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2 LITERATURÜBERSICHT

2.5 Biologie des Meerschweinchens (Cavia aperea)

2.5.2 Verbreitung und Domestikation

Das Wildmeerschweinchen findet man heute noch in weiten Teilen Mittel- und Südamerikas, mit Ausnahme der tropischen Wälder des Amazonasbeckens, bis zu einer Höhenlage von ca. 5000 m (DRESCHER U. HAMEL 2012; HERRE u. RÖHRS 1990; HÜCKINGHAUS 1961; SACHSER 1994). Sie zählen zu den häufigsten Nagetieren Südamerikas (KÜNZL u. SACHSER 2000 a, b). Funde von Meerschweinchenmumien aus dem Gräberfeld von Ancon in Peru lassen darauf schließen, dass die Domestikation des Hausmeerscheinchens (Cavia aperea f.

porcellus) bereits 3000-6000 v. Chr. begann (HERRE u. RÖHRS 1990;

HÜCKINGHAUS 1961; KÜNZL U. SACHSER 2000 a, b; SACHSER 1994; STAHNKE

1987; WEISS et al. 2008). Sie dienten den dort lebenden Inkas als Fleischlieferanten und Opfertiere und werden heute noch in den Hütten oder in extra angelegten Gruben als Nutztiere gehalten (BIRMELIN 2006; DRESCHER u. HAMEL 2012;

HERRE u. RÖHRS 1990; SACHSER 1994).

Im 16. Jahrhundert gelangten die ersten Meerschweinchen durch spanische Seefahrer nach Europa (DRESCHER u. HAMEL 2012; SACHSER 1994; STAHNKE 1987). Auf den Schiffen dienten sie während der Überfahrten als Fleischlieferanten.

DRESCHER u. HAMEL (2012) nehmen anhand von Überlieferungen an, dass bereits hundert Jahre zuvor holländische Seefahrer Meerschweinchen nach Europa brachten. Sie stützen sich dabei auf den schriftlichen Beleg aus dem Jahre 1554 des Schweizer Naturforschers und Arzt Konrad Gesner. Daher kann laut DRESCHER u.

HAMEL (2012) davon ausgegangen werden, dass die Stammform der heute gezüchteten Meerschweinchen aus Holland kamen. In Europa wurden die Meerschweinchen als Spieltiere und auch als Labortiere immer beliebter und verbreiteten sich schnell. Heutzutage werden unterschiedliche Rassen, mit unterschiedlichen Farb- und Fellschlägen, weltweit gezüchtet und gehalten.

2.5.3 Lebensraum

Das Wildmeerschweinchen lebt, wie oben bereits erwähnt, weit verbreitet in Mittel- und Südamerika. In Höhen bis zu 5000 m besiedeln sie die grasreichen Hochebenen und Buschsteppen der Anden (DRESCHER u. HAMEL 2012; SACHSER 1994). Sie nutzen Verstecke unter Büschen und verlassene Bauten anderer Tiere als Unterschlupf. Lange Zeit wurde angenommen, dass Meerschweinchen ihre Bauten selbst graben (DRESCHER u. HAMEL 2012; HERRE u. RÖHRS 1990). ROOD (1972) allerdings beobachtete in seinen Untersuchungen, dass Wildmeerschweinchen nur selten gruben und wenn dann nur flache Vertiefungen.

Die Größe ihres natürlichen Habitats beträgt in den Untersuchungen von ROOD (1972) für die Männchen 2475 m2 und für die Weibchen 1575 m2. In neueren Untersuchungen von ASHER et al. (2004) beträgt das natürliche Habitat der Wildmeerschweinchen 880 ± 217 m2 für die Männchen und 549 ± 218 m2 für die Weibchen. Die Reviergröße hängt aber von den vorhandenen Deckungsmöglichkeiten ab. Die Reviere eines jeden Familienverbandes können sich

überschneiden oder gleichen. Meerschweinchen nutzen in ihrem Revier trampelpfadartige Wege, welche sich wie ein Netz durch das gesamte Revier ziehen.

2.5.4 Normalverhalten

Das Normalverhalten wird in Funktionskreise eingeteilt. Der Begriff Funktionskreis wurde laut GATTERMANN (2006) 1909 von Baron von Uexküll geprägt. Er beschrieb so den Zusammenhang zwischen Organismus und Umwelt. Der Organismus handelt und reagiert mit seinen Sinnesorganen und seinem Verhalten zielgerichtet auf seine Umwelt (GATTERMANN 2006). Eine allgemeingültige Einteilung der Funktionskreise gibt es nicht. Daher wird das Verhalten von Wild- und Hausmeerschweinchen in

Das Ethogramm von Wild- und Hausmeerschweinchen unterscheidet sich im Wesentlichen nicht. KÜNZL (2000); ROOD (1972) und STAHNKE (1987) fanden während ihrer Studien heraus, dass es im Laufe der Domestikation weder zu einem Verlust, noch zu einem Neuerwerb von Verhaltensweisen gekommen ist. Allerdings unterscheiden sich Wild- und Hausmeerschweinchen in der Intensität einiger Verhaltensweisen (KÜNZL 2000). So gibt es zum Beispiel deutliche Unterschiede im Sozial- wie auch im Explorationsverhalten.

2.5.5 Lokomotionsverhalten

ROOD (1972) bezeichnet den Gang der Meerscheinchen als Viertaktgang, wobei das Tier jede Pfote nacheinander aufsetzt. Dies wird sowohl beim Langsamen als auch bei einer schnellen Gangart verwendet. KUNKEL u. KUNKEL (1964) beschreiben den langsamen Gang als Kreuzgang. Auch dabei werden die Pfoten

nacheinander aufgesetzt. Im sogenannten Galopp bewegt das Tier gleichzeitig die Vorderbeine nach vorne, setzt sie aber unterschiedlich weit auf und die Hinterbeine werden gleichzeitig parallel aufgesetzt. Sie beschreiben Meerschweinchen als Zehengänger und Sohlensteher. Auf ihm unbekanntem Gelände bewegt sich das Meerschweinchen in geduckter Haltung, wobei es nach einigen Schritten immer wieder kurz anhält um sich zu orientieren (KUNKEL u. KUNKEL 1964; ROOD 1972).

Grundsätzlich klettern Meerschweinchen nicht, aber sie sind in der Lage auf kleine Anhöhen zu springen (ROOD 1972).

2.5.6 Sozialverhalten

Meerschweinchen besitzen ein sehr ausgeprägtes soziales Verhalten. Sowohl Wild- als auch Hausmeerschweinchen wurden dahingehend bereits intensiv untersucht.

Es werden dabei vor allem im Sozialverhalten deutliche Unterschiede zwischen Wild- und Hausmeerschweinchen erkennbar (KÜNZL 2000). Allerdings hat sich nur die Ausprägung einzelner Verhaltensweisen geändert, das Ethogramm hingegen hat sich nicht verändert (KÜNZL 2000; ROOD 1972). Diese Veränderungen zählen zu den typischen Domestikationsmerkmalen und wurden bereits für mehrere andere domestizierte Arten beschrieben (HERRE u. RÖHRS 1990; KÜNZL 2000).

Im Folgenden wird das Sozialverhalten noch einmal in soziopositives und agonistisches Verhalten unterteilt.

Soziopositives Verhalten

Begegnen sich zwei Meerschweinchen, so berühren sie sich mit der Nase, um sich zu identifizieren. Daraus folgen dementsprechend weitere Verhaltensweisen. Ein Weibchen wird auch zu Beginn des Sexualverhaltens vom Männchen an irgendeinem Körperteil beschnuppert (OTTENSMEYER 1997). Das soziale Putzen, auch Allogrooming genannt, ist bei Meerschweinchen nicht so ausgeprägt wie zum Beispiel beim Kaninchen. ROOD (1972) stellte fest, dass nur adulte Weibchen Artgenossen oder ihre Jungen putzen. Dabei werden Artgenossen vor allem an der Ohrregion geputzt. Meerschweinchen sitzen aber häufig eng aneinander gekauert zum Beispiel beim Fressen zusammen oder ruhen eng aneinander liegend. Dabei

kann es vorkommen, dass ein Tier seinen Kopf auf dem Rücken eines anderen Meerschweinchens ablegt (OTTENSMEYER 1997).

Wildmeerscheinchen leben in kleinen Gruppen bestehend aus einem erwachsenen Männchen und mehreren Weibchen mit deren Nachwuchs. Mehrere solcher Gruppen können so nebeneinander leben, wobei sich deren Reviere nur selten überlappen.

Aufgrund dieser sozialen Ordnung ergibt sich ein polygynes Paarungssystem (KÜNZL 2000). Männchen der Wildtierform vertragen sich nicht. Dies wurde sowohl in freier Wildbahn als auch in Gehegehaltung von Wildmeerschweinchen beobachtet.

Das Hausmeerschweinchen allerdings unterscheidet sich im Bereich Toleranz gegenüber Artgenossen drastisch von der Wildform. Hausmeerschweinchen sind in der Lage auch bei großen Individuenzahlen stabile und friedliche Gruppen zu bilden.

Wobei sich die soziale Organisation der Gruppengröße anpasst. In kleinen Gruppen bilden die Männchen eine lineare Rangordnung. So können zum Beispiel mehrere Männchen und mehrere Weibchen friedlich miteinander leben. Ab einer Individuenzahl von 20 teilt sich die Gruppe in mehrere kleine Untergruppen. Die Männchen jeder Untergruppe bilden neue lineare Rangordnungen aus. Die Alpha-Männchen jeder Untergruppe zeigen von da an nur Werbeverhalten bei Weibchen ihrer Untergruppe und akzeptierten den „Weibchenbesitz“ der Alpha-Männchen anderer Untergruppen. Wie wichtig das Aufwachsen im richtigen sozialen Gefüge ist, wird deutlich an Meerschweinchenmännchen, welche in der Sozialisierungsphase nicht mit anderen Männchen unterschiedlichen Alters zusammengelebt haben. Sie sind dann später meist nicht in der Lage sich adäquat in eine Gruppe zu integrieren (SACHSER 1994). Die Rangordnung der Weibchen ist in Gruppen mit Männchen nicht linear geordnet. Sie führen eher unstabile Mehrecks-Beziehungen zueinander, wobei allerdings die Alpha- und die Omega-Position konstant bleiben. Die Weibchen zeigen mehr Sozialverhalten gegenüber den Männchen in der Gruppe als gegenüber den anderen Weibchen. Befindet sich kein Männchen in der Gruppe, bildet sich jedoch eine lineare und stabile Rangordnung auch zwischen den Weibchen aus. Hier kommt es allerdings dann auch zu deutlich mehr agonistischen Interaktionen (THYEN u. HENDRICHS 1990).

Agonistisches Verhalten

Nähert sich ein dominantes Tier einem unterlegenen Tier so weicht das unterlegene Meerschweinchen aus in dem es sich eindeutig entfernt oder es bewegt sich rückwärts von dem dominanten Meerschweinchen weg (KÜNZL 2000). Eine schwächere Form des Ausweichens wird von KÜNZL (2000) als Abwenden beschrieben. Hierbei wendet das rangniedere Tier den Kopf ab und dreht das Hinterteil zum dominanten Tier, ohne den Abstand zu vergrößern. Als defensive Verhaltensweise beschreibt KÜNZL (2000), wenn das rangniedere Tier das Hinterteil gegen das ranghöhere Tier anhebt und so die Perinealregion sichtbar wird. ROOD (1972) stellte diese Verhaltensweise überwiegend bei Weibchen gegenüber Männchen fest. Desweiteren beschreibt ROOD (1972) als defensives Verhalten das Kopfheben. Hierbei wirft das Meerschweinchen den Kopf so weit nach oben, bis die Schnauze gerade nach oben gerichtet ist. Dies wird vor allem unmittelbar vor einem Rückzug gezeigt. KÜNZL (2000) stellte fest, dass dieses Verhalten auch offensiv- aggressiv motiviert sein kann. KUNKEL u. KUNKEL (1964) bezeichnen das Kopfheben als schwächste Form der Abwehr und beobachteten dies unter anderem auch beim Streit um ein schmackhaftes Stück Nahrung oder wenn sich ein Tier dem Beschnuppern eines Artgenossen entziehen will. Das Boxen gehört bereits zur offensiveren Art des agonistischen Verhaltens (ROOD 1972). Das Meerschweinchen stößt dabei dem Gegner ein- oder mehrmals die Schnauze in den Körper (KÜNZL 2000; KUNKEL u. KUNKEL 1964; ROOD 1972). Die Schnauze selber bleibt dabei geschlossen (KÜNZL 2000; KUNKEL u. KUNKEL 1964) und berührt nicht immer direkt den Opponenten (KÜNZL 2000; ROOD 1972). KUNKEL u. KUNKEL (1964) beschreiben das Boxen noch etwas genauer. Sie stellten fest, dass vor allem Weibchen auf diese Weise zudringliche Männchen abwehren und der Stoß meistens in waagerechter Richtung vollzogen wird. Beim sogenannten Anspringen rennt oder springt das angreifende Meerschweinchen auf seinen Gegner zu. Dies kann laut KÜNZL (2000) mit boxen oder beißen kombiniert sein. Flüchtet der Opponent so kann es dazu kommen, dass das angreifende Meerschweinchen hinterherjagt und ihn verfolgt. Begegnen sich zwei Meerschweinchen deren Rangverhältnisse ungeklärt sind oder die sich nicht kennen, so stellt sich eines oder beide mit der

Längsachse zum Gegner und biegt den Körper so, dass sowohl Schnauze als auch das Hinterteil sichtbar werden. Zusätzlich wird das Haar auf dem Rücken gesträubt.

Das Tier welches das Unterlegene ist, neigt daraufhin seinen Kopf leicht, senkt seinen Rumpf und weicht dann nach hinten aus. Ein weiteres Abwehrverhalten welches vor allem bei Weibchen gegenüber Männchen beobachtet wurde, ist das Nach-Hinten-Ausschlagen.

Vokalisation

Das Quieken ist ein lauter durchdringender Ton und wird bei emotionaler Erregung geäußert. Laut ROOD (1972) werden damit andere Rudelmitglieder gewarnt. Man kann diesen Ton aber auch hören, wenn die Tiere gefüttert werden oder während der Interaktion zwischen Männchen und einem östrischen Weibchen. KUNKEL u.

KUNKEL (1964) beobachteten das Quieken vor allem bei Jungtieren, welche nach ihrer Mutter rufen.

Das Quieken kann in ein Pfeifen übergehen, welches eine höhere Tonlage besitzt.

ROOD (1972) beobachtete das Pfeifen häufig bei Jungtieren, welche ihre Mutter rufen und wenn die Tiere gefüttert werden. Die Intention des Pfeifens ist die gleiche, wie die des Quiekens.

Meerschweinchen schreien in Panik oder wenn sie verletzt sind. Als Beispiele nennt ROOD (1972) den Biss durch ein Raubtier oder wenn sie vom Menschen empor gehoben werden.

Das Chirpen beschreibt ROOD (1972) als hohen, sich schnell wiederholenden, vogelähnlichen Ton. Man hört ihn, wenn sich das Meerschweinchen unbehaglich fühlt oder Gefahr wittert. Mit diesem Laut werden alle Meerschweinchen in unmittelbarer Nähe gewarnt.

Das Grunzen stellt laut ROOD (1972) einen Aggressionslaut dar. Das dominante Meerschweinchen äußert ihn, wenn es zum Beispiel hinter einem untergeordneten Tier hinterherläuft. Es wirkt somit einschüchternd auf das unterlegene Tier.

Das Purren ist ein langgezogener tiefer und stark vibrierender Laut, den vor allem adulte Meerschweinchenmännchen gegenüber Weibchen äußern und der somit dem Sexualverhalten zuzuordnen wäre. STAHNKE (1987) stellte fest, dass

Hausmeerschweinchen häufiger purren als Wildmeerschweinchen. Laut KUNKEL u.

KUNKEL (1964) wird das Purren häufig durch trillerartige Laute unterbrochen. Auch ROOD (1972) ordnete das Purren dem Sexualverhalten zu, denn er beschrieb diesen Laut im Zusammenhang mit dem Rumba während der Balz. Zusätzlich stellten KUNKEL u. KUNKEL (1964) und ROOD (1972) fest, dass sowohl Männchen, als auch Weibchen bei Gefahr, oder wenn sie unterbrochen werden, purren.

2.5.7 Spielverhalten

Das Spielverhalten besteht aus Hüpf- und Bewegungsspielen. Dies kann in kurz aufeinander folgenden Sequenzen verlaufen, indem sich die Meerschweinchen auch gegenseitig zum Spielen auffordern (KÜNZL 2000; STAHNKE 1987). Beim Hüpfen springt das Meerschweinchen mit allen vier Beinen senkrecht in die Luft und dreht sich dabei auch häufig (KÜNZL 2000; KUNKEL u. KUNKEL 1964; ROOD 1972).

Beobachtet wird das Spielverhalten vor allem bei jungen Meerschweinchen untereinander. Bei adulten Meerschweinchen wird das Spielverhalten kaum beobachtet. Allerdings beschreiben KUNKEL u. KUNKEL (1964), dass junge Meerschweinchen durch ihre Hüpfspiele auch erwachsene Meerschweinchen animieren können.

2.5.8 Fortpflanzungsverhalten

Die erste Kontaktaufnahme des Männchens zu einem paarungsbereiten Weibchen ist laut KÜNZL (2000) das seitliche Streifen mit der Körperseite beim Vorbeigehen.

Nähert sich ein Männchen einem Weibchen dann geschieht dies laut KÜNZL (2000) in geduckter langgestreckter Körperhaltung, welches als Schleichen bezeichnet wird.

Die direkte Kontaktaufnahme geschieht über das naso-anale Schnuppern. Hierbei beschnuppert das Männchen die Anogenitalregion des Weibchens und der Kopf ist dabei zur Seite geneigt (KÜNZL 2000; KUNKEL u. KUNKEL 1964; ROOD 1972).

Laut KUNKEL u. KUNKEL (1964) nähert sich das Männchen jedoch zuerst der Vorderseite des Weibchens und beschnuppert die Nase, dann die Flanken, Rücken und wendet sich danach erst zur Anogenitalregion des Weibchens. Entfernt sich das Weibchen vom Männchen, legt das Männchen sein Kinn auf den Rücken des Weibchens und veranlasst es so stehen zu bleiben (KÜNZL 2000, ROOD 1972).

Häufig folgt daraufhin der sogenannte Rumba (ROOD 1972). Beim Rumba bewegt sich das Männchen langsam, fast schon im Zeitlupentempo, vor bzw. um das Weibchen herum. Dabei tritt es abwechselnd mit den Hinterbeinen so auf, dass eine Schaukelbewegung entsteht (KÜNZL 2000; KUNKEL u. KUNKEL 1964; ROOD 1972). Häufig wird diese Verhaltensweise durch einen tiefen, langegezogenen und vibrierenden Laut begleitet, der als Purren bezeichnet wird (KÜNZL 2000; KUNKEL U. KUNKEL 1964; ROOD 1972; STAHNKE 1987). Nach diesen Balzritualen versucht das Männchen auf das Weibchen aufzusteigen. Ist das Weibchen paarungsbereit nimmt es eine für viele Säuger übliche Stellung ein. Dabei wird der Rücken lordotisch durchgestreckt, die Hinterbeine gegrätscht und die Genitalregion erhoben. Nach einer viertel- bis halben Minute ist der Paarungsakt beendet (KUNKEL u. KUNKEL 1964). Die Tragzeit des Meerschweinchens beträgt zwischen 65-71 Tagen (DRESCHER u. HAMEL 2012; KUNKEL u. KUNKEL 1964). Die Anzahl der Jungen beträgt 2-5 (DRESCHER u. HAMEL 2012; KUNKEL u. KUNKEL 1964). Der Geburtsvorgang soll hier nicht genauer beschrieben werden. Da die Jungen der Meerschweinchen schon sehr weit entwickelt sind, sie bereits kurz nach der Geburt selbstständig laufen, fressen und sich putzen können, ist die Pflege der Jungen nicht so sehr ausgeprägt wie zum Beispiel beim Kaninchen. Die Jungen werden ungefähr bis zum 22. Lebenstag gesäugt (DRESCHER u. HAMEL 2012). Nach der Entwöhnung bis zur Geschlechtsreife bleiben die Jungen weiterhin in der Nähe der Mutter. Laut KUNKEL u. KUNKEL (1964) unterscheiden die Weibchen eines Rudels nicht zwischen ihren und fremden Jungen.

2.5.9 Stoffwechselbedingtes Verhalten

Das Meerschweinchen gehört zu den herbivoren Tieren. Hauptnahrungsbestandteil ist Gras, welches für die Deckung ihres Vitamin-C-Bedarfs wichtig ist. Sie grasen im Schutz ihres Familienverbandes immer in der Nähe einer ihrer Unterschlupfmöglichkeiten (ROOD 1972). Pflanzenteile werden von der Basis bis zur Spitze zwischen die Lippen genommen und dabei gleichzeitig zerkaut. Mit einem Ruck des Kopfes werden festsitzende Stängel aus dem Boden gerissen.

Meerschweinchen nehmen nicht wie andere Nager ihre Nahrung in die Vorderpfoten, sondern fixieren größere Stücke in dem sie eine Vorderpfote darauf stellen.

Meerschweinchen trinken in freier Wildbahn aus offenen Wasserstellen. ROOD (1972) stellte während seiner Studien fest, dass Meerschweinchen nach jedem Schluck der Wasseraufnahme ihren Kopf anheben.

Die Harnabsatzstellung der Meerschweinchen ist bei Männchen und Weibchen gleich. Die Hinterbeine werden etwas gegrätscht der Analbereich angehoben und nach kaudal gerichtet. Kot wird ohne eine besondere Stellung abgesetzt. Bevorzugte Plätze zum Harn- und Kotabsatz sind laut KUNKEL u. KUNKEL (1964) Kanten und Wände, aber auch Schlafplätze und andere Stellen werden nicht sauber gehalten.

Die Caecotrophie stellt eine besondere Art des stoffwechselbedingten Verhaltens dar, welche bei Nagern und Hasenartigen vorkommt. Hierbei wird Blinddarmkot direkt vom After aufgenommen. Er enthält mehr Wasser und Mineralien als der Hartkot und dient als Protein- und Vitamin B-Quelle (HARKNESS 1987).

2.5.10 Schutz- und Verteidigungsverhalten

Meerschweinchen sind Fluchttiere. Sie kommen in der Wildnis nur zur Nahrungsaufnahme ins Freie und dies vorwiegend in der Dämmerung oder in der Nacht. Sie grasen im Schutz des Familienverbandes und jeder Warnruf eines Artgenossen veranlasst die Gruppe in die Verstecke zu flüchten (ROOD 1972).

2.5.11 Komfortverhalten

Das Putzverhalten wird sowohl von ROOD (1972), als auch von KUNKEL u.

KUNKEL (1964) genau beschrieben. Laut KUNKEL u. KUNKEL (1964) ist die Reihenfolge des Putzvorganges im Großen und Ganzen gleich. Zuerst werden die Vorderpfoten beleckt. Sie werden daraufhin über Mund, Nase, das Gesicht und die Ohren geführt. Dann werden die Flanken und der Rücken beleckt. Zuletzt der Bauch und die Analregion. Zwischendurch beknabbert und kratzt das Meerschweinchen sich immer wieder während des Vorgangs. Häufig benutzt es auch nur eine Pfote und putzt sich damit die Mund- und Nasenregion. Das Sichstrecken geschieht laut KUNKEL U. KUNKEL (1964) vor allem über Kreuz. Zuerst wird das Vorderbein gestreckt, dann der Körper und zuletzt das Hinterbein der Gegenseite. Danach schüttelt sich das Meerschweinchen häufig. Dies macht es auch nach dem Aufstehen und während des Putzens (KUNKEL u. KUNKEL 1964).

Gähnt das Meerschweinchen so geschieht dies häufig vor, zwischen und nach der Paarung und nicht wie bei anderen Nagern nach dem Strecken (KUNKEL u.

KUNKEL 1964). Eine weitere Art des Komfortverhaltens ist das Rollen. Das Meerschweinchen wirft sich hierbei auf den Boden und wälzt sich über den Rücken mehrfach von einer Seite zur nächsten (KÜNZL 2000; ROOD 1972).