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Archiv "Eine Studie unterstützt den Zuschlag für Risikogruppen" (14.11.1991)

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Gruppen, die mehr, gleiche oder weniger Krankenkassenbeiträge nach Meinung der deutschen und niederländischen Bevölkerung zah- len sollen

BRD (NW) Niederlande in Prozent

mehr gleiche

weniger

72,4%

23,8%

3,8%

52,2%

47,6%

0,2%

Raucher

mehr gleiche weniger mehr gleiche weniger

52,8%

37,5%

9,7%

3,2%

30,3%

66,5%

18,8%

80,0%

1,2%

2,0%

73,0%

25,0%

Fettleibige

alte Menschen

mehr gleiche weniger

16,8%

43,1%

40,1%

17,2%

74,7%

8,1%

Sportler fentlichen Dienst geleistet zu haben,

der mit Sicherheit zu einer weiteren Einsparung der Kosten im öffentli- chen Gesundheitswesen führen wird, verbleibe ich mit freundlichen Grü- ßen Ihr Dr. E."

Quintessenz des Vorganges: Die Behandlung einer schweren Verlet- zung des Kniegelenkes der Ehefrau eines Arztes hat eine Sachkostenfor- derung in Höhe von 43,10 DM er- bracht. Jeder andere Patient hätte

Die Diskussion über die Finan- zierung des Gesundheitswesens schließt zunehmend Fragen zum ge- sundheitlichen Verhalten und zu den Kosten von Risikogruppen ein. In der Bundesrepublik Deutschland entspricht die vom Präsidenten der Bundesärztekammer, Dr. Karsten Vilmar, in die Diskussion gebrachte Heranziehung von Rauchern und Fettleibigen zu höheren Kassenbei- trägen dieser Entwicklung. Die Krankenkassen selbst haben dage- gen votiert. Was die Bevölkerung, die Gesamtheit der Versicherten, darüber denkt, ist bisher kaum be- kanntgeworden.

Die 1990/91 durchgeführte Stu- die über Gesundheit in Westeuropa (West European Study of Health = WESH) erfaßte neben Problemen des Gesundheitsverhaltens und der gesundheitlichen Befindlichkeit auch die Einstellung der Bevölke- rung zu Risikogruppen. Die Univer- sitäten Düsseldorf und Maastricht haben dazu erste Daten für die Bun- desrepublik und die Niederlande analysiert.

Die zentrale Frage, welche spe- ziellen Gruppen mehr oder weniger für ihre Krankenversicherung zahlen sollen, ergibt sich aus den in der Ta- belle angeführten Ergebnissen. Da- bei wurden den Befragten als Grup- pen mit höheren oder auch niederen Kosten Raucher, Fettleibige, Alte und Sportler vorgeschlagen.

Raucher sollen sowohl in der Bundesrepublik als auch in den Nie- derlanden nach Meinung einer

unter den gleichen Bedingungen Ge- samtkosten von ca. 1500,— DM „ver- ursacht". Da solche Vorgänge immer häufiger vorkommen, ist es nicht ver- wunderlich, daß die betroffenen Ärzte jetzt resignieren, in gegenseiti- gem Einvernehmen auf die bevor- zugte Behandlung hinsichtlich der Liquidation verzichten und künftig einen so gelagerten Fall nach den üblichen Maßstäben berechnen wer- den. Dr. med. Bernd Hindringer

Mehrheit mehr zahlen. Fettleibige werden in Deutschland nicht ganz so hart bewertet; in den Niederlanden ist nur eine Minderheit für die Her- anziehung von Fettleibigen zu höhe- ren Beiträgen.

Weitergehende statistische Ana- lysen zeigen, daß eine überwältigen- de Mehrheit der Nichtraucher für höhere Beiträge der Raucher ein- tritt. Dies gilt sowohl in Deutschland als auch in den Niederlanden. Au- ßerdem gehören zu den Befürwor- tern solcher Sanktionen jene, die sich für ihre Gesundheit selbst ver- antwortlich fühlen, jene aus höheren sozialen Schichten und in den Nie- derlanden ganz besonders die Män-

ner. Fettleibige sehen sich dagegen keiner so eindeutigen Zahl von Be- fürwortern für Risikozuschläge ge- genüber. Allenfalls für ihre Gesund- heit Selbstverantwortliche und Älte- re sind dafür. Die Niederländer sind demgegenüber besonders tolerant.

Die statistischen Analysen zeigen aber auch, daß die Beurteilung von Fettleibigkeit in der Bundesrepublik von sehr negativ bis positiv reicht, al- so kontrovers ist.

Sehr tolerant und offenbar unter Beachtung ihrer finanziellen Res- sourcen werden in beiden Ländern die Alten bewertet. Sportler sollen dagegen nach Meinung vieler (40 Prozent) nur in der Bundesrepublik entlastet werden. Steht dahinter eine positive Einstellung zum Sport durch die Bundesbürger? Oder meinen die Niederländer angesichts der ersten Untersuchungen über Unfallhäufig- keiten, daß Sportler nicht gar so ko- stengünstig für die Krankenversiche- rungen sind?

Dr. Karsten Vilmar mag nach diesen Ergebnissen die Genugtuung haben, daß seine jüngsten Überle- gungen über Raucher und Fettleibig- keit der Einstellung in der Bevölke- rung entsprechen. Die Daten der WESH-Studie über die Behandlung der Raucher und Fettleibigen waren nämlich lange vor den öffentlichen Stellungnahmen von Präsident Vil- mar erhoben worden. Die Alten mö-

Eine Studie unterstützt den Zuschlag für Risikogruppen

Dt. Ärztebl. 88, Heft 46, 14. November 1991 (35) A-3999

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gen sich in beiden Ländern ebenfalls über dieses Ergebnis freuen; an hö- here Beiträge für sie oder gar eine potentielle „Aussteuerung", wie sie in den USA allen Ernstes diskutiert werden, denkt nur eine kleine Min- derheit. Ein besonderer Wert des Sports für die Gesundheit soll nach den Befragungen dagegen allenfalls in der Bundesrepubik durch geringe- re Beiträge honoriert werden.

Im Vergleich der beiden Länder sind jedoch grundsätzlich unter- schiedliche Standards erkennbar.

Die Bevölkerung der Niederlande neigt für jede der angesprochenen Gruppen weniger dazu, sie finanziell heranzuziehen oder zu entlasten.

Dagegen vertreten die Bundesbürger deutlichere Positionen.

Literatur

(1) Cockerham, W. C.; Lüschen, G.; Abel, T.;

Kunz, G.: Sport, Gesundheitsstatus und Ge- sundheitskultur. Medizinsoziologie 3/4 (1989/90)

Im stationären Sektor gibt es noch unausgeschöpfte Wirtschaft- lichkeits- und Rationalisierungsre- serven, die sich zwar nicht in exakten Zahlen belegen lassen, die aber auf Grund von Einzelanalysen und sek- toralen Betrachtungen zumindest in der Größenordnung veranschlagt werden können. Wirtschaftlichkeits- reserven könnten mobilisiert wer- den, indem das wenig differenzierte pauschale Abrechnungssystem in der Krankenhauswirtschaft systematisch auf mehr leistungsbezogene Entgelte umgestellt wird. Diagnosebezogene Fallpauschalen und die Überprüfung der Effizienz durch Leitdiagnosen seien ein Weg, um die Krankenhaus- betriebsführung auf mehr Wirt- schaftlichkeit einzustellen und die internen Betriebsabläufe rationaler und transparenter zu gestalten. Dies ist ein Fazit der Referate und State- ments von Experten, die sich auf dem „Ersatzkassenforum 1991" in Bonn zum Thema „Wirtschaftlich- keit im Krankenhaus" äußerten.

Prof. Dr. med. Michael Arnold, Inhaber einer Stiftungsprofessur

62-80; (2) Galen, C. C. v.; Diederiks, J. P. M.:

Sportblessures. Uitgeverij De Vrieseborch, Har- lem 1990; (3) Hoeltz, J.; Bormann, C.; Schroe- der, E.: Subjektvie Morbidität, Gesundheitsrisi- ken, Inanspruchnahme von Gesundheitsleistun- gen. Bd I + II. Infratest, München 1990; (4) Lü- schen, G.; Cockerham, W. C.; Kunz, G.: Ge- sundheit und Krankheit in der BRD und den USA. Oldenbourg, München 1989

Anschriften der Verfassen

Prof. Dr. phil. Dr. h. c.

Günther Lüschen

Institut für Sozialwissenschaft Heinrich-Heine-Universität D-4000 Düsseldorf

Dr. Thomas Abel, PhD Medizinische Soziologie Philips-Universität D-3550 Marburg Prof. Dr. Jos Diederiks Dozent Dr. Fred Stevens Medische Sosiologie Ab tstraat 4

NL-6226 Maastricht

„Gesundheitssystemforschung" an der Universität Tübingen, Vorsitzen- der des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesund- heitswesen, und Prof. Dr. rer. pol.

Günter Neubauer, Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre an der Univer- sität der Bundeswehr in Neubiberg/

München, neu berufenes Mitglied des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion, warnten davor, allein die Verweildauer als Indikator für Wirschaftlichkeit und rationalen Mitteleinsatz heranzuziehen. Die Kosten der stationären Behandlung könnten dadurch nicht umfassend und abschließend erfaßt werden. So könne beispielsweise eine relativ kurze Verweildauer bei hohen Pfle- getagekosten unwirtschaftlicher und auch von geringer „sozialer Wohl- fahrt" sein als eine längere Liege- dauer der Patienten bei relativ nied- rigen Pflegetagekosten.

Auch der Einsatz des dreistelli- gen ICD-Schlüssels (Internationale Klassifikation von Diagnosen) reiche nicht aus, um mit Hilfe von Leitdiag- nosen die Wirtschaftlichkeit der

Krankenhäuser zu beurteilen. Vier- oder fünfstellige ICD-Schlüssel seien wesentlich geeigneter, was aber ei- nen zusätzlichen Aufwand bedeutet, so Prof. Arnold. Der Tübinger Ana- tom setzt bei der Weiterentwicklung der Bundespflegesatzverordnung auf mehr marktwirschaftliche, leistungs- bezogene Entgelte. Er befürwortet, den bisher abschließend geregelten Katalog von 16 Sonderentgelten nach § 6 der Bundespflegesatzver- ordnung wesentlich zu erweitern und auch diagnosebezogene Fallpau- schalen (Diagnosis Related Groups) zu erproben, wie sie bereits seit mehr als neun Jahren in den US-amerika- nischen Hospitälern im Routine- Einsatz sind. Dies setze allerdings voraus, daß Diagnostik und thera- peutische Leistungen in gewissem Umfang standardisierbar sind. Zu- mindest im Bereich der Chirurgie seien Standards realisierbar, hinge- gen weniger in den konservativen Fä- chern mit multimorbiden, älteren und chronisch kranken Patienten.

Um den externen Betriebsver- gleich von Krankenhäusern zu er- leichtern sowie die Leistungs- und Kostentransparenz im stationären Sektor zu verbessern, empfiehlt Ar- nold einen Vergleich standardisier- ter Behandlungsverfahren nach ein- heitlichen, abteilungs- oder kranken- hausbezogenen Indikatoren. Aus- schlaggebend sollen dabei die Leit- diagnosen (Tracer) sein. Dabei soll- ten folgende Kriterien erfüllt sein:

D gute Abgrenzbarkeit des Krankheitsbildes;

D klare Zuordnung zu einer medizinischen Fachabteilung;

D eine ausreichend hohe Zahl von Operationen;

D Vorliegen eines allgemein anerkannten hohen Therapiestan- dards und

• Meßbarkeit des Behand- lungsergebnisses im Zeitraum des Krankenhausaufenthaltes.

Nach Erfahrungen des Chirur- gen Prof. Dr. Bernd Werner vom Medizinischen Dienst der Kranken- kassen in Hamburg sind Leitdiagno- sen in folgenden Leistungsbereichen erfolgsversprechend: Behandlung von Katarakt, Leistenbruch, Ober- schenkelhalsbruch, akute Appendizi- tis und Gehirnerschütterung. HC

Sachverständiger Professor Arnold:

Effizienzkontrollen mit Leitdiagnosen

A-4000 (36) Dt. Ärztebl. 88, Heft 46, 14. November 1991

Referenzen

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