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Archiv "Endoskopische Verfahren in der Neurochirurgie" (26.01.2007)

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ie Neuroendoskopie ist ein relativ neues Ver- fahren innerhalb der Neurochirurgie, deren Evi- denzgrad noch nicht endgültig beurteilt werden kann.

Umfassende randomisiert-kontrollierte Studien oder Metaanalysen wurden bereits gestartet. Es liegen aber keine abschließenden Ergebnisse vor, die die Vorteile der neuen Operationsmethode mit den etablierten neurochirurgischen Techniken bei den unterschiedli- chen Indikationen vergleichen.

Im vorliegenden Artikel sollen anhand der Literatur zur Thematik, die über Medline gesucht wurde, neu- roendoskopische Verfahren und Indikationen sowie deren Ergebnisse beschrieben und diskutiert werden (Suchbegriffe: neuroendoscopy, hydrocephalus, col- loid cysts, cystic brain lesions, endoscopic pituitary surgery, spinal endoscopy).

Historisches zum Thema Neuroendoskopie

Viktor D. L`Espinasse, ein Urologe aus Chicago, der 1910 eine endoskopische Operation am Ventrikel- system eines Neugeborenen mit Hydrozephalus vor- nahm, wird als Begründer der Neuroendoskopie angesehen. Jedoch war es William J. Mixter, ein Neu- rochirurg, der am 6. Februar 1923 die erste endo- skopische Ventrikulostomie bei einem Kind mit ange- borenem obstruktiven Hydrozephalus erfolgreich durchführte. Damals gab es nur wenig geeignete In- strumente, sodass die endoskopische Hydrozephalus- behandlung selten Anwendung fand.

Das änderte sich in den Jahren zwischen 1985 bis 1990 durch die Neuentwicklung miniaturisierter En- doskope und Instrumente (1). Heute gehören endo-

ÜBERSICHT

Endoskopische Verfahren in der Neurochirurgie

Dieter Hellwig, Wuttipong Tirakotai, Thomas Riegel, Stefan Heinze, Helmut Bertalanffy

ZUSAMMENFASSUNG

Einleitung: Ergebnisse randomisierter kontrollierter Stu- dien, die die Vorteile der Neuroendoskopie gegenüber den etablierten chirurgischen Verfahren bei den unter- schiedlichen Indikationen untersuchen, liegen zurzeit noch nicht vor. Methoden: Ergebnisse einer Literatur- recherche über Medline (Suchbegriffe: neuroendoscopy, hydrocephalus, colloid cysts, cystic brain lesions, endos- copic pituitary surgery, spinal endoscopy). Ergebnisse:

Standardindikationen für die Nutzung der Endoskopie in der Neurochirurgie sind die endoskopische Behandlung des Hydrozephalus, intrazerebraler Zysten sowie intra- ventrikulärer Tumoren. Die Vorteile der Neuroendoskopie- assistierten Mikrochirurgie als Ergänzung zur alleinigen Mikrochirurgie sind offensichtlich. Ob sich das Konzept der endoskopischen Chirurgie der Sellaregion durchset- zen wird, ist noch offen. Endoskopische Eingriffe an der Wirbelsäule und am Rückenmark werden mittlerweile routinemäßig durchgeführt, sind aber umstritten. Die en- doskopische Karpaltunneloperation ist etabliert und weit verbreitet. Diskussion: Die intensivierte Anbindung der Neuroendoskopie an die Neuronavigation und an die Ro- botik kann weitere Fortschritte bringen. Mit der virtuellen Neuroendoskopie können zukünftig Operationsplanung und -durchführung vereinfacht werden.

Dtsch Arztebl 2007; 104(4): A 185–91.

Schlüsselwörter: Neuroendoskopie, Hydrozephalus, intra- zerebrale Zyste, Hirntumor, lumbaler Bandscheibenvorfall, Karpaltunnelsyndrom

SUMMARY

ENDOSCOPY IN NEUROSURGERY

Introduction: There is currently no randomized controlled trial evidence of benefit for neuroendoscopy as against conventional neurosurgical treatment across a variety of indications. Methods: Medline review using search terms:

neuroendoscopy, hydrocephalus, colloid cysts, cystic brain lesions, endoscopic pituitary surgery, spinal endoscopy.

Results: The standard indications for neuroendoscopy are the treatment of hydrocephalus, intracerebral cysts and intraventricular tumours. The advantages of neuroendos- copy assisted microsurgery as an adjuvant technique are self evident. Whether endoscopy of the sellar region will gain acceptance is as yet uncertain. Endoscopic interventions on the vertebral column and spinal cord are now routine, but controversial. The endoscopic carpal tunnel surgery is established and widely practised.

Discussion: The increasingly close links between neuro- endoscopy and neuronavigation, and robotics, may bring promising developments. In future, virtual neuroendoscopy may aid the planning and execution of surgical interven- tions. Dtsch Arztebl 2007; 104(4): A 185–91.

Key words: neuroendoscopy, hydrocephalus, intracerebral cyst, brain tumour, lumbar disc prolapse, carpal tunnel syn- drome

Neurochirurgische Klinik Universitätsklini- kum Gießen und Marburg, Standort Marburg (Prof.

Dr. med. Hellwig, Dr. med. Tirakotai, Dr. med. Heinze, Dr. med. Riegel, Prof.

Dr. med. Bertalanffy)

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skopische Eingriffe bei eng umschriebenen Indikatio- nen zum Standardrepertoire neurochirurgischer Ope- rationstechniken (2).

Instrumente und neuroendoskopische Zugangsplanung

Neuroendoskope

Zurzeit stehen zahlreiche Neuroendoskope mit guten optischen Eigenschaften zur Verfügung, sodass auf die- sem Gebiet wenig Verbesserungsbedarf besteht (3). Um mit diesen bimanuell arbeiten zu können – vergleichbar der mikrochirurgischen Operationstechnik – sind zwei Arbeitskanäle notwendig, zusätzlich ein Spül- und Saugkanal. Hier gilt es, einen Kompromiss zwischen einerseits möglichst geringem Zugangstrauma im Hirn- parenchym und andererseits möglichst effektiver ope- rativer Manipulationsmöglichkeit zu finden. Neuroen- doskopdurchmesser zwischen 3 und 6 mm sind derzeit

Standard. Durchmesser von mehr als 8 mm sind nicht tolerabel, weil sie keine geeignete Alternative zur mi- krochirurgischen Operationstechnik darstellen. Es ist notwendig, Endoskope mit unterschiedlichem Blick- winkel, das heißt abgewinkelten Optiken, zu verwen- den, die intraoperativ ausgetauscht werden können, um den operativen Situs aus verschiedenen Perspektiven zu inspizieren (Abbildung 1).

Ein spezifisches Problem kann bei neuroendoskopi- schen Eingriffen von Frühgeborenen oder Säuglingen auftreten. Die Anwendung der Erwachsenenendoskope mit großen Durchmessern ist gefährlich, weil sich über den Stichkanal eine perkutane Liquorfistel ausbilden kann. Hier hat sich der Einsatz von Kinderneuroendo- skopen mit Durchmessern von 2 bis 3 mm mit zwei Ar- beitskanälen und hervorragender optischer Qualität be- währt.

Bei der endoskopieunterstützten Mikrochirurgie werden auch ultradünne Endoskope als mikrochirurgi- sche Operationsinstrumente konzipiert und angewen- det, zum Beispiel als „sehender Dissektor“ in der hirn- arteriellen Aneurysmachirurgie. Mit diesen Instrumen- ten ist es möglich, um Ecken herum den operativen Si- tus einzusehen. Es versteht sich von selbst, dass die Durchmesser der Endoskope bei Nutzung über den mi- krochirurgischen Zugang klein gehalten werden kön- nen, weil Arbeitskanäle nicht notwendig sind (4).

Arbeitsinstrumente

Nachdem zunächst kein einheitliches Arbeitsinstru- mentarium für neuroendoskopische Eingriffe zur Ver- fügung stand, ist jetzt klar definiert, welche Basisin- strumente unbedingt benötigt werden. Wesentlich für neuroendoskopische Eingriffe ist die Verfügbarkeit von bipolaren Schneide- und Koagulationsmikroin- strumenten (Abbildung 2), Mikroscheren, Fass- und Biopsiezangen (5).

Neuroendoskopische Zugangsplanung

Die exakte dreidimensionale Zugangsplanung, das heißt Definition der Bohrlochlokalisation, Bestim- mung der Zugangstrajektorie und des Zielpunktes, kann entweder in stereotaktischer Operationstechnik (6) oder mithilfe der Neuronavigation (7) durchgeführt werden. Der Vorteil der Neuronavigation gegenüber dem stereotaktischen Vorgehen liegt darin, dass der Operateur bei der Handhabung des Endoskopes mehr Spielraum hat, weil dieses nicht am stereotaktischen Ring fixiert ist. Die Kombination von Neuroendosko- pie und Neuronavigation ist heute operativer Standard (Abbildung 3). Bei der endoskopischen Behandlung des ausgeprägten Hydrozephalus ist die Neuronaviga- tion nicht notwendig, da die Punktion des Ventrikel- systems unproblematisch ist und die intraoperative Orientierung an anatomischen Landmarken erfolgt.

Als neues entwicklungsfähiges bildgebendes Verfah- ren gilt die sogenannte virtuelle Ventrikuloskopie (8).

Mit ihr kann der neuroendoskopische Eingriff dreidi- mensional geplant und in virtueller Umgebung bereits präoperativ durchgeführt werden (Abbildung 4).

Abbildung 1:Ventrikuloskop nach Hellwig mit mehreren Arbeits-, Spül- und Saugkanälen

Abbildung 2:Intraventrikuläre Septostomie mit bipolarer Fasszange (Durchmesser 1,5 mm)

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Indikationen für intrakranielle endoskopische Eingriffe

Die Indikationen für neuroendoskopische Operatio- nen sind in den letzten Jahren standardisiert worden.

Es handelt sich hierbei in erster Linie um Eingriffe an präformierten oder pathologischen Hohlräumen des zentralen Nervensystems (9).

Hydrozephalus

Die Behandlung des Hydrozephalus ist die Domäne der Neuroendoskopie, weil durch diese Operations- technik natürliche Liquorableitungswege wiederher- gestellt oder geschaffen werden können und so die Platzierung eines Shunt-Systems und damit von Fremdkörpermaterial vermieden wird. Die häufigen Komplikationen, die mit der Implantation von Shunt- Systemen in der Behandlung des Hydrozephalus ver- bunden sind, wie etwa Dysfunktion, Thrombosierung, Infektion, Überdrainage und Schlitzventrikelsyn- drom, haben die endoskopische Drittventrikulostomie (ETV) als Behandlungskonzept des Verschlusshydro- zephalus eine Renaissance erleben lassen (10). Beim

Verschlusshydrozephalus sind die Resorptionsmecha- nismen intakt. Es ist daher folgerichtig, sogenannte

„innere Shunt-Methoden“ wie die Ventrikulostomie anzuwenden (Kasten).

Neuere Publikationen belegen, dass Patienten, de- ren Hydrozephalus mit einem Shunt versorgt war, nach mehrfacher Shunt-Dysfunktion erfolgreich neu- roendoskopisch behandelt wurden, also ohne Shunt auskamen. Bei Patienten, bei denen eine Revisionso- peration mit erheblichen Risiken und einer Komplika- tionswahrscheinlichkeit verbunden ist, sollte der en- doskopische Eingriff als Ultima Ratio in jedem Fall versucht werden. Dies gilt auch für den posthämorrha- gischen und postmeningitischen Hydrozephalus (14).

Die Regel „einmal Shunt – immer Shunt“ gilt so nicht mehr.

In speziellen Fällen einer Äquäduktstenose, insbe- sondere mit konsekutivem isolierten 4. Ventrikel, kann durch die sogenannte Aquäduktoplastie über die endo- skopische Anlage eines Stents zwischen 3. und 4. Ven- trikel die Liquorpassage wiederhergestellt und die Anlage eines Shunt-Systems vermieden werden. Die Abbildung 3:Navigationsgestützte Neuroendoskopie. Bestimmung der Trajektorie zur Zielregion und intraoperative dreidimensionale Kontrol- le des Zugangswegs in diesem Fall zu einer Kolloidzyste im Foramen Monroi.

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Aquäduktoplastie ist somit eine Alternative zur Ventri- kulostomie, wenn diese technisch schwierig ist (15).

Nicht alle Formen des Hydrozephalus sind für neuroen- doskopische Eingriffe geeignet. Derzeit gibt es keinen Test, der den Erfolg der endoskopischen Ventrikulosto- mie sicher vorhersagt. Die beste Prognose hat der Ver- schlusshydrozephalus bei tumorbedingter Aquäduktste- nose oder Verlegung des 4. Ventrikels gefolgt von der idiopathischen Aquäduktstenose. Die Erfolgsrate beim postmeningitischen und posthämorrhagischen Hydro- zephalus ist deutlich geringer, wie auch beim Normal- druckhydrozephalus. Gangemi et al. (16) behandelten 25 Patienten durch endoskopische Drittventrikulosto- mie mit einem Erfolg von 72 Prozent, der insbesondere die präoperativen Gangstörungen betraf.

Intrakranielle Zysten

Intrakranielle Zysten eignen sich für neuroendoskopi- sche Techniken besonders. Kolloid-, Arachnoidal- und Pinealiszysten können endoskopisch entleert und gefen- stert oder ausgeräumt werden. Bei zystischen Kranio- pharyngeomen, dysontogenetischen Tumoren, Gliomen und Metastasen wird die Endoskopie im Rahmen einer kombinierten Therapie gemeinsam mit mikrochirurgi- scher Resektion, Radiatio und adjuvanter medikamen- töser Behandlung eingesetzt.

Kolloidzysten

Kolloidzysten bieten mit ihrer intraventrikulären Loka- lisation eine klassische Indikation für die Anwendung neuroendoskopischer Techniken (17). Operiert werden Patienten, bei denen Symptome eines Verschlusshydro-

zephalus bestehen. Bei asymptomatischen Patienten kann die Operationsindikation gestellt werden, wenn die Größe der Zyste dazu geeignet ist, einen akuten Ver- schluss der Foramina Monroi mit konsekutivem Ver- schlusshydrozephalus herbeizuführen. Berichte über den plötzlichen Tod bei nachgewiesener Kolloidzyste rücken den Präventiveingriff in den Vordergrund (18).

Die postoperativen Ergebnisse des endoskopischen Verfahrens sind unter Berücksichtigung der Morbi- ditäts,- Letalitäts- und Rezidivraten nicht schlechter als die nach mikrochirurgischer Operation.

Bei 32 von den Autoren behandelten Patienten mit endoskopisch operierten Kolloidzysten kam es, obwohl die Mehrzahl nicht in toto entfernt wurde, bei nur einem Patienten zu einem Zystenrezidiv bei einer Nachunter- suchungszeit von 12 Jahren. Anzumerken ist allerdings, dass die Nachuntersuchungszeiten bisher selten länger als zehn Jahre sind. Daher bleibt offen, ob die endosko- pische Kolloidzystenevakuation mit Teilresektion der Zystenwand nicht doch ein höheres Rezidivrisiko bein- haltet als die komplette Zystenentfernung in mikrochir- urgischer Technik.

Arachnoidalzysten

Intraarachnoidal lokalisiert und mit Liquor gefüllte Zysten bezeichnet man als Arachnoidalzysten. Die intrakraniel- le Lokalisation dieser Zysten ist vielfältig. Da es sich meist um große Hohlräume in unmittelbarer Nachbar- schaft des Ventrikelsystems oder der intrakraniellen Zi- sternen handelt, sind sie für neuroendoskopische Ein- griffe gut geeignet. Dies gilt besonders für die soge- nannten suprasellären Arachnoidalzysten.

Abbildung 4:Präoperative Darstellung des Operationssitus mithilfe der sogenannten „Virtuellen Neuroendoskopie“

KASTEN

Fakten zur neuroendoskopischen Therapie des Hydrozephalus

Ein Stoma am Boden des 3. Ventrikels sollte je nach anatomischer Konstellation zwischen 4 und 6 mm im Durchmesser sein.

Die Verschlussrate bei Ventrikulostomata liegt bei et- wa 2 Prozent. Sollte sich ein Ventrikulostoma ver- schließen, ist es gut möglich, dieses in einem zweiten endoskopischen Eingriff wieder zu eröffnen (11).

Die Langzeiterfolgsrate der Drittventrikulostomie, das heißt Shunt-Unabhängigkeit, liegt zwischen 70 bis 90 Prozent (12).

Die Morbiditäts- und Letalitätsrate sowie die Stoma- verschlussrate liegen bei Säuglingen und Kleinkindern nicht höher als bei Erwachsenen. Wesentlich für die Indikationsstellung ist die Ätiologie des Hydrozepha- lus. Beim Verschlusshydrozephalus besteht immer die Indikation für die Drittventrikulostomie (13).

Bei mehrfacher Shunt-Komplikation können primär mit einem Shunt versorgte Patienten endoskopisch behandelt werden.

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Die Indikation für eine Operation liegt bei sympto- matischen Arachnoidalzysten vor, wenn diese über eine Erhöhung des intrakraniellen Drucks zu Kopfschmer- zen oder neurologischen Symptomen führen (19). Die neuroendoskopische Operationsmethode kann dabei auch gemeinsam mit der Mikrochirurgie angewandt werden.

Die postoperativen Ergebnisse endoskopischer Ein- griffe bei Arachnoidalzysten sind mit denen der mikro- chirurgischen Interventionen vergleichbar. Etwa 75 Pro- zent der Patienten profitieren von der Operation, wobei die Zystengröße nicht immer rückläufig sein muss. We- sentlich ist der Anschluss der Zyste an die ableitenden Liquorwege, um auf diese Weise den intrakraniellen Druck zu normalisieren.

Solide intraventrikuläre Tumoren

Auch solide intraventrikuläre Tumoren bieten sich für neuroendoskopische Eingriffe an. Die Biopsie diagnos- tisch unklarer solider Ventrikeltumoren in neuroendo- skopischer Technik ist der „blinden“ stereotaktischen Technik vorzuziehen. Besonders im Bereich der Fora- men Monroi, aber auch bei Pinealistumoren im hinteren Anteil des 3. Ventrikels, bietet die Biopsie unter direkter Sicht wesentliche Vorteile. Beim operativen Zugang können ventrikuläre Gefäße und funktionell wichtige Strukturen geschont werden; die Biopsie wird im Ge- gensatz zur stereotaktischen Technik unter direkter Sichtkontrolle durchgeführt. Hat der Tumor zu einem Verschlusshydrozephalus geführt (hinterer Anteil des 3. Ventrikels), wird in derselben Sitzung eine Drittven- Abbildung 5:Niedriggradiges Astrozytom im hinteren Anteil des 3. Ventrikels. a) Das T2-gewichtete präoperative MRT zeigt, dass der Tumor einen Verschlusshydrozephalus erzeugt hat; b) Endoskopische Biopsie des Tumors; c) Anschließende Drittventrikulostomie zur Behandlung des Verschlusshydrozephalus; d) Im postoperativen MRT deutliches „flow void“-Phänomen am Boden des 3. Ventrikels als Zeichen für einen Li- quorfluss in die Fossa interpeduncularis.

a d

b c

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M E D I Z I N

trikulostomie oder eine Stent-Einlage zwischen Seiten- ventrikel und 3. Ventrikel oder 3. und 4. Ventrikel durch- geführt (Abbildung 5).

Die Wahrscheinlichkeit der kompletten Tumorentfer- nung durch neuroendoskopische Techniken hängt von der Tumorgröße ab. Die Tumorgröße sollte nicht mehr als 2 cm betragen, da ansonsten die endoskopische Re- sektion zu zeitaufwendig wäre.

Neuroendoskopie-assistierte Mikrochirurgie

Bei mikrochirurgischen Operationen, insbesondere von Aneurysmata, mikrovaskulären Dekompressionen und Kleinhirnbrückenwinkelprozessen, können Endoskope als Arbeitsinstrumente verwendet werden. Es gibt unter- schiedliche Designs für verschiedene Indikationen.

Wichtig ist die Option, auch „um die Ecke“ oder „hinter den entsprechenden Prozess“ schauen zu können. So wird die optimale Clip-Position kontrolliert oder aber die Gefäßschlinge, die den N. trigeminus komprimiert, von allen Seiten inspiziert.

Endoskopische Hypophysenchirurgie

Guiot war 1962 der Erste, der ein Endoskop für Hypo- physeneingriffe benutzte (20). In den letzten Jahren hat diese Technik bei der Adenomresektion erheblich an Bedeutung gewonnen, wobei eine Standardisierung bis- her noch nicht erreicht wurde. Der operative Zugang ist einfach, schnell und mit wenig Komplikationen verbun- den. Mittlerweile stehen auch genügend Instrumente zur Verfügung, um im engen Zugangsbereich effizient ar- beiten zu können. Wichtig ist, dass der Operateur, der die endoskopische Technik anwendet, alternativ auch den mikrochirurgischen transsphenoidalen Zugang be- herrscht, um bei schwierigen anatomischen oder opera- tiven Verhältnissen zur mikrochirurgischen Technik wechseln zu können. Langzeitergebnisse bei endosko- pischer Adenomresektion liegen zurzeit noch nicht vor, sodass die endoskopische Hypophysenchirurgie nicht abschließend bewertet werden kann. Aus ersten Publi- kationen und persönlichen Mitteilungen können folgen- de Schlüsse gezogen werden (21):

kürzere Operationszeit geringeres operatives Trauma

intra- und postoperative Komplikationen sind sel- ten

kürzere postoperative Liegezeit.

Neuroendoskopische Interventionen an der Wirbelsäule

Unter dem Überbegriff der minimal invasiven endo- skopischen spinalen Chirurgie wurden in den letzten Jahren zahlreiche Verfahren entwickelt, die teilweise bereits an dieser Stelle beschrieben wurden. Die Wei- terentwicklung der endoskopischen Systeme lässt fol- gende Aussage von Krämer aus dem Jahre 2002 (22) so nicht mehr zu: „Wenn der Bandscheibenring durchbro- chen ist, Sequestermaterial auf die Wurzel drückt und entsprechende neurologische Symptome vorhanden sind, ist eine offene Operation erforderlich“. Verschie- dene Systeme ermöglichen heute zum Beispiel mithilfe

des endoskopischen Zugangs über das Foramen inter- vertebrale sowohl subligamentär sequestrierte, frei se- questrierte, intraforaminale, mediolaterale, mediale und im Spinalkanal nach cranial und caudal luxierte Sequester zu entfernen. Bei bestimmten Konstellatio- nen (zum Beispiel luxierter Sequester mit gedeckter Perforationsstelle) muss nicht zwingend eine ausgiebi- ge Ausräumung des Bandscheibenfaches nach Entfer- nung des Vorfalls erfolgen. Hier wird eine alleinige Sequesterrektomie als ausreichend angesehen und ein vergleichbares Behandlungsergebnis erzeugt (23). Eine weitere endoskopische Technik zur Behandlung von Bandscheibenvorfällen und Spinalkanalstenosen ist unter dem Namen „Microendoscopic Discectomy (MED)“ bekannt (24) und beschreibt den posterioren oder auch posteriomedial genannten Zugang über das interlaminäre Fenster.

Unklar ist, ob im Langzeitverlauf endoskopische Operationsverfahren gegenüber dem mikrochirurgi- schen Vorgehen im Bereich der Wirbelsäule bessere Er- gebnisse aufzeigen.

Endoskopische Karpaltunneloperationen

Endoskopische Karpaltunneloperationen sind mittlerwei- le standardisiert und werden alternativ zur herkömmlichen makrochirurgischen Operationstechnik angewendet. Von unterschiedlichen Anbietern sind komplette (teilweise kostenintensive) Operationssets auf dem Markt, die auch (kostengünstiger) selbständig zusammengestellt werden können. Man unterscheidet den uniportalen (proximal des Handgelenks gelegenen) und den biportalen Zugang (zweiter Hautschnitt) in der Hohlhand.

Die Indikation zur endoskopischen Spaltung des Re- tinaculum flexorum besteht bei allen Patienten, bei de- nen klinisch und elektrophysiologisch ein Karpaltunnel- syndrom nachgewiesen wurde. Kontraindikationen sind ein zu enger Karpaltunnel oder eine vorausgegangene Karpaltunneloperation.

Obwohl auch zu dieser endoskopischen Operations- methode nur wenig randomisierte Daten vorliegen und der Nutzen gegenüber der herkömmlichen offenen Ope- rationsmethode wegen häufigerer Komplikationen stark in der Kritik steht (25), scheinen die Vorteile der endo- skopischen Methode Folgende zu sein:

Besseres kosmetisches Ergebnis

frühere Belastbarkeit der operierten Hand geringere postoperative Schmerzen.

Zusammengefasst ist die Neuroendoskopie in vielen Bereichen bereits ein anerkanntes Operationsverfahren.

Einige Indikationen müssen in den nächsten Jahren be- züglich ihres Nutzens gegenüber etablierten neurochir- urgischen Operationsmethoden weiterhin kritisch über- prüft werden.

Interessenkonflikt

Prof. Hellwig hat in Zusammenarbeit mit der Firma Rudolf Medical GmbH das nach ihm benannte Ventrikuloskop entwickelt. Die übrigen Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Manuskriptdaten

eingereicht: 9. 11. 2005; revidierte Fassung angenommen 10. 5. 2006

(7)

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Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Dieter Hellwig Neurochirurgische Klinik

Universitätsklinikum Gießen und Marburg Standort Marburg

Baldingerstraße, 55033 Marburg

REFERIERT

ferase-Spiegel normalisierten sich bei 10 von 14 Patienten mit er- höhtem Transaminasen.

In einer zweiten Studie wurden 286 HBe-Ag positive Patienten mit Lamivudin-Resistenz mit Entecavir (1 mg/d) behandelt oder weitere 52 Wochen mit 100 mg/d Lamivudin therapiert. Bei 55 Prozent der Patienten trat unter Entecavir, aber nur bei 28 Prozent unter Lamivudin eine histologische Besserung auf (p < 0,0001).

19 Prozent der mit Entecavir behandelten Patienten erreichten HBV-DNA-Werte unterhalb der Nachweisgrenze, unter Lamivudin

nur ein Prozent. w

van Bömmel F et al.: Tenofovir for patients with lamivudine-resistant hepatitis B virus (HBV) infection and high HBV DNA level during adefovir therapy. Hepatology 2006; 44: 318–25.

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E-Mail: Dr.Morris.Sherman@uhn.on.ca

Therapieversuch mit neuen Virustatika bei Lamivudin-resistenter Hepatitis B

Bei Patienten mit einer chronischen Hepatitis B, die auf Lamivudin nicht angesprochen hat, kann ein Therapieversuch mit Tenofovir sinn- voll sein. Die Autoren der Charité in Berlin berichten über 20 Patienten (davon 18 HBe-Ag positiv), die bei Lamivudin-Resistenz auch auf eine 15-monatige ADV-Monotherapie nicht angesprochen hatten. Eine Be- handlung mit 300 mg/d Tenofovir führte bei 19 von 20 Patienten nach durchschnittlich 3,5 Monaten zu HBV-DNA-Spiegeln unterhalb der Nachweisgrenze von 400 Kopien pro mL. Erhöhte Alanin-Aminotrans-

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www.aerzteblatt.de/english

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