Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 3|
21. Januar 2011 A 107Das Leser-Forum
Beiträge im Deutschen Ärzteblatt sollen zur Diskussion anregen. Deshalb freut sich die Redaktion über jeden Leserbrief. Wir müssen aus der Vielzahl der Zuschriften aber auswählen und uns Kürzungen vorbehalten. Leserbriefe geben die Meinung des Autors, nicht die der Redaktion wieder. E-Mails richten Sie bitte an leserbriefe@aerzteblatt.de, Briefe an das Deutsche Ärzteblatt, Ottostraße 12, 50859 Köln.
S ELBS TKONTROLLE
Seit circa sechs Jahren regelt ein Ethikkodex die Zu- sammenarbeit zwi- schen der Pharma- industrie und der Ärzteschaft (DÄ 49/2010: „Freiwillige Selbstkontrolle der Pharmaindustrie: Nur eine Luftnum- mer?“ von Petra Spielberg).
Die Selbstkontrolle funktioniert
Wir wollen die Frage, die Petra Spielberg in ihrem Artikel vorange- stellt hat, gerne beantworten: Ja, die
Selbstkontrolle in der Pharmaindus- trie funktioniert!
Der Verein „Freiwillige Selbstkon- trolle für die Arzneimittelindustrie e.V.“ hat eine Vorreiterrolle in der deutschen Pharmaindustrie über- nommen, denn er bietet jedermann die Möglichkeit, kostenlos Be- schwerden gegen jedes deutsche Pharmaunternehmen (egal, ob Mit- glied oder Nichtmitglied im FSA) wegen unethischen Verhaltens zur Anzeige zu bringen. Kodexverstöße werden von unabhängigen Schieds- stellen aufgeklärt. Die Regelungen des FSA-Kodex für die Zusammen- arbeit mit Ärzten, Apothekern und anderen Angehörigen der Fachkreise
sind in Ergänzung des gesetzlichen Rahmens zu lesen, innerhalb dessen die Selbstkontrolle effizient einge- setzt wird. Der Sanktionsrahmen umfasst Geldbußen und öffentliche Rüge. Wenn dennoch gerade auch von ärztlicher Seite Kritik geäußert wird, nehmen wir diese ernst und prüfen, an welchen Stellen der Ko- dex weiterentwickelt werden muss.
Allerdings wäre es zu begrüßen, wenn es nicht nur bei Kritik bleiben würde. Eine erfolgreiche Arbeit der Selbstkontrolle braucht die aktive Unterstützung durch die Mitglieds- unternehmen und die Ärzteschaft!
Monika Pieroth, Vorstandsmitglied der FS Arznei- mittelindustrie e.V., 10719 Berlin
S S O
S J E s s i Ä 49/2010: Freiwillige
LOUI S P AS TEUR
Zum Leserbrief von Udo Benzenhöfer (DÄ 43/2010: „Die erste Tollwut-,Imp- fung‘“).
Widerspruch
Der Autor der Leserzuschrift stellt gleich im ersten Satz fest, dass in (meinem) Artikel „einiges nicht dem Stand der Forschung entsprechend dargestellt sei“. Das sind starke Worte, die nicht unwidersprochen bleiben dürfen. Bei seiner Feststel- lung bezieht er sich auf das mittler- weile schon 15 Jahre alte Buch von G. L. Geison („Pasteur’s Private Science“). Um dieses Buch hat es übrigens interessanterweise bis 1997 eine heftige Kontroverse gegeben, die sowohl von Max Perutz (dem Chemie-Nobelpreisträger von 1962) als auch dem Radiologen und Medi- zinhistoriker William C. Summers
und nicht zuletzt von Geison selbst sehr polemisch geführt wurde.
Doch nun zur Sache: Pasteur hatte noch am 12. Juni 1885, also drei- einhalb Wochen vor dem denkwür- digen Ereignis der Tollwutimpfung bei Joseph Meister, einem Bürger- meister aus seiner Heimatregion, der Franche Comté, geschrieben,
„. . . mais mes recherches au point où elles sont ne me permettent pas encore d’agir sur l’homme“, dass es also der gegenwärtige Stand seiner Tollwutforschung noch nicht erlau- be, bereits beim Menschen zu han- deln. Was die in der Zuschrift ge- nannten Fälle angeht, bei denen Pasteur zuvorHeilversuche unter- nommen haben soll, so muss bei dem einen die Frage, ob es sich an- gesichts der zweifelhaften Sympto- me überhaupt um eine Tollwut ge- handelt hat (wie argumentiert wird), letztlich als ungelöst betrachtet wer- den, während das Mädchen, das of- fenbar danach behandelt wurde, oh- ne Zweifel schon im Endstadium der Krankheit angelangt war. Den
Widerspruch zwischen Pasteurs Aussage, wonach man noch nicht am Menschen tätig werden könne und den Berichten über die zwei vorausgegangenen „Therapie“fälle wird man vermutlich nicht mehr aufklären können; zumal die Ausga- be der Pasteur’schen Werke derzeit im sechsten Band bedauerlicherwei- se gerade hinsichtlich seiner Toll- wutstudien eine Lücke aufweist.
Im weiteren Verlauf seiner Zuschrift spricht der Autor davon, dass der Jun- ge „vielleicht . . . ja gar nicht infiziert“
gewesen sei, was angesichts der Ver- letzungen, die er davongetragen hatte, nicht nur aus damaliger, sondern auch aus heutiger Sicht ziemlich unwahr- scheinlich ist. Dasselbe, recht wohl- feile Argument wird im Übrigen auch gern von Impfgegnern jedweder Cou- leur ins Feld geführt, wenn es um die Frage der Effizienz von Immunisie- rungsmaßnahmen geht . . .
Univ. Prof. Dr. Dr. Friedrich Hofmann, Bergische Universität Wuppertal, Vorsitzender der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut, 42119 Wuppertal
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