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Archiv "Krankenkassen: Wettbewerb mit Hausarzt-Abo und vernetzten Praxen" (02.06.1995)

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POLITIK

KASSENÄRZTLICHE BUNDESVEREINIGUNG

Krankenkassen

Wettbewerb mit Hausarzt-Abo und vernetzten Praxen

Die Repräsentanten der Spitzenverbände der gesetzlichen Kranken- versicherung (Ortskrankenkassen, Ersatzkassen und Betriebskran- kenkassen) bekräftigten vor der Vertreterversammlung der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung ihre Reformoptionen für die nächste Etappe zur Strukturreform im Gesundheitswesen und zur Weiterentwicklung der Krankenversicherung. Hausarzt-Abo, solide-

rischer Wettbewerb, vernetzte Praxen, kombinierte Budgets und Entlastung des Krankenhaussektors waren die Aspekte, mit denen sich , die Krankenkassen-Sprecher auseinandersetzten. Er- kenntnis aus dem Stuttgarter Gastspiel der Kassen: Man wünscht den Dialog über verbindende Fragen mit den Vertragsärzten. Die gemeinsame Selbstverwaltung steht vor einer Neuorientierung.

er verschärfte Kassenwettbe- werb und die ab Beginn des Jahres 1996 realisierte völlige Wahlfreiheit der Versicherten haben auch den Ideenwettbewerb um das politisch konsensfähige Reform- konzept neu belebt. Durch die Bank — von den Ortskrankenkassen, Be- triebskrankenkassen bis zu den Er- satzkassen — werden flexible, neue Organisations- und Betriebsformen vor allem im ambulanten Sektor pro- pagiert. Erprobungs- und Öffnungs- klauseln sollten mit Hilfe von Modell- versuchen herausschälen, welche konkreten Projekte tragfähig sind und zu einer langfristigen Stabilisie- rung der Kassenfinanzen beitragen

können. Für den AOK-Bundesver- band ließ dessen stellvertretender Geschäftsführer, Ernst Picard, keinen Zweifel daran, daß alle Bemühungen auf der Ebene der Selbstverwaltun- gen scheitern müssen, solange es nicht gelingt, eine durchgreifende Reform des Krankenhaussektors in Angriff zu nehmen. Picard bestritt nicht, daß es unterschiedliche Auffassungen über die Stringenz und Reichweite der Re- formmaßnahmen im ambulanten Be- reich gibt, auch im Hinblick auf die von den Kassen befürwortete weitere Öffnung der Krankenhäuser über neue Versorungsangebote (Stichwort:

„Gesundheitszentren"). Die Kran- kenkassen wollen aber mit ihren For-

derungen nicht so weit gehen, daß sie den Sicherstellungsauftrag oder den Betrieb von Krankenhäusern in eige- ner Regie für sich beanspruchen. Die Devise: gleichberechtigte Partner- schaft; kein Übergewicht einer Seite (auch beim Krankenkassen-Wettbe- werb).

Für die Ortskrankenkassen ebenso wie für die Ersatzkassen ist ei- ne flexible, erweiterte Vertragspolitik unverzichtbare Voraussetzung einer erweiterten Wahlfreiheit und des ver- schärften Wettbewerbs. Allerdings:

der Wettbewerb läuft aus der Sicht der Kassen ins Leere, wenn er nicht mit Steuerungsinstrumenten bewehrt wird. Die Krankenkassen lehnen

Dr. med. Eckart Fiedler (Ersatzkassen): für arztgrup- Ernst Picard (AOK-Bundesverband): für das Haus- Karl-Heinz Schönbach (Betriebskrankenkassen): für penspezifische Gebührenordnungen arzt-Abo auf freiwilliger Basis kombinierte Budgets und vernetzte Praxen

A-1574 (28) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 22, 2. Juni 1995

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POLITIK

KASSENÄRZTLICHE BUNDESVEREINIGUNG

zwar einen reinen Mitgliederwettbe- werb und ein aggressives Marketing ab. Dagegen müßten kassenindividu- elle Reformoptionen zugelassen wer- den. Die AOK setzt auf das Hausarzt- Abo, eine Reformoption, die auch die Vertragsärzteschaft nicht rundweg ablehnt. Zumindest seien vertraglich abgesicherte Modellversuche ange- zeigt. Das AOK-Hausärzte-Konzept wird als neues Service-Angebot der

„Gesundheitskasse" und als ein Ra- tionalisierungsinstrument empfohlen.

Durch eine freiwillige Bindung des Versicherten an den Hausarzt (Abo) soll die Compliance verbessert wer- den. Das Leistungsgeschehen soll transparenter gestaltet, überflüssige Leistungen sollen abgeschafft wer- den. Der Abo-Versicherte soll einen Bonus oder einen Beitragsnachlaß er- halten. Das Hausarzt-Abo wird als ty- pischer Selbstläufer bezeichnet, der

zum Mitmachen animieren soll. Frei- lich müsse das ganze durch ein adä- quates Vergütungssystem flankiert werden. Die AOK-Option: Lei- stungskomplexe, Pauschalen — von ei- ner leistungsgerechten Vergütung, von finanzieller Anerkennung der Qualität und der erbrachten Einzel- leistung keine Rede!

Der Geschäftsführer der Ersatz- kassen-Verbände, Dr. med. Eckart Fiedler, gab die Losung aus: Erhal- tung der gegliederten Krankenversi- cherung, Bejahung eines „solidari- schen Wettbewerbs", allerdings un- terfüttert durch begleitende Reform- instrumente, etwa durch arztspezifi- sehe Gebührenordnungen, aber kei- nen allumfassenden EBM. Die Er- satzkassen kritisieren im Gleichklang mit den Ärzten die durch das GSG verschärfte Reglementierung aller Sektoren und die zunehmende

Gleichschaltung der Krankenkassen, vor allem der Ersatzkassen (aus der Sicht Fiedlers ist der Risikostruktur- ausgleich überzogen). Allerdings dürfe es keinen Bestandsschutz für eine Krankenkasse oder Kassenart geben. „Rosinenpickerei" und voller Risikostrukturausgleich seien Gift für die Wahlfreiheit und für einen ausgewogenen Wettbewerb. Die Er- satzkassen lehnen es ab, die alleinige Verantwortung für die Beitragsstabi- lisierung zu übernehmen, falls nicht aktiv steuernde Instrumente imple- mentiert werden. Die Essentials der Ersatzkassen:

—keine Einschränkung der frei- en Arztwahl. Dies wäre weder medi- zinisch noch gesundheitspolitisch op- portun.

—Hohe Kompetenz der Hausärzte zur Versorgung und Bera- tung der Patienten und Versicherten.

A-1576 (30) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 22, 2. Juni 1995

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KASSENÄRZTLICHE BUNDESVEREINIGUNG

Mit der Kamera eingefangen — Szenen der Vertreterversamm- lung.Trotz lebhafter und teilweise kontroverser Diskussion zeich- nete sich schnell ein eindeutiges Stimmungsbild ab: Die Delegier- ten wollten die seit Jahren diskutierte EBM-Reform nicht weiter hinausschieben. Ebenso eindeutig waren die Standpunkte mit Blick auf die bevorstehende Gesundheitsreform. Die niedergelas- senen Ärzte wollen dem Wettbewerb der Kassen geschlossen ge- genübertreten. Von Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer fordern sie das Ende der Budgetierungsphase.

Alle Fotos aus Stuttgart: Bernhard Eifrig, Bonn (Daß dazu finanzielle Anreize not-

wendig sind, blieb unerwähnt.)

—Funktionelle Gliederung und Abgrenzung von allgemein-/hausärzt- licher und spezialärztlicher Versor- gung. Hier können die Zulassung und Beteiligung steuernd wirken.

—Entwicklung arztspezifischer Gebührenordnungen.

—Neuer Zuschnitt der Budgets.

Konzentration der Hochleistungsme- dizin ausschließlich an Krankenhäu- sern und deren Bezahlung aus dem Krankenhausbudget.

—Vertrags- und Gestaltungsviel- falt sowohl auf der Kassen- als auch auf der KV-Seite. Festlegung eines für alle Kassenarten einheitlichen Lei- stungskatalogs durch die Selbstver- waltung. Installierung praktikabler neuer Konfliktlösungsmöglichkeiten.

Die Betriebskrankenkassen set- zen auf das Konzept der vernetzten

Praxen, den verstärkten Zusammen- schluß zu kooperativen Praxisstruktu- ren und Formen der gemeinsamen Be- rufsausübung. Als flexiblen Finanz- rahmen für ein System „vernetzter Praxen" empfiehlt der BKK-Bundes- verband „kombinierte Budgets", wie Karl-Heinz Schönbach, Leiter der Vertragsabteilung des Bundesverban- des der Betriebskrankenkassen, erläu- terte. Danach soll die bisherige starre Trennung der Budgets durch eine „in- telligentere" Regelung überwunden werden. Die Vertragsärzte hätten es selbst in der Hand, ihren Versorgungs- auftrag zu erweitern, zurückzugewin- nen und von flexiblen Budgets zu pro- fitieren. Die Vorteile vernetzter Pra- xen (unter Einbeziehung von parame- dizinischen Berufen bis hin zu Sozial- arbeitern) sollen den Versicherten zu- gute kommen, ihnen zumindest einen Anreiz gewähren, wenn sie sich an

vorgegebene Zugangs- und Überwei- sungsregeln halten.

Die Krankenkassen wollen den

„Kostenausreißer Krankenhaus" ein- fangen. Künftig soll die stationäre Be- handlung nur dann erfolgen, wenn die Einweisung der Patienten ärztlich veranlaßt ist und diese einer sta- tionären Behandlung bedürfen. Es sei ein Mißstand, wenn in Großstädten bis zu 50 Prozent Selbsteinweisungen registriert und zu Lasten der Kassen abgerechnet werden.

Als Konsenslinie von Petersberg boten die Betriebskrankenkassen die Beibehaltung des Sicherstellungsauf- trages und Kollektivverträge (mit Konfliktlösungen) an. Allerdings müßten dabei die Spielregeln beach- tet werden. Niemand dürfe sich aus der Verantwortung stehlen und den Kompromiß zunichte machen.

Dr. Harald Clade Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 22, 2. Juni 1995 (31) A-1577

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