Kommunikation zwischen Arzt und Patient. Diese beinhaltet nicht nur die Information (also das Verstehen), sondern auch die Motivation, die auf dem „Wie“

der Mitteilung und den Begleitum- ständen beruht.

Die Compliance sinkt bei länge- ren Wartezeiten, Unfreundlichkeit, Desinteresse des Arztes und ähnli- chen Faktoren, die Unmut oder Un- lust beim Patienten auslösen. Diese äußert sich allerdings nur in den sel- tensten Fällen. Meistens „rächt“ sich der Patient, teils unbewusst, indem er empfohlene Verhaltensweisen un- terlässt. Das erscheint in der Logik überraschend, weil er dabei gegen sich selbst und seine Gesundheit handelt. Ein enttäuschter Patient agiert aber oft mehr emotional denn rational. Beim Umsetzen des Arzt - gesprächs kann er selbst entscheiden, er hat Macht und Einfluss. Vorher war er den Umständen ausgeliefert.

Offene Fragen geben eher Hinweise auf Probleme

Es empfiehlt sich, das Gespräch über die Compliance mit einer offe- nen Frage zu eröffnen: „Wie sind Sie mit der Einnahme zurechtge- kommen?“ oder „Wie haben Sie die Medikamente eingenommen?“. Bei der geschlossenen Frage „Haben Sie die Tabletten wie vereinbart eingenommen?“ äußert der Patient öfter ein spontanes „Ja“, als es tat- sächlich der Fall ist. Bei der offenen Fragestellung zeigt ein kurzes Zö- gern und Überlegen dem Arzt be- reits, dass die tägliche Einnahme noch nicht in Fleisch und Blut über-

gegangen ist. Außerdem spricht der Patient Schwierigkeiten mit den Arzneimitteln eher an.

Generell stellt sich die Frage, ob die Ärzte die Grenzen ihrer Verant- wortung für den Patienten immer richtig wahrnehmen. Einerseits gibt es die Pflicht zur Erläuterung des Medikationsplans, andererseits sind sie nicht allein für die Gesundheit des Patienten zuständig, er hat selbst die Hauptverantwortung.

An die Sprechweise des Gegen- übers angepasstes Formulieren er- höht die Aufnahmefähigkeit. Bei Beschwerdefreiheit ist es für den Patienten oft nicht nachvollziehbar, warum er etwas grundsätzlich und regelmäßig tun soll. Was erreicht oder verhindert der Patient damit?

Warum ist es so wichtig? Aufgabe des Arztes ist es dann, dem Patien- ten klarzumachen, dass er es jetzt in der Hand hat und ganz allein entscheidet, wie es ihm in der Zu- kunft ergehen wird. Es geht um sei- ne Gesundheit, er nimmt die Medi- kamente nicht für das Wohlwollen des Arztes ein. Erkennt man das Interesse des Patienten an seinen Präparaten als gesundheitsbewuss- tes Verhalten an, unterstützt das die Motivation ebenso wie ein freundli- ches, zugewandtes Auftreten und eine verständliche Ausdrucksweise.

Man weiß heute aus Forschun- gen in der Psychologie, dass Verlo- ckungen allgemein mehr Effekt ha- ben als Bedrohungen. Daher ist es überflüssig, die Nachteile des Nicht- einhaltens des Medikamentenplans zu betonen. Besser: Der Patient ver- steht, wie groß sein Einfluss auf die eigene Gesundheit ist. Schwärmt Frau Meier etwa vom Spiel mit ih- ren Enkeln und erzählt dabei, dass sie leider Schwierigkeiten hat, auf dem Boden zu sitzen, könnte der Arzt ihr ausmalen, wie viel bes-

ser es gehen wird, wenn sie die Me- dikamente nimmt. Jemand anderes beklagt vielleicht seit Längerem, dass er bei der Gartenarbeit so kurz- atmig ist. Jetzt bekommt er Arznei- mittel, die die Herzfunktion unter- stützen, den Blutdruck senken et cetera. Er ist noch misstrauisch,

„Arzneimittel sind Gift, weiß man ja . . .“. Bei der Besprechung schil- dert der Arzt, wie er beschwerdefrei neue Pflanzen setzt oder die Obst- bäume beschneidet. Auf diese Wei- se fällt es leichter, der Medikation zu folgen, als wenn es nur aus Angst geschieht. Dr. Thomas Berg- ner beschreibt Compliance als Leis- tung, diese korreliert immer mit dem Grad der Selbstbestimmung.

Intrinsische Motivation entsteht hier und ist dauerhaft.

Erkenntnisse aus der Gedächtnisforschung

Manchmal vergessen die Patienten die Einnahme, weil der Plan nicht passt. Manche Menschen gehen beispielsweise ohne Frühstück aus dem Haus und sind in der Arbeits- pause so abgelenkt, dass die Tablet- ten in der Tasche bleiben. Der Ein- nahmeplan ist an die täglichen Ab- läufe anzupassen, kaum einer än- dert wegen der Medikamentenein- nahme seine Gewohnheiten.

Ein paar Ergebnisse aus der Ge- dächtnisforschung: Patienten, die sich gut an die ärztlichen Instruktio- nen erinnern konnten, sind dreimal therapiemotivierter als Patienten mit Erinnerungsfehlern. Wer Na- men und Applikationsmodus seines Arzneimittels kennt, vergisst selte- ner die Einnahme. Zwei Erklärun- gen werden gut erinnert, von vieren wird eine, von acht Erläuterungen die Hälfte vergessen. ■

Ute Jürgens E-Mail: www.kommed-coaching.de

B E R U F

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