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Archiv "Arzneimitteltherapie bei Patienten mit chronischem Nierenversagen" (17.09.2010)

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(1)

Arzneimitteltherapie bei Patienten mit chronischem Nierenversagen

Bertram Hartmann, David Czock, Frieder Keller

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund: Etwa 20 Prozent aller Patienten in einer Klinik haben eine eingeschränkte Nierenfunktion, die oft wegen des Kreatinin-blinden Bereichs, in dem frühe Stadien ver- borgen bleiben, nicht erkannt wird. Die chronische Nieren- erkrankung wird in fünf Stadien eingeteilt (chronic kidney disease, [CKD 1 bis 5]).

Methodik: Selektive Literaturrecherche

Ergebnisse: Methotrexat, Enoxaparin und Metformin sind Beispiele für Arzneimittel, die bei einer glomulären Filtrati- onsrate (GFR) unter 60 mL/min nicht mehr eingesetzt wer- den sollten. Bei Antidiabetika wie Glibenclamid, Antihyper- tensiva wie Atenolol oder Antikonvulsiva wie Gabapentin ist es sinnvoll, Alternativpräparate zu verwenden, deren Pharmakokinetik von der Nierenfunktion unabhängig ist (Gliquidon, Metoprolol, Carbamazepin). Die Notwendigkeit für eine Dosisanpassung bei Patienten mit eingeschränk- ter Nierenfunktion ergibt sich bei vielen Antibiotika wie Ampicillin oder Cefazolin, fast allen antiviralen Substanzen wie Aciclovir oder Oseltamivir sowie auch für die Hälfte der Zytostatika (zum Beispiel: Cisplatin ja, Paclitaxel nein).

Schlussfolgerung: Die Pharmakokinetik ist zwar eine not- wendige, aber erst mit der Pharmakodynamik zusammen hinreichende Grundlage der Dosisanpassung. Außer der Proportionalitätsregel von Luzius Dettli gibt es alternativ die Halbierungsregel von Calvin Kunin zur Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz. Letztere führt zwar zu höheren Tal- spiegeln, könnte aber vor allem bei der antiinfektiösen Therapie wirkungssicherer sein.

Zitierweise: Dtsch Arztebl Int 2010; 107(37): 647–56 DOI: 10.3238/arztebl.2010.0647

C

hronische Nierenerkrankungen („chronic kidney disease“ [CKD]) werden in fünf Stadien einge- teilt, so dass der globale Ausdruck „kompensierte Nie- reninsuffizienz“ nicht mehr verwendet werden sollte (Tabelle 1). Die Klärung, ob eine Niereninsuffizienz vorliegt (CKD-Stadien 2 bis 5) und um welches Stadi- um der Niereninsuffizienz es sich handelt, ist wichtig, weil etwa 50 Prozent aller Arzneimittel oder deren Me- tabolite über die Niere ausgeschieden werden und 30 Prozent aller unerwünschten Arzneimittelwirkungen entweder eine renale Ursache oder eine renale Auswir- kung haben (1).

Die Prävalenz der Niereninsuffizienz mit einer glomulären Filtrationsrate (GFR) unter 60 mL/min wurde in der NHANES-Studie mit 11 bis 13 Pro zent angegeben (e1). Eine eingeschränkte Nierenfunktion haben etwa 20 Prozent aller Krankenhaus-Patien ten.

Der „Kreatinin-blinde“ Bereich umfasst eine GFR zwischen 120 und 60 mL/min. Bei über 65-Jährigen kann die GFR mit Einschränkungen über 60 mL/min der CKD-Stadien 1 und 2 noch durchaus einem altersphysiologischen Nierenfunktionsverlust ent- sprechen.

Mit der „Modification of Diet in Renal Disease“- [MDRD]-Formel wird – in Umkehrung der Logik – von der abhängigen Variablen, dem Kreatinin (SCrea mg/dL), auf die unab hängige Variable, die glomeru- läre Filtrationsrate (GFR), rückgeschlossen. Die klassische MDRD2-Formel musste für das neu kali- brierte Kreatinin modifiziert werden (e1). Unter Be- rücksichtigung der Körperoberfläche (m2), der Haut- farbe („schwarz“) und des Geschlechts („weiblich“) hängt die GFR (mL/min pro 1,73 m2) vor allem vom Alter ab („Alter“). Die Koeffizienten 0,742 bezie- hungsweise 1,212 sind gleich 1,0 für die Eigenschaft

„männlich“ beziehungsweise „weiss“.

Universität Ulm, Medizinische Fakultät, Nephrologie: Dr. med. Hartmann, Prof. Dr. med. Keller

Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie: PD Dr. med. Czock

Prävalenz

Die Prävalenz der Niereninsuffizienz mit einer glomulären Filtrationsrate (GFR) unter 60 mL/min wurde in der NHANES-Studie mit 11 bis 13 % angegeben.

Punkte 3

cme

Teilnahme nur im Internet möglich:

aerzteblatt.de/cme

(2)

Auch für die Dosisanpassung kann die MDRD-GFR zugrunde gelegt werden (2). Allerdings sollte eine Um- rechnung auf die individuelle Körperoberfläche (BSA in m2) beispielsweise über die Mosteller-Formel erfol- gen (3). (www.halls.md/body-surface-area/bsa.htm)

Lernziele

Der Beitrag soll aufzeigen, dass bei Niereninsuffizienz:

bestimmte Arzneimittel besonders nützlich sind

im Prinzip jedes Arzneimittel jedem Patienten un- ter Berücksichtigung von Pharmakokinetik und Pharmakodynamik angepasst gegeben werden kann.

Spezielle Aspekte der Arzneimitteltherapie bei Niereninsuffizienz

Bei einer GFR kleiner 60 mL/min, also ab CKD-Stadi- um 3, sollten bestimmte Arzneimittel nicht mehr gege- ben werden, da sie entweder vermehrt zu Nierenschä- den oder – da nierenabhängig eliminiert – akkumulie- ren und zu anderen toxischen Nebenwirkungen führen können (4). Jodhaltige Röntgenkontrastmittel erfordern bei Niereninsuffizienz eine prophylaktische Wässe- rung. Zur Vorbeugung der Kontrastmitteltoxizität ver- wenden die Autoren zusätzlich 1 600 mg MESNA (Me- thoxy-Ethyl-Sulfonat-Natrium) in 500 mL NaCl 0,9-prozentig als Infusion unmittelbar vor und während

der Kontrastmitteluntersuchung (5). Ab CKD-Stadium 4 bietet auch die Kernspinuntersuchung mit Gadolinium keine gefahrlose Alternative zu den jodhaltigen Kon- trastmitteln. Gadolinium-Präparate, lineare häufiger als zyklische, können ab diesem Stadium zu dem schweren Krankheitsbild der nephrogenen systemi- schen Fibrose führen. Bei GFR < 30 mL/min sollte das Gadolinium deshalb durch eine Hämodialyse sofort nach Kernspinuntersuchungen wieder eliminiert wer- den (6).

ACE-Hemmer, AT1-Blocker und auch der Renin-In- hibitor Aliskiren haben eine nierenabhängige Pharma- kokinetik, so dass es genügt, die halbnormale Dosis bei Niereninsuffizienz zu geben. Beachten muss man hier insbesondere die Gefahr der Hyperkaliämie. Wegen der Hyperkaliämie sollte man auch ab einer GFR unter 30 mL/min Spironolacton vermeiden oder nur niedrig do- siert geben (allenfalls 25 mg/Tag) und in Kombination mit einem Thiazid, Furosemid oder beiden Diuretika.

Da es von der Nierenfunktion unabhängige Arznei- mittel gibt, ist die Suche nach solchen Alternativen ein klinisch bewährtes Vorgehen (Tabelle 2). Cefepime sollte ab CKD 4, also GFR unter 30 mL/min, nicht mehr angewendet werden, da hierunter bei dialyse- pflichtigen Patienten nach fünf bis sieben Tagen paren- teraler Therapie in acht Fällen tödliche zentralnervöse Intoxikationen auftraten (7). Arzneimittel, vor deren Gebrauch schon ab CKD 3 beziehungsweise einer GFR unter 60 mL/min zu warnen ist, sind Methotrexat, Eno- xaparin, Metformin und Lithium (Tabelle 3).

Methotrexat und Enoxaparin akkumulieren in einem tiefen Kompartiment. Dies kann bei Methotrexat nach vier bis acht Wochen eine lang anhaltende Myelotoxizi- tät verursachen (8). Bei Enoxaparin können im Gegen- satz zu Tinzaparin nach acht Tagen Therapie mit einer (trotz Dosisanpassung) täglich zunehmenden Wahr- scheinlichkeit Blutungskomplikationen auftreten (9).

Lithium wird nierenabhängig ausgeschieden und hat ein toxisches Potenzial mit Athetosen, Diabetes insipi- dus renalis und Nierenversagen (10), so dass seine An- wendung ab CKD 3 nur bei hoher Expertise erfolgen sollte (e2). Am Beispiel von Lithium wird jedoch auch deutlich, dass das Absetzen eines Medikamentes immer mit Risiken verbunden ist, so dass es nicht ohne Rück- sprache mit den verschreibenden Ärzten – im Falle von Lithium also den Psychiatern – erfolgen sollte. Nach Abwägung aller Risiken kann es daher sinnvoll sein, ein nierenschädigendes Medikament trotz verminderter GFR beizubehalten.

Röntgenkontrastmittel

Jodhaltige Röntgenkontrastmittel erfordern bei Niereninsuffizienz eine prophylaktische Wässe- rung.

Gadolinium

Lineare Gadolinium-Präparate können ab einem CKD-Stadium 4 zum Krankheitsbild der nephroge- nen systemischen Fibrose führen.

TABELLE 1

Grade der Niereninsuffizienz und Stadien der chronischen Nierenerkrankung (CKD) mit Zusatzbefunden wie Mikroalbuminurie*1

*1 modifiziert nach (e15) CKD-Stadium

1 2 3 4 5

GFR (mL/min)

120–90 90–60 60–30 30–15 15–0

Nieren - insuffizienz keine geringgradig mittelgradig hochgradig präterminal und Dialyse

(3)

Metformin gilt als „Insulin-Sensitizer“ und wird in letzter Zeit wieder zunehmend eingesetzt. Eine Laktat- azidose tritt zwar selten auf, zumal in reduzierter Dosis (2 × 500 mg/Tag), hat aber nach wie vor eine hohe Le- talität (11). Da die Nierenfunktion instabil sein kann, sind bei Niereninsuffizienz mit einer GFR unter 60 mL/

Minute weniger gefährliche Alternativen zu bevorzu- gen, wie beispielsweise der DPP-IV-Hemmer Sitaglip- tin (Tabelle 2), bei dem die Dosis ab einer GFR unter 30 mL/min aber halbiert werden sollte. Insulin wird zu 50 Prozent im Nierenparenchym metabolisiert (e3), so dass bei Niereninsuffizienz die Insulinwirkung länger anhält und der Insulinbedarf sinkt. Oft kommen Diabe- tiker mit einer Hypoglykämie, deren Ursache aber eine Nierenfunktionsverschlechterung ist, in die Klinik.

Nach wie vor wichtig ist der kritische Gebrauch von Schmerzmitteln bei einer GFR unter 60 mL/min. Kon- traindiziert sind aus Sicht der Autoren Mischanalgetika, weil sie eine Abhängigkeit erzeugen können. „Hauptfein- de“ der Nieren sind inzwischen die nichtsteroidalen An- tirheumatika (NSAIDs) wie Diclofenac, Ibuprofen und Indomethacin oder selektive COX-2-Inhibitoren, die nur unter Kreatinin-Kontrollen gegeben werden sollten. Bei vorgeschädigten Nieren können NSAID auch einen blei- benden Nierenschaden hervorrufen (12). Pethidin sollte als Opioid bei niereninsuffizienten Patienten überhaupt nicht eingesetzt werden weil sein nierenabhängiger Me- tabolit, Normeperidin, zerebrale Krampfanfälle auslösen kann (Tabelle 3). Morphin kann man unter enger klini- scher Kontrolle geben, aber der Dosisbedarf von Mor- phin ist geringer und es ist zu beachten, dass eine Atem- depression durch Akkumulation des aktiven Metaboliten, M6-Glucuronid, mit einer zeitlichen Verzögerung von ei- nigen Tagen auftreten kann. Fentanyl und Levomethadon können von Vorteil sein, da diese keine aktiven Metaboli- te haben und von der GFR unabhängig sind.

Therapie der Ko-Morbidität bei CKD

Spätestens im CKD-Stadium 4 mit einer GFR unter 30 mL/min wird die Therapie der Ko-Morbidität bedeut- sam. Aus Cochrane Reviews und publizierten Metaana- lysen lassen sich Evidenzgrad und Empfehlungsstärke der einzelnen Therapieoptionen herleiten (Tabelle 4).

Da die Niereninsuffizienz mit Natriumretention ein- hergeht (13), wird in der Regel eine Diuretikatherapie, am besten als sequenzielle Nephronblockade mit Furo- semid und Hydrochlorothiazid, erforderlich.

Studien wie TREAT, CREATE und CHOIR haben bei Prädialyse-Patienten gezeigt, dass hohe Dosierungen

von Erythropoese-stimulierenden Präparaten zu Schlag- anfall und Tumorprogress führen können, ohne die Nie- ren zu schützen (e4–e6). Als neuer Ziel-Hämoglobinwert wird deshalb 10 mg/dL empfohlen (14). Bevor man Blut- bildungshormone gibt, sollte man Eisen geben. Eisen wird aber bei Nierenpatienten wegen der erhöhten Hep- cidinspiegel enteral schlecht aufgenommen (15), wes- halb intravenös gegebenenes Eisen Vorteile haben kann.

Große Beobachtungsstudien haben gezeigt, dass die zusätzliche Gabe von aktivem Vitamin D (zum Beispiel

„Hauptfeinde“ der Niere sind:

• nichtsteroidale Antirheumatika (NSAID) wie Diclofenac, Ibuprofen und Indomethacin

• selektive COX-2-Inhibitoren

Opioide

Pethidin sollte als Opioid bei Niereninsuffizienz überhaupt nicht eingesetzt werden, weil sein nie- renabhängiger Metabolit, Normeperidin, zerebrale Krampfanfälle auslösen kann.

TABELLE 2

Nierenfunktionsabhängige und -unabhängige Arzneimittel (e2) Gruppe

Analgetika

Antiarrhythmika Antibiotika Antidiabetika

Antikonvulsiva Antihypertensiva

Cholesterinsenker Gicht- und Rheumamittel

Herz-Kreislauf-Mittel Psychopharmaka

Virustatika Zytostatika (20)

Nierenfunktions- abhängig

Morphin (M6-Glucuronid), Pethidin (Norpethidin) Sotalol

Ciprofloxacin, Levofloxacin Glibenclamid, Glimeprid (Hydroxymetabolit) Nateglinid Sitagliptin

Gabapentin, Pregabalin, Lamotrigin, Levetiracetam Atenolol

Bezafibrat, Fenofibrat Methotrexat

Digoxin Lithium, Mirtazapin

Aciclovir Actinomycin D, Bleomycin, Capecitabin, Carboplatin, Cisplatin, Cyclophosphamid, Doxorubicin, Epirubicin, Etoposide, Gemcitabine (dFdU), Ifosfamid, Irinotecan, Melphalan, Methotrexat, Oxaliplatin, Topotecan

Nierenfunktions- unabhängig Fentanyl, Levomethadon Amiodaron Moxifloxacin Gliquidon, Gliclacid Pioglitazon

Carbamazepin, Phenytoin, Valproat Bisoprolol, Carvedilol, Metoprolol, Propranolol Simvastatin, Niazin Colchicin, Hydroxychloroquin, Leflunomid Digitoxin

Amitriptylin, Citalopram (Metabolite?), Haloperidol, Risperidon Brivudin

Anastrozole, Docetaxel, Doxorubicin-peg-liposomal, Erlotinib, Fluorouracil, Gefitinib, Leuprorelin, Megestrol, Paclitaxel, Tamoxifene, Terozol, Vincristin, Trastuzumab

(4)

Calcitriol) in der Prädialysephase mit einer geringeren Sterblichkeit einhergeht (16). Wichtig ist die Überwa- chung der Kalzium-Spiegel und des Kalzium-Phosphat- Produktes (Ca × PO4). Paricalcitol und Cinacalcet sollten Reservearzneimittel bei schwerem Hyperparathyreoidis- mus mit klinischen Symptomen bleiben. Der orale Azi- doseausgleich in der Prädialysephase mit Bikarbonat schützt nicht nur die Knochen, sondern vermindert die Malnutrition und verlangsamt den progressiven Verlust der Nierenfunktion (17). Bei den Phosphatbindern gibt es ein Stufenschema (e7). Man beginnt mit Calciumace- tat. Bei Unwirksamkeit oder Unverträglichkeit muss Se- velamer – gegebenenfalls das neue Sevelamer-Carbonat als Pulver geben werden. Aluminiumhaltige Phosphat- binder oder Lanthan geben die Autoren zeitlich befristet und in therapierefraktären Fällen.

Pharmakokinetik

Calvin Kunin hat in den 1950er-Jahren als erster syste- matisch untersucht, wie sich bei zunehmender Nierenin- suffizienz die Halbwertszeit von Arzneimitteln verlängert (e8). Da solche Arzneimittel bei Niereninsuffizienz lang- samer ausgeschieden werden, kommt es bei wiederholter Gabe zur exzessiven Akkumulation und der Gefahr toxi- scher Nebenwirkungen. Diese Arzneimittel müssen der Nierenfunktion angepasst werden. Nicht nur jeder Patient ist anders, sondern auch jedes Arzneimittel. Trotzdem gelten einfache Gesetze nicht nur für jeden Patienten, sondern auch für jedes Arzneimittel. Pharmakokinetik und Pharmakodynamik formulieren solche Gesetze. Mit diesen kann die Dosis eines jeden Arzneimittels für jeden Patienten angepasst werden.

Schon Friedrich Hartmut Dost hat auf die prakti- schen Vorteile der Halbwertszeit (T½) gegenüber der Arzneimittel-Clearance hingewiesen (e9). Die domi- nante Halbwertszeit repräsentiert den wirkwichtigsten Teil der Konzentrations-Zeitkurve (Luzius Dettli). Ein Schlüssel zur Vorhersage der Pharmakokinetik bei Pa- tienten mit Niereninsuffizienz ist die renal eliminierte Fraktion eines Arzneimittels (fren). Diese wird bei ge- sunden Probanden entweder anhand der mit dem Urin eliminierten Menge (Murin) und der Dosis nach intra- venöser Gabe (D) oder aus der der Halbwertszeit bei Patienten mit normaler (T½norm) und fehlender Nieren- funktion (T½fail) berechnet.

Nephrologisch absolut oder relativ kontraindizierte, problematische Arzneimittel sind:

Pethidin, Cefepime, Lithium, Gilbenclamid, Gimepirid, Metformin, Spironolacton, Eplerenon, Methotrexat, Gadolinium, Enoxaparin.

Pharmakokinetik

Ein Schlüssel zur Vorhersage der Pharmakokinetik bei Patienten mit Niereninsuffizienz ist die renal eliminierte Fraktion eines Arzneimittels.

TABELLE 3

Die wichtigsten bei Niereninsuffizienz absolut oder relativ kontraindizierten beziehungsweise aus klinisch-nephrologischer Sicht problematischen Arzneimittel*1

*1 nach (4) Gruppe

Analgetika Antibiotika Phasen- Prophylaktika Antidiabetika

Diuretika

Immunsuppressiva Kontrastmittel LMW Heparin

Arzneimittel

Pethidin Cefepime Lithium Glibenclamid, Gimepirid Metformin Spironolacton, Eplerenon Methotrexat Gadolinium Enoxaparin

kontraindiziert oder vermeiden GFR < 60 GFR < 30 GFR < 60 GFR < 60

GFR < 60 GFR < 30

GFR < 60 GFR < 30 GFR < 60

Grund

Konvulsionen ZNS-Toxizität Nephro- und Neurotoxizität Hypoglykämie

Laktatazidose Hyperkaliämie

Myelotoxizität nephrogene systemische Fibrose Blutungsrisiko

TABELLE 4

Evidenzgrade (1, hoch, bis 5, gering) und Empfehlungsstärke (A, sehr gut, bis C, schwach) für die Therapie der Komorbidität bei chronischer Niereinsuffizienz*1

*1 Einige der Cochrane-Reviews und -Metaanalysen (e18, e20, e22) berücksichtigen allerdings noch nicht die neuen Studien (e4–e6, 16, 17).

Grund

Na-Retention Ziel-Hb 10 statt 12–13 g/dL

Fe-Resorptionsstörung 1a-Hydroxylase-Mangel Hyperparathyreoidismus Hyperparathyreoidismus Azidoseausgleich Ca × PO4-Produkt Ca × PO4-Produkt

Therapie

Diuretika Epo

Eisen i.v.

Calcitriol Paricalcitol Cinacalcet Bicarbonat Sevelamer Lanthan

Evidenzgrad und Empfehlungsstärke 3A

1A

1A 2C 3C 1B 3B 2B 3C

Literatur

(13, e17) (14, e4–e6, e18) (15, e19) (16, e20) (e7, e20) (e7, e21) (17, e22) (e7, e23) (e7, e23)

(5)

Es war die Königsidee von Luzius Dettli (e10), die zum Kehrwert der Halbwertszeit proportionale Elimi- nationskonstante (ke = 0,693 / T½) linear mit der Nie- renfunktion zu korrelieren (Grafik 1). Um bei einem Patienten die für seine individuelle GFR zu erwartende Halbwertszeit zu schätzen, benötigt man die Extreme der Halbwertszeit (T½norm und T½fail), also die renal eli- minierte Fraktion des Arzneimittels (fren):

Die renal eliminierte Fraktion kann auch aus seiner Ergänzung, der nichtrenal-eliminierten Fraktion Q0 ab- geleitet (fren = 1 – Q0) und online erfragt werden (www.

dosing.de). Ähnlich wie für das Serum-Kreatinin be- steht eine hyperbole Abhängigkeit der Halbwertszeit von der Nierenfunktion (Grafik 2). Analog zum kreati- ninblinden Bereich kann man einen für die Halbwerts- zeit unkritischen Bereich der Niereninsuffizienz für ei- ne GFR über 60 mL/min definieren (18).

Dosisanpassung

Ab einem CKD-Stadium 3 mit GFR kleiner 60 mL/min müssen viele Arzneimittel an die Nierenfunktion ange- passt werden. Andernfalls gehen beispielsweise Aciclo- vir und Valaciclovir mit Neurotoxizität, Ganciclovir und Valganciclovir mit Myelotoxizität, Foscavir mit Nephro- toxizität oder Cidofovir mit Myelo- und Nephrotoxizität einher. Bei diesen vital indizierten Arzneimitteln hat sich die Dosisanpassung hervorragend bewährt. Auch die ge- gen das H1N1-Virus wirkenden Arzneimittel Oseltami- vir und – bei intravenöser Applikation – Zanamivir muss man der Nierenfunktion angepasst dosieren.

Beispiele für Arzneimittel, deren Dosisanpassung oft vergessen werden, sind neuere Antiepileptika wie Ga- bapentin (19), Pregabalin, Lamotrigin und Levetirace- tam, bei denen oft die halbnormale oder sogar eine noch geringere Dosis ausreicht (Tabelle 2).

Die Therapie mit Zytostatika und anderen Chemothera- peutika erfolgt zunehmend auch bei Tumorpatienten mit Niereninsuffizienz. Hilfreich ist die Unterscheidung zwi- schen nierenfunktionsabhängigen und -unabhängigen Zy- tostatika (20). Die nierenfunktionsabhängigen Zytostatika müssen bei Dialysepatienten im Durchschnitt auf 40 bis 80 Prozent der Standarddosis reduziert werden (21). Auch die nierenfunktionsunabhängigen Zytostatika müssen

Dosisanpassung

Ab einem CKD-Stadium 3 mit einer GFR < 60mL/

min müssen viele Arzneimittel an die Nierenfunk- tion angepasst werden.

Nierenfunktionsabhängige Zytostatika

Müssen bei Dialysepatienten im Durchschnitt auf 40 bis 80 % der Standarddosis reduziert werden.

GRAFIK 1

Arzneimittel-Elimination und Nierenfunktion. Nach Luzius Dett- li ist die Eliminations konstante (ke = 0,693/T1/2) linear von der glo- merulären Filtrationsrate (GFR) abhängig (e10). Die nichtrenale Eli- minationskonstante (kenonren) ergibt sich als Differenz der normalen und der renalen Eliminationskonstante (kenonren = ke – keren). Die An- passung der Arzneimitteldosis (D) an die Nierenfunktion erfolgt pro- portional zur Eliminationskonstanten – also umgekehrt proportional zur Halbwertszeit (e10). D % norm, Veränderung der Dosis in Prozent der normalen Dosis

GRAFIK 2

Halbwertszeit und Nierenfunktion. Die Halbwertszeit (T1/2) steht in einer hyperbolen Abhängigkeit zur glomerulären Filtrationsrate (GFR). Die Abhängigkeit ist umso deutlicher, je größer die renal elimi- nierte Fraktion ist (fren). Analog zum Kreatinin-blinden Bereich kann man jedoch einen für die Halbwertszeit unkritischen Bereich mit ei- ner GFR über 60 mL/min ausmachen (18).

(6)

zwar nicht wie letztere an die Nierenfunktion, wohl aber an den Allgemeinzustand des Patienten angepasst werden.

Im Unterschied zu den Autoren des im Jahr 2007 erschie- nenen Beitrags (20) halten die Autoren dieses Beitrag Gemcitabin wegen seines aktiven Metaboliten dFdU für nierenfunktionsabhängig (Tabelle 2). Beim Gemcitabin und beim Cyclophosphamid muss die Dosis nicht redu- ziert werden, wenn ein bis zwölf Stunden nach Gabe die- ser dialysierbaren Arzneimittel jeweils eine Hämodialyse an drei aufeinander folgenden Tagen durchgeführt wird.

Bei Carboplatin und Cisplatin muss eine Dialyse ein bis zwei Stunden nach Infusion beginnen, um effektiv zu sein.

Nicht dialysierbar sind aber Etoposid und Epirubicin.

Aus der Kumulationskinetik ergibt sich die Notwen- digkeit, zwischen Startdosis und Erhaltungsdosis zu unter- scheiden, wie schon Augsberger bei Digitalisglykosiden erkannt hat (e11). Wenn es darum geht, dass ein Effekt schnell eintreten soll, muss man die Therapie mit einer normalen Startdosis beginnen, um unmittelbar wirksame Konzentrationen herzustellen. Insbesondere bei Antibioti- ka darf bei niereninsuffizienten Patienten nie der kapitale Fehler gemacht werden, die Startdosis zu vergessen. Man beginnt immer mit der Normaldosis, gleich Startdosis.

Erst die Erhaltungsdosis wird abhängig von der Halb- wertszeit an die Nierenfunktion angepasst.

Die zweite Königsidee von Luzius Dettli war die Er- kenntnis (e10), dass man proportional zur veränderten Eliminationsrate (somit reziprok zur Halbwertszeit) die notwendige Dosisanpassung berechnen kann (Grafik 1).

Die Dosis (D) eines Arzneimittels muss entweder umge- kehrt proportional zur Halbwertszeit (T1/2) reduziert (Dettli-1-Regel) oder das Intervall (Tau) proportional zur Halbwertszeit (T1/2) verlängert werden (Dettli-2-Regel).

Beide Regeln können auch kombiniert werden.

Wenn beispielsweise bei fehlender Nierenfunktion die Halbwertszeit sich verfünffacht, muss die Dosis auf 20 Prozent reduziert werden (1/5 entspricht 0,20). Wenn die Dosis reziprok reduziert und das Intervall belassen wird, bleibt zwar die Fläche unter der Kurve unverän- dert; es kommt aber zu höheren Talspiegeln (Grafik 3), die gewöhnlich beim Drug-Monitoring gemessen wer- den. Hier werden bei Unkenntnis leicht falsche Schlüs- se gezogen und die Dosis von Vancomycin oder Genta- micin noch weiter reduziert. Um bei Patienten mit Nie- renversagen wirksame Spiegel zu erreichen, sollten die Talspiegel von Vancomycin bei 10–15 mg/L und die Talspiegel von Gentamicin bei 2–4 mg/L liegen.

Die Proportionalitätsregel von Dettli suggeriert bei Pa- tienten mit Nierenversagen auf Intensivstation oft absurd niedrige oder viel zu seltene Dosierungen. Beispielsweise müsste man dann Ampicillin von 1 000 mg alle acht Stun- den auf 100 mg alle acht Stunden oder 1 000 mg nur noch alle 80 Stunden reduzieren. Es ist deshalb von großer Be- deutung, auf die zweite Dosierungsregel hinzuweisen: die Halbierungsregel von Calvin Kunin (e12), die grundsätz- lich zu höheren Dosierungen führt und deshalb bei schwerkranken Patienten als wirkungssicherer erscheint (Grafik 3). Die Halbierungsregel von Kunin besagt, dass man zu Therapiebeginn die normale Startdosis gibt (Dstart entspricht Dnorm) und dann jeweils nach einer Halbwerts- zeit (T1/2 entspricht Tau) die halbe Startdosis nachgeben muss, um vor allem wirksame Spitzenspiegel zu erhalten.

Die Halbierungsregel von Kunin macht sofort deut- lich, dass bei lebensbedrohlich erkrankten Patienten eine Dosisanpassung in der Regel nicht erforderlich ist, wenn die Halbwertszeit kürzer als das Dosierungsintervall ist.

Startdosis/Erhaltungsdosis bei Antibiotika Bei niereninsuffizienten Patienten nicht die höhe- re Startdosis vergessen! Mit der Normaldosis be- ginnen. Die Erhaltungsdosis wird abhängig von der Halbwertszeit an die Nierenfunktion ange- passt.

Halbierungsregel nach Kunin

Ist die Halbwertszeit kürzer als das Dosierungsin- tervall, ist in der Regel eine Dosisanpassung nicht erforderlich.

GRAFIK 3

Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz (e16). Die Kunin-Regel (e12) mit Halbierung der Startdosis führt zu höheren Talspiegeln und häufigeren Spitzenspiegeln als die Dettli-2-Regel mit gleicher Dosis, aber verlängertem Dosierungsintervall (e10). Die Dettli-1-Regel mit reduzierter Dosis und konstantem Intervall produziert geringere Spit- zenspiegel, aber höhere Talspiegel als normal (e10).

(7)

Mit der Halbierungsregel von Kunin erhält man gleiche Spitzenspiegel wie bei normaler Nierenfunktion, aber deutlich höhere Talspiegel und auch eine größere Fläche unter der Kurve als mit der Dettli-Regel (Grafik 3). Mit ei- ner größeren Fläche kann es aber zu mehr Nebenwirkun- gen kommen. Auf Intensivstationen würden die Autoren aus pharmakodynamischen Gründen die Kunin-Regel vorziehen (4) und haben entsprechende Dosierungsvor- schläge in Tabellenform ausgearbeitet (www.uni-ulm.de/

nephrologie/). Im Vergleich zur Überdosierung kann bei Sepsis die Unterdosierung von Antibiotika nämlich noch viel schlimmere, potenziell tödliche Auswirkungen haben.

Die Bedeutung der Pharmakodynamik wird auch bei der Anwendung von Schleifendiuretika wie Furosemid und Torasemid deutlich. Beide müssen bei CKD 5, also einer GFR unter 15 mL/min, nicht geringer, sondern höher dosiert werden, um wirksam zu sein.

Pharmakodynamik

Die Dosisanpassung ist keine Frage der Pharmakokine- tik allein, sondern auch der Pharmakodynamik – also ei- ne Frage nach dem zu erreichenden Effekt. Die Pharma- kodynamik formuliert den Zusammenhang zwischen Effekt und Konzentration, der am häufigsten mit dem sogenannten sigmoiden Emax-Modell beschrieben wird.

Der Effekt ist dabei eine nichtlineare Funktion der Kon- zentration am Wirkort (C) und der Konzentration, die den halbmaximalen Effekt hervorruft (CE50). Der Para- meter Emax beschreibt den maximalen Effekt und der Hill-Koeffizient (H) zeigt das Ausmaß der Sigmoidizität („S-förmigkeit“) dieser Beziehung an. Für einen Hill- Koeffizienten von H=1 entspricht das Emax-Modell der Michaelis-Menten-Gleichung.

Die Beispiele Furosemid und Torasemid zeigen, dass sich bei Niereninsuffizienz auch die pharmakodynami- schen Parameter ändern können. Die erforderliche Kon- zentration des halbmaximalen Effektes muss hier höher sein (CE50fail > CE50norm), weil Furosemid und Torasemid oftmals 10-fach höher dosiert werden müssen, um noch einen ausreichenden diuretischen Effekt zu erzielen.

Mit dem sigmoiden Emax-Modell (Grafik 4) lässt sich eine Schwellenkonzentration („threshold“, CE05) defi- nieren (18), bei der nur noch 5 Prozent des Maximalef- fektes erzielt werden (E05 entspricht 0,05 × Emax).

Die Deckenkonzentration („ceiling“, CE95) erzielt 95 Prozent des Maximaleffektes (E95 entspricht 0,95×Emax).

Für einen Hill-Koeffizienten von 1,0 beträgt die Schwellenkonzentration nur 1/19 der Konzentration des halbmaximalen Effektes und die Deckenkonzentration immerhin das 19-fache der Konzentration des halbmaxi- malen Effektes (Grafik 4). Dagegen ist für einen Hill-Ko- effizienten von beispielsweise 4,25 die Schwellenkon- zentration immerhin das ½-fache der Konzentration des halbmaximalen Effektes, aber die Deckenkonzentration nur das zweifache der Konzentration des halbmaximalen Effektes (Grafik 4). Der therapeutisch wirksame Zielbe- reich eines Arzneimittels hängt also vom Hill-Koeffizien- ten ab. Je höher der Hill-Koeffizient, desto schmaler ist und desto näher zur CE50 liegt der erwünschte Bereich.

Antibiotika sind gute Beispiele für die Erklärungs- kraft der Pharmakodynamik. Man unterscheidet konzen- trationsabhängig von zeitabhängig wirkenden Antibioti- ka (22). Aminoglykoside wie Gentamicin und Fluorochi- nolone wie Levofloxacin sind Beispiele für konzentrati- onsabhängig wirkende Antibiotika, bei denen die De- ckenkonzentration („ceiling“; CE95) durchaus erreicht

Pharmakodynamik

Der therapeutisch wirksame Zielbereich eines Arzneimittels hängt vom Hill-Koeffizienten ab.

Antibiotikawirkung

Konzentrationsabhängig wirkende Antibiotika haben einen niedrigen Hill-Koeffizienten H < 1,5;

zeitabhängig wirkende Antibiotika haben einen hohen Hill-Koeffizienten H >1,5.

GRAFIK 4 Sigmoide Effekt-

Konzentrations- Beziehung. Je hö- her der Hill-Koeffi- zient (H > 1,5), des- to näher zur Kon- zentration des halb- maximalen Effektes (CE50) liegen die Schwellenkonzen- tration (threshold;

CE05) und die De- ckenkonzentration (ceiling; CE95).

(8)

werden sollte – auch wenn man die CE95 oder die CE50 oft gar nicht genau kennt. Betalaktame wie Cefazolin und antivirale Substanzen wie Valganciclovir sind Bei- spiele für zeitabhängig wirkende Antiinfektiva, bei de- nen die Schwellenkonzentration („threshold“; CE05) nicht unterschritten werden sollte. Die beiden Klassen der Antibiotikawirkung unterscheiden sich in der Höhe des Hill-Koeffizienten (Grafik 4). Konzentrationsabhän- gig wirkende Antibiotika haben einen niedrigen Hill-Ko- effizienten H < 1,5, zeitabhängig wirkende Antibiotika haben einen hohen Hill-Koeffizienten H > 1,5 (22).

Die Startdosis ist für beide, konzentrations- und zeit- abhängige Antibiotika wichtig. Nachfolgend ist für kon- zentrationsabhängig wirkende Antibiotika jeweils der Beginn des Dosierungsintervalls wichtiger, für zeitab- hängige dessen Ende. Für konzentrationsabhängig wir- kende Antibiotika wie Ciprofloxacin oder Levofloxacin ist es also weniger sinnvoll, die Dosis zu reduzieren (23).

Besser erscheint es, bei Niereninsuffizienz das Intervall zu verlängern und die Einzeldosis unverändert zu lassen (Grafik 5). Beispiele für konzentrationsabhängig wirken- de Substanzen sind auch viele Zytostatika wie Cyclo- phosphamid, Melphalan und Daunoblastin (18). Im Falle von Zytostatika mit enger therapeutischer Breite ist je- doch eine genaue Abwägung notwendig, da Nebenwir- kungen eventuell mit der Fläche unter der Kurve korre- lieren und schon nach einmaliger Gabe auftreten können.

Bei zeitabhängig wirkenden Antibiotika wie dem Betalaktam Ceftazidim und den Virustatika ist es dage- gen nicht so wichtig, Spitzenspiegel zu erzielen, die wesentlich höher als die CE50 sind. Aber es ist absolut notwendig, dafür zu sorgen, dass die Talspiegel zum Ende des Dosierungsintervalls nicht die Schwellenkon- zentration unterschreiten (CE05), weil dann der antimi- krobielle Effekt verloren gehen kann. Eine kontinuierli- che Infusion könnte für Betalaktamantibiotika somit besser sein, wie auch für Oxacillin gezeigt (24). Das ist auch bei der antiviralen HIV-Therapie eine häufig ge- machte Erfahrung: Die Talspiegel dürfen nicht die the- rapeutisch wirksamen Konzentrationen unterschreiten, da sonst eine Replikation der Erreger stattfindet und Resistenzentwicklung droht (25). Im Gegensatz zu Ci- profloxacin oder Daptomycin ist es also bei zeitabhän- gig wirkenden Antiinfektiva wie Cefotaxim oder Aci- clovir also sinnvoller, zur Dosisanpassung nicht das In- tervall zu verlängern, sondern die Dosis zu reduzieren.

Schlussfolgerung

In der Geronto-Pharmakologie gibt es den Grundsatz

„start low – go slow“, der von Jerry Gurwitz vor allem für Arzneimittel formuliert wurde, die im zentralen Nerven- system wirken (e13). Nicht neu, aber etwas in Vergessen- heit geraten ist jedoch der Grundsatz „sofort und hoch do- sieren“, den Paul Ehrlich im Jahr 1913 für die antiinfekti- ve Therapie formuliert hat (e14). Dieser Grundsatz gilt auch in der Nephropharmakologie besonders für Antibio- tika und für antivirale Arzneimittel, aber auch für Zyto- statika bei Tumorpatienten. „Sofort und hoch dosieren“

heißt die Devise nicht nur auf Intensivstation, sondern auch in der Allgemeinmedizin. Vor allem darf man bei Antiinfektiva und Zytostatika nicht den Fehler machen, anfangs zu niedrig zu dosieren oder die Startdosis zu ver- gessen – auch nicht bei Niereninsuffizienz.

Interessenkonflikt

Dr. Hartmann und Prof. Keller erklären, dass sie Reisekosten und Forschungs- unterstützung von Wyeth und Novartis erhielten. PD Czock erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Me- dical Journal Editors besteht.

Manuskriptdaten

Grundsatz

Für die Nephropharmakologie gilt der Grundsatz

„sofort und hoch dosiert“, den Paul Ehrlich formu- liert hat, insbesondere für Antibiotika, aber auch für Zytostatika bei Tumorpatienten.

GRAFIK 5

Dosisanpassung von konzentrationsabhängig wirkendem Ciprofloxacin im mechanistischen Modell (23). Wenn die Halbwertszeit sich bei Niereninsuffizienz von vier auf acht Stunden verdoppelt, sollte nicht die Dosis halbiert (Bild oben), sondern das Intervall verdoppelt werden (Bild unten). Mit der halben Dosis dauert es 168 Stunden bis der E. coli Keim eliminiert ist (oben), aber bei Verdopplung des Intervalls wird der Infektionserreger schon nach 96 Stunden eliminiert, wie bei normaler Nierenfunktion (unten). log CFU, loga- rithm of colony forming units

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Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Frieder Keller

SUMMARY

Drug Therapy in Patients With Chronic Renal Failure

Background: Roughly 20% of patients in hospital have impaired kidney function. This is frequently overlooked because of the creatinine-blind range in which early stages of renal failure are often hidden Chronic kidney disease is divided into 5 stages (CKD 1 to 5).

Methods: Selective literature search.

Results: Methotrexate, enoxaparin and metformin are examples of drugs that should no longer be prescribed if the glomerular filtration rate (GFR) is 60 mL/min or less. With antidiabetic (e.g. glibenclamide), cardiovascular (e.g. atenolol) or anticonvulsive (e.g. gabapentin) drugs, the advice is to use alternative preparations such as gliquidone, metoprolol or carbamazepine which are independent of kidney function. Drug dose adjustment should be considered with antimicrobial (e.g. ampicillin, cefazolin), antiviral (e.g.

aciclovir, oseltamivir) and, most recently, also for half of all chemo- therapeutic and cytotoxic drugs in patients with impaired kidney function (with e.g. cisplatin, for instance, but not with paclitaxel).

Conclusion: Decisions concerning drug dose adjustment must be based on the pharmacokinetics but this is an adequate prerequisite only in conjunc- tion with the pharmacodynamics. There are two different dose adjustment rules: proportional dose reduction according to Luzius Dettli, and the half dosage rule according to Calvin Kunin. The latter leads to higher trough concen- trations but is probably more efficient for anti-infective therapy.

Zitierweise: Dtsch Arztebl Int 2010; 107(37): 647–56 DOI: 10.3238/arztebl.2010.0647

@

Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:

www.aerzteblatt.de/lit3710

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de

Kasuistik unter:www.aerzteblatt.de/10m0647

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Dieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung zertifiziert.

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Einsendeschluss ist der 29. 10. 2010.

Einsendungen, die per Brief oder Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden.

Die Lösungen zu dieser cme-Einheit werden in Heft 45/2010 an dieser Stelle veröffentlicht.

Die cme-Einheit „Ärztliche Leichenschau“ (Heft 33/2010) kann noch bis zum 2. 10. 2010 bearbeitet werden.

Für Heft 41/2010 ist das Thema „Lese-Rechtschreibstörung – Diagnostik, Therapie und Prävention“ vorgesehen.

Lösungen zur cme-Einheit in Heft 28–29/2010 Vogel M, et al.: Therapie der HIV-Infektion.

Lösungen: 1b, 2b, 3d, 4e, 5c, 6b, 7c, 8a, 9d, 10a

(10)

Bitte beantworten Sie folgende Fragen für die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung. Pro Frage ist nur eine Antwort möglich. Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort.

Frage Nr. 1

In wie viele CKD-Stadien wird die chronische Niereninsuffizienz eingeteilt?

a) 1 Stadium b) 2 Stadien c) 3 Stadien d) 4 Stadien e) 5 Stadien

Frage Nr. 2

Was ist die Prävalenz der Niereninsuffizienz mit GFR < 60 mL/min in epidemiologischen Studien?

a) 5–10 % b) 10–15 % c) 15–20 % d) 20–25 % e) 25–30 %

Frage Nr. 3

Die Anpassung der Arzneimitteldosis an die Nierenfunktion wird in der Regel ab welcher glomulären Filtrationsrate erforderlich?

a) GFR < 15 mL/min b) GFR < 30 mL/min c) GFR < 60 mL/min d) GFR < 90 mL/min e) GFR < 120 mL/min

Frage Nr. 4

Welches Arzneimittel kann bei bestehender

Niereninsuffizienz vier bis acht Wochen nach Einnahme eine lang anhaltende Myelotoxizität verursachen?

a) Methotrexat b) Hydroxychloroquin c) Colchizin d) Leflunomide e) Levomethadon

Frage Nr. 5

Welches Arzneimittel ist für Therapie der Ko-Morbidität niereninsuffizienter Patienten ungeeignet?

a) Captropril b) Bicarbonat c) Calcitriol d) Diclofenac e) Phosphatbinder

Frage Nr. 6

Zu welchem Parameter besteht eine gute lineare Korrelation mit der GFR?

a) Serum Kreatinin b) Eliminationskonstante c) Halbwertszeit

d) nichtrenal eliminierte Fraktion Q0 e) Schwellenkonzentration CE05

Frage Nr. 7

Welches Medikament ist ein zeitabhängig wirkendes Antiinfektivum?

a) Gentamicin b) Cefazolin c) Fluorochinolone d) Levofloxacin e) Ciprofloxacin

Frage Nr. 8

Welches Arzneimittel muss bei Niereninsuffizienz höher dosiert werden als normal?

a) Atenolol b) Enoxaparin c) Etoposid d) Furosemid e) Gabapentin

Frage Nr. 9

Wie viel Prozent des Maximaleffektes produziert die Schwellenkonzentration?

a) 5 % b) 20 % c) 35 % d) 50 % e) 75 %

Frage Nr. 10

Wie muss bei Niereninsuffizienz die Ciprofloxacin-Dosierung angepasst werden, wenn sich die Halbwertszeit des Medikaments verdoppelt?

a) Halbierung der Dosis b) Verdopplung des Intervalls c) Durchführung eines Drugmonitoring d) einschleichende Erhöhung der Dosis e) Verdopplung der Therapiedauer

(11)

Arzneimitteltherapie bei Patienten mit chronischem Nierenversagen

Bertram Hartmann, David Czock, Frieder Keller

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Punkte 3

cme

Teilnahme nur im Internet möglich:

aerzteblatt.de/cme

(12)

Arzneimitteltherapie bei Patienten mit chronischem Nierenversagen

Bertram Hartmann, David Czock, Frieder Keller

Punkte 3

cme

Teilnahme nur im Internet möglich:

aerzteblatt.de/cme

Kasuistik

Eine 33-jährige Patientin wird stationär aufgenommen zur Vorbereitung für die Bauchfelldialyse und Implan- tation eines Tenckhoff-Katheters. Sie hat ein chroni- sches Transplantat-Versagen, nachdem sie vor 12 Jah- ren nierentransplantiert wurde. Sie wurde wegen einer Fokal segmentalen Glomerulosklerose im Alter von 19 Jahren terminal niereninsuffizient.

Bei der Patientin war vor 10 Monaten bioptisch eine interstitielle Fibrose mit tubulärer Atrophie und Calci- neurin-Hemmer-Schaden diagnostiziert worden. Das Serum-Kreatinin beträgt 1 220 mcmoL/L, entspre- chend einer GFR von 5,7 mL/min. Es bestehen aber sonst keine bedrohlichen Laborabweichungen. Die Pa- tientin lehnt die Hämodialyse überhaupt sowie die An- lage einer Dialysefistel oder eines Shaldon-Katheters kategorisch ab.

Der Allgemeinzustand der Patienten ist erstaunlich gut und sie hat keine Beschwerden bis auf einen Herpes labialis (Abbildung). Gewicht 59 kg bei 170 cm Kör- pergröße, Blutdruck 130 systolisch, Puls 72. Lunge, Herz, Abdomen und Extremitäten sind ohne pathologi- sche Befunde. Die Medikation besteht aus Prednisolon, Mycophenolat und Sirolimus.

Chirurgen und Anästhesisten sind zur operativen Im- plantation eines Tenckhoff-Katheters bereit – aber der Herpes labialis muss zuvor antiviral therapiert sein. Die Patientin lehnt eine intravenöse Behandlung ab und be- kommt deshalb Valaciclovir per os. Die normale Dosie- rung beträgt 500 mg 3 × 2 Filmtabletten täglich.

Welche Dosis hätten Sie gegeben ?

Die Autoren haben Valganciclovir in reduzierter Dosis mit 500 mg 2 × 1 täglich gegeben. Diese angepasste Dosis war aber immer noch doppelt so hoch wie die in den Tabellen empfohlene Dosierung von höchstens 500 mg 1 × täglich (4). Heute würden die Autoren üb- rigens Brivudin 1 × 125 mg geben, das nierenunabhän- gig zu Bromovinyluracil, einem inaktiven Metaboliten abgebaut wird.

Der Herpes labialis geht nach 48 Stunden komplett zurück, die Patientin wird in die Chirurgie verlegt und in Kurznarkose anderntags operiert. Zwei Tage nach der Operation werden wir zu der Patientin gerufen, da sie inzwischen nicht mehr sprechen und sich nur noch mit Hilfe aufrichten kann. Wir vermuten eine neuroto- xische Nebenwirkung von Aciclovir und versprechen der Patientin, dass sich die Symptome innerhalb von 24 Stunden bessern werden. Valaciclovir wird abgesetzt und die Neurotoxizität bessert sich auch prompt.

Abbildung: Herpes labialis

Foto: picture-alliance

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