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Haltungsbedingte Gesundheitsschäden bei Kaninchen und Meerschweinchen in Privathaushalten und daraus resultierende Haltungsempfehlungen zur Durchführung des §2 (3) Tierschutzgesetzt

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Tierärztliche Hochschule Hannover

Haltungsbedingte Gesundheitsschäden bei Kaninchen und Meerschweinchen in Privathaushalten und daraus resultierende

Haltungsempfehlungen zur Durchführung des §2 (3) Tierschutzgesetz

INAUGURAL – DISSERTATION

zur Erlangung des Grades einer Doktorin oder eines Doktors der Veterinärmedizin

- Doctor medicinae veterinariae - ( Dr. med. vet. )

vorgelegt von Maren Endlicher

Osnabrück

Hannover 2013

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Wissenschaftliche Betreuung: 1. Prof. Dr. Hansjoachim Hackbarth Institut für Tierschutz und Verhalten (Heim-, Labortiere und Pferde)

2. Dr. Willa Bohnet

Institut für Tierschutz und Verhalten (Heim-, Labortiere und Pferde)

1. Gutachter: Prof. Dr. Hansjoachim Hackbarth 2. Gutachter: Prof. Dr. Michael Fehr

Tag der mündlichen Prüfung: 28.10.2013

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Meinen Eltern und Robert gewidmet

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Inhalt

1 EINLEITUNG ... 1

2 LITERATURÜBERSICHT... 2

2.1 Tierschutzgesetz ... 2

2.1.1 §1 TierSchG ... 2

2.1.2 §2 TierSchG ... 2

2.2 Begriffsbestimmungen ... 3

2.2.1 Schmerzen ... 3

2.2.2 Leiden ... 3

2.2.3 Schäden ... 4

2.2.4 Wohlbefinden ... 5

2.2.5 Tierhalter und Tierbetreuer ... 5

2.2.6 Kenntnisse und Fähigkeiten ... 6

2.2.7 Angemessen ... 7

2.2.8 Artgemäße Ernährung ... 7

2.2.9 Artgemäße Pflege ... 8

2.2.10 Verhaltensgerechte Unterbringung ... 8

2.2.11 Artgemäße Bewegung ... 9

2.3 Ethologische Konzepte ... 9

2.3.1 Analogieschluss nach Sambraus ... 9

2.3.2 Bedarfsdeckung und Schadensvermeidungskonzept nach Tschanz ... 10

2.4 Biologie des Kaninchen ... 11

2.4.1 Systematische Zuordnung und geographische Verbreitung ... 11

2.4.2 Domestikation... 12

2.4.3 Lebensraum ... 13

2.4.4 Normalverhalten ... 13

2.4.5 Lokomotionsverhalten ... 14

2.4.6 Sozialverhalten ... 15

2.4.7 Spielverhalten... 17

2.4.8 Fortpflanzungsverhalten ... 17

2.4.9 Stoffwechselbedingtes Verhalten ... 19

2.4.10 Schutz- und Verteidigungsverhalten ... 21

2.4.11 Komfortverhalten... 22

(6)

2.4.12 Ruhe- und Schlafverhalten, Aktivitätsverhalten ... 22

2.5 Biologie des Meerschweinchens (Cavia aperea) ... 23

2.5.1 Nomenklatur und Abstammung... 23

2.5.2 Verbreitung und Domestikation ... 24

2.5.3 Lebensraum ... 25

2.5.4 Normalverhalten ... 26

2.5.5 Lokomotionsverhalten ... 26

2.5.6 Sozialverhalten ... 27

2.5.7 Spielverhalten... 31

2.5.8 Fortpflanzungsverhalten ... 31

2.5.9 Stoffwechselbedingtes Verhalten ... 32

2.5.10 Schutz- und Verteidigungsverhalten ... 33

2.5.11 Komfortverhalten... 33

2.5.12 Ruhe- und Schlafverhalten ... 34

2.6 Aktuelle Meerschweinchen- und Kaninchenhaltung ... 34

2.6.1 Meerschweinchen in der Versuchs- und Labortierhaltung ... 36

2.6.2 Kaninchen in der Versuchs- und Labortierhaltung ... 37

2.6.3 Meerschweinchen in der Heimtierhaltung ... 38

2.6.4 Kaninchen in der Heimtierhaltung ... 40

2.7 Haltungsbedingte Gesundheitsschäden von Kaninchen und Meerschweinchen ... 41

2.7.1 Pododermatitis beim Kaninchen ... 41

2.7.2 Pododermatitis beim Meerschweinchen ... 45

2.8 Fütterungsbedingte Erkrankungen von Kaninchen und Meerschweinchen ... 47

2.8.1 Zähne ... 47

2.8.2 Adipositas ... 49

2.8.3 Magen-Darm-Erkrankungen ... 49

2.8.4 Vitamin C- Hypovitaminose beim Meerschweinchen: ... 54

2.9 Verhaltensstörungen ... 55

3 MATERIAL UND METHODEN ... 58

3.1 Durchführung ... 59

3.2 Fragebögen ... 59

3.2.1 Erhebungsbogen Tierhalter/Tierhalterin ... 60

(7)

3.2.2 Erhebungsbogen für private Kaninchenhaltung ... 62

3.2.3 Erhebungsbogen für eigene Untersuchung ... 77

3.3 Statistische Berechnung der Ergebnisse... 82

4 ERGEBNISSE ... 83

4.1 Sozialgefüge ... 83

4.2 Haltung ... 84

4.3 Ernährung ... 93

4.4 Verhalten ... 96

4.5 Eigene Untersuchung ... 99

4.6 Zusammenhang zwischen Haltung und Gesundheit ... 106

4.6.1 Sozialgefüge... 108

4.6.2 Standort ... 108

4.6.3 Ernährung ... 110

4.6.4 Hygiene ... 111

4.6.5 Bewegung ... 112

4.6.6 Verhalten ... 114

4.6.7 Gesundheit ... 116

5 DISKUSSION ... 121

5.1 Diskussion über Material und Methoden... 121

5.2 Diskussion der Ergebnisse ... 122

5.2.1 Sozialgefüge und Verhalten ... 122

5.2.2 Gesundheit ... 125

5.2.3 Haltung ... 129

5.2.4 Haltungsempfehlungen ... 136

(8)

6 ZUSAMMENFASSUNG... 139

7 SUMMARY ... 141

8 LITERATURVERZEICHNIS ... 143

9 ANHANG ... 160

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Einwohnerzahlen in Hannover, Osnabrück und Nienburg ... 58

Abbildung 2: Anzahl Kaninchen und Meerschweinchen pro Haushalt ... 83

Abbildung 3: Art der Unterbringung ... 84

Abbildung 4: Standort ... 85

Abbildung 5: Freilaufdauer pro Tag ... 87

Abbildung 6: Einstreuwechsel ... 88

Abbildung 7: Käfigsauberkeit ... 89

Abbildung 8: Lichtverhältnisse am Standort ... 91

Abbildung 9: Luftverhältnisse am Standort ... 91

Abbildung 10: Tägliche Beschäftigungsdauer ... 92

Abbildung 11: Fütterungshäufigkeit ... 94

Abbildung 12: Handzahmheit ... 97

Abbildung 13: Meerschweinchenverhalten ... 97

Abbildung 14: Kaninchenverhalten ... 98

Abbildung 15: Beißen ... 99

Abbildung 16: Verhalten bei der Adspektion ... 99

Abbildung 17: Beurteilung des Pflegezustands ... 100

Abbildung 18: Verhalten während der Untersuchung ... 101

Abbildung 19: Ernährungszustand ... 102

Abbildung 20: Beurteilung der Haut und des Haarkleids ... 103

Abbildung 21: Beurteilung der Gliedmaßen ... 104

Abbildung 22: Beurteilung des Kopfes und der Zähne ... 105

Abbildung 23: Beurteilung des Geschlechtsapparates ... 105

Abbildung 24: Beurteilung des Abdomens ... 106

Abbildung 25: Vergleich der Gefäßhygiene zwischen Trinkflasche und Napf bei täglichem Wasserwechsel ... 112

Abbildung 26: Vergleich der täglichen Freilaufdauer mit dem Platzangebot im Käfig ... 113

Abbildung 27: Vergleich Verhalten mit der Handzahmheit der Meerschweinchen ... 115

Abbildung 28: Vergleich regelmäßige Gesundheitschecks mit der Krallenlänge ... 117

Abbildung 29: Vergleich der Kaninchen mit und ohne Pododermatitis in Bezug zum Ernährungszustand ... 118

Abbildung 30: Vergleich der Kaninchen mit und ohne Pododermatitis in Bezug zur Freilaufhäufigkeit ... 119

Abbildung 31: Vergleich der Kaninchen mit zu langen Krallen in Bezug zum Auftreten einer Pododermatitis ... 120

(10)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Einrichtungsgegenstände ... 86

Tabelle 2: Geräumigkeit des Käfigs pro Meerschweinchenhaushalt ... 89

Tabelle 3: Geräumigkeit des Käfigs pro Kaninchenhaushalt ... 90

Tabelle 4: Grundsätzliches Futterangebot ... 93

Tabelle 5: Fütterungshäufigkeit bestimmter Futtermittel pro Meerschweinchen ... 94

Tabelle 6: Fütterungshäufigkeit bestimmter Futtermittel pro Kaninchen ... 94

Tabelle 7: Futtermenge pro Meerschweinchen und Tag ... 95

Tabelle 8: Futtermenge pro Kaninchen und Tag ... 96

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Abkürzungverzeichnis

z.B. zum Beispiel TierSchG Tierschutzgesetz

TVT Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e. V. eingetragener Verein

v. Chr. vor Christi Geburt

m Meter

cm Centimeter usw. und so weiter bzw. beziehungsweise ml Milliliter

g Gramm

kg Kilogramm

km/h Kilometer pro Stunde ca. circa

GV-Solas Gesellschaft für Versuchstierkunde Abb. Abbildung

Tab. Tabelle

s. siehe

SAS Statistical Analysis System

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1 Einleitung

Das Tierschutzgesetz verpflichtet den Menschen das Leben und das Wohlbefinden von Tieren als Mitgeschöpfe zu schützen (TierSchG §1). Dies setzt Kenntnisse und Fähigkeiten des Tierhalters und –betreuers voraus, um das Tier, seiner Art entsprechend, angemessen zu ernähren, zu pflegen und verhaltensgerecht unterbringen zu können. Dem Tier dürfen keine vermeidbaren Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden (TierSchG §2).

Die Anzahl der in Kleintierpraxen und –kliniken vorgestellten Kaninchen und Meerschweinchen wächst stetig. Die häufigste Krankheitsursache der vorgestellten Tiere beruht auf Haltungs- und Fütterungsfehlern. Die Tiere werden teilweise aus Unwissenheit oder aus Gleichgültigkeit nicht artgerecht gehalten und ernährt. Es gibt bereits eine Reihe von Haltungsempfehlungen unterschiedlichster Organisationen, aber bisher keine gesetzliche Regelung zu den Mindeststandards der Haltung und Fütterung von Kaninchen und Meerschweinchen in der Heimtierhaltung.

Im Rahmen dieser Arbeit wurde anhand einer Umfrage, die auf einer freiwilligen Teilnahme der Besitzer beruhte, der Status quo der Haltung und Fütterung von Kaninchen und Meerschweinchen aufgenommen und vor Ort beurteilt. Außerdem wurde eine tierärztliche Allgemeinuntersuchung zur Feststellung von Gesundheitsschäden durchgeführt. Es wurde weiterhin das Verhalten der Tiere in ihrer gewohnten Umgebung beobachtet und bewertet. Das Ziel der Untersuchung war eine Bestandsaufnahme der aktuellen privaten Kaninchen- und Meerschweinchenhaltung. Anhand dieser Ergebnisse und der aktuellen wissenschaftlichen und rechtlichen Literatur wurden Haltungsempfehlungen für Kaninchen und Meerschweinchen in privaten Haushalten formuliert.

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2 Literaturübersicht 2.1 Tierschutzgesetz

Im Folgenden wird auf das Tierschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Mai 2006, insbesondere die Paragraphen §1 und §2 eingegangen.

Dies stellt die Grundlage zum Verständnis der Arbeit dar. Wichtig sind hierbei die Definition der Begriffe und die Interpretation der jeweiligen Paragraphen.

2.1.1 §1 TierSchG

Mit §1 drückt der Gesetzgeber die besondere Verantwortung des Menschen gegenüber allen Tieren als Mitgeschöpf aus. In Ausübung dieser Pflichten reicht es nicht aus dessen Leben zu schützen, sondern auch für dessen Wohlbefinden verantwortlich zu sein. Dennoch ist es unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, Tieren Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen, wenn ein vernünftiger Grund vorliegt.

2.1.2 §2 TierSchG

Nicht nur der Tierhalter, sondern auch der Tierbetreuer ist verpflichtet, ein Tier ab dem ersten Tag der in Obhutnahme angemessen zu ernähren, zu pflegen und verhaltensgerecht unterzubringen. Dabei müssen die Tierart und die tierartentsprechenden Bedürfnisse berücksichtigt werden. Außerdem dürfen dem Tier keine Schmerzen, noch vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden.

Dies setzt voraus, dass der Tierhalter und der Tierbetreuer in der Lage sind, sich entsprechende Kenntnisse anzueignen, diese zu verstehen, sowie körperlich und geistig die Fähigkeit besitzen, ein Tier angemessen zu ernähren, zu pflegen und verhaltensgerecht unterzubringen. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass der Gesetzgeber mehr Verantwortungsbewusstsein des Menschen gegenüber dem tierischen Mitgeschöpf fordert.

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2.2 Begriffsbestimmungen

2.2.1 Schmerzen

Schmerz dient dem Organismus als Schutz und Warnung. Er weist auf schädigende oder bedrohende Noxen hin (WOOLF 1991). Mensch und Tier reagieren in grundsätzlich gleicher Form. Sie meiden den vermutlich auslösenden Reiz, um sich selbst zu erhalten. Bereits das Reichstierschutzgesetz beschäftigte sich mit der Definition des Schmerzes und formulierte es laut LORZ u. METZGER (1999) als „die von einem Unlustgefühl begleitete, vermittels eines besonderen, zentral orientierten Nervenapparates hervorgebrachte Erregung von Sinnesnerven, sei es als Reaktion auf körperliche Reize, sei es in der Form nicht lokalisierter pathologischer Zustände.“

Heute ist die humanmedizinische Schmerzdefinition der Arbeitsgruppe „ international association for the study of pain“ (IASP 1979) auch in der Tiermedizin die Geläufigere, in der es heißt: „ Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das im Zusammenhang mit tatsächlicher oder potentieller Schädigung steht oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird.“

Aufgrund des ähnlichen Aufbaus des Zentralnervensystems geht man heute davon aus, dass die Schmerzempfindung, wie sie der Mensch kennt, auf das Tier übertragbar ist. Gibt es keine wissenschaftlichen Erkenntnisse über das Schmerzempfinden einer bestimmten Tierart, so muss aber im Analogieschluss zumindest von der gleichen Schmerzempfindung wie bei Menschen ausgegangen werden (HACKBARTH u LÜCKERT 2002). Laut MEUSER (2006) ist es mittlerweile erwiesen, dass das Schmerzempfinden bei Säugetieren und Vögeln und sogar bei Fischen ähnlich funktioniert.

2.2.2 Leiden

Das Tierschutzrecht verwendet eine eigene Definition des Begriffs „Leiden“, denn in der Human- oder Veterinärmedizin wird Leiden meistens im Zusammenhang mit chronischen Erkrankungen verwendet (HIRT et al. 2007; LORZ u. METZGER 1999;

POLLMANN u. TSCHANZ 2006).

Nach der Rechtsprechung und in der Literatur allgemein anerkannt sind Leiden alle nicht bereits vom Begriff des Schmerzes umfassten Beeinträchtigungen im

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Wohlbefinden, die über ein schlichtes Unbehagen hinausgehen und eine nicht ganz unwesentliche Zeitspanne fortdauern (GOETSCHEL 1986; HACKBARTH u.

LÜCKERT 2002; HIRT et al. 2007; LORZ u. METZGER 1999; POLLMANN u.

TSCHANZ 2006; VON LOEPER 2002). Ein Tier leidet, wenn es instinktwidrigen, zuwiderlaufenden und vom Tier als lebensfeindlich empfundenen Einwirkungen unterliegt, welche nicht unbedingt körperlicher Natur sein müssen, denn auch eine Beeinträchtigung seelischer Natur kann ausreichend sein (GOETSCHEL 1986; HIRT et al. 2007; LORZ u. METZGER 1999; POLLMANN u. TSCHANZ 2006).

Wohlbefinden beruht also auf einem art-, bedürfnis- und verhaltensgerechten Ablauf der Lebensvorgänge. Zu beachten ist allerdings, dass nicht jede Beeinträchtigung des Wohlbefindens automatisch in Leiden mündet. HIRT et al. (2007) und LORZ u.

METZGER (1999) erwähnen diesbezüglich Einschränkungen, in denen es heißt, dass eine reine Augenblicksempfindung, sowie die Vorstufe der Angst, bloße Aufregung, Anstrengungen oder vorübergehende Belastungszustände dem schlichten Unbehagen zuzuordnen sind. Es wird aber darauf hingewiesen, dass die Übergänge ins Leiden fließend sein können. Von besonderer Bedeutung als Indikator für erhebliche Beeinträchtigungen des Wohlbefindens ist das Verhalten des Tieres.

Verhaltensstörungen und –anomalien lassen auf ein zugrunde liegendes Leiden schließen (HIRT et al. 2007; LORZ u. METZGER 1999; VON LOEPER 2002). Kann sich das Tier dem schlichten Unbehagen nicht auf Dauer entziehen und/oder überschreitet es seine Anpassungsfähigkeit so mündet die Beeinträchtigung des Wohlbefindens in Leiden (HACKBARTH u. LÜCKERT 2002). Die fließenden Übergänge von Schmerzen, Unbehagen oder beeinträchtigtem Wohlbefinden in den Leidenszustand unterliegen einer subjektiven Beurteilung, da Leiden neurophysiologisch und somit objektiv kaum oder gar nicht zu erfassen sind. Objektiv lassen sich allerdings physiologische und morphologische Abweichungen von der Norm und Verhaltensänderungen beurteilen.

2.2.3 Schäden

Unter dem Begriff Schaden versteht man eine bleibende Beeinträchtigung des physischen und psychischen Zustands eines Tieres zum Schlechteren (GOETSCHEL 1986; HACKBARTH u. LÜCKERT 2002; HIRT et al. 2007; LORZ u.

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METZGER 1999; VON LOEPER 2002). Der zugefügte Schaden muss nicht dauerhaft sein, sondern kann auch eine vorübergehende Beeinträchtigung bedeuten.

HIRT et al. (2007) fügen hinzu, dass auch eine Verletzung oder Minderung der körperlichen Substanz nicht erforderlich ist. Schmerzen und Leiden können aus einem Schaden entstehen oder umgekehrt. Auch können Schmerzen und Leiden einen Schaden begleiten (HACKBARTH u. LÜCKERT 2002; HIRT et al. 2007; LORZ u. METZGER 1999). SAMBRAUS (1995) versteht unter Schaden im Sinne des Tierschutzes den Verlust lebender Substanz, welcher zu Schmerzen und Leiden führt.

2.2.4 Wohlbefinden

Das Wohlbefinden eines Tieres hängt davon ab, ob es einem Tier möglich ist, ein seiner Art entsprechendes normales Verhalten auszuleben und in jeder Hinsicht auf seine Umwelt reagieren zu können. Dies setzt sowohl Schmerzfreiheit, als auch ein physiologisches Gleichgewicht und psychische und physiologische Gesundheit voraus (HACKBARTH u. LÜCKERT 2002; HIRT et al. 2007; LORZ u. METZGER 1999; POLLMANN u. TSCHANZ 2006; SAMBRAUS 1997; TSCHANZ 1984, VON LOEPER 2002). Repräsentative Parameter für die Beurteilung von Wohlbefinden sind die Morphologie, Physiologie und das Verhalten des Tieres, wobei eine gute Kenntnis des Verhaltensrepertoires der Tierart notwendig ist (GEROLD 1993;

HACKBARTH u. LÜCKERT 2002; HIRT et al. 2007). Grundvoraussetzung für Wohlbefinden sind Bedarfsdeckung und Schadensvermeidung (HACKBARTH u.

LÜCKERT 2002). VON LOEPER (2002) schreibt im Kommentar zum Tierschutzgesetz, dass der Grundsatz, das Wohlbefinden des Tieres zu schützen, eine zentrale gesetzliche Bedeutung hat.

2.2.5 Tierhalter und Tierbetreuer

Halter eines Tieres ist, wer die tatsächliche Bestimmungsmacht über das Tier hat, aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt, den allgemeinen Wert und Nutzen des Tieres für sich in Anspruch nimmt und das Risiko seines Verlustes trägt (HIRT et al. 2007; LORZ u. METZGER 1999; VON LOEPER 2002). Es ist wichtig, dass eine tatsächliche Beziehung zum Tier besteht. Der Halter muss die

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Möglichkeit haben, über die Betreuung, Pflege, Verwendung, Beaufsichtigung usw.

zu entscheiden und dies in seinem Interesse ausüben zu können (HACKBARTH u.

LÜCKERT 2002; HIRT et al. 2007; VON LOEPER 2002). Handelt eine Person ausschließlich nach Anweisung und Interesse Dritter, so ist der Begriff des Tierhalters für diese Person nicht zutreffend. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Eigentumsverhältnis. Es spielt keine Rolle, ob das Tier im rechtmäßigen Besitz des Tierhalters ist, sondern es kommt auf die direkte Einwirkungsmöglichkeit auf das Tier an (HACKBARTH u. LÜCKERT 2002; HIRT et al. 2007; LORZ u. METZGER 1999;

VON LOEPER 2002). Es können auch mehrere Personen Halter eines Tieres sein.

Außerdem ist es unerheblich, ob ein Haltungsverbot besteht oder nicht (HACKBARTH u. LÜCKERT 2002; HIRT et al. 2007; LORZ u. METZGER 1999; VON LOEPER 2002). Werden die Voraussetzungen eines Tierhalters nicht erfüllt, so ist die Person zumindest Tierhüter oder Tierbetreuer (LORZ u. METZGER 1999). Dies bedeutet, er sorgt und beaufsichtigt ein Tier generell oder übernimmt bestimmte Aufgaben wie z.B. Fütterung, ohne Tierhalter zu sein. Dies kann auch nur vorübergehend sein (HACKBARTH u. LÜCKERT 2002; HIRT et al. 2007; LORZ u.

METZGER 1999; VON LOEPER 2002).

2.2.6 Kenntnisse und Fähigkeiten

Die 1998 ins Tierschutzgesetz eingefügte Sachkunde (§2 Nr. 3) soll gewährleisten, dass die aus Nr. 1 und 2 genannten Anforderungen erfüllt werden. VON LOEPER (2002) ist der Ansicht, dass dieser Zusatz dazu beiträgt, Gesetzesverstöße zu vermindern. Auch LORZ u. METZGER (1999) schreiben in ihrem Kommentar, dass viele Tierschutzverstöße auf mangelnde Sachkunde des Tierhalters zurück zu führen sind. Tierhalter und Tierbetreuer müssen im Umgang mit Tieren qualifiziert sein.

Unter Qualifikation sind hier die theoretischen Kenntnisse der Lebensgewohnheiten und Bedürfnisse der Tiere, die praktische Fähigkeit das Wohlbefinden eines Tieres einzuschätzen, die Zuverlässigkeit im Umgang mit dem Tier und das Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem Tier als Mitgeschöpf anzusehen (HACKBARTH u. LÜCKERT 2002). Eine spezielle zusätzliche Ausbildung oder ein formaler Sachkundenachweis sind allerdings nicht nötig (HIRT et al. 2007; LORZ u.

METZGER 1999; VON LOEPER 2002). Wenn der Tierhalter nicht die erforderlichen

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Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, so ist er verpflichtet, eine sachkundige Person mit der Betreuung zu beauftragen. Diese Person muss die Erlaubnis des Halters besitzen, eigenständige Entscheidungen treffen zu dürfen (HACKBARTH u.

LÜCKERT 2002; HIRT et al. 2007; LORZ u. METZGER 1999; VON LOEPER 2002).

2.2.7 Angemessen

Angemessenheit bedeutet im Sinne des TierSchG, dass das Tier seinem Bedarf entsprechend artgemäß ernährt, gepflegt und verhaltensgerecht untergebracht werden muss. Diese Definition enthält eine Einschränkung, denn es reicht aus, das Tier angemessen und nicht optimal zu versorgen (LORZ u. METZGER 1999; VON LOEPER 2002).

2.2.8 Artgemäße Ernährung

Zu einer artgemäßen Ernährung gehören laut HIRT et al. (2007) die Deckung des physiologischen Nährstoffbedarfs, eine der jeweiligen Tierart entsprechenden Darreichungsform, welche das mit der Nahrungssuche und –aufnahme verbundene Beschäftigungsbedürfnis befriedigt und die Möglichkeit der gleichzeitigen Nahrungsaufnahme bei sozial lebenden Tieren. VON LOEPER (2002) verwendet in dem Zusammenhang auch das Wort Wohlbefinden. Er schreibt, dass Nahrung nicht nur zum Erhalt und Aufbau des Organismus dienen sollte, sondern auch für das Wohlbefinden des Tieres sorgen sollte. Zusammenfassend muss der komplette ethologische Funktionskreis des Nahrungserwerbsverhaltens artgemäß und tiergerecht sein (HIRT et al. 2007; VON LOEPER 2002). Als Beispiel zur Deckung des physiologischen Bedarfs an Nährstoffen nennen HIRT et al. (2007) die ausreichende Zufuhr von Rohfaser bei Tieren mit kontinuierlich nachwachsenden Zähnen. Zusätzlich erfüllt eine ausreichende Zufuhr an Nagematerialien das Beschäftigungsbedürfnis dieser Tierarten. HACKBARTH u. LÜCKERT (2002) schreiben, dass Verstöße gegen §2 Nr. 1 TierSchG falsche Futtermengen, eine fehlerhafte Futterzusammensetzung, eine schlechte Beschaffenheit des Futters oder die Verabreichung eines nicht artgerechten Futters sein können. Weiterhin formulieren HIRT et al. (2007), dass ein Verstoß bereits gegeben ist, wenn dem Tier

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Nahrungsbestandteile zugeführt werden, die es unter naturnahen Bedingungen entweder nicht vorfinden oder nicht aufnehmen würde.

2.2.9 Artgemäße Pflege

In den Kommentaren zum TierSchG wird unter Pflege all das zusammengefasst, was im allgemeinen Sprachgebrauch unter guter Behandlung verstanden wird (HIRT et al. 2007; LORZ u. METZGER 1999). Dies beinhaltet Ernährung, Reinhaltung und Reinigung, Heilbehandlung und Prophylaxe, Möglichkeit zur artgemäßen Bewegung, Betreuung und Überwachung durch den Menschen, artgerechte Unterbringung inklusive Schutz vor Witterungseinflüssen, Schaffung günstiger Luft- und Lichtverhältnisse und Körperpflege inklusive Eigenkörperpflege und sozialer Körperpflege. Die artgemäße Pflege soll Wohlbefinden herbeiführen und erhalten (LORZ u. METZGER 1999). Artgemäß ist Pflege dann, wenn das Tier die Möglichkeit hat die Verhaltensweisen des entsprechenden Funktionskreises in artgemäßer Form aus zu führen (HIRT et al. 2007). Um den täglichen Bedürfnissen der Tiere Rechnung zu tragen und deren artgemäße Pflege zu erfüllen, muss eine regelmäßige Beobachtung und Kontrolle vorausgesetzt werden. Die erforderliche Pflege darf nicht aufgrund von Kosteneinsparungen oder Zuchtnutzung unterbleiben (VON LOEPER 2002). Für einige Tierarten ist dies bereits in besonderen Haltungsverordnungen festgelegt.

2.2.10 Verhaltensgerechte Unterbringung

Unterbringung bedeutet die Gewährung von Aufenthalt und Obdach (LORZ u.

METZGER 1999; VON LOEPER 2002). Wie zur artgemäßen Pflege bereits erwähnt, so muss auch in der Unterbringung die Möglichkeit zur Ausübung der tierartspezifischen Verhaltensabläufe des jeweiligen Funktionskreises bestehen (HIRT et al. 2007). Die Einrichtungen müssen eine Mindestgröße besitzen, um eine artgerechte Bewegung zu ermöglichen und um einen optimalen Lebensraum zu gewährleisten (HACKBARTH u. LÜCKERT 2002). Außerdem sollten sie eine angemessene Beschaffenheit haben und nicht gesundheitsschädlich sein (HACKBARTH u. LÜCKERT 2002; LORZ u. METZGER 1999; VON LOEPER 2002).

Entscheidend bei der Wahl der Mindestgröße sind die jeweilige Tierart und das Alter

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des Tieres (HACKBARTH u. LÜCKERT 2002). Die Einrichtung sollte ferner über eine Mindestliegefläche, Einrichtungen zum Abführen von Kot und Urin und ausreichend Fressfläche verfügen (HACKBARTH u. LÜCKERT 2002). Zusätzlich zu der Größe und Ausgestaltung der Unterbringung ist es erforderlich, günstige Licht- und Luftverhältnisse zu schaffen (HACKBARTH u. LÜCKERT 2002; LORZ u. METZGER 1999). Wobei auch hier auf tierartliche Besonderheiten zu achten ist. Die Gestaltung der verhaltensgerechten Unterbringung sollte immer nach den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen erfolgen (HACKBARTH u. LÜCKERT 2002;

TSCHANZ 1984).

2.2.11 Artgemäße Bewegung

Artgemäße Bewegung steht im engen Zusammenhang mit einer verhaltensgerechten Unterbringung. Nach VON LOEPER (2002) stellen Laufen, Fliegen, Recken, Strecken und Liegen bzw. Ruhen die Grundbedürfnisse eines Tieres dar. Das Bewegungsbedürfnis hängt von der Tierart und individuellen Umständen wie Alter und Gesundheit ab (HACKBARTH u. LÜCKERT 2002). Weiterhin schreibt VON LOEPER (2002), dass ein Tier, welches in Gefangenschaft lebt, grundsätzlich in seinem Bewegungsbedürfnis eingeschränkt ist. Entstehen daraus negative Folgen wie Schmerzen, vermeidbare Leiden oder Schäden, so muss die Tierhaltungsmethode den Bedürfnissen des Tieres angepasst werden (VON LOEPER 2002).

2.3 Ethologische Konzepte

2.3.1 Analogieschluss nach Sambraus (1995, 1997)

Die im TierSchG genannten Begriffe Schmerzen, Leiden und Wohlbefinden sind Empfindungen, welche zunächst nur für das betroffene Lebewesen wahrnehmbar sind. Der Begriff Schaden ist ein objektiv feststellbarer Begriff, welcher sich messen und zählen lässt. Schmerzen und Leiden können von Schaden begleitet sein, diesem vorausgegangen sein oder daraus entstehen. Das TierSchG bildet die rechtliche Grundlage bereits mangelndes Wohlbefinden, Angst, Leiden und Schmerzen jedes

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einzelnen Tieres zu schützen. Daher stellt sich die Frage, inwiefern Befindlichkeiten beim Tier erkennbar sind. SAMBRAUS ist zu dem Schluss gekommen, dass aufgrund der engen Verwandtschaft warmblütiger Tiere mit dem Menschen in der Morphologie, Histologie, Physiologie und Neurophysiologie, Empfindungen wie Schmerzen, Leiden, Hunger und Durst analogisiert werden können. Denn in bestimmten Situationen zeigen Tiere dem Menschen entsprechende objektiv wahrnehmbare Reaktionen, wie Schweißausbruch, erhöhte Herzschlag- und Atemfrequenz, Zittern oder Schreien. Folglich kann ein Mensch, welcher selbst diese Empfindungen erlebt hat, jene auch beim Tier erkennen. Somit besagt der Analogieschluss, dass Empfindungen von Tieren über die Artgrenze hinaus erkennbar sind. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass der Analogieschluss sich nur auf grundlegende biologische Phänomene bezieht. Artspezifische Verhaltensabläufe und Bedürfnisse des Tieres dürfen dabei nicht im Sinne einer Vermenschlichung des Tieres außer Acht gelassen werden. Deshalb fügt SAMBRAUS hinzu, dass die sichere Beurteilung von Empfindungen eines Tieres viel Fachwissen und Erfahrung über die entsprechende Tierart voraussetzt. Zum Beispiel kann Schweißausbruch Angst bedeuten, aber genauso gut auch eine Überhitzung des Körpers darstellen.

Der Analogieschluss ist geeignet, Empfindungen eines Tieres plausibler zu machen, denn sie lassen sich nicht mit den üblichen naturwissenschaftlichen Methoden erfassen.

2.3.2 Bedarfsdeckung und Schadensvermeidungskonzept nach Tschanz (1982, 1984a, 1985, 1993, 1997a, b, c)

Alle Lebewesen sind in der Lage, sich durch Nutzung ihrer Umwelt selbst aufzubauen, selbst zu erhalten und selbst fortzupflanzen. Dies gelingt über Stoffaufnahme, Stoffverarbeitung, Stoffabgabe, Energieaufnahme und -abgabe sowie Reizaufnahme und Reizerzeugung. Allerdings ist ein Lebewesen nicht fähig selber Bedingungen zu schaffen, welche für den Ablauf von Stoffwechselprozessen vorhanden sein müssen oder Dinge, die zum Aufbau des Körpers und dessen Funktionen erforderlich sind, selbst herzustellen. Es entsteht demnach ein Bedarf an all dem, was ein Tier für Selbstaufbau und Selbsterhaltung benötigt. Ein Tier welches einen bestimmten Bedarf hat, ist entsprechend motiviert, sich mit seiner Umwelt

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auseinander zu setzen, um seinen Bedarf zu decken. Das bedeutet, es erkennt welche Objekte die Eigenschaft besitzen, den momentanen Bedarf zu decken und es verfügt über die Verhaltensweisen, diese auch zu nutzen.

Außer zur Bedarfsdeckung muss ein Lebewesen fähig sein, sich durch bestimmtes Verhalten schädigenden Einflüssen zu entziehen. Dies geschieht durch Abwehr oder Flucht. Ist es dem Lebewesen nicht möglich, durch sein Verhalten oder durch Ortswechsel einer möglichen Schädigung zu entgehen, wird es versuchen durch ein verändertes Verhalten eine Verbesserung zu erreichen. Eine Verhaltensanpassung liegt vor, wenn das Tier mit der Verhaltensänderung dasselbe erreicht, wie mit dem unbeeinträchtigten Normalverhalten. Von Verhaltensstörung spricht TSCHANZ, wenn das veränderte Verhalten zu einer Minderleistung oder Schmälerung der Gesamtleistung führt.

Um objektiv beurteilen zu können, ob Bedarfsdeckung und Schadensvermeidung vorliegt, muss von einem Normalbereich der Merkmalsprägung ausgegangen werden. Hierzu werden aus einer Gruppe von Tieren, welche unter gleichen Voraussetzungen leben, die wesentlichen Merkmale ermittelt die am häufigsten auftreten. Der Typus kann mit mathematisch-statistischen Methoden festgelegt werden.

2.4 Biologie des Kaninchen

2.4.1 Systematische Zuordnung und geographische Verbreitung

Die ältesten fossilen Funde der Hasenartigen (Leporidae) wurden in Asien und Nordamerika entdeckt und stammen aus dem Jung-Eozän (THENIUS 1993). Sie gehören zusammen mit den Pfeifhasen (Ochotonidae) zur Familie der Hasentiere (Lagomorpha). Die Lagomorpha werden weiterhin unterteilt in elf Gattungen, von denen die echten Hasen (Lepus) und die echten Wildkaninchen (Oryctolagus) in Europa vertreten sind (BOBACK 1970; SCHLOLAUT 2003). Demnach wird vermutet, dass sich die Vorfahren des heutigen europäischen Wildkaninchens von Asien und Nordamerika kommend über ganz Europa verbreitet haben. Die Eiszeit von 12.000 – 10.000 v. Chr. jedoch drängte die Wildkaninchen auf die iberische Halbinsel und das

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westliche Nordafrika zurück (LEICHT 1979). 1100 v. Chr. erwähnten die Phönizier erstmals das Wildkaninchen (BOBACK 1970; SCHLOLAUT 2003; SIEFKE 1989). Sie verwechselten das Wildkaninchen mit einem in ihrem Heimatland bekannten Nager, dem Klippschliefer. Daraufhin nannten sie das von ihnen entdeckte Land „Land des Klippschliefers“ (Phönizisch: „I-saphan-In“). Die Römer übersetzten dies in „Hispania“

und somit erhielt das heutige Spanien seinen Namen (GRÜN 1999; SCHLOLAUT 2003). Auch sorgten die Römer während ihrer Eroberungsfeldzüge für die Verbreitung der Wildkaninchen, da sie ihnen als Fleischlieferant dienten.

Molekulargenetische Untersuchungen von MONNEROT et al. (1995) zeigen, dass die in Nordeuropa vorkommenden Wildkaninchen sowie unsere Hauskaninchen von einer Ursprungspopulation aus Nordostspanien abstammen. Heute ist das Wildkaninchen in West- und Mitteleuropa, auf den britischen Inseln und Irland, auf Sardinien, Korsika, Sizilien und einigen östlichen Mittelmeerinseln beheimatet. Im Norden findet man das Wildkaninchen in Norwegen, Südschweden und im Gotland.

Östlich erstreckt sich das beheimatete Gebiet bis ins westliche Polen, Tschechien und Ungarn. Auch in den USA, Australien, Neuseeland, Feuerland und den Kerguelen hat das Wildkaninchen eine ökologische Nische gefunden (BOBACK 1970).

2.4.2 Domestikation

Das von den Römern als Frischfleischlieferant und Jagdobjekt beliebte Wildkaninchen wurde in großen ummauerten Gehegen (Leporarien) gehalten und stellten somit den ersten Schritt der Domestikation dar (SCHLOLAUT 2003), da sie sich im Gegensatz zu den Hasen in den Gehegen vermehrten. Gregor von Tours (538-593) berichtete erstmals über den Übergang von der Gehege- zur Käfighaltung und dem damit verbundenem Beginn der kontrollierten Zuchtauswahl (SCHLOLAUT 2003). Nach Deutschland kamen die ersten Hauskaninchen im Jahre 1149 in das Kloster Corvey an der Weser (BOBACK 1970; SCHLOLAUT 2003; SIEFKE 1989).

Im 15. Jahrhundert werden Kaninchenrassen das erste Mal von Charles Orleans (1391-1465) und Agrikola (1494-1555) beschrieben. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts waren in Großbritannien vier Rassen mit insgesamt zehn verschiedenen Farbschlägen bekannt. Mit der Gründung von Kaninchenzuchtvereinen in Frankreich

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und Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts wurde ein weiterer Schritt in die gezielte Kaninchenzucht erreicht, denn sie konzentrierten sich auf die Leistungssteigerung durch Selektion anhand von äußeren Merkmalen (SCHLOLAUT 2003).

2.4.3 Lebensraum

Im Allgemeinen kann das Wildkaninchen als Wärme liebendes Tier beschrieben werden, welches trockenes Klima mit milden Wintern bevorzugt. Daher ist es in Ländern mit warmgemäßigtem Klima weit verbreitet (BOBACK 1970; LEICHT 1979).

Bevorzugter und ursprünglicher Lebensraum ist ein leicht welliges bis hügeliges Gelände mit trockenem Sandboden, in den es seine Erdbauten graben kann. Dieses Habitat ist ideal, wenn es zusätzlich mit Büschen, Sträuchern und jungen Bäumen bewachsen ist, da diese nicht nur der Nahrungsaufnahme dienen, sondern auch Deckung bieten (BOBACK 1970; LEICHT 1979; MÜLLER 1982). Da das Wildkaninchen sehr anpassungsfähig ist, bezieht es im Notfall auch ungeeignetes Gelände, wie Moorböden oder sogar hohle Baumstämme. Eignet sich die Beschaffenheit des Bodens nicht zum Graben einer der Tierart entsprechenden Wohn- und Satzröhren, weichen Wildkaninchen auf Reisighaufen, Holzstapel und Ähnliches aus (BOBACK 1970). Wenn möglich meidet das Wildkaninchen jedoch schwere feuchte Böden und Gebirge von mehr als 600 m über dem Meeresspiegel (BOBACK 1970; LEICHT 1979). Als sogenannter Kulturfolger des Menschen trifft man das Wildkaninchen mittlerweile auch in Randgebieten und Grünanlagen der Städte, auf Friedhöfen oder in Gärten (LEICHT 1979). Dies unterstreicht ein weiteres Mal die Anpassungsfähigkeit dieser Tierart.

2.4.4 Normalverhalten

TSCHANZ (1985) schreibt in seiner Zusammenstellung, dass dem Begriff „ Norm“

verschiedene Bedeutungen zukommen können. Er bezeichnet z.B. die in einer Population am häufigsten vorhandenen Ausprägungen eines Merkmals als Norm.

Weiterhin kann numerisch der Begriff „ Norm“ als der Ausprägungsgrad beschrieben werden, der bei 95% der Grundgesamtheit auftritt. Demnach ist bei einem Tier von Normalverhalten zu sprechen, wenn es ihm möglich ist einen artgemäßen und verhaltensgerechten Ablauf der Lebensvorgänge auszuüben. Denn der

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Normalzustand oder das Normalverhalten bestimmt die Eigenschaften Wohlbefinden und Leiden. Das Verhalten wird laut GATTERMANN (2006) 1909 von Baron von Uexküll in Funktionskreise eingeteilt. Der Organismus wirkt mit seinen Sinnesorganen und seinem Verhalten auf die Umwelt ein. Laut GATTERMANN (2006) nannte von Uexküll folgende Funktionskreise: Kreis des Mediums (Orientierung im Raum, allgemeine Bewegungsweisen), den Kreis der Nahrung, den Kreis des Feindes und den Geschlechtskreis (Sexualverhalten, Jungenaufzucht). Der Begriff Funktionskreis wird heute vermieden oder unter Verhaltensweisen zusammengefasst, die sich nach Zweck, Motivation oder Bezugsobjekt unterscheiden. Eine allgemein anerkannte Zusammenstellung gibt es allerdings nicht (GATTERMANN 2006).

Das Normalverhalten von Wild- und Zwergkaninchen kann in folgende Verhaltensweisen eingeteilt werden:

Lokomotionsverhalten Sozialverhalten

Spielverhalten

Fortpflanzungsverhalten

Stoffwechselbedingtes Verhalten Schutz- und Verteidigungsverhalten Komfortverhalten

Ruhe- und Schlafverhalten, Aktivitätsverhalten 2.4.5 Lokomotionsverhalten

Das Hoppeln ist die typische Fortbewegungsart des Kaninchens, wenn es sich ungestört fühlt. Die Hinterläufe werden bis zum Sprunggelenk abgedrückt und vor den Vorderläufen wieder abgesetzt (LEICHT 1979).

Beim Schreithoppeln oder „Rutschen“ werden die Vorderläufe einzeln langsam schreitend nach vorne bewegt. Kann das Tier nicht mehr weiter nach vorne greifen, rutschen die Hinterläufe nach (BOBACK 1970; LEICHT 1979). Diese sehr langsame Art sich Fortzubewegen wird vorwiegend bei der Nahrungsaufnahme beobachtet (LEICHT 1979).

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Die Bewegungsabfolge beim Flüchten unterscheidet sich im Wesentlichen nicht von der des Hoppelns. Die Abläufe sind nur schneller hintereinander und der Körper gerät in eine völlig gestreckte Lage bei der eine kurze Schwebephase entsteht. Das Wildkaninchen kann so auf kurzen Distanzen eine Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h erreichen (BOBACK 1970).

Das Schreiten ist ein Vierfüßlergang. Er tritt vor allem bei Jungtieren als Übergang vom Krabbeln zum Hoppeln auf. Bei adulten Tieren kann es beim vorsichtigen Erkunden der Umgebung oder unmittelbar nach dem Strecken beobachtet werden (BOBACK 1970; KRAFT 1978a).

Hebt das Kaninchen mehrfach in rascher Folge die Vorderläufe an und fußt auf den Zehen wieder auf, wird dies als „Start“ bezeichnet. Die Vorwärtsbewegung ist dabei gering. Dieses Verhalten wird beim Spiel beobachtet (LEHMANN 1984).

Beim Hakenschlagen bewegt das Tier sein Hinterteil in einer Schlenkerbewegung, welche zu einer Richtungsänderung führt. Dies tritt bei Flucht oder Spiel auf (LEICHT 1979).

Werden alle vier Extremitäten gleichzeitig vom Boden abgehoben, wird dies als Sprung bezeichnet (LEHMANN 1984).

Kapriolen werden im Spiel gezeigt. Dabei vollführt das Kaninchen während des Sprunges eine Schleuderbewegung des Kopfes, der Beine oder des ganzen Körpers (LEHMANN 1984).

Die ruckartige Bewegung des Kopfes nach oben, zur Seite oder abwärts wird als Kopfzucken beschrieben. Dabei wird der Vorderkörper aufgerichtet und die Beine vom Boden abgehoben. Dieses Verhalten kommt am Anfang eines Sprunges oder in Zusammenhang mit einer Hoppelfolge vor (LEHMANN 1984).

2.4.6 Sozialverhalten

Unter Sozialverhalten versteht man die Gesamtheit aller Verhaltensweisen, die Interaktionen von Individuen begleiten (GATTERMANN 2006). Unter anderem beinhalten dies Formen des agonistischen Verhaltens, Stimmungsübertragung, Fremdputzen, Bindungsverhalten, Dominanz- und Subdominanzverhalten, Pflegeverhalten, Pflegeverlangen, Imponierverhalten, Fortpflanzungsverhalten und Sozialspiel.

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Die sozialen Verhaltensweisen beim Wildkaninchen unterliegen einer jahreszeitlichen Periodik. Sie sind in der Fortpflanzungszeit am stärksten ausgeprägt (LEICHT 1979).

Man unterscheidet zwischen soziopositivem und aggressivem Verhalten.

MYKYTOWYCZ (1958) und MYERS U. POOLE (1961) fanden in ihren Untersuchungen heraus, dass aggressives Verhalten in der Gruppe nur unter Gleichgeschlechtlichen auftritt. Dieses Verhalten dient der Entstehung einer funktionierenden Rangordnung. Es bilden sich getrennt geschlechtliche Hierarchien, in denen das ranghöchste Männchen und das ranghöchste Weibchen das dominante Paar sind (MYKYTOWYCZ 1958). Die Rangordnung der Männchen wird strenger eingehalten, als die der Weibchen. MYERS u. POOLE (1961) fanden heraus, dass sich unter rangniederen Weibchen durchaus friedliche Beziehungen bilden. Die strenge Rangordnung der Männchen führt dazu, dass die jüngeren nachgewachsenen Männchen gezwungen werden, die Kolonie zu verlassen (LEICHT 1979). Wird die bestehende Rangordnung in irgendeiner Weise gestört, wie es MYKYTOWYCZ (1958) in seiner Studie tat, so beginnen unter den verbliebenen Tieren der Kolonie sofort Kämpfe um eine neue Rangordnung. Er entfernte während seiner Beobachtungen zunächst das ranghöchste Männchen aus der Gruppe. Die folgenden Kämpfe unter den Männchen waren sehr aggressiv. Sobald eine neue Rangordnung der Männchen hergestellt war, setzte er das Alpha- Männchen wieder hinzu, welches sofort seine alte Stellung wieder belegen konnte. Entfernte er das ranghöchste Weibchen der Kolonie und setzte es später wieder hinzu, fanden keine vergleichbaren Kämpfe statt. KRAFT (1978 b) stellte in seinen vergleichenden Untersuchungen zwischen Wild-, Haus- und Hermelinkaninchen fest, dass sich Hermelin- und Hauskaninchen gegenüber ihren Gruppenangehörigen aggressiver verhalten als Wildkaninchen. Außerdem fand er heraus, dass sich bei den Hermelinkaninchen auch rangniedere Tiere gegenüber ranghöheren zur Wehr setzten. Die Gruppengröße umfasst im Allgemeinen zwei bis drei Männchen und vier bis sechs Weibchen. LEICHT (1979) begründet dies damit, dass Kaninchen nicht in der Lage sind mehr als zehn Artgenossen individuell zu erkennen. Desweiteren spielt das Verhalten der Weibchen laut MYERS u. POOLE (1961) eine wesentliche Rolle.

Sind mehr als sechs geschlechtsreife Weibchen in einer Gruppe, so entstehen

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daraus zwei getrennte Gruppen. Betritt ein fremdes Tier das Territorium wird es direkt und von allen angegriffen und verjagt. Das Kaninchen, welches sich auf fremdem Territorium befindet, verhält sich äußerst vorsichtig und zieht sich möglichst schnell wieder zurück (LEICHT 1979).

Außerhalb der Fortpflanzungsperiode nehmen Männchen und Weibchen kaum Notiz voneinander (LEICHT 1979). Während MYKYTOWYCZ (1958) keinen direkten Kontakt zwischen adulten Männchen beobachten konnte, beschreibt KRAFT (1978 b) diesen als eine normale Verhaltensweise auch in der Fortpflanzungszeit. Er fand allerdings heraus, dass Hauskaninchenmännchen jedes soziopositive Verhalten untereinander vermeiden. Er begründet dies mit der von ihm beobachteten gesteigerten Aggressivität. Bei Kaninchenweibchen hingegen konnten beide Autoren sozialfreundliches Verhalten wie sich Ducken, sich Putzen oder Kontaktliegen beobachten. MORGENEGG (2005 b) beschreibt in ihrem Buch bezüglich der Zusammenstellungen von Zwergkaninchengruppen, dass sich mehrere kastrierte Böcke sehr gut vertragen und es bei mehreren Zibben in einer Gruppe häufig zu Aggressivitäten und Beißereien kommen kann. Sie empfiehlt einen kastrierten Bock zu jeder Weibchengruppe zu setzen, da dieser beruhigend auf die Weibchen wirkt.

Unkastrierte Männchen hingegen sollten ihrer Meinung nach nicht zusammengehalten werden, da diese sich nicht vertragen. Sie empfiehlt in der Heimtierhaltung kleine Gruppen aus drei bis fünf Tieren bestehend aus kastrierten Böcken oder kastrierten Böcken und Weibchen.

2.4.7 Spielverhalten

KRAFT (1978 a) beobachtete Spielverhalten bei Wildkaninchen bis zu einem Alter von zwei - drei Monaten und bei Hauskaninchen bis vier Monate und gelegentlich auch bei adulten Tieren. Dies äußert sich in Hopsen, plötzlichem Losrennen, Hoppeln und Hochspringen. Jungtiere jagen einander spielerisch bis zu einem Alter von drei Monaten.

2.4.8 Fortpflanzungsverhalten

Unter Fortpflanzungsverhalten werden alle Verhaltensweisen, die mit der Reproduktion der Individuen in Zusammenhang gebracht werden können verstanden

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(GATTERMANN 2006). Bestandteile des Fortpflanzungsverhaltens sind Sexualverhalten mit Partnersuche, Balz, Kopulation und Brutpflegeverhalten.

Die Fortpflanzungsperiode hängt von der Witterung, dem Nahrungsangebot, der Populationsdichte und der Dichte der Fressfeinde ab (SIEFKE 1989). Sie setzt, von oben genannten Faktoren abhängig, im Februar/März ein und endet im September (SIEFKE 1989). Laut LEICHT (1979) wird der Beginn der Fortpflanzungsperiode von den Häsinnen bestimmt und das Ende durch die nachlassende Zeugungsfähigkeit der Männchen beeinflusst. Das Sexualverhalten der Rammler setzt sich laut MYERS u. POOLE (1961) aus folgenden Verhaltenselementen zusammen: Suchen nach brünstigen Weibchen, Geruchskontrolle und Markieren, Folgen und Treiben, Umkreisen, „Liebkosen“ („caressing“), Anharnen, Behüten des Weibchens und Kopula. Die Rangordnung der Rammler spielt hier eine wesentliche Rolle (SELZER 2000). Das ranghöchste Männchen begattet die meisten Häsinnen in seinem Territorium, dabei werden die rangniedrigeren Männchen durch Aggressionen von den zuvor mit Harn markierten, brünstigen Weibchen ferngehalten. Das von MYERS u. POOLE (1961) beschriebene „Caressing“ wird kurz vor Einsetzen der Brunst beobachtet. Männchen und Weibchen schmiegen sich Seite an Seite, belecken sich den Kopf und den Maulbereich (LEICHT 1979). Das Paarungsverhalten beginnt mit dem Treiben und Folgen. Während der Rammler die Häsin in der Analgegend beschnüffelt, läuft sie einige Schritte vorwärts. Der Rammler folgt ihr. Setzt oder legt sich das Weibchen, wird es infolge dessen von dem Männchen umkreist, in dem dieses steifbeinig mit gestreckten Hinterbeinen um das Weibchen herum läuft (LEICHT 1979; MYERS u. POOLE 1961). Der Schwanz wird dabei auf den Rücken geklappt, so dass die weiße Unterseite zu sehen ist. Der Jäger spricht hier von

„Blume weisen“ (LEICHT 1979). In diesem Zusammenhang wird auch häufig das Anharnen des Männchens auf das Weibchen beobachtet (LEICHT 1979). Kommt es zur Begattung, besteigt der Rammler das Weibchen, in dem er die Vorderpfoten um die Flanken und den Kopf auf den Rücken des Weibchens legt (LEICHT 1979). Es folgen rasche Friktionsbewegungen, welche mit der sehr raschen Ejakulation beendet werden. Dabei heben sich die Hinterbeine des Männchens vom Boden ab, es verliert das Gleichgewicht und fällt seitwärts vom Weibchen ab (LEICHT 1979).

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Das Sexualverhalten des Weibchens ist nach LEICHT (1979) nicht nur passiv, sondern es löst durch sein Verhalten gegenüber dem Rammler bestimmte Verhaltensweisen beim Männchen aus, welches beim Treiben und Folgen zu beobachten ist. Außerdem umkreist auch das Weibchen vor allem während der Hochbrunst das Männchen und stellt sich mit hoch gestrecktem Hinterteil davor. Ein wesentlicher Unterschied zu anderen Säugetieren findet sich bei Häsinnen darin, dass sie einen induzierten Eisprung haben. Der Eisprung findet circa zehn Stunden nach der Kopulation statt.

Nach der Begattung und vor der Geburt der Jungen werden von MYERS u. POOLE (1961) und LEICHT (1979) folgende Verhaltensweisen beschrieben: Graben von Setzröhren, Ausstattung des Nestes und Aggressionen gegenüber anderen Weibchen. Das Graben der Setzröhren und der Nestbau beginnen nach MYKYTOWYCZ (1958) erst wenige Tage vor der Geburt. Er stellte fest, dass nur die ranghöchsten Weibchen das Nest im Wohnbau anlegen. Die rangniedrigeren Weibchen graben ihre Satzröhren außerhalb. BOBACK (1970) allerdings beschreibt, dass alle Weibchen ihre Nester außerhalb des Wohnbaus und an ruhigen Orten graben. Das Nest wird mit Pflanzen und Fell, welches sich die Häsin vom Bauchbereich zupft, ausgepolstert. Ist der Bau fertig gestellt, wird er mit hoher Aggression gegenüber anderen Weibchen verteidigt. Laut LEICHT (1979) können diese Kämpfe auch tödlich enden.

Nach einer Tragezeit von 28 - 31 Tagen (SIEFKE 1989) findet die Geburt zwischen sechs und fünfzehn Uhr statt (LEICHT 1979). Es werden durchschnittlich fünf - sechs Jungen zur Welt gebracht (LEICHT 1979). Das Weibchen betritt zweimal täglich den Bau, um ihre Jungen für circa 15 Minuten zu säugen (SIEFKE 1989). Neuere Untersuchungen von SELZER (2000) zeigen allerdings, dass 68,3% der Wildkaninchen und 86,8% der Hauskaninchen in 24 Stunden nur einmal säugen. Die Häsin kann in den ersten Tagen nach der Geburt wieder erfolgreich belegt werden.

Somit kann sie im Jahr drei Sätze zur Welt bringen.

2.4.9 Stoffwechselbedingtes Verhalten

Stoffwechselbedingtes Verhalten ist eine Sammelbezeichnung für alle im Dienst des Stoffwechsels stehenden Verhaltensweisen (GATTERMAN 2006). Der Stoffwechsel

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ist die Gesamtheit der im Organismus ablaufenden chemischen und energetischen Prozesse, die das Leben und Verhalten aufrechterhalten. Zum stoffwechselbedingten Verhalten gehören die Verhaltensweisen bei der Nahrungsaufnahme, bei der Nahrungsverarbeitung und des Kot- und Urinabsatzes.

Zur Nahrungsaufnahme werden Nahrungspflanzenteile mit den Incisivi abgebissen und zwischen den Molaren zerrieben. Der Unterkiefer bewegt sich dabei von vorne nach hinten und von einer Seite zur anderen. Dies ist möglich, da es sich bei dem Kiefergelenk um ein Schlittengelenk handelt. Laut MYKYTOWYCZ (1958) beginnt die Nahrungsaufnahme in der Abenddämmerung bis zum Sonnenaufgang.

Wildkaninchen sind pro Nacht zwischen 2,5 und 6 Stunden mit Äsen beschäftigt (MYKYTOWYCZ 1958). Dabei fressen die Tiere in der Dämmerung in der Nähe ihrer Baue oder Ruheplätze und wechseln in der Nacht zu weiter entfernten Flächen. Beim Äsen wird der Kopf halbkreisförmig von einer Seite zur anderen gewendet. Ist die Stelle abgenagt, rutscht das Kaninchen weiter. Die Bereitschaft zur Flucht bleibt während des Äsens erhalten.

Der tägliche Wasserbedarf des Kaninchen beträgt laut BOBACK (1970) 150 -180 ml und wird hauptsächlich durch die Aufnahme von Saftfutter und den auf Pflanzen liegenden Tau gedeckt (MYERS u. POOLE 1961).

Der Kotabsatz findet im Territorium an bestimmten Plätzen statt. Vorzugsweise werden erhöhte und windgeschützte Plätze aufgesucht. Diese dienen auch zur Markierung des Territoriums (LEICHT 1979). Desweiteren dient das Harnmarkieren zur Kennzeichnung der Gruppenzugehörigkeit und auch in Verbindung mit dem Sexualverhalten tritt das Markieren des Weibchens mit Harn des Männchens auf (LEICHT 1979). Das Kaninchen nimmt den Weichkot direkt vom Anus auf und verschluckt ihn unzerkaut. Dies geschieht vorwiegend in den Ruhephasen. Die Caecotrophe enthält viel Protein und hat einen hohen Gehalt an Vitamin B1 (LEICHT 1979). Die schleimüberzogenen Pillen unterscheiden sich deutlich vom Hartkot.

Können die Tiere aus unterschiedlichen Gründen den Weichkot nicht aufnehmen, zeigen sich bald deutliche Vitaminmangel-Erscheinungen (LEICHT 1979). Bereits junge Kaninchen nehmen laut LEICHT (1979) den Vitaminkot vom After der Mutter auf.

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2.4.10 Schutz- und Verteidigungsverhalten

Schutz- und Verteidigungsverhalten ist ein Sammelbegriff für alle Verhaltensweisen, die hauptsächlich dem Schutz vor Feinden dienen (GATTERMANN 2006).

Die wichtigste Verhaltensweise eines Wildtieres ist die Feindvermeidung. Alle anderen Verhaltensweisen werden bei Gefahr sofort unterbrochen. Typische Verhaltensformen beim Kaninchen sind das Sichern, das Warnen der Artgenossen und die ständige Fluchtbereitschaft (LEICHT 1979).

Wildkaninchen sichern bereits bei geringer Beunruhigung, in dem sie ihre Aktivität unterbrechen und mit weit geöffneten Augen in Richtung zum Beispiel des Geräusches oder der Bewegung blicken (KRAFT 1976). Im Unterschied dazu konnte KRAFT (1976) bei Hauskaninchen beobachten, dass sie nur bei starker Beunruhigung sichern und dies entspannter als ihre wilden Artgenossen. Das Sichern dient laut LEICHT (1979) der frühzeitigen Feinderkennung, denn die Wildkaninchen sichern in regelmäßigen Abständen ihre Umgebung, in dem sie ihre jeweiligen Aktivitäten unterbrechen und ihre Umgebung aufmerksam beobachten.

Vor Verlassen des Baues verharren die Tiere am Eingang, um die Umgebung zu sichern (LEICHT 1979).

Bei Beunruhigung und Gefahr schlägt das Kaninchen mehrmals mit den Hinterläufen auf den Boden und warnt somit seine Artgenossen (LEICHT 1979). Dies veranlasst alle anderen Mitglieder der Kolonie die Flucht zu ergreifen (LEICHT 1979). Bei Wildkaninchen bedeutet dies, blitzartig in die Baue zu verschwinden (LEICHT 1979).

KRAFT (1976) beobachtete bei seinen Untersuchungen, dass Hauskaninchen eine herabgesetzte Fluchtbereitschaft zeigen, da sie nur äußerst selten in ihre Baue flüchten und dies auch nur bei starker Beunruhigung. Ist die Flucht in die Baue nicht direkt möglich, nutzt das Wildkaninchen Pflanzenbewuchs als Deckung und flüchtet so in zickzackförmigen Bewegungen auf den Bau zu (LEICHT 1979). Ein weiteres Verhalten zum Schutz und zur Verteidigung nennt KRAFT (1976). Greift man ein Kaninchen im Nackenfell und hebt es hoch, so fängt es an mit den Hinterläufen und gespreizten Zehen nach oben zu schlagen. Dies dient laut KRAFT (1976) dazu den Feind an Hals und Schnauze zu verletzen und ihn zu veranlassen, das Kaninchen los zu lassen.

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2.4.11 Komfortverhalten

Komfortverhalten ist eine Sammelbezeichnung für alle Verhaltensweisen im Dienst der Behaglichkeit und der Bequemlichkeit. Dazu gehören die Körperpflege sowie alle Streckbewegungen und das Gähnen (GATTERMANN 2006).

LEICHT (1979) dagegen nimmt das Räkeln, Gähnen und Sich-Strecken aus der Definition heraus und ordnet diese als „Räkelsyndrom“ dem stoffwechselbedingten Verhalten zu. Für ihn beinhaltet das Komfortverhalten alle Formen der Körperpflege wie Putzen, Sich- Kratzen, Scheuern, Sich-Schütteln, Baden und Suhlen. Ergänzend fügen MYERS u. POOLE (1961) hinzu, dass Komfortverhalten nicht nur der Hygiene, sondern beim gegenseitigen Putzen auch der Gruppenbindung dient.

2.4.12 Ruhe- und Schlafverhalten, Aktivitätsverhalten

Unter Ruhe- und Schlafverhalten versteht man den Zustand körperlicher Inaktivität, der bei allen Tieren innerhalb eines Tages regelmäßig mit der Aktivität wechselt (GATTERMANN 2006). Zum Schlafverhalten gehören dabei alle Verhaltensweisen, die unmittelbar mit dem Schlaf zu tun haben. Je größer der Feinddruck, desto kürzer ist die Schlafdauer.

Die meisten Tiere sind innerhalb eines Tages nicht nur einmal aktiv und inaktiv, sondern ihre verschiedenen Aktivitäten treten schubweise und ultradianrhythmisch geordnet auf (GATTERMANN 2006).

Wildkaninchen ruhen sowohl in ihren Bauen und, wenn sie sich ungestört fühlen, auch im Freien. MYERS u. POOLE (1961) unterscheiden die Ruhestellung und die Schlafstellung. Die Ruhehaltung wird unterschieden in ein aufrechtes Sitzen auf den Hinterpfoten, untergeschlagene Beine mit Anpressen des Körpers an den Boden und seitliches Liegen mit ausgestreckten Hinterbeinen. Die Schlafhaltung wird beschrieben als ein Halb-auf-der-Seite-Liegen. Die Ruhe- und Aktivitätsphasen sind nach LEICHT (1979) abhängig von der Jahreszeit, dem Alter, dem Geschlecht und der sozialen Stellung in der Gruppe. KRAFT (1976) stellte Unterschiede in den Aktivitäts- und Ruhephasen zwischen Wild- und Hauskaninchen fest. Während Wildkaninchen einen regelmäßigen Wechsel von Aktivität und Ruhe zeigten, vornehmlich Aktivität in der Nacht und Ruhen am Tag, konnte er bei Hauskaninchen

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kurze Ruhe- und Aktivitätsphasen in raschem Wechsel beobachten. In den Abendstunden konnten MYKYTOWYCZ U. ROWLEY (1958) bei mehr als 50% der von ihnen beobachteten Koloniebewohner eine Hauptaktivität feststellen, die sich bis in die Nacht hineinzog.

2.5 Biologie des Meerschweinchens (Cavia aperea)

2.5.1 Nomenklatur und Abstammung

Stammesgeschichtlich gehören die Meerschweinchen zur Ordnung der Nagetiere (Rodentia). Diese lassen sich bis ins Eozän zurückverfolgen. Eine Unterordnung der Rodentia sind die sogenannten Meerschweinchenartigen (Caviomorpha). Diese werden weiter in Familien unterteilt und ordnen somit die Meerschweinchen in die Familie der Caviidae ein. Bis hierhin ist die Systematik vollständig geklärt.

HÜCKINGHAUS (1961) gibt vier Gattungen in der Familie der Caviidae an, welche sich in Südamerika verbreitet haben: Galea (Gelbzahnmeerschweinchen) MEYEN (1833), Microcavia (Zwergmeerschweinchen) GERVAIS u. AMEGHINO (1880), Kerodon (Bergmeerschweinchen) CUVIER (1825) und Cavia (gemeines Meerschweinchen) PALLAS (1766). Bis heute hat sich die Familie der Caviidae um die Gattungen Dolichotis (Mara) und Hydrochoeris (Capybara) erweitert (DUNNUM u.

SALAZAR-BRAVO 2010; OPAZO 2005). DUNNUM u. SALAZAR-BRAVO (2010) teilen die Gattungen in folgende Arten und Unterarten ein:

Cavia aperea aperea guianae hypoleuca pamparum patzelti rosida Cavia tschudii tschudii

arequipae festina osgoodi

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sodalis Cavia fulgido

Cavia intermedia Cavia magna Cavia porcellus Galea musteloides Dolichotis patagonum Dolichotis salinicola Kerodon rupestris Microcavia niata

Hydrochoerus hydrochaeris

Cavia porcellus stammt, nach den Vergleichen von Schädelmerkmalen und Zähnen zwischen Wild- und Hausmeerschweinchen von HÜCKINGHAUS (1961), eindeutig von der Gattung Cavia aperea ab. Die Nomenklatur hat sich bis heute dahingehend geändert, dass, wie oben bereits dargestellt, Cavia porcellus als eigene Art benannt wird und auch Cavia tschudii nicht mehr wie noch bei HÜCKINGHAUS (1961) zu einer Unterart der Gattung Cavia aperea gehört. Desweiteren nahm HÜCKINGHAUS (1961) an, dass der Beginn der Domestikation des Meerschweinchens im Hochland von Peru begann, da in dortigen Gräbern gefundene Meerschweinchenskelette keine anatomischen Unterschiede zu den Hausmeerschweinchen aufwiesen.

2.5.2 Verbreitung und Domestikation

Das Wildmeerschweinchen findet man heute noch in weiten Teilen Mittel- und Südamerikas, mit Ausnahme der tropischen Wälder des Amazonasbeckens, bis zu einer Höhenlage von ca. 5000 m (DRESCHER U. HAMEL 2012; HERRE u. RÖHRS 1990; HÜCKINGHAUS 1961; SACHSER 1994). Sie zählen zu den häufigsten Nagetieren Südamerikas (KÜNZL u. SACHSER 2000 a, b). Funde von Meerschweinchenmumien aus dem Gräberfeld von Ancon in Peru lassen darauf schließen, dass die Domestikation des Hausmeerscheinchens (Cavia aperea f.

porcellus) bereits 3000-6000 v. Chr. begann (HERRE u. RÖHRS 1990;

HÜCKINGHAUS 1961; KÜNZL U. SACHSER 2000 a, b; SACHSER 1994; STAHNKE

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1987; WEISS et al. 2008). Sie dienten den dort lebenden Inkas als Fleischlieferanten und Opfertiere und werden heute noch in den Hütten oder in extra angelegten Gruben als Nutztiere gehalten (BIRMELIN 2006; DRESCHER u. HAMEL 2012;

HERRE u. RÖHRS 1990; SACHSER 1994).

Im 16. Jahrhundert gelangten die ersten Meerschweinchen durch spanische Seefahrer nach Europa (DRESCHER u. HAMEL 2012; SACHSER 1994; STAHNKE 1987). Auf den Schiffen dienten sie während der Überfahrten als Fleischlieferanten.

DRESCHER u. HAMEL (2012) nehmen anhand von Überlieferungen an, dass bereits hundert Jahre zuvor holländische Seefahrer Meerschweinchen nach Europa brachten. Sie stützen sich dabei auf den schriftlichen Beleg aus dem Jahre 1554 des Schweizer Naturforschers und Arzt Konrad Gesner. Daher kann laut DRESCHER u.

HAMEL (2012) davon ausgegangen werden, dass die Stammform der heute gezüchteten Meerschweinchen aus Holland kamen. In Europa wurden die Meerschweinchen als Spieltiere und auch als Labortiere immer beliebter und verbreiteten sich schnell. Heutzutage werden unterschiedliche Rassen, mit unterschiedlichen Farb- und Fellschlägen, weltweit gezüchtet und gehalten.

2.5.3 Lebensraum

Das Wildmeerschweinchen lebt, wie oben bereits erwähnt, weit verbreitet in Mittel- und Südamerika. In Höhen bis zu 5000 m besiedeln sie die grasreichen Hochebenen und Buschsteppen der Anden (DRESCHER u. HAMEL 2012; SACHSER 1994). Sie nutzen Verstecke unter Büschen und verlassene Bauten anderer Tiere als Unterschlupf. Lange Zeit wurde angenommen, dass Meerschweinchen ihre Bauten selbst graben (DRESCHER u. HAMEL 2012; HERRE u. RÖHRS 1990). ROOD (1972) allerdings beobachtete in seinen Untersuchungen, dass Wildmeerschweinchen nur selten gruben und wenn dann nur flache Vertiefungen.

Die Größe ihres natürlichen Habitats beträgt in den Untersuchungen von ROOD (1972) für die Männchen 2475 m2 und für die Weibchen 1575 m2. In neueren Untersuchungen von ASHER et al. (2004) beträgt das natürliche Habitat der Wildmeerschweinchen 880 ± 217 m2 für die Männchen und 549 ± 218 m2 für die Weibchen. Die Reviergröße hängt aber von den vorhandenen Deckungsmöglichkeiten ab. Die Reviere eines jeden Familienverbandes können sich

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überschneiden oder gleichen. Meerschweinchen nutzen in ihrem Revier trampelpfadartige Wege, welche sich wie ein Netz durch das gesamte Revier ziehen.

2.5.4 Normalverhalten

Das Normalverhalten wird in Funktionskreise eingeteilt. Der Begriff Funktionskreis wurde laut GATTERMANN (2006) 1909 von Baron von Uexküll geprägt. Er beschrieb so den Zusammenhang zwischen Organismus und Umwelt. Der Organismus handelt und reagiert mit seinen Sinnesorganen und seinem Verhalten zielgerichtet auf seine Umwelt (GATTERMANN 2006). Eine allgemeingültige Einteilung der Funktionskreise gibt es nicht. Daher wird das Verhalten von Wild- und Hausmeerschweinchen in dieser Arbeit wie folgt eingeteilt:

Lokomotionsverhalten Sozialverhalten

Spielverhalten

Fortpflanzungsverhalten

Stoffwechselbedingtes Verhalten Schutz- und Verteidigungsverhalten Komfortverhalten

Ruhe- und Schlafverhalten, Aktivitätsverhalten

Das Ethogramm von Wild- und Hausmeerschweinchen unterscheidet sich im Wesentlichen nicht. KÜNZL (2000); ROOD (1972) und STAHNKE (1987) fanden während ihrer Studien heraus, dass es im Laufe der Domestikation weder zu einem Verlust, noch zu einem Neuerwerb von Verhaltensweisen gekommen ist. Allerdings unterscheiden sich Wild- und Hausmeerschweinchen in der Intensität einiger Verhaltensweisen (KÜNZL 2000). So gibt es zum Beispiel deutliche Unterschiede im Sozial- wie auch im Explorationsverhalten.

2.5.5 Lokomotionsverhalten

ROOD (1972) bezeichnet den Gang der Meerscheinchen als Viertaktgang, wobei das Tier jede Pfote nacheinander aufsetzt. Dies wird sowohl beim Langsamen als auch bei einer schnellen Gangart verwendet. KUNKEL u. KUNKEL (1964) beschreiben den langsamen Gang als Kreuzgang. Auch dabei werden die Pfoten

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nacheinander aufgesetzt. Im sogenannten Galopp bewegt das Tier gleichzeitig die Vorderbeine nach vorne, setzt sie aber unterschiedlich weit auf und die Hinterbeine werden gleichzeitig parallel aufgesetzt. Sie beschreiben Meerschweinchen als Zehengänger und Sohlensteher. Auf ihm unbekanntem Gelände bewegt sich das Meerschweinchen in geduckter Haltung, wobei es nach einigen Schritten immer wieder kurz anhält um sich zu orientieren (KUNKEL u. KUNKEL 1964; ROOD 1972).

Grundsätzlich klettern Meerschweinchen nicht, aber sie sind in der Lage auf kleine Anhöhen zu springen (ROOD 1972).

2.5.6 Sozialverhalten

Meerschweinchen besitzen ein sehr ausgeprägtes soziales Verhalten. Sowohl Wild- als auch Hausmeerschweinchen wurden dahingehend bereits intensiv untersucht.

Es werden dabei vor allem im Sozialverhalten deutliche Unterschiede zwischen Wild- und Hausmeerschweinchen erkennbar (KÜNZL 2000). Allerdings hat sich nur die Ausprägung einzelner Verhaltensweisen geändert, das Ethogramm hingegen hat sich nicht verändert (KÜNZL 2000; ROOD 1972). Diese Veränderungen zählen zu den typischen Domestikationsmerkmalen und wurden bereits für mehrere andere domestizierte Arten beschrieben (HERRE u. RÖHRS 1990; KÜNZL 2000).

Im Folgenden wird das Sozialverhalten noch einmal in soziopositives und agonistisches Verhalten unterteilt.

Soziopositives Verhalten

Begegnen sich zwei Meerschweinchen, so berühren sie sich mit der Nase, um sich zu identifizieren. Daraus folgen dementsprechend weitere Verhaltensweisen. Ein Weibchen wird auch zu Beginn des Sexualverhaltens vom Männchen an irgendeinem Körperteil beschnuppert (OTTENSMEYER 1997). Das soziale Putzen, auch Allogrooming genannt, ist bei Meerschweinchen nicht so ausgeprägt wie zum Beispiel beim Kaninchen. ROOD (1972) stellte fest, dass nur adulte Weibchen Artgenossen oder ihre Jungen putzen. Dabei werden Artgenossen vor allem an der Ohrregion geputzt. Meerschweinchen sitzen aber häufig eng aneinander gekauert zum Beispiel beim Fressen zusammen oder ruhen eng aneinander liegend. Dabei

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