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Archiv "Die endoskopische Behandlung des Karpaltunnelsyndroms: Vorteile nicht belegt" (06.10.1995)

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MEDIZIN

der später auch nicht sichtbar ist. Zur Verbesserung der Wundheilung wird weder koaguliert noch eine Drainage eingelegt. Mehr als 6 Mililiter Xylo- nest 1 Prozent sind nie notwendig. Da die Patienten meistens längere Anrei- sewege haben, erfolgt die Nachbe- handlung standardisiert beim Haus- arzt. Trotz des kleinen Schnittes kön- nen Karpaldach und Nerv komplett eingesehen werden und insbesondere die häufig inkomplett gespaltene di- stale Zone sicher miterfaßt werden.

In oben genannter Weise läßt sich mit den Zwängen der Gebühren- ordnung sowohl bei Kassenpatienten als auch bei Privatpatienten wirt- schaftlich arbeiten.

Dr. Klaus Loew Chirurg — Unfallchirurg Talstraße 49

66424 Homburg/Saar

Vorteile nicht belegt

Als Standard zur operativen The- rapie des Karpaltunnelsyndroms gilt die offene Durchtrennung des Liga- mentum carpi transversum, welche in der Regel gute Ergebnisse liefert.

Von den 472 operierten Händen werden 100 nachuntersucht (21,2 Prozent!). Eine Kontrollgruppe exi- stiert nicht. Die erhobenen Daten wie

„Besserung der Meßwerte" oder „die Kraft bei 60 Händen hatte zugenom- men" können zu nichts in Relation ge- setzt werden.

Nicht einmal die angeführten Vorteile der neuen Methode können die Autoren aus ihrer Untersuchung belegen: Daß die endoskopisch ope- rierte Hand früher wieder gebraucht werden kann, geht nicht aus der eige- nen Untersuchung hervor, sondern wird aus der Literatur zitiert. Zu den drei angeführten kritischen Aspekten möchten wir noch zwei hinzufügen:

Der große Variantenreichtum des Abganges des motorischen Dau- menastes ist bekannt

Wie vermeiden die Autoren Läsionen, wenn sie den Nerv nicht sehen?

Wie gehen die Autoren mit Tu- moren (siehe Tabelle 1 Punkt 4) endo- skopisch um?

DISKUSSION

Wenn Punkt 6 der Vorteile („Die Patienten können den Eingriff live am Fernsehmonitor verfolgen und miter- leben, wie ihr Ligament durchtrennt wird.") allen Ernstes zur Legitimation einer neuen OP-Methode angeführt werden soll, wird der Grat zur Effekt- hascherei sehr schmal Eine prospek- tive randomisierte Studie mit harten Daten vor einer Veröffentlichung der schönen Photos auf der Titelseite hät- te uns mehr überzeugt.

Dr. med. Dreisilker Dr. med. Hafer Marienhospital Johannisfreiheit 2-4 49074 Osnabrück

Gefahren vergessen

Seit der Inauguration der endo- skopischen Spaltung des Lig. carpi transversum verbreitet sich diese ele- gante Methode seit zirka zwei Jahren langsam auch in Deutschland. Die Dis- kussion über Indikationen und Gren- zen dieser Operation wird kontrovers geführt und ist in vollem Gange.

Aus diesem Grunde möchten wir zu dem Artikel von Brock et al. einige ergänzende Bemerkungen machen, die unsere eigenen Erfahrungen mit der Methode widerspiegeln:

Auf das Hauptargument der Kritiker — die fehlende Möglichkeit der Freilegung von N. medianus und Thenarast — sind die Autoren bereits eingegangen. Es ist durchaus richtig, daß auch über die Notwendigkeit ei- ner Neurolyse die Meinungen aus- einandergehen.

Kein Zweifel jedoch besteht darüber, daß bei bereits nachzu- weisender Atrophie der zugehörigen Muskelgruppen eine Freilegung er- folgen sollte. Spätestens hier fehlt im oben genannten Artikel der wich- tige Hinweis auf die Kontraindika- tionen, die bestehende Risiken limi- tieren helfen:

Nach unserer Auffassung sind somit:

1. länger bestehende Krank- heitsdauern mit bereits ausgebildeten Atrophien der betroffenen Muskeln nicht geeignet für eine endoskopische Vorgehensweise, ebensowenig wie

2. posttraumatische oder Kar- paltunnelsyndrome bei höhergradi- gen Arthrosen oder Deformationen des Handgelenkes.

3. Rezidive scheiden ebenfalls aus der Therapiemethode aus.

4. Die schmerzfreie Über- streckung im Handgelenk bis 70 Grad zur Lagerung auf dem Arbeitstisch ist wichtige Voraussetzung für das Ge- lingen des endoskopischen Eingrif- fes; ist sie nicht möglich, ist die kon- ventionelle Operationsmethode vor- zuziehen.

5. Das Antreffen eines „M. pal- maris accessorius" zwingt häufig zum

„Umsteigen".

Das von den Autoren genannte Risiko einer unzureichenden Durch- trennung im proximalen Bereich am Übergang zur Fascia antebrachii ist nur bei der Iprenburgschen Modifi- kation relevant; bei der Originalme- thode nach Chow wird 1 Zentimeter proximal der Verbindung von Os pisiforme und Palmaris longus ein- gegangen.

Zu den aufgezählten Vorteilen der endoskopischen Operation seien uns weitere kritische Anmerkungen gestattet:

1. Natürlich wird der N. media- nus durch die endoskopische Spal- tung entlastet.

Allein das Eingehen mit dem Trokar samt Schlitzkanüle in den Kar- paltunnel erzeugt jedoch im ohnehin engen Raum schon eine — vorüberge- hende — Druckerhöhung, die sich durchaus in unmittelbarer Nähe des Nervus medianus auswirken kann.

Dies unterstreicht die Notwen- digkeit, daß diese Operation nur in Lokalanästhesie durchgeführt wer- den kann, da der Patient uns sofort über unliebsame Annäherungen — übrigens auch an den N. ulnaris in Höhe der Gyonschen Loge — infor- mieren wird und wir entsprechend reagieren können.

2. Es ist fraglich, ob das „per- sönliche Miterleben" der Operation über den Monitor positive Motiva- tionen für die Rehabilitation schafft.

Nach unserer Erfahrung sind es oh- nehin nur wenige Patienten, die tatsächlich den Eingriff „mitschau- en" wollen.

Bedenklich jedoch erscheint uns der Hinweis darauf, daß sich der Pati- Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 40, 6. Oktober 1995 (77) A-2659

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MEDIZIN

ent „von der Winzigkeit . . . des Ein- griffs" überzeugen kann.

Ziel jeder von uns sehr sorgfältig durchgeführten präoperativen Auf- klärung ist das rigorose Aufzählen al- ler Risiken und die Gegenüberstel- lung zur konventionellen Operations- methode. Dabei wird besonderer Wert darauf gelegt, daß der endosko- pische Eingriff keinesfalls bagatelli- siert wird.

Vermißt haben wir in diesem Zu- sammenhang den Hinweis auf die ein- deutigen Gefahren dieser Methode:

1. Verletzung des N. medianus (proximale Inzision),

2. Verletzung des N. ulnaris in Höhe der Gyonschen Loge,

3. Verletzung von Fingernerven, bevorzugt von D.III und D.IV,

4. Läsionen des oberflächlichen Hohlhandbogens an der distalen Aus- trittsstelle des Trokars.

Wir stimmen mit den Autoren überein, daß sich die endoskopische Spaltung des Lig. carpi transversum als elegante Methode etablieren wird.

Wir warnen jedoch vor einer zu eu- phorischen oder unkritischen Anwen- dung, die nach unserer Meinung strengen Indikations-Richtlinien un- terliegt und nicht als „entweder — oder" zur konventionellen Methode, sondern immer als „sowohl — als auch" entschieden werden sollte.

Denn nur so wird diese Operati- on in der Hand des Geübten ihren Platz in der minimal invasiven Chirur- gie finden.

Dr. med. Matthias Bausch Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie

Oberarzt der Chirurgischen Abteilung

Evangelisches Krankenhaus Paul-Zipp-Straße 171 35398 Gießen

Zu euphorisch angelegt

Es ist sicher begrüßenswert, daß die neue endoskopische Behand- lungsmethode des Karpaltunnelsyn- droms einer breiten medizinischen Öffentlichkeit vorgestellt wird, auch wenn dieses Verfahren nun schon seit mehreren Jahren in handchirurgi-

DISKUSSION

schen Kreisen im In- und Ausland geübt wird und demnach so ganz neu nicht mehr ist.

Der Artikel ist in der Darstel- lung der Operationstechnik und der wesentlichen Vorteile der Methode sehr ausführlich geschrieben; ich ver- misse allerdings eine Analyse der Pa- tientenselektion für das endoskopi- sche Verfahren. Bei uns gehört zur systematischen Diagnostik neben dem EMG auch eine Röntgenansicht des Karpaltunnels, um knöcherne Einengungen zu erkennen. Präope- rativ zur Endoskopie sollte man aber speziell eine entzündliche Verände- rung der Beugesehnenscheiden im Sinne einer Synovialitis aus- schließen. Wenn diese auch klinisch nicht eindeutig festgelegt werden kann, so geben doch Schmerzen bei Beugung, eine Schwellung im Hohl- handbereich und ein allgemeiner Hinweis auf den rheumatoiden For- menkreis sicher Anhaltspunkte. Wei- terhin steht die endoskopische Methode nur bei Ersteingriffen zur Verfügung.

Die entzündlichen Veränderun- gen bei einer deutlichen Synovialitis und die narbigen Stränge nach einem klassischen Eingriff verbieten in die- sen Fällen die endoskopische Technik.

Zu den Operationstechniken sollte man sagen, daß es mittlerweile sowohl Verfechter der biportalen (nach Chow) und uniportalen (nach Agee) Methode gibt. Wenn die opti- sche Qualität und der Lichtkanal- durchmesser des Arthroskops aus- reichend sind, gibt es bei beiden Me- thoden eine gute Sichtkontrolle des Schnittvorganges.

Man kann dann alleine die ge- sonderten Inzisionen bei der bipor- talen Methode und die relative Not- wendigkeit zur Hyperextension des Handgelenkes diskutieren.

Beim postoperativen Verlauf hat uns alle die freudige Nachricht unse- rer Patienten motiviert, die nach den kleinen Inzisionen weniger Schmer- zen haben und viel schneller ihre Hand gebrauchen. Die frühzeitige ak- tive Mobilisierung ist aber auch Ga- rant einer schnell wieder hergestell- ten Muskelkraft. Mehrere großange- legte Studien in Frankreich zeigen al- lerdings, daß die endoskopisch ope- rierten Patienten ihre Kraft zwar

schneller normalisieren (in den ersten sechs Monaten ist der Unterschied signifikant), daß aber nach einem Jahr die Endresultate durchaus gleich sind. Auf lange Frist bleibt somit also vor allem ein subjektives Plus für die endoskopische Methode, die beim Patienten wegen der kleinen Narben und der schnellen Schmerzfreiheit si- cher beliebt ist.

Der Artikel klärt nur unzurei- chend über die potentiellen und auch real bekannten Gefahren dieser Me- thode auf. Das Spektrum reicht vom insuffizient gespaltenen Ligamentum transversum bis hin zu Nerven- und Gefäßschäden.

Bei ungenügender Spaltung ist die Besserung nur undeutlich und vorübergehend, und die Indikation zur Revision sollte relativ schnell ge- stellt werden. Gefäßschäden sind zwar bei der Methode nach Chow re- lativ selten, wo über die distale Inzisi- on der Arcus palmaris auch präpariert und eingesehen werden kann, es hat aber auch mehrere Fälle von Nerven- durchtrennungen (insbesondere des dritten Digitalnervs) und Beugeseh- nenverletzungen gegeben. Diese Ar- gumente sollen nicht der Einführung der endoskopischen Technik im Wege stehen, diese neue chirurgische Tech- nik sollte aber ausführlich besprochen und geübt werden, auch an anatomi- schen Präparaten.

Wenn man die von den Auto- ren aufgeführten Vorteile nachliest, so kann man schwerlich den unter Punkt 5 aufgeführten Fall nachvollziehen;

sollte doch bei einem so „einfachen"

Eingriff schon nach einmaliger Opera- tion der Patient beschwerdefrei sein.

Desgleichen ist die Beurteilung der Autoren bezüglich der Rezidive und Mißerfolge dahingehend unvollstän- dig, daß die inkomplette Spaltung nur eine Ursache darstellt. Bei vielen Re- visionseingriffen findet sich ein deut- lich vernarbter und am Hautgebiet ad- härenter Medianus, dem mit einer er- neuten Neurolyse allein sicher nicht geholfen ist. Ohne dieses Thema hier weiter ausbreiten zu wollen, sollte doch auf die zahlreichen Veröffentli- chungen zu den Revisionseingriffen beim Karpaltunnelsyndrom verwiesen werden, insbesondere auf die Schaf- fung eines gesunden Wundbettes durch lokale Muskel- oder Fettlappen.

A-2660 (78) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 40, 6. Oktober 1995

Referenzen

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