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Archiv "Anträge des Vorstandes zum 95. Deutschen Ärztetag" (24.08.1992)

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Anträge des Vorstandes

zum 95. Deutschen Ärztetag

Zum Tagesordnungspunkt „Tätigkeitsbericht der Bundesärzte- kammer" des 92. Deutschen Ärztetages hatte der Vorstand der Bundesärztekammer eine Reihe von Anträgen vorgelegt. Infolge der ausführlichen Diskussion über die Novellierung der (Muster-)- Weiterbildungsordnung wurden diese Anträge (wie auch eine Fülle von Anträgen aus dem Plenum des Deutschen Ärztetages) nicht mehr behandelt, sondern an den Vorstand überwiesen (dazu auch die Berichterstattung in Heft 22/1992). Die Anträge des Vor- standes behandeln überwiegend aktuelle gesundheits-, sozial- und berufspolitische Fragen. Der Vorstand der Bundesärztekam- mer ist deshalb übereingekommen, diese Anträge zu veröffentli- chen. Sie entsprechen sämtlich der Beschlußlage des Vorstandes und somit auch der Präsidenten aller Landesärztekammern.

Arzneimittelkommission der Deut- schen Ärzteschaft, Aachener Str.

233-237, Postfach 41 01 25, W-5000 Köln 41, Tel: 02 21/40 04-5 12, Fax:

02 21/40 04-5 39.

Handelspräparate:

Zovirax Tabletten (in verschiedenen Dosiseinheiten), mehrere parallel importierte Aciclovir-haltige Fertig- arzneimittel.

Literatur

(1) Sawyer, M. H. et al., JAMA 84 (1988), 1067-1071

(2) Rashed, A. et al., Nephron 56 (1990), 436-438

(3) Hernandes, E. et al., Clin Nephrol 56 (1991), 155-156

(4) Eck, E. et al., NEJM 325 (1991), 1178

„Gesundheit und Umwelt"

2. Forum der Bundesärztekammer in Zusammenarbeit mit der Akademie für ärztliche Fortbildung Niedersachsen vom 13. bis 14. November in Hannover

Schwerpunktthemen

• Umweltängste (Moderator: Kap- pos/Hamburg)

• Umweltverhalten (Moderator:

Baitsch/Bad Säckingen)

• Umweltberatung in der Praxis (Moderator: Kretz/Sulzbach)

Einzelthemen und Referenten

• Reaktionen auf die wachsende Umweltbelastung (Ruff/Berlin)

• Psychische Verarbeitung von Umweltängsten (Zilker/München)

• Umgang mit der Unsicherheit (Gloede/Karlsruhe)

• Umweltängste (Neuhann/Düs- seldorf)

• Wasser — Wie erhalten wir uns dieses absolut lebensnotwendige Grundnahrungsmittel? (Davis/Zürich)

• Wie könnte ein umweltgerechtes Verhalten in unserer Gesellschaft aus- sehen? (Holzapfel/Dortmund)

• Umweltgerechtes Verhalten in der Praxis und Klinik (Zahn/Straubing)

• Umweltgerechte Ernährung (Pu- del/Göttingen)

• Umweltgerechtes Verhalten und was uns daran hindert (Bastian/Isny)

• Ziel und Grenzen der umwelt- medizinischen Beratung im öffentli- chen Gesundheitswesen (Kappos/

Hamburg)

• Pulmonale Erkrankungen und Luftschadstoffbelastung (Bölcskei/

Nürnberg)

• Diagnose und Therapie allergi- scher Atemwegserkrankungen unter Berücksichtigung von Umwelteinflüs- sen (Baenkler/Erlangen)

• Berufliche Ekzeme — Prävention und Therapie (Hornstein/Erlangen)

Auskünfte: Akademie für ärztliche Fortbildung Niedersachsen, Berliner Allee 20, W-3000 Hannover 1, Tele- fon 05 11/34 90-4 90

Ärzteschaft in die Verträge nach §§ 112 und 137 SGB V einbeziehen

„Der 95. Deutsche Ärztetag 1992 fordert den Bundesminister für Ge- sundheit auf, schnellstmöglich durch ei- ne Novellierung des SGB V dafür Sorge zu tragen, daß die Ärzteschaft, vertre- ten durch Bundesärztekammer und Landesärztekammern, als gleichbe- rechtigter Vertragspartner für dreiseiti- ge Vereinbarungen (§ 112 i. V. m. § 137 SGB V) zur Qualitätssicherung im sta- tionären Bereich aufgenommen wird."

Begründung:

Die Ärzteschaft hat bereits seit Jahrzehnten im Bewußtsein ihrer Ver- antwortung für die Qualität ärztlichen Handelns entsprechende Qualitätssi- cherungskonzepte entwickelt und er- folgreich eingeführt. Es ist allseits an- erkannt, daß Maßnahmen zur Quali- tätssicherung, wenn sie wirksam sein sollen, von den Betroffenen akzeptiert werden müssen. Akzeptanz durch die Ärzteschaft ist dann gegeben, wenn Qualitätssicherungsmaßnahmen von der fachlichen Kompetenz im Rahmen der ärztlichen Selbstverwaltung getra- gen werden. — Diese Erkenntnis ist in den einschlägigen Bestimmungen des SGB V bezüglich der kassenärztlichen Versorgung auch voll anerkannt

Es ist nach wie vor unverständlich, daß im stationären Bereich der Kran- kenversorgung die Ärzteschaft nicht ausdrücklich einbezogen wurde. Es hilft der Akzeptanz von Qualitätssiche- rungsmaßnahmen in der Medizin we-

nig, wenn zu allen möglichen Anlässen aus dem Bundesministerium für Ge- sundheit Absichtserklärungen abgege- ben werden, wonach die Ärzteschaft in die Verträge einbezogen werden sollte

— so zuletzt im Bericht über die Erfah- rungen mit der Umsetzung des Ge- sundheitsreformgesetzes —, aber der Wille des Gesetzgebers nicht entspre- chenden Widerhall im Gesetz findet.

Tatsächlich zeigen die bereits angelau- fenen Vertragsverhandlungen nur ei- nen zögerlichen Verlauf. Zur beschleu- nigten Einführung von Qualitätssiche- rungsmaßnahmen auf breiter Basis im stationären Sektor sollte möglichst bald die Ärzteschaft förmlich als originärer, gleichberechtigter Partner einbezogen

werden. ❑

Qualitätssicherung ärztlicher Berufsausübung

„Der 95. Deutsche Ärztetag 1992 bekräftigt erneut, daß die Sicherung der Qualität ärztlicher Berufsausübung immanente Aufgabe ärztlicher Tätig- keit ist. Die Selbstkontrolle im Berufs- alltag erfolgt mit Hilfe der von den ärztlichen Selbstverwaltungskörper- schaften, den medizinisch-wissen- schaftlichen Fachgesellschaften und den Berufsverbänden entwickelten Maßnahmen. Deutlichen Niederschlag findet diese Selbstverpflichtung im ärztlichen Berufsrecht, nicht nur in Form der Fortbildungsverpflichtung, sondern ebenso in der Verpflichtung des Arztes, von der Ärztekammer ein- geführte Maßnahmen zur Sicherung der Qualität der ärztlichen Tätigkeit durchzuführen'.

A1-2786 (58) Dt. Ärztebl. 89, Heft 34/35, 24. August 1992

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Eine wichtige Voraussetzung für ei- ne gute Qualität ärztlicher Berufsaus- übung ist eine entsprechend qualifi- zierte Aus- und Weiterbildung. Hierzu leistet die Ärzteschaft, wie der diesjäh- rige Deutsche Ärztetag mit seiner Dis- kussion zur Novellierung der (Mu- ster-)Weiterbildungsordnung ausweist, ebenfalls ihren Beitrag.

Der 95. Deutsche Ärztetag 1992 weist die Versuche aus der Politik, aber auch aus den Reihen der Träger der Krankenversicherungen zurück, Ärzten ein mangelndes Qualitätsbe- wußtsein zu unterstellen. Wie der ,Sachstandsbericht zur Qualitätssiche- rung ärztlicher Berufsausübung', der anläßlich des 94. Deutschen Ärzteta- ges 1991 in Hamburg vorgelegt wurde, verdeutlicht, kann die Ärzteschaft auf zahlreiche Initiativen zur Entwicklung von Qualitätssicherungsmaßnahmen ebenso zurückgreifen wie auf bereits routinemäßig durchgeführte Maßnah- men, ohne daß es dazu eines geson- derten gesetzlichen Auftrages bedurft hätte.

Es zeigt sich vielmehr bei genauer Betrachtung der einschlägigen Rege- lungen im SGB V, daß die Vernachläs- sigung der zentralen Rolle der Ärzte- schaft in der Qualitätssicherung zu zahlreichen Problemen führt, nicht nur bei der Einführung neuer Maßnahmen, sondern auch bei der Fortführung von bereits bewährten, von der Ärzteschaft auf freiwilliger Basis eingeführten Maßnahmen. Statt der Ärzteschaft zö- gerliche Umsetzung der neuen Vor- schriften des SGB V zu unterstellen, sollte der Gesetzgeber vielmehr den Mut besitzen, schnellstmöglich die Mängel im SGB V zu beseitigen und die Ärztekammern ausdrücklich als Vertragspartner für die Qualitätssiche- rung im stationären wie ambulanten Bereich vorzusehen.

Der 95. Deutsche Ärztetag 1992 be- tont ausdrücklich, daß Qualitätssiche- rung aus der Sicht der Ärzteschaft vor- rangig unter dem Primat einer Verbes- serung der Versorgung der Bevölke- rung steht. Begriff und Bedeutung der Qualitätssicherung werden eingeengt, wenn sie lediglich auf die wirtschaftli- che Einbringung von Leistungen abzie- len soll. Eine solche Interpretation ver- kennt in gravierender Weise die tat- sächliche Zielsetzung der Qualitätssi- cherung, die primär auf die medizini- sche Effektivität und nicht auf Wirt- schaftlichkeitsaspekte ausgerichtet ist.

Dies bedeutet allerdings, daß eine gute bzw. gesicherte Qualität mittel- und langfristig auch immer wirtschaftlich, vielleicht sogar preiswert ist. Gesetzge- ber und Kostenträger dürfen jedoch

nicht verkennen, daß mit der Einfüh- rung neuer Qualitätssicherungsverfah- ren vorübergehend erst einmal zusätz- liche Kosten entstehen, denen dann al- lerdings langfristig verläßlichere Aus- sagen über eine effektive Mittelver- wendung gegenüberstehen.

Der 95. Deutsche Ärztetag 1992 stellt fest, daß Qualitätssicherung nicht verordnet werden kann. Qualitätssi- cherung kann immer nur im Kontext der jeweils spezifischen Anforderun- gen im Berufsalltag entwickelt und um- gesetzt werden. Qualitätssicherung be- deutet

—kritische Überprüfung der eige- nen Arbeitsstätte,

—Selbstkontrolle der eigenen Lei- stungen durch Vergleich mit dem inter- kollegial ermittelten fachspezifischen Standard,

—Verbesserung des kollegialen In- formationsaustausches.

Das Bewußtsein zur Reflexion des eigenen Handelns wird Ärztinnen und Ärzten in der Aus- und Weiterbildung und durch die berufsbegleitende Fort- bildung vermittelt. Die ärztlichen Selbstverwaltungskörperschaften, aber insbesondere auch Gesetzgeber und Kostenträger sind aufgefordert, die Rahmenbedingungen herzustellen, un- ter denen Qualitätssicherungsmaßnah- men entwickelt und im Routinebetrieb etabliert werden können. Dazu gehö- ren vorrangig interne Qualitätssiche- rungsmaßnahmen. Darüber hinaus sind externe Qualitätssicherungsmaß- nahmen erforderlich, die einen Ver- gleich mit dem ,eigenen Standort' er- möglichen und den Weg eröffnen, Ur- sachen für Abweichungen vom jeweili- gen Stand der medizinischen Wissen- schaft und Medizintechnik herauszu- finden. Qualitätssicherungsprogramme helfen, geeignete Parameter für

—die Festlegung von Kriterien für bestimmte ärztliche Arbeitsbereiche,

—die Bereitstellung gesicherter Vergleichsdaten,

—die angemessene Ausstattung und Funktionsfähigkeit der Arbeits- stätte zu entwickeln.

Die Umsetzung der so zu ermitteln- den Erkenntnisse ist individuelle Auf- gabe jeder einzelnen Ärztin/jedes ein- zelnen Arztes im Sinne der Verwirkli- chung der internen Qualitätssicherung.

Der 95. Deutsche Ärztetag 1992 stellt mit Nachdruck fest, daß die Ärz- teschaft ihren Aufgaben bezüglich der Entwicklung und Anwendung von Qualitätssicherungsmaßnahmen seit langem nachkommt und an deren Ver- besserung ständig arbeitet. Statt immer neue Schuldzuweisungen auszuspre- chen oder zu glauben, noch mehr Qua-

litätssicherung ließe sich durch Institu- te oder andere Einrichtungen außer- halb der Arzteschaft verwirklichen, sollten Gesetzgeber und Kostenträger endlich die Leistungen der Arzteschaft anerkennen; sie sollten dies sowohl bei den gesetzlichen Grundlagen berück- sichtigen als auch bereit sein, die Ko- sten für zusätzliche Aufgaben zu über-

nehmen."

Vorstellungen und Positionen der Bundesärztekammer zur Weiterentwicklung von Kran- kenhausstrukturen, Kran- kenhausplanung und Kran- kenhausfinanzierung

„Das Bewußtsein der Öffentlichkeit wird in der oft kontroversen Diskussion über den Krankenhausbereich nur un- zureichend von den qualitativ erheblich erweiterten und verbesserten Möglich- keiten der ärztlichen und pflegerischen Versorgung der Patienten geprägt. Im Vordergrund steht vielmehr zuneh- mend die Ausgabenentwicklung in die- sem Bereich unseres Gesundheitswe- sens. Jede dritte Mark aus dem Bei- tragsaufkommen der gesetzlichen Krankenversicherung fließt derzeit den Krankenhäusern zu. Hiermit finanziert wird jedoch nicht nur die ärztliche und pflegerische Behandlung der Patienten unter Nutzung moderner Technik so- wie invasiver und anderer Verfahren zur Diagnostik und Therapie, sondern auch der Einsatz von Arzneimitteln so- wie die Unterbringung und Verpfle- gung der Patienten. Maßgebliche Gründe für auch zukünftig unaus- weichliche Ausgabensteigerungen sind nicht nur eine Vielzahl tarifrechtlicher oder gesetzlicher Bestimmungen, son- dern vor allem die Erweiterung und Verbesserung des Leistungspektrums im Krankenhaus sowie insbesondere der hierdurch bedingte Personalmehr- bedarf.

Eine unabdingbare Voraussetzung für die von der Bundesregierung ange- kündigte Neuordnung des Kranken- hausrechts muß daher sein, das auch nach dem Krankenhaus-Neuordnungs- gesetz von 1984 und der Novelle der Bundespflegesatzverordnung von 1985 noch in vielen Bereichen administrativ geprägte Krankenhauswesen stärker an effizienten Steuerungskriterien auszu- richten. Bislang haben weder die staat- liche Krankenhausplanung sowie die Investitionslenkung durch die öffentli- che Hand noch die derzeitigen Instru- mente der Betriebsfinanzierung Anrei-

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ze für mehr Wirtschaftlichkeit setzen können. Die hierin angelegten Unzu- länglichkeiten müssen durch eine Wei- terentwicklung des Krankenhausrechts behoben werden, die darauf ausgerich- tet ist, nicht die Symptome, sondern die wirklichen Ursachen der Fehlentwick- lungen im Krankenhausbereich anzu- gehen. Bei allen Reformbemühungen muß es ein Anliegen der Arzteschaft sein, darauf zu achten, daß unter Aner- kennung auch ökonomischer Notwen- digkeiten die eigentliche Zielsetzung des Krankenhauses, nämlich kranken Menschen zu helfen, nicht gefährdet wird. Gerade deshalb müssen immer und in jedem Einzelfall für notwendige Entscheidungen im Krankenhausbe- reich die aus ärztlich-medizinischer Sicht erforderlichen Grundlagen gesi- chert sein. Hierfür ist vor allem der Einbezug ärztlichen Sachverstandes in alle relevanten Entscheidungsbereiche des Krankenhauswesens unverzichtbar.

I. Krankenhausstrukturen Die derzeitige Struktur der Kran- kenhäuser und insbesondere ihrer ärzt- lichen Dienste wird der mit dem heuti- gen Stand der Medizin verbundenen Differenzierung und Spezialisierung sowie dem damit einhergehenden Er- fordernis einer stärkeren Arbeitstei- lung vielfach nicht mehr gerecht. Auf die sich hieraus ergebende Notwendig- keit der Reform der Krankenhaus- strukturen hat die Ärzteschaft durch Beschlüsse Deutscher Ärztetage be- reits seit Beginn der siebziger Jahre im- mer wieder hingewiesen. Die vom 75.

Deutschen Ärztetag 1972 beschlosse- nen ,Westerländer Leitsätze', die vom 80. Deutschen Ärztetag 1977 verab- schiedeten ,Thesen zur Reform der Struktur der Krankenhäuser und ihres ärztlichen Dienstes sowie über die Zu- sammenarbeit zwischen Ärzten in frei- er Praxis und im Krankenhaus', sowie die darauf aufbauenden, zuletzt vom 89. Deutschen Ärztetag 1986 neugefaß- ten ,Gesundheits- und sozialpolitischen Vorstellungen der deutschen Arzte- schuft', das sog. Blaue Papier, sind hierfür nicht nur beredtes Zeugnis, sondern immer noch uneingeschränkt die wesentliche Grundlage.

Unverständlich muß daher bleiben, daß diese Leitlinien der Ärzteschaft zur Struktur des ärztlichen Dienstes der Krankenhäuser — insbesondere zur Kollegial-Struktur (,Departmentie- rung') und zum kooperativen Beleg- arztwesen — bislang nur völlig unzurei- chend in die Krankenhauspraxis umge- setzt worden sind. Selbst als mögliche Modellversuche sind sie bisher kaum

aufgegriffen worden. Zwar sind Mög- lichkeiten der Verwirklichung dieser Reformvorschläge in der Praxis überall dort gegeben und auch nutzbar, wo erforderliche Gestaltungsspielräume durch das Ausscheiden leitender Kran- kenhausärzte oder die Neugründung von Abteilungen eröffnet werden, den- noch kommt einer stärkeren Akzep- tanz solcher Strukturreformen durch die Krankenhausträger eine notwendi- ge Signalfunktion für deren breitere Umsetzung in die Praxis zu. Ohne die hierdurch mögliche Schaffung einer ausreichenden Zahl von Lebensstellun- gen wird sich das Krankenhaus zuneh- mend einem schon heute bedrücken- den Strukturproblem insoweit ausge- setzt sehen, als die Zahl der langfristig tätigen, qualifizierten und berufserfah- renen Krankenhausärzte, auf die sich die ärztliche Versorgung stationärer Patienten vorrangig stützen können muß, stetig abnimmt und nicht — wie von der Leistungsentwicklung her er- forderlich — zunimmt. Nur noch 10 Pro- zent der Ärzte finden im Krankenhaus eine befriedigende Lebensstellung; die übrigen 90 Prozent lassen sich nach ca.

10 Berufsjahren in eigener Praxis nie- der.

Eine weitere wesentliche Voraus- setzung hierfür ist die dringend not- wendige und von der Ärzteschaft wie- derholt angemahnte Verabschiedung einer Rechtsverordnung nach § 19 KHG zur leistungsbezogenen Personal- bemessung des ärztlichen Dienstes der Krankenhäuser.

Die zukünftige Leistungsfähigkeit des Krankenhauses wird ferner bei wei- ter zunehmender Spezialisierung ärzt- licher und pflegerischer Aufgaben so- wie weiter wachsender Bedeutung der Medizintechnik immer mehr von der Gewährleistung einer die Integration fördernden Zusammenarbeit der Ärzte im Rahmen von Teamstrukturen ge- prägt werden. Dies gilt auch für die Zu- sammenarbeit der Arzte mit den übri- gen Krankenhausberufen.

Vor dem Hintergrund dieser Ent- wicklungen kommt auch der Verbesse- rung der Kooperation zwischen Kran- kenhaus und Praxis eine wesentliche Bedeutung zu. Die Entwicklung der Medizintechnik erfordert nicht nur ei- ne intensivere Zusammenarbeit zwi- schen Krankenhausärzten und nieder- gelassenen Ärzten durch die gemeinsa- me Nutzung z. B. von Großgeräten und Operationseinrichtungen, auch müssen verstärkt Möglichkeiten für niederge- lassene Ärzte geschaffen werden, ihre Praxistätigkeit in den Räumen von Krankenhäusern oder in räumlichem Verbund mit Krankenhäusern mit ggf.

gemeinsamen Investitionen auf der Grundlage entsprechender Vertragsre- gelungen auszuüben. Hierdurch kann nicht nur grundsätzlich eine bessere Verzahnung zwischen der ambulanten und stationären Krankenbehandlung erreicht, sondern vor allem auch das Belegarztwesen, insbesondere in seiner kooperativen Form, gefördert werden.

II. Krankenhausplanung Das Krankenhausfinanzierungsge- setz sieht letztlich nach wie vor ein staatliches Planungsmonopol vor. Bei der Krankenhausplanung und der Auf- stellung der Investitionsprogramme sind zwar die Länder verpflichtet, ein- vernehmliche Regelungen mit den ‚un- mittelbar Beteiligten' anzustreben, doch gehören hierzu nach den Landes- Krankenhausgesetzen lediglich die Landesverbände der Krankenhausträ- ger sowie der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung — nicht jedoch die ärztlichen Selbstverwaltungskör- perschaften. Das Krankenhausfinan- zierungsgesetz selbst hat keine Rege- lung darüber getroffen, wer zu den ,un- mittelbar Beteiligten' zu zählen ist, mit denen also bei der Krankenhauspla- nung und der Aufstellung der Investiti- onsprogramme nicht nur — wie vor 1985

— ,eng zusammenzuarbeiten' ist, son- dern mit denen nunmehr sogar ein

‚Einvernehmen' erzielt werden muß.

Daß der Bundesgesetzgeber den Kreis der unmittelbar Beteiligten nicht nur auf Krankenhausträger und Kranken- kassen beschränkt wissen wollte, ging schon auf der seinerzeitigen Gesetzes- begründung hervor, die auf diese Be- teiligten zwar ,in erster Linie', aber nicht ausschließlich Bezug nahm.

Soll eine Neuordnung des Kranken- hausrechts zu einer von ihr auch erwar- teten Verbesserung der den jeweiligen wissenschaftlichen Erkenntnissen ent- sprechenden ärztlichen Versorgung der Patienten im Krankenhaus beitra- gen, dürfen Grundsatzentscheidungen über Krankenhausplanung und Investi- tionsprogramme nicht länger letztlich allein von den Landesbehörden zusam- men mit den Verbänden der Kranken- kassen und Krankenhausträger getrof- fen werden. Durch den ausdrücklichen und verbindlichen Einbezug der ärztli- chen Selbstverwaltungskörperschaften in den Kreis derer, mit denen einver- nehmlich zusammenzuarbeiten ist, muß sichergestellt werden, daß in die- sen grundlegenden Planungs- und Ent- scheidungsbereichen des Kranken- hauswesens ärztlich-medizinische Aspekte in erforderlichem Maße be- rücksichtigt werden können.

A1-2788 (60) Dt. Ärztebl. 89, Heft 34/35, 24. August 1992

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Für alle Beteiligten ist die Bereit- stellung vor allem aktueller medizini- scher Orientierungsdaten durch den zügigen Aufbau einer Gesundheitsbe- richterstattung mit dem Ziel einer stär- ker inhaltlich ausgerichteten Kranken- hausplanung dringend erforderlich.

III. Krankenhausfinanzierung Die durch das derzeitige duale Sy- stem vorgegebene Trennung der Fi- nanzierung von funktional eng verbun- denen Investitionskosten einerseits und Betriebskosten andererseits hat sich sowohl in betriebs- wie in volks- wirtschaftlicher Hinsicht nicht be- währt. Diese Aufspaltung der Kran- kenhausfinanzierung zerstört den en- gen funktionalen Zusammenhang der Entscheidungen im Investitions- und Betriebskostenbereich auf betriebli- cher Ebene und verhindert damit be- triebswirtschaftlich sinnvolle Entschei- dungen im Krankenhaus. Mehr noch:

die sich zwangsläufig an der Nahtstelle zwischen der staatlichen Investitionsfi- nanzierung und der Finanzierung der Betriebskosten über die Pflegesätze einstellenden Kostenverschiebungen können eine wesentliche Ursache für eine unwirtschaftliche Betriebsführung der Krankenhäuser sein, insbesondere dadurch, daß im sachlichen Zusam- menhang stehende Entscheidungen zum einen betriebsintern, zum anderen betriebsextern getroffen werden müs- sen. Die immer stärker werdende Ab- hängigkeit der vom Staat bereitzustel- lenden öffentlichen Mittel für Kran- kenhausinvestitionen von konjunktu- rellen Entwicklungen, d. h. der Verfüg- barkeit staatlicher Finanzmittel, ver- schärft die hieraus resultierenden Pro- bleme in unvertretbarem Maße.

Ein weiterer systemimmanenter Nachteil des dualen Krankenhausfi- nanzierungssystems liegt in der durch die öffentliche Investitionsfinanzierung den Ländern eröffneten Einflußnah- memöglichkeit auf die Krankenhäuser begründet, welche sowohl für die Kran- kenhausträger als auch die Kranken- hausbetriebsleitungen eine Beeinträch- tigung und Fremdbestimmung der krankenhausbetrieblichen Entschei- dungsbefugnisse bedeutet.

1. Investitionsfinanzierung Eine Neuordnung der Investitionsfi- nanzierung der Krankenhäuser mit dem Ziel, insoweit bedingte Unwirt- schaftlichkeiten künftig durch eine Fi- nanzierung ,aus einer Hand` zu vermei- den, darf allerdings nicht dazu führen,

daß die öffentliche Hand ihre bisheri- gen, auf gesetzlicher Grundlage über- nommenen Finanzierungsverpflichtun- gen gänzlich auf die Krankenkassen verlagert. Die Finanzierung von Neu-, Erweiterungs- und Umbaumaßnahmen muß Aufgabe des Staates bleiben. Zur Vermeidung weiterer Beitragssatzstei- gerungen in der gesetzlichen Kranken- versicherung kann ein Abbau des dar- über hinausgehenden Finanzierungs- anteils der öffentlichen Hand nur in dem Maße vorgesehen werden, wie durch eine verbesserte Wirtschaftlich- keit infolge z. B. der Übernahme von Rationalisierungs- und Modernisie- rungsinvestitionen durch die Kranken- kassen dort auftretende zusätzliche Be- lastungen abgefangen werden können.

Ungeachtet dessen ist für den er- heblichen investiven Nachholbedarf des stationären Bereiches in den neuen Bundesländern angesichts deren Fi- nanznot bis zur Angleichung an das Versorgungsniveau in den westlichen Bundesländern die Bereitstellung zu- sätzlicher Bundesmittel unumgänglich.

Dies entspricht nicht nur dem finan- ziellen Engagement des Bundes nach der Krankenhausreform 1972 für den Aufbau leistungsfähiger Krankenhäu- ser in den alten Bundesländern, son- dern vor allem auch dem Ziel des Eini- gungsvertrages.

2. Betriebsfinanzierung

Der bisherige, auch nach der Novel- le des Krankenhausrechts von 1984/1985 immer noch vorherrschende vollpauschalierte tagesgleiche Pflege- satz muß aufgegeben und statt dessen in Richtung auf ein differenzierteres, leistungsgerechtes Vergütungssystem weiterentwickelt werden. Eine größere Transparenz des flexiblen Kranken- hausbudgets sowie eine weitere Diffe- renzierung der Entgelte und ihre schrittweise Fortentwicklung zu lei- stungsbezogenen Vergütungsformen wie ‚Sonderentgelten' und ,besonderen Pflegesätzen' müssen hierbei das Ziel sein. Beide Reformelemente sind vom Grundsatz her bereits im geltenden Krankenhausrecht (§§ 5 und 6 Bundes- pflegesatzverordnung) angelegt und müssen insoweit künftig nur stärker umgesetzt werden.

Hierfür schlägt die Ärzteschaft im einzelnen folgende Ansätze vor:

— Schaffung eines breiteren Anwen- dungsrahmens für ,besondere Pflege- sätze' nach § 5 Abs. 2 BPflVO; diese für weitere Einrichtungen und Berei- che des Krankenhauses vorzusehenden ,besonderen Pflegesätze' und der ‚all- gemeine Pflegesatz' sollen weitestmög-

lich über die derzeit nur ,nachrichtli- ehe' Bekanntgabe gegenüber dem Pa- tienten hinausgehend generell in Teil- beträge für die Leistungsbereiche Un- terkunft und Verpflegung, ärztliche Leistungen, pflegerische Leistungen sowie Sachleistungen differenziert wer- den. Der ‚Basispflegesatz' für Unter- bringung und Verpflegung kann ggf. im Rahmen landesweiter Empfehlungen als Pauschale zwischen den Verhand- lungspartnern vereinbart werden. Un- ter Berücksichtigung der krankenhaus- individuellen Versorgungsstruktur kann für die ärztlichen Leistungen ent- weder ein ‚Teilpflegesatz' oder — soweit von der Leistungsabgrenzung her mög- lich — ein Sonderentgelt für die ärzt- lich-medizinische Behandlung insge- samt vereinbart werden.

— Ausweitung der derzeitigen Sonder- entgelte auf einen wegen des medizini- schen Fortschritts offenzuhaltenden, aber umfangreicheren Leistungskata- log. Dies ist — über den in § 6 Bundes- pflegesatzverordnung derzeit auf 16 Positionen beschränkten Umfang hin- ausgehend — für einen wesentlich grö- ßeren Teil ärztlich-medizinischer Lei- stungen, insbesondere im operativen Bereich, auf der Grundlage kranken- hausindividueller Kalkulationen mög- lich.

Der mit der Leistungsvergütung durch Sonderentgelte verbundenen Gefahr einer Ausweitung oder auch ei- ner Einschränkung der Zahl der er- brachten Leistungen muß durch ver- stärkte, in der Krankenhauspraxis -un- ter maßgeblicher Beteiligung der Arz- teschaft vielfach auch schon derzeit zur Anwendung gelangende Qualitätssi- cherungsprogramme entgegengewirkt werden. Ebenso der von Sonderentgel- ten ausgehende Anreiz zur Leistungs- spezialisierung und damit eine ggf. ein- hergehende Konzentration von Lei- stungsangeboten muß trotz zu erwar- tender Vorteile hinsichtlich der Quali- tät und Wirtschaftlichkeit der Lei- stungserbringung über die Kranken- hausplanung soweit eingegrenzt wer- den, daß sich damit keine Nachteile be- züglich der ,räumlichen Erreichbarkeit' von Krankenhausleistungen bzw. einer bürgernahen Versorgung verbinden.

Die Weiterentwicklung der Lei- stungsvergütung durch Sonderentgelte nur als Zwischenschritt zu einem aus- schließlich fallpauschalierten Entgelt- verfahren wird aus Gründen einer Vielzahl hiervon ausgehender Negativ- Wirkungen abgelehnt; in Einzelfällen zwischen den Vertragspartnern getrof- fene Vereinbarungen über Fallpau- schalen als Kann-Regelung stehen dem nicht entgegen." ❑

(5)

Ausbau der Kapazität inten- sivmedizinischer Abteilungen in den Krankenhäusern drin- gend erforderlich

„Der 95. Deutsche Ärztetag appel- liert nachdrücklich an die für die Kran- kenhausplanung verantwortlichen Bundesländer, die Kapazität aller Ar- ten von intensivmedizinischen Abtei- lungen und der Unfallstationen der Krankenhäuser gezielt zur Verbesse- rung der Versorgung von Notfallpa- tienten auszubauen.

Zunehmend geraten in den letzten Monaten die hervorragenden Erfolge und der gute Ruf des bundesdeutschen Rettungswesens infolge völlig unzurei- chender Kapazitäten der intensivmedi- zinischen Abteilungen in den bundes- deutschen Krankenhäusern in den Mit- telpunkt öffentlicher Kritik Immer häufiger stehen Notärzte nach der er- folgreichen Erstversorgung von Unfall- opfern bei ihren Einsätzen vor dem Problem, eine aufnahmebereite und für die Weiterversorgung des Patienten geeignete Klinik zu finden. Der Hinter- grund dieses ‚Notstandes': Kranken- häuser müssen sich ebenso immer häu- figer mit ihren Erstversorgungsmög- lichkeiten und Intensivbetten bei den Rettungsleitstellen ‚abmelden', weil ih- re Kapazität bereits ausgeschöpft ist oder sie einen Teil ihrer Kapazitäten infolge eklatanten Personalmangels nicht nutzen können. Was aber nutzt das als eines der effektivsten auf der Welt geltende Rettungswesen in der Bundesrepublik Deutschland, wenn es an der Klinikpforte wegen dort völlig unzureichender Kapazitäten endet?

Dieser ‚Aufnahmenotstand' liegt vor allem darin begründet, daß der Ausbau der Intensivmedizin in der Bundesrepublik mit der verbesserten Struktur und Funktion der Rettungs- dienste sowie den enormen Fortschrit- ten insbesondere der Unfall- und Al- terschirurgie nicht Schritt gehalten hat.

Während der Anteil der insgesamt ca.

3900 Intensivbetten an allen Akut- Krankenhausbetten nur 0,9 Prozent ausmacht, werden demgegenüber je- doch 3 Prozent aller Krankenhausfälle in Intensivabteilungen behandelt.

Schon diese Relation allein verdeut- licht, daß mit den in den siebziger Jah- ren geplanten Bettenkapazitäten die Intensivmedizin der neunziger Jahre mit ihren qualitativ erheblich erweiter- ten Möglichkeiten nicht sichergestellt werden kann.

Verschärft wird dieses Dilemma zu- sätzlich noch dadurch, daß selbst die Kapazitäten der vorhandenen Intensiv-

einrichtungen vielfach aufgrund eines durch unzureichende Stellenpläne und durch oft unerträgliche Arbeitsbela- stungen bedingten Personalmangels nicht in möglichem Maße genutzt wer- den können. Hier hat eine jahrelang betriebene Kostendämpfungspolitik ei- ne nicht mehr zu verantwortende Schwachstelle in der ,Rettungskette' bewirkt, welche die Weiterversorgung erfolgreich erstversorgter Notfallpa- tienten in erheblichem Maße gefähr- det. Der von den politisch Verantwort- lichen immer gegebene Hinweis auf die grundsätzlich bestehende Aufnahme- pflicht eines jeden Krankenhauses nach den Landeskrankenhausgesetzen ist für die verantwortlichen Arzte in den Notaufnahmen und Intensivabtei- lungen nicht weiter hinnehmbar, wenn ihnen zugleich von denselben Politi- kern die notwendigen Mittel für eine ausreichende Versorgung von Notfall- patienten vorenthalten werden.

Dringend erforderlich ist daher ein der Entwicklung der Medizin entspre- chender Ausbau der Kapazität inten- sivmedizinischer Abteilungen der Krankenhäuser sowie die Schaffung ausreichender personeller Vorausset- zungen in den ärztlichen und pflegeri- schen Diensten."

Rechtsverordnung für lei- stungsbezogene Personalbe- setzung im ärztlichen Dienst der Krankenhäuser überfällig

„Der 95. Deutsche Ärztetag fordert das Bundesministerium für Gesundheit nachdrücklich auf, die erforderlichen Vorbereitungen zum Erlaß einer Rechtsverordnung zur Personalbeset- zung im ärztlichen Dienst der Kran- kenhäuser (§ 19 KHG) unverzüglich aufzunehmen. Hierzu ist die Bundesre- gierung nunmehr seit über einem Jahr gesetzlich verpflichtet. Seit März 1991 ist es bei bloßen Ankündigungen des Ministeriums, hierüber ,in Kürze' erste Gespräche mit allen Beteiligten zu füh- ren, geblieben. Eine weitere Verzöge- rung entsprechender Vorbereitungen für eine Personalverordnung für den ärztlichen Dienst der Krankenhäuser nach den langjährigen vergeblichen Be- mühungen, auf Selbstverwaltungsebe- ne ein Personalbedarfsermittlungskon- zept für den ärztlichen Dienst der Krankenhäuser einvernehmlich festzu- legen, ist sowohl vor dem Hintergrund der Qualität der Patientenversorgung als auch aus Sicht der betroffenen Krankenhausärzte nicht mehr hin- nehmbar. Dies gilt ebenso für die wei-

tere Verzögerungstaktik bei der Vorla- ge eines Verordnungsentwurfes für die Personalbemessung im Pflegedienst der Krankenhäuser, für die die ent- sprechenden Vorarbeiten erst kürzlich abgeschlossen werden konnten.

Die Stellenpläne im ärztlichen Dienst der Krankenhäuser beruhen überwiegend noch auf den vor fast ei- nem Vierteljahrhundert aufgestellten Anhaltszahlen der Deutschen Kran- kenhausgesellschaft und können damit der Vielzahl neuer arbeitszeitaufwendi- ger Methoden in Diagnostik und Thera- pie in keiner Weise mehr gerecht wer- den. Im Vergleich zur Medizin von 1969 beinhaltet die Medizin von 1992 ein er- heblich erweitertes und verbessertes Leistungsspektrum, welches notwendi- gerweise eine darauf auszurichtende personelle Besetzung des ärztlichen Dienstes als Grundlage haben muß.

Ein sachgerechtes Verfahren für die Ermittlung des Personalbedarfs muß sich von bisher angewandten Anhalts- zahlen-Kriterien wie Bettenzahl und Verweildauer lösen und sich statt des- sen an dem Kriterium konkret erbrach- ter ärztlicher Leistungen orientieren.

Diese Voraussetzungen erfüllt grund- sätzlich das von der Deutschen Kran- kenhausgesellschaft bereits 1990 vorge- legte und von früheren Ärztetagen ein- hellig begrüßte ,Konzept für ein analy- tisches Verfahren zur Ermittlung des Personalbedarfs im ärztlichen Dienst der Krankenhäuser'. Dieses Konzept berücksichtigt nicht nur die durch den medizinischen Fortschritt und durch die demographische Entwicklung be- dingte Zunahme von arbeitsintensiven ärztlichen Leistungen in Diagnostik und Therapie, sondern trägt auch den seither eingetretenen vielfältigen Än- derungen tariflicher und arbeitsver- traglicher Regelungen Rechnung. Daß die hierin enthaltenen Zeitansätze für allgemeine und spezielle ärztliche Lei- stungen überwiegend noch einer deut- lichen Anhebung bedürfen, steht der Verwendung des Konzeptes als tragfä- hige Grundlage auch für die erforderli- che Rechtsverordnung nicht entgegen.

Der 95. Deutsche Ärztetag appel- liert daher mit allem Nachdruck an Bundesminister Seehofer, die längst überfälligen Vorbereitungen für eine Rechtsverordnung für die Personalbe- setzung im ärztlichen Dienst nach § 19 KHG gemäß der von seiner Amtsvor- gängerin nicht nur der Ärzteschaft, sondern auch dem Parlament gegebe- nen Zusicherung unverzüglich aufzu- nehmen. Weitere Zeitverzögerungen müssen auf Unverständnis, wenn nicht gar Protest innerhalb der Ärzteschaft

stoßen."

11 -2790 (62) Dt. Ärztebl. 89, Heft 34/35, 24. August 1992

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Weiterentwicklung der GOÄ

„Der Deutsche Ärztetag fordert den Bundesminister für Gesundheit nachdrücklich auf, auf eine umgehende Verabschiedung der Novelle hinzuwir- ken, und zwar unter Berücksichtigung folgender Ziele:

—Anpassung des 14 Jahre alten Leistungsverzeichnisses an den Stand der medizinischen Wissenschaft;

—die gesundheitspolitisch wün- schenswerte und dringend erforderli- che Höherbewertung der ärztlichen Grundleistungen;

—Beseitigung der durch die Über- nahme der kassenärztlichen Gebüh- renregelungen entstandenen Unterbe- wertung krankenhausspezifischer, ins- besondere operativer Leistungen;

—Anhebung des Punktwertes um 15% zur Anpassung an die Kostenent- wicklung, da die letzte GOÄ-Novelle mit einer Gebührenanpassung von durchschnittlich plus 3% bereits 4 Jah- re zurückliegt und die Vorlage der No- velle weitere Zeit beansprucht.

Kein anderer Bereich freiberufli- cher Tätigkeit wird so benachteiligt wie die Ärzteschaft. Eine weitere Verzöge- rung der Anpassung der Amtlichen Gebührenordnung an den wissen- schaftlichen Fortschritt und die wirt- schaftliche Entwicklung ist unzumut-

bar." ❑

Anpassung der Vergütungs- höhe nach GOÄ in den neuen Bundesländern

„Der 95. Deutsche Ärztetag fordert den Bundesminister für Gesundheit auf, die Vergütungshöhe ärztlicher Leistungen nach der GOA in den fünf neuen Bundesländern den Vergütun- gen in den alten Bundesländern anzu- passen."

Begründung:

Die wachsenden Praxiskosten des Arztes erfordern dringend eine solche Anhebung; insbesondere die Miet-, Personal-, Investitions- und Energieko- sten haben sich in ihrer Höhe zwi- schenzeitlich nahezu den entsprechen- den Kosten in den alten Bundeslän- dern angeglichen. Diese Entwicklung hat die Vertragspartner der kassen- und vertragsärztlichen ambulanten Versorgung veranlaßt, den Punktwert vom 1. Juli dieses Jahres an auf 7,9 Pfennige anzuheben; dies entspricht ca. 80 Prozent des durchschnittlichen Punktwertes für die kassen-/vertrag- särztliche Versorgung in den alten Bundesländern. Die Gesamtbelastung

im kassen-/vertragsärztlichen Bereich liegt dennoch unterhalb des Ausgaben- niveaus für die ambulante Versorgung in den alten Bundesländern. Insoweit dürfte eine Anhebung für den Bereich der Privatliquidation ebenfalls nicht zu überproportionalen Belastungen der privaten Krankenversicherung füh-

ren. ❑

Anhebung der Gehälter der Beschäftigten im öffentlichen Dienst der neuen Bundeslän- der dringend erforderlich

„Der 95. Deutsche Ärztetag fordert die Arbeitgeber von Bund, Ländern und Gemeinden mit Nachdruck auf, schnellstmöglich eine Angleichung der Gehälter an das West-Niveau zu ver- einbaren. Mit Wirkung zum 01. 05. 1992 müssen daher die Gehälter der Beschäftigten im öffentlichen Dienst der neuen Bundesländer deut- lich angehoben werden. Dabei ist die Laufzeit der Vergütungsverträge kurz, d. h. bis Ende 1992 zu befristen. Not- wendig ist es ferner, den Weg und den Zeitpunkt für die volle Angleichung zu tarifieren.

Darüber hinaus fordert der Deut- sche Ärztetag die Arbeitgeber von Bund, Ländern und Gemeinden auf, unverzüglich ebenso Tarifverhandlun- gen über Regelungen zur Arbeitsplatz- sicherung, zur Fortbildung und Um- schulung sowie über Vorschriften zu ei- nem besonderen Kündigungsschutz und zur Vergütungssicherung aufzu- nehmen. Ferner muß die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversor- gung des öffentlichen Dienstes mit so- fortiger Wirkung auf den Bereich des BAT-Ost übertragen werden." ❑

Mißhandlung von Kindern

„Der 95. Deutsche Ärztetag nimmt die Vorschläge der Arbeitsgruppe zum Thema ,Mißhandlung Minderjähriger (Diagnostik und Interventionsmöglich- keiten)` zustimmend zur Kenntnis und fordert die Verantwortlichen in Ärzte- schaft, Bund und Ländern auf, sich für die unter Nummer 11 des beigefügten Konzepts genannten wünschenswerten Verbesserungen bei Problemen mit der Mißhandlung von Kindern einzuset- zen:

1. Die niedergelassenen Ärzte wer- den aufgefordert, die vorhandenen In- strumente der kassenärztlichen Ver- sorgung für pädiatrische Früherken- nungsuntersuchungen besser zur Früh-

erkennung und Betreuung mißhandel- ter Kinder zu nutzen.

2. Die klinisch tätigen Ärzte wer- den aufgefordert, sich dem Problem der Früherkennung mißhandelter Kin- der verstärkt zu widmen.

3. Die Landesärztekammern wer- den aufgefordert, Ärztekommissionen zur Koordination der multiprofessio- nellen Betreuung mißhandelter Kinder einzurichten.

4. Die Landesärztekammern wer- den aufgefordert, die Probleme der Kindesmißhandlung verstärkt in die Weiter- und Fortbildung der Ärzte ein- zubeziehen.

5. Die Landesregierungen in den neuen Bundesländern werden aufge- fordert, multiprofessionelle Strukturen zur Eindämmung der Mißhandlung von Kindern kurzfristig zu entwickeln.

6. Die Bundesregierung wird aufge- fordert, die studentische Ausbildung durch qualifizierte Lehrangebote und die Einbeziehung der Thematik in die Prüfungskataloge zu verbessern." ❑ (Exemplare des Berichts können bei der Bundesärztekammer angefordert werden.)

Ausübung des ärztlichen Be- rufs in rechtlichen Kooperati- onsformen

I. Ausgangslage

1. Auf nationaler und europäischer Ebene ist die Diskussion um neue Rechtsformen der ärztlichen Koopera- tion in der ambulanten Versorgung in- tensiviert worden.

Die Bundesregierung bereitet die Vorlage eines Gesetzentwurfes vor, durch den für sogenannte wirtschafts- nahe freie Berufe (z. B. Architekten, Ingenieure, Rechtsanwälte) eine neue gesellschaftsrechtliche Rechtsform (Partnerschaft) geschaffen werden soll, welche auch für die ärztliche Berufs- ausübung in Betracht kommen könnte.

Auch auf EG-Ebene werden Schrit- te unternommen, um eine besondere Rechtsform für die Berufsausübung der Angehörigen freier Berufe zu schaffen.

2. Gleichzeitig ist nicht auszuschlie- ßen, daß durch die Rechtsprechung die bisher als unzulässig eingeschätzte rechtliche Möglichkeit bestätigt wird, schon im Rahmen des geltenden Rechts auch für die ärztliche Berufs- ausübung als solche die Rechtsform von Kapitalgesellschaften (insbesonde- re GmbH) wählen zu können. So hat kürzlich das Oberlandesgericht Dussel-

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dorf entschieden, daß das geltende Recht nicht entgegensteht, wenn eine GmbH die zahnärztliche Heilkunde durch approbierte Zahnärzte im gesell- schaftsrechtlichen Zusammenschluß ausübt.

II. Keine ‚Kommerzialisierung' der ärztlichen Berufsausübung 1. Der Deutsche Ärztetag geht da- von aus, daß durch freiberuflich tätige Ärzte für ihre Kooperation auf der Ebe- ne der Praxisorganisation, der materiel- len Investition sowie der personellen Hilfeleistungen alle geeigneten gesell- schaftsrechtlichen Rechtsformen ge- nutzt werden können, wie z. B. auch die GmbH.

2. Demgegenüber ist für die ärztli- che Berufsausübung selbst an der Not- wendigkeit festzuhalten, daß Gesell- schaften nicht selbst Träger des Berufs- rechts (Ausübung des ärztlichen Beru- fes) werden können.

3. Auch soweit es die Nutzung von Gesellschaftsformen als ‚Mantel' für die Ausübung der ärztlichen Heilkun- de durch approbierte Ärzte angeht (z. B. GmbH als Unternehmen, das durch approbierte Ärzte die Heilkunde ausübt), so lassen die Besonderheiten der ärztlichen Berufsausübung dies nur unter bestimmten und engen Voraus- setzungen zu.

4. Anerkannt ist die rechtliche Zu- lässigkeit solcher Rechtsformen tradi- tionell für die Trägerschaft von Kran- kenhäusern, wo die teilweise auch ge- setzlich geregelte innere Struktur der Krankenhausorganisation hinreichen- de Sicherheit für die unabhängige und berufsordnungskonforme ärztliche Be- rufsausübung bietet.

5. Rechtlich überwiegend abge- lehnt wird die Nutzbarkeit von beste- henden handelsrechtlichen Gesell- schaftsformen für die Ausübung der ärztlichen Heilkunde durch angestellte approbierte Ärzte (z. B. GmbH) im Rahmen der ambulanten Versorgung.

6. Der Deutsche Ärztetag nimmt dazu folgende Haltung ein:

a) Ärztliche Tätigkeit im Rahmen von gewerblichen Unternehmern, deren Unternehmensgegenstand auf die Her- stellung von Gütern oder auf Dienstlei- stungen gerichtet ist, muß untersagt bleiben. Der Deutsche Ärztetag for- dert daher den Vorstand der Bundes- ärztekammer auf zu prüfen, ob das gel- tende Recht ausreichende Sicherheit vor solchen Formen kommerzieller Einvernahme des Arztes in Gewerbe- betriebe bietet, andernfalls auf geeig- nete bundesrechtliche Verbotsnormen im Rahmen der Bundesärzteordnung

oder der Gewerbeordnung hinzuwir- ken.

b) Auch ärztliche Tätigkeit im Rah- men von Kapitalgesellschaften, deren Gegenstand auf das Angebot ärztlicher Dienstleistungen durch approbierte Ärzte gerichtet ist, sollte wegen der Gefahr der Kommerzialisierung der ärztlichen Tätigkeit grundsätzlich ein- geschränkt werden.

Der Deutsche Ärztetag hält solche Ausübungsformen nur für statthaft, wenn sie von ergänzenden rechtlichen Regelungen begleitet würden, welche die folgenden Prinzipien freier ärztli- cher Berufsausübung sicherstellen müssen:

—Unabhängigkeit der ärztlichen Berufsausübung in medizinischer und berufsethischer Hinsicht,

—Ausschluß einer Benachteiligung der niedergelassenen Praxis in der Ausübungsform des allein tätigen Arz- tes oder der Gemeinschaftspraxis,

—Ausschluß der Weisungsabhän- gigkeit des Arztes von nichtärztlichen Gesellschaftsorganen,

—Monoprofessionalität, d. h. Ver- bot des Zusammenschlusses mit ande- ren selbständigen Berufen; die berufs- rechtlichen Regeln über die Zusam- menarbeit der Ärzte mit anderen Beru- fen bleiben unberührt,

—Verbot der Mitwirkung an Maß- nahmen der Gesellschaft, welche eine Umgehung von Vorschriften der Be- rufsordnung darstellen,

—Bindung solcher Gesellschaften an die für die Berufsausübung der Ärz- te geltenden Verhaltensregeln (z. B.

Werbeverbot u. ä.). Der Vorstand der Bundesärztekammer wird aufgefor- dert, geeignete rechtliche Rahmenbe- dingungen zur Berufsausübung von Arzten in Gesellschaften zu prüfen und Vorschläge hierzu im Rahmen einer Überarbeitung der Musterberufsord- nung vorzulegen, welche sicherstellen, daß die vorerwähnten Grundsätze auch im Rahmen des Berufsrechts gewahrt werden.

7. Gegenüber solchen Gesell- schaftsformen sind für die Ebene der Be- rufsausübung Kooperationsformen per- sonalistischer Struktur dem Charakter der ärztlichen Berufsausübung ange- messener. Dies gilt insbesondere für die heute allgemein für die gemeinschaftli- che Berufsausübung gewählte Rechts- form der BGB-Gesellschaft. Ergänzend zu dieser Rechtsform wird von Angehö- rigen der Freien Berufe die Schaffung der gesellschaftsrechtlichen Regelung einer „Partnerschaft" gefordert.

Mit der Frage der Notwendigkeit, die Rechtsform der „Partnerschaft"

auch für die Tätigkeit von Ärzten zur

Verfügung zu stellen, hat sich der 94.

Deutsche Ärztetag 1991 mit unter- schiedlicher Haltung befaßt.

Der 95. Deutsche Ärztetag 1992 lehnt eine solche rechtliche Gestaltung der Ausübung freiberuflich tätiger Ärz- te nicht grundsätzlich ab; sieht aber für ihre Einführung das Problem einer un- terschiedlichen Haftungsregelung für freiberuflich tätige Ärzte, welche sich in einer Partnerschaft zusammen- schließen, und für Ärzte, welche in ei- ner Einzelpraxis oder einer als BGB- Gesellschaft organisierten Gemein- schaftspraxis tätig sind. Anders als in anderen Bereichen freiberuflicher Tä- tigkeit besteht für die Sicherstellung der ambulanten Versorgung der Auf- trag, bedarfsgerechte ärztliche Versor- gung auch in Gebieten zu gewährlei- sten, in welchen die Niederlassung von Ärzten im Rahmen einer Partnerschaft nicht in Betracht kommt. Darüber hin- aus darf die mögliche Verleihung einer eigenen Rechtspersönlichkeit an die Partnerschaft nicht dazu führen, daß sie im Vergleich zur Berufsausübung in Einzelpraxis oder in Gemeinschafts- praxis eine Besserstellung gegenüber berufsrechtlichen Beschränkungen der ärztlichen Tätigkeit erfährt.

Der 95. Deutsche Ärztetag 1992 hält daher die Rechtsform einer sol- chen Gesellschaft nur dann für geeig- net als Kooperationsform für die frei- berufliche Tätigkeit von niedergelasse- nen Ärzten zur ambulanten Versor- gung, wenn nicht nur eine berufsaus- übungsrechtliche, sondern auch eine haftungsrechtliche Gleichbehandlung mit einzelberuflich tätigen Ärzten oder Arzten in einer Gemeinschaftspraxis (BGB-Gesellschaft) gewährleistet ist.

III. Keine „Europäischen Partnerschaften" ohne

Sicherung der Grundprinzipien ärztlicher Berufsausübung 1. Der Deutsche Ärztetag nimmt Kenntnis von Bestrebungen der Kom- mission der Europäischen Gemein- schaft, im Wege einer Richtlinie oder einer EG-Verordnung die gemein- schaftsrechtlichen Voraussetzungen für grenzüberschreitende Partner- schaften für Angehörige der Freien Be- rufe zu schaffen. Auch der Deutsche Ärztetag bekräftigt — wie schon der Ständige Ausschuß der Ärzte der Eu- ropäischen Gemeinschaften —, daß er keine Notwendigkeit sieht für die Schaffung einer solchen transnationa- len Gesellschaft für die ärztliche Be- rufsausübung.

2. Wenn jedoch eine solche Gesell- schaftsform auf europäischer Ebene

A1-2792 (64) Dt. Ärztebl. 89, Heft 34/35, 24. August 1992

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durch gemeinschaftsrechtliche Rege- lungen geschaffen werden soll, die in den Mitgliedsstaaten der EG transfor- miert werden müssen, so sollten Ärzte davon nicht ausgeschlossen sein. Aller- dings darf sie für die ärztliche Berufs- ausübung nur unter folgenden Voraus- setzungen zur Verfügung gestellt wer- den, deren Gewährleistung in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Ge- meinschaft durch ergänzende Rahmen- regelungen in den nationalen Rechten oder durch eine entsprechende ge- meinschaftsrechtliche Regelung sicher- gestellt wird:

—Berufliche Unabhängigkeit der Ärzte in der Gesellschaft,

—nur beruflich aktive Ärzte können Mitglieder einer solchen europäischen Partnerschaft sein,

—nur Ärzte dürfen sich in einer sol- chen Partnerschaft zusammenschlie- ßen (Monoprofessionalität); die Ge- sellschaftsanteile sind — mit Ausnahme der Ärzte, die Mitglieder der Partner- schaft werden — nicht veräußerlich und können nicht an andere außenstehende Beteiligte übertragen werden; für den Fall des Ausscheidens oder Todes sind Wertabgeltungen vorzusehen,

—es ist sicherzustellen, daß bei transnationaler Tätigkeit das Recht, insbesondere das Berufsrecht, am Ort der Berufsausübung gilt,

—eine Berufsaufsicht der Ärzte- kammer muß sichergestellt sein,

—die Ärzte müssen Inhaber der nach dem EG-Recht für eine europa- weite Tätigkeit notwendigen Diplome sein,

—eine haftungsrechtliche Begren- zung für die Tätigkeit der Ärzte sollte im Hinblick auf eine Gleichbehandlung mit einzelberuflich oder in Gemein- schaftspraxis zusammengeschlossenen Arzten nicht erfolgen." 111

Anerkennung von Drogen- krankheit als Krankheit im Sinne der Definition der WHO

„Der 95. Deutsche Ärztetag fordert die rechtliche Anerkennung von Sucht- krankheit als Krankheit im Sinne der Definition der WHO."

Begründung:

Die Anerkennung der Folgeschä- den von Alkohol- und Tabakabhängig- keit als Krankheit ist allgemein akzep- tiert.

Die Anerkennung von Suchtkrank- heit als Krankheit im Sinne der Defini- tion der WHO ist die Voraussetzung

dafür, daß den Drogenkranken ange- messene medizinische und soziale Be- treuung zukommen kann. ❑

Die Bedeutung der Ernäh- rungsmedizin in der ärztli- chen Aus-, Weiter- und Fort- bildung

„Der 95. Deutsche Ärztetag nimmt den Bericht des Vorstandes der Bun- desärztekammer zum Stellenwert der Ernährungsmedizin in der ärztlichen Aus-, Weiter- und Fortbildung zustim- mend zur Kenntnis. (Ein Exemplar des Berichtes kann bei der Bundesärzte- kammer angefordert werden).

Dem Arzt fällt in Folge seiner um- fassenden Kenntnis über die Lebenssi- tuation und den Gesundheitszustand seines Patienten eine besondere Rolle bei der Vermeidung ernährungsabhän- giger Erkrankungen zu. Ernährungsbe- ratung und Ernährungs- beziehungs- weise Diättherapie sind dabei wesentli- che Bestandteile der ärztlichen Betreu- ungsmaßnahmen. Es ist aber offen- sichtlich, daß die ernährungsmedizini- sche Qualifikation der Ärzteschaft und die Versorgung der Bevölkerung auf dem Gebiet der ernährungsabhängigen Erkrankungen und der krankheitsbe- dingten Ernährungsstörungen unbe- friedigend sind.

1. Die Bundesregierung wird des- halb aufgefordert, ernährungsmedizini- sche Lehrinhalte in die Pflichtausbil- dung und Prüfungskataloge der Medi- zinstudenten zu integrieren.

2. Die Verantwortlichen in Politik, Industrie und Handel werden aufgefor- dert, Maßnahmen zu ergreifen, welche geeignet sind, das Ernährungsverhal- ten der Bevölkerung positiv zu beein- flussen.

3. Den Medizinischen Fakultäten wird empfohlen, Lehrbeauftragte für Ernährungsmedizin zu benennen, wel- che die Beteiligung aller notwendigen vorklinischen und klinischen Diszipli- nen an der ernährungsmedizinischen Studentenausbildung koordinieren.

4. Die für die ambulante Versor- gung verantwortlichen Vertragspartner werden aufgefordert, die organisatori- schen Voraussetzungen zu schaffen, um den ärztlichen ernährungsmedizini- schen Sachverstand in der ambulanten Versorgung so effizient wie möglich zu nutzen und auch nichtärztlichen Sach- verstand unter ärztlicher Aufsicht ein- zubeziehen.

5. Den Landesärztekammern wird vorgeschlagen, zunächst eine Fachkun- de „Ernährungsmedizin" einzuführen,

da die Anwendung ernährungsmedizi- nischer Untersuchungs- und Behand- lungsmethoden den Erwerb und Nach- weis eingehender Kenntnisse, Erfah- rungen und Fertigkeiten, sowie beson- dere Anforderungen der Qualitätssi- cherung voraussetzt."

Humanitäre Hilfen bei Kata- strophen

„Die weltweit zunehmende Häufig- keit von Katastrophen und die zu er- wartende Notwendigkeit humanitärer Hilfseinsätze aufgrund politischer Um- wälzungen sowie die großen Schwierig- keiten der Hilfsorganisationen, für den jeweiligen Einsatzzweck geeignete Ärz- tinnen und Ärzte in ausreichender Zahl für diese Einsätze zu gewinnen, erfordern ein noch größeres Engage- ment auch der deutschen Ärzteschaft.

Der 95. Deutsche Ärztetag bittet daher Ärztinnen und Ärzte, sich für Aufgaben derartiger humanitärer Hilfseinsätze vermehrt zur Verfügung zu stellen.

Damit Ärztinnen und Ärzte diese Aufgaben wahrnehmen können, ohne persönliche Nachteile hinnehmen zu müssen, werden die Tarifpartner auf- gefordert, in die Tarifverträge entspre- chende Regelungen aufzunehmen.

Die in der humanitären Hilfe täti- gen Organisationen werden aufgefor- dert, stärker als bisher ärztlichen Sach- verstand in Planung und Durchfüh- rung humanitärer Einsätze einzubezie-

hen." ❑

Ländereinheitliche Trans- plantationsgesetzgebung er- forderlich

„Angesichts der sich ständig verbes- sernden Ergebnisse der Organtrans- plantationen und des immer größer werdenden Bedarfs an Spenderorga- nen fordert der 95. Deutsche Ärztetag die gesundheitspolitisch Verantwortli- chen in Bund und Ländern, die medizi- nischen Einrichtungen und die Kosten- träger in der Bundesrepublik Deutsch- land auf, die organisatorischen, perso- nellen und finanziellen Voraussetzun- gen zur Organverpflanzung weiter zu verbessern. Die Organtransplantation ist oftmals das einzige, über jeden Zweifel erhabene Verfahren zur wirk- samen Behandlung lebensbedrohlicher Erkrankungen.

Die Bevölkerung sollte durch ver- mehrte sachgerechte Information über die Erfolge, die Bedeutung und die

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Notwendigkeit von Organtransplanta- tionen durch die Ärzteschaft und die Medien aufgeklärt werden, die hierbei eine große Verantwortung haben, von der indirekt Leben Leben und Gesund- heit erkrankter Bürger abhängt.

Von besonderer Bedeutung ist eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen kleineren und mittleren Krankenhäusern und den Transplanta- tionszentren, um die Zahl der Organ- spenden zu erhöhen. Dazu gehört eine entsprechende Personalausstattung, um die Bereitschaft zur Beteiligung an Organexplantationen und -transplanta- tionen zu erhöhen.

Zu den geplanten gesetzlichen Re- gelungen weist der 95. Deutsche Ärzte- tag darauf hin, daß nicht unterschiedli- che Vorschriften in den einzelnen Bun- desländern Vertrauen und Rechtssi- cherheit in Frage stellen dürfen, son- dern auch bundesweit einheitliche ge- setzliche Bestimmungen gestärkt wer- den müssen. In einem Transplanta- tionsgesetz müssen deshalb sowohl das Persönlichkeitsrecht des einzelnen In- dividuums als auch die Behandlungs- möglichkeit der auf eine Organtrans- plantation angewiesenen Patienten be- rücksichtigt werden. Jegliche Kommer- zialisierung der Organtransplantation wird strikt abgelehnt. Nach oft sensa- tionell aufgemachten Berichten immer wieder aufkommende Unklarheiten und mögliche Verunsicherungen in der Öffentlichkeit müssen vermieden wer- den.

Ein Transplantationsgesetz sollte u. a. die Organentnahme dann für zu- lässig erklären, wenn die Einwilligung des Verstorbenen zu Lebzeiten erfolgt ist oder — bei fehlender Einwilligung des Verstorbenen — die nächsten Ange- hörigen über die Absicht der Orga- nentnahme vom Arzt informiert wur- den und nach angemessener Bedenk- zeit nicht widersprochen haben. Mit ei- ner solchen gesetzlich geregelten Infor- mationslösung läßt sich dies ohne wei- teres in die Praxis umsetzen und wird sowohl der Not und der Hoffnung der auf ein Organ wartenden Patienten, dem Selbstbestimmungsrecht des Indi- viduums für seinen Körper auch nach seinem Tod und dem Respekt vor sei- nen Angehörigen gerecht." ❑

Entwurf eines Gesetzes über technische Assistenten in der Medizin (MTA-Gesetz — MTAG)

„Der 95. Deutsche Ärztetag 1992 lehnt den in das Gesetzgebungsverfah- ren eingebrachten Vorschlag der Bun-

desregierung für einen ,Entwurf eines Gesetzes über technische Assistenten in der Medizin (MTA-Gesetz — MTAG)` (Bundesrats-Drucksache 261/92) ab, wonach künftig medizi- nisch-technischen Assistenten eine selbständige Berufsausübung in freier Niederlassung gestattet werden soll."

Begründung:

Das geltende MTA-Gesetz legt fest, daß „Tätigkeiten, die der Erkennung einer Krankheit dienen. . . nicht in selbständiger Berufstätigkeit und nur im Auftrage eines Arztes . . . ausgeübt werden" dürfen. Der nunmehr be- schlossene Regierungsentwurf sieht folgende Fassung vor:

„Tätigkeiten, deren Ergebnisse der Erkennung einer Krankheit und der Beurteilung eines Verlaufes dienen, dürfen . . . nur auf ärztliche . . . Anfor- derung . . . ausgeübt werden." (§ 9, Abs. 3, MTAG)

Die Begründung des Entwurfes führt dazu folgendes aus:

der rein deklaratorische Absatz 3 unterstreicht im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der vorbehaltenen Tätigkeiten die Bedeutung der Berufe der technischen Assistenten in der Me- dizin als Helfer des Arztes. Jedoch wurde das frühere Verbot der ,selb- ständigen Berufstätigkeit' als nicht mehr zeitgemäß gestrichen. Das Ver- bot widerspricht den Zielen des vollen- deten EG-Binnenmarktes, weil es ein Handelshemmnis darstellt. Den übri- gen Berufszulassungsgesetzen sowie den nationalen Berufszulassungsgeset- zen der Mitgliedstaaten ist ein solches Berufsverbot fremd. Außerdem stellt sich in diesem Zusammenhang die Fra- ge, ob ein solches Verbot mit den ver- fassungsrechtlich garantierten Grund- sätzen der Gleichbehandlung und Be- rufsfreiheit vereinbar ist."

Die zur Begründung herangezoge- nen Argumentationen sind aus folgen- den Gründen nicht stichhaltig bzw. un- zutreffend:

— Der medizinisch-technische Assi- stent ist ein Assistenzberuf, der in den unmittelbaren ärztlichen Verantwor- tungszusammenhang einbezogen ist.

Auch medizinisch-technische Leistun- gen sind grundsätzlich Gegenstand der Ausübung der Heilkunde und daher Gegenstand ärztlicher Berufsaus- übung. Aus diesem Grunde kann der medizinisch-technische Assistent Tä- tigkeiten für Zwecke der Ausübung der Heilkunde nur im Auftrag des Arztes und auch niemals in selbständiger Be- rufstätigkeit ausüben. Eine Trennung zwischen rein ärztlichem Anteil und

rein technischem Anteil, welcher von zwei verschiedenen Berufsgruppen je unterschiedlich in selbständiger Be- rufsausübung ausgeübt werden könnte, ist nicht denkbar.

—Im Rahmen des Behandlungsver- trages kann der Arzt Maßnahmen oder Teile von Maßnahmen teilweise oder im vollem Umfange auf einen qualifi- zierten Mitarbeiter übertragen. Für die sachgerechte Ausführung haftet der Arzt auch bei einer zulässigen Delega- tion auf einen medizinisch-technischen Mitarbeiter, so daß dieser in seiner Helferrolle unter die Aufsicht und Verantwortung des Arztes fällt. Dem widerspricht die Möglichkeit der Er- bringung entsprechender Leistungen in selbständiger Berufsausübung.

—Insbesondere im Bereich der Tä- tigkeit von radiologisch-technischen Assistenten oder medizinisch-techni- schen Funktionsassistenten führt die Eröffnung der Befugnis, entsprechen- de Tätigkeiten in selbständiger Berufs- ausübung auszuüben, zu einer Grenz- verwischung gegenüber der Ausübung der ärztlichen Heilkunde, insbesondere dann, wenn nach dem Selbstverständ- nis dieser Berufsgruppen angeblich rein technische Leistungen gegenüber Patienten erbracht würden, wie bei- spielsweise Meßergebnisse u. ä. Das Untersuchungsergebnis ist der Befund, nicht irgendeine Zahl! Die Befunder- mittlung setzt die Ausbildung zum Arzt voraus. Die Ablieferung von Meßer- gebnissen gegenüber „Kunden", ohne daß sie in eine diagnostische und thera- peutische Maßnahme unter der Ver- antwortung des Arztes eingebettet sind, stellt eine gesundheitspolitisch fragwürdige und nicht sachgerechte Er- weiterung von Tätigkeitsfeldern im Ge- sundheitsbereich mit der Tendenz der Kommerzialisierung sogenannter Ge- sundheitsleistungen dar.

—Auch unter Gesichtspunkten des Europäischen Gemeinschaftsrechts be- steht für die Bundesrepublik Deutsch- land keine Verpflichtung, die selbstän- dige Berufstätigkeit entsprechender Hilfskräfte im Bereich der Ausübung der Heilkunde zu gestatten. Nach einer entsprechenden Entscheidung des Eu- ropäischen Gerichtshofes obliegt es ausschließlich den Mitgliedsstaaten, in welchem Umfang sie welchen Personen die Ausübung der Heilkunde gestatten.

Gleichermaßen ist von dieser Befugnis der Mitgliedsstaaten die Entscheidung darüber umfaßt, ob sie die Assistenz bei der Ausübung der ärztlichen Heil- kunde wegen des zwingenden Verant- wortungszusammenhangs und der Ei- genart der Leistungserbringung nur an- gestellten Hilfskräften gestatten. ❑

Ar2798 (70) Dt. Ärztebl. 89, Heft 34/35, 24. August 1992

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