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Klinisch-forensische Untersuchungen im Institut für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover: eine Analyse mit Fokus auf Sexualdelikten und sexuellem Kindesmissbrauch

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Academic year: 2022

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(1)

Aus dem Institut für Rechtsmedizin

der Medizinischen Hochschule Hannover

Klinisch-forensische Untersuchungen

im Institut für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover -

Eine Analyse mit Fokus auf

Sexualdelikten und sexuellem Kindesmissbrauch

Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin in der Medizinischen Hochschule Hannover

vorgelegt von Hildrun Meyer aus Bassum

Hannover 2010

(2)

II

Angenommen vom Senat der Medizinischen Hochschule Hannover am 17.01.2012

Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover

Präsident: Prof. Dr. med. Dieter Bitter-Suermann Betreuerin der Arbeit: PD Dr. med. Anette Solveig Debertin/

Dr. med. Stefanie Bode-Jänisch

Referent: Prof. Dr. med. Peter Hillemanns

Korreferent: Prof. Dr. med. Marc Ziegenbein Tag der mündlichen Prüfung: 17.01.2012

Prüfungsausschussmitglieder: Prof. Dr. med. Michael Klintschar Prof. Dr. Klaus Resch

Prof. Dr. Reinhard Schwinzer

(3)

III

Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG ... 1

1.1 Aufgaben der klinischen Rechtsmedizin ... 1

1.2 Rechtliche Grundlagen der klinischen Rechtsmedizin ... 2

1.3 Sexualdelikte und sexueller Kindesmissbrauch in der klinischen Rechtsmedizin ... 2

1.3.1 Rechtliche Grundlagen bei Sexualdelikten und sexuellem Kindesmissbrauch ... 2

1.3.2 Häufigkeit sexueller Gewalt ... 3

1.3.2.1 Prävalenz sexueller Gewalt im Erwachsenenalter ... 3

1.3.2.2 Prävalenz des sexuellen Kindesmissbrauchs ... 4

1.3.3 Bedeutung der Rechtsmedizin bei Sexualdelikten und sexuellem Kindesmissbrauch... 6

1.3.4 Ablauf einer klinisch-forensischen Untersuchung bei Sexualdelikten und sexuellem Kindesmissbrauch ... 7

1.4 Zielsetzung der Arbeit... 9

2 MATERIAL UND METHODIK ... 10

3 ERGEBNISTEIL ... 11

3.1 Gesamtübersicht ... 11

3.1.1 Alter und Geschlecht ... 11

3.1.2 Delikt ... 12

3.1.3 Auftraggeber ... 13

3.1.4 Gerichtsladung ... 16

3.1.5 Ort der Untersuchung ... 17

3.1.6 Zeitpunkt der Untersuchung ... 18

3.2 Sexualdelikte ... 19

3.2.1 Untersuchungsgut ... 19

3.2.1.1 Alter und Geschlecht ... 19

3.2.1.2 Medizinische Vorgeschichte und sozialer Hintergrund ... 20

3.2.2 Zeit bis zur Vorstellung ... 21

3.2.3 Vorgeschichte ... 22

3.2.3.1 Täter-Opfer-Beziehung ... 22

3.2.3.2 Anzahl der Beschuldigten ... 24

3.2.3.3 Tatort ... 24

(4)

IV

3.2.3.4 Tatzeit ... 25

3.2.3.4.1 Jahreszeitliche Verteilung ... 25

3.2.3.4.2 Tageszeitliche Verteilung ... 25

3.2.3.5 Wiederholungsdelikte ... 26

3.2.3.6 Art der Gewaltanwendung ... 27

3.2.4 Alkohol und Drogen ... 29

3.2.5 Untersuchungsergebnisse der Geschädigten ... 32

3.2.5.1 Extragenitale Befunde ... 32

3.2.5.2 Anogenitale Befunde ... 35

3.2.5.3 Spermiennachweis ... 37

3.2.6 Untersuchungsergebnisse der Beschuldigten ... 39

3.2.6.1 Extragenitale Befunde ... 39

3.2.6.2 Genitale Befunde ... 40

3.2.6.3 Nachweis von Spermien und Vaginalepithelzellen ... 41

3.2.7 Lebensgefahr und medizinische Behandlung ... 42

3.2.8 Aktuelle Beschwerden ... 43

3.2.9 Forensische Beurteilung ... 43

3.3 Sexueller Kindesmissbrauch ... 44

3.3.1 Untersuchungsgut ... 44

3.3.1.1 Alter und Geschlecht ... 45

3.3.1.2 Medizinische Vorgeschichte und sozialer Hintergrund ... 46

3.3.2 Initiation der Vorstellung ... 46

3.3.3 Zeit bis zur Vorstellung ... 47

3.3.4 Vorgeschichte ... 48

3.3.4.1 Täter-Opfer-Beziehung ... 48

3.3.4.2 Tatort ... 50

3.3.4.3 Tatzeit ... 50

3.3.4.3.1 Jahreszeitliche Verteilung ... 50

3.3.4.3.2 Tageszeitliche Verteilung ... 51

3.3.4.4 Wiederholungsdelikte ... 51

3.3.4.5 Art der Gewaltanwendung ... 53

3.3.5 Untersuchungsergebnisse der Geschädigten ... 55

3.3.5.1. Extragenitale Befunde ... 55

3.3.5.2 Anogenitale Befunde ... 57

3.3.5.3 Spermiennachweis ... 59

3.3.6 Untersuchungsergebnisse der Beschuldigten ... 61

3.3.6.1 Extragenitale Befunde ... 61

3.3.6.2 Genitale Befunde ... 61

(5)

V

3.3.6.3 Nachweis von Spermien und Vaginalepithelzellen ... 61

3.3.7 Lebensgefahr und medizinische Behandlung ... 62

3.3.8 Aktuelle Beschwerden ... 62

3.3.9 Forensische Beurteilung ... 63

4 DISKUSSION ... 64

4.1 Gesamtübersicht ... 64

4.1.1 Untersuchungsgut ... 64

4.1.2 Auftraggeber ... 65

4.1.3 Gerichtsladungen ... 67

4.1.4 Ort und Zeitpunkt der Untersuchung ... 67

4.2 Sexualdelikte ... 68

4.2.1 Auftraggeber der Untersuchungen bei Sexualdelikten ... 68

4.2.2 Statistische Angaben und medizinischer Hintergrund ... 69

4.2.3 Zeitspanne bis zur Untersuchung ... 70

4.2.4 Vorgeschichte bei Sexualdelikten ... 71

4.2.5 Alkohol und Drogen ... 73

4.2.6 Untersuchungsergebnisse der Geschädigten ... 75

4.2.6.1 Extragenitale Befunde ... 75

4.2.6.2 Anogenitale Befunde ... 77

4.2.6.3 Spermiennachweis ... 80

4.2.7 Untersuchungsergebnisse der Beschuldigten ... 82

4.2.8 Lebensgefahr, medizinische Behandlung und aktuelle Beschwerden ... 84

4.2.9 Ergebnis der klinisch-forensischen Untersuchung ... 84

4.3 Sexueller Kindesmissbrauch ... 85

4.3.1 Auftraggeber der Untersuchungen bei sexuellem Kindesmissbrauch ... 85

4.3.2 Initiation der Vorstellung ... 86

4.3.3 Statistische Angaben, medizinischer und sozialer Hintergrund ... 87

4.3.4 Zeitspanne bis zur Untersuchung ... 90

4.3.5 Vorgeschichte bei sexuellem Kindesmissbrauch ... 90

4.3.6 Untersuchungsergebnisse der Geschädigten ... 93

4.3.6.1 Extragenitale Befunde ... 93

4.3.6.2 Anogenitale Befunde ... 94

4.3.6.3 Spermiennachweis ... 97

4.3.7 Untersuchungsergebnisse der Beschuldigten ... 98

4.3.8 Lebensgefahr, medizinische Behandlung und aktuelle Beschwerden ... 98

(6)

VI

4.3.9 Ergebnis der klinisch-forensischen Untersuchung ... 99

4.4 Vergleichende Betrachtung von Sexualdelikten und sexuellem Kindesmissbrauch ... 99

4.5 Fazit ... 102

5 ZUSAMMENFASSUNG ... 104

6 LITERATURVERZEICHNIS ... 106

ANHANG ... 115

DANKSAGUNG ... 121

LEBENSLAUF ... 122 ERKLÄRUNG NACH § 2 ABS. 2 NRN. 5 UND 6 DER PROMOTIONSORDNUNG . 124

(7)

1 1 Einleitung

1 Einleitung

1.1 Aufgaben der klinischen Rechtsmedizin

Klinisch-forensische Untersuchungen und Begutachtungen lebender Personen spielen eine zunehmend wichtige Rolle im Alltag vieler rechtsmedizinischer Institute. Durch die Dokumentation und Beurteilung von Verletzungen an Opfern und Tätern unterstützen diese Untersuchungen die polizeilichen Ermittlungen. Ergänzt wird das klinisch- forensische Tätigkeitsgebiet durch die mündliche Gutachtenerstattung und Erläuterung der erarbeiteten Untersuchungsergebnisse in den Gerichtsverhandlungen (1). Die Begutachtungen werden vornehmlich im Auftrag von Ermittlungsbehörden mit geregelter Kostenstruktur durchgeführt (2). Es besteht jedoch auch für Privatpersonen die Möglichkeit Untersuchungen in Auftrag zu geben. Darüber hinaus stehen die rechtsmedizinischen Institute ihren klinischen Kollegen durch konsiliarische Untersuchungen und Beratungen zur Verfügung, z.B. bei Fällen von Kindesmisshandlungen, Vergewaltigungen oder bei diagnostischen Schwierigkeiten in der Abgrenzung von Sturz und Schlag (1).

Die Aufgabe der Rechtsmedizin liegt dabei in der gerichtsverwertbaren Dokumentation der erhobenen Befunde sowie der Interpretation der Verletzungen unter Einbeziehung der beschriebenen Vorgeschichte. Wie 1973 von Naeve und Lohmann (3) beschrieben, erwarten die Ermittlungsbehörden von der klinisch-forensischen Untersuchung und Begutachtung insbesondere Aussagen zu folgenden Fragen: „Lassen Art und Lokalisation der Verletzungen auf Intensität und Richtung der Gewalteinwirkung sowie auf möglicherweise benutzte Werkzeuge Rückschlüsse zu? War der Angriff lebensbedrohlich? Zeitpunkt des Geschehens – d.h. der Gewalteinwirkung? Sind frische Kampf- und Abwehrverletzungen vorhanden oder wurden die Verletzungen von eigener Hand beigebracht? Erfolgte mehrfache Gewalteinwirkung in kurzen oder längeren Zeitabständen? Wie ist der Körper- und Bewusstseinszustand der untersuchten Person medizinisch zu beurteilen? [...] Ist die Aussage des Beschuldigten und ggf. des Geschädigten dem körperlichen Befund nach glaubwürdig?“.

(8)

2 1 Einleitung

1.2 Rechtliche Grundlagen der klinischen Rechtsmedizin

Die rechtlichen Grundlagen einer Untersuchung im Auftrag eines Gerichtes oder der Ermittlungsbehörden stellen § 81 a und § 81 c der Strafprozessordnung (StPO) dar (s.

Anhang, S. 115 f.), wonach die Betroffenen als Zeugen (oder Tatverdächtige) die Untersuchung und Spurensicherung dulden müssen. In der Praxis werden solche Untersuchungen bei den Opfern jedoch nicht unter Zwang durchgeführt. Die im Zusammenhang mit der Tat stehenden Befunde und Angaben müssen dem Auftraggeber, wie z.B. der Polizei oder Staatsanwaltschaft, mitgeteilt werden. Erfolgen Untersuchungen im Auftrag einer Privatperson, so unterliegen alle erhobenen Befunde der ärztlichen Schweigepflicht und können nur mit Einwilligung der Betroffenen an Dritte weitergegeben werden (1).

1.3 Sexualdelikte und sexueller Kindesmissbrauch in der klinischen Rechtsmedizin

1.3.1 Rechtliche Grundlagen bei Sexualdelikten und sexuellem Kindesmissbrauch

Einen großen Anteil der klinisch-forensischen Tätigkeit stellen Untersuchungen von Geschädigten und Beschuldigten nach Sexualdelikten sowie von Kindern und Jugendlichen nach sexuellem Missbrauch dar.

Zu den Sexualstraftaten zählen nach deutschem Recht Handlungen, die die Freiheit der Entscheidung über die sexuelle Betätigung einschränken und eine ungestörte sexuelle Entwicklung junger Menschen behindern, sowie schwerwiegende sexuelle Belästigungen (4). Dabei wird bei Sexualdelikten eine sexuelle Nötigung von einer Vergewaltigung, d.h. einem vollzogenen Beischlaf, unterschieden, wobei eine genaue Unterscheidung vom Tatgeschehen her schwierig sein kann (1). Die rechtliche Grundlage sexueller Nötigung und Vergewaltigung stellt § 177 Strafgesetzbuch (StGB) dar (s. Anhang, S. 117 f. ).

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3 1 Einleitung

Unter einem sexuellen Kindesmissbrauch wird „die Einbeziehung und Nötigung von Kindern oder Jugendlichen zu sexuellen Aktivitäten“ verstanden „,die sie aufgrund entwicklungsbedingter Unreife nicht vollständig erfassen können, bei denen sie außerstande sind, bewusst einzuwilligen und bei dem soziale Tabus der Familie bzw.

der Gesellschaft verletzt werden“ (5). Dabei umfasst sexueller Missbrauch ein weites Spektrum verschiedenster sexueller Aktivitäten, von nichtinvasiven Handlungen ohne Körperkontakt („Hands-off-Kontakt“) bis hin zu sexuellem Missbrauch mit Körperkontakt („Hands-on-Kontakt“) und invasiver, penetrierender Gewalt in alle Körperöffnungen (Vergewaltigung). Die juristische Altersgrenze bei sexuellem Kindesmissbrauch beträgt 14 Jahre. Die gesetzliche Grundlage der strafrechtlichen Ahndung stellt insbesondere § 176 StGB dar (1, 5) (s. Anhang, S. 118 ff.).

1.3.2 Häufigkeit sexueller Gewalt

1.3.2.1 Prävalenz sexueller Gewalt im Erwachsenenalter

Nach der aktuellen internationalen Literatur wird eine von fünf Frauen Opfer sexueller Gewalt und eine von zehn Frauen Opfer einer Vergewaltigung (6-8). In den USA erfahren 20% der Frauen und 5-10% der Männer sexuelle Gewalt (9). Laut der polizeilichen Kriminalstatistik (10) wurden im Jahr 2007 in Deutschland bundesweit 14.317 Anzeigen einer Vergewaltigung und/ oder sexuellen Nötigung erstattet. Bei diesen Angaben muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Dunkelziffer bei Vergewaltigungen sehr hoch ist und zwischen 1:3 und 1:50 liegt (11). Dabei melden insbesondere Jugendliche und männliche Opfer seltener ein Sexualdelikt bei den Ermittlungsbehörden (9). Auch ist bekannt, dass insbesondere Opfer häuslicher Gewalt ihre gewaltsam erlittenen Verletzungen oft als unfallbedingt erklären, wohingegen Personen, die im öffentlichen Raum verletzt worden sind, in der Regel ein Interesse daran haben, dies bekannt zu machen (12). Die Frauen, denen der Täter bekannt ist, erstatten seltener Anzeige und suchen seltener medizinische Hilfe auf (13). Die Gründe der Geschädigten ein Sexualdelikt nicht zu melden sind vielfältig. So kann dies auf eine starke psychische Traumatisierung der Vergewaltigungsopfer hinweisen, die es ihnen unmöglich macht eine Anzeige zu erstatten (11, 14). Laut einer Umfrage von Kilpatrick

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4 1 Einleitung

et al. (15) liegen die Gründe unter anderem in der Angst davor, dass Bekannte etwas über die Tat erfahren würden (70%), dass das Sexualdelikt durch die Medien publik gemacht wird (50%) und dass sie selbst für die Tat verantwortlich gemacht werden (68%). Darüber hinaus liegen oftmals eine Angst vor Vergeltung und Schamgefühle des Opfers vor, die die geschädigte Person von einer Anzeige abhalten. Jones et al. (16) stellten bei einer Studie 2009 mehr umweltbezogene Faktoren als psychische Barrieren als Gründe für ein Nicht-Melden eines Deliktes fest. Die drei häufigsten Gründe der Geschädigten ein Delikt nicht anzuzeigen waren demnach, dass das Opfer nicht wollte, dass der Beschuldigte ins Gefängnis gehen muss (66%), dass das Opfer den Täter kannte (54%) und die Sorge, die Polizei würde das Opfer beschuldigen oder nicht sensibel genug mit der geschädigten Person umgehen (51%). Psychische Barrieren wie Scham, Angst und das Gefühl für die Tat verantwortlich zu sein, wurden zwar von der Mehrheit der Geschädigten angegeben, waren aber nicht signifikant damit assoziiert, ob ein Opfer die Tat meldete. Auch hat sich gezeigt, dass die Schwere einer Tat und das Vorliegen von Verletzungen keinen Einfluss auf eine Anzeigenerstattung des Opfers hat.

Bei der Begutachtung von Geschädigten muss jedoch auch daran gedacht werden, dass ein Teil der angezeigten Vergewaltigungen – nach Schätzungen rund 10% (17) - nur vorgetäuscht sind. Gehäuft finden sich Falschanzeigen bei jungen Mädchen als Rechtfertigung für ein zu langes Ausbleiben oder aber auch bei Frauen, die an einer Persönlichkeitsstörung leiden (11, 17, 18). Weitere Gründe für eine Falschanzeige liegen oft darin, sich der Verantwortung für eine selbst verursachte Notlage zu entziehen, wie z.B. die Vertuschung eines erstmaligen einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs bei Jugendlichen oder das Fremdgehen in einer Paarbeziehung (19).

1.3.2.2 Prävalenz des sexuellen Kindesmissbrauchs

Die Prävalenz von sexuellem Missbrauch bei Kindern und Jugendlichen wird nach Schätzungen mit 10–15% bei Mädchen und 5-10% bei Jungen angegeben (5). Demnach ist jedes zehnte Kind von sexuellem Missbrauch betroffen. Für Deutschland weist die polizeiliche Kriminalstatistik (10) im Jahr 2007 12.772 Anzeigen eines sexuellen

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5 1 Einleitung

Missbrauchs von Kindern auf. Epidemiologisch valide Zahlen gibt es jedoch nicht. Dies liegt unter anderem auch daran, dass es in Deutschland bisher keine Melde- bzw.

Anzeigepflicht bei sexuellem Kindesmissbrauch gibt. Verlässliche Zahlen zur Prävalenz eines Missbrauchs sind nur schwer zu ermitteln. So beruhen viele Daten auf der Befragung Erwachsener über Kindheitserfahrungen. Falsche Kindheitserinnerungen können dabei zu einer Überschätzung der Prävalenz führen, genauso wie Verleugnungen und unterdrückte Erinnerungen eine Unterschätzung der Häufigkeit eines sexuellen Kindesmissbrauchs bedingen können. Darüber hinaus unterscheiden sich in vielen Studien die Definitionen von sexuellem Missbrauch, die Art der Tatabläufe, die als Missbrauch gewertet werden, und das Alter der Geschädigten, die unter dem Begriff „Kind“ zusammengefasst werden (9, 20). Es wird heute davon ausgegangen, dass der Großteil der Taten im Dunkelfeld liegt (20). So ergab eine Studie von Russel 1983 (21), dass nur 2% der von ihm befragten Geschädigten eines innerfamiliären Missbrauchs und 6% der Opfer eines außerhäuslichen sexuellen Missbrauchs jemals die Tat bei der Polizei meldeten. Als sexueller Missbrauch wurden hierbei Taten gewertet, die bei Opfern bis zu einem Alter von 18 Jahren verübt worden waren. Dies entspricht anderen Ergebnissen, wonach die Dunkelziffer bei den durch einen Fremdtäter begangenen Taten als vergleichsweise geringer angenommen wird, wenn das Kind das Erlebte den Eltern schildert. Die höchste und nur schwer abzuschätzende Dunkelziffer betrifft demgegenüber die innerfamiliären Missbrauchsformen (20). Fergusson et al. (22) zeigten darüber hinaus eine Abhängigkeit der Hilfesuche des Kindes von der Schwere der Tat. Bei ihrer Studie hat keine Person, die Opfer eines Missbrauchs ohne Körperkontakt war, Hilfe aufgesucht.

Demgegenüber haben sich 38,9% der Opfer einer Vergewaltigung einer anderen Person anvertraut. Die hohe Dunkelziffer lässt sich unter anderem dadurch begründen, dass die Kinder oft fürchten, dass ihnen niemand glauben wird. Oft fühlen sich die Geschädigten schuldig, schämen sich und fürchten für den Missbrauch verantwortlich gemacht zu werden. Die Geschädigten wollen dem Täter häufig keinen Ärger bereiten und fürchten Vergeltung, wenn sie etwas erzählen (9).

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6 1 Einleitung 1.3.3 Bedeutung der Rechtsmedizin bei Sexualdelikten und sexuellem Kindesmissbrauch

Die Aufgabe der Rechtsmedizin liegt bei Sexualdelikten und sexuellem Kindesmissbrauch in der Dokumentation sowie Rekonstruktion und Beurteilung von medizinischen Befunden, die zum Zeitpunkt einer eventuell später stattfindenden Gerichtsverhandlung nicht mehr bzw. nicht mehr in der ursprünglichen Form vorliegen werden (2, 23, 24). Dabei ist von besonderer Bedeutung, dass die Untersuchungen durch Rechtsmediziner/-innen – gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit Gynäkologen und Pädiatern - durchgeführt werden, da oft klinisch-forensische Aspekte im Vordergrund stehen und nicht klinisch-kurative Aspekte. Forensisch tätige Mediziner können bei Spezialisierung auf Gewaltopfer eine wichtige Lücke in der Diagnostik und Versorgung der Geschädigten schließen.

Im Rahmen der Begutachtung findet die Interpretation der erhobenen Befunde unter Einbeziehung der beschriebenen Vorgeschichte statt. Dabei muss auch an die Möglichkeit einer Falschanzeige gedacht werden. Hinweise auf eine Simulation können sich aus der Art und Weise der Tatdarstellung ergeben. Darüber hinaus können sich bei der klinisch-forensischen Untersuchung Hinweise auf eine Vortäuschung in Form charakteristischer selbst beigebrachter Verletzungen zeigen. Diese sind typischerweise mehrheitlich geometrisch angeordnet oder zeigen eine erkennbare Symmetrie (19).

Bei Säuglingen und Kindern ergibt sich in der Regel eine andere Situation. So ist es oftmals nicht möglich, einen detailierten Ablauf einer Tat von einem sehr jungen Kind zu erfahren, so dass die Untersucher notgedrungen auf Fremdauskünfte angewiesen sind. Die Schilderungen der Eltern, Verwandten oder Betreuer zeigen immer wieder, dass sie sich aufgrund eines Unbehagens oder Verdachtes, der oft auf Verhaltensänderungen des Kindes basiert, zu einer Anzeige entschlossen haben.

Darüber hinaus kommt es jedoch auch gehäuft zum Vorwurf des sexuellen Missbrauchs der eigenen Kinder nach Trennung der Lebenspartner und bei/ nach Scheidungen im Rahmen von Sorgerechtsstreitigkeiten. Typische Hinweise auf eine Falschanzeige, wie sie bei Erwachsenen beschrieben wurden, finden sich bei Kindern nicht. Umso mehr ist hier das Vorliegen objektiver Befunde wichtig (19, 20, 25).

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7 1 Einleitung

Einige Autoren (5, 26) sehen eine anogenitale Begutachtung bei Kindern aufgrund häufig nicht vorhandener Befunde als unnötig an und betonen das Risiko einer potenziellen Reviktimisierung (auch: sekundäre Traumatisierung) durch die Begutachtung. Die meisten Kinder akzeptieren die klinisch-forensische Untersuchung jedoch ohne Probleme, wenn sie durch einen erfahrenen Untersucher durchgeführt wird (27, 28).

Kinder und Jugendliche, die einen sexuellen Missbrauch erlitten haben, sollten nicht nur aus Gründen der Spurensicherung untersucht werden. Die positive Rolle einer klinisch-forensischen Untersuchung begründet sich auch durch den möglichen Ausschluss von Verletzungen und Infektionen bzw. deren Behandlung. Darüber hinaus kann eine qualifizierte und einfühlsame Untersuchung die in ihrem Körperselbstbild gestörten Kinder positiv beeinflussen (5, 20). Auch Fürniss und Phil (29) beschrieben die klinisch-forensische Begutachtung bei sexuellem Missbrauch als notwendigen Teil einer jeden therapeutischen Krisenintervention. Ohne Unterstützung entwickeln viele Opfer posttraumatische Störungen (9). Auch sind Geschädigte eines sexuellen Kindesmissbrauchs gehäuft Opfer sexueller Gewalt im Erwachsenenalter und weisen vermehrt chronische Gesundheitsprobleme auf (30, 31). Die Bedeutung der Rechtsmedizin bei Sexualdelikten und sexuellem Kindesmissbrauch liegt somit nicht nur in der Begutachtung von Verletzungen und Spurensicherung, sondern auch in einer positiven Beeinflussung von Langzeitfolgen eines Missbrauchs, wobei die Untersuchung durch eine auf diesem Gebiet erfahrene Person von besonderer Bedeutung ist (32).

1.3.4 Ablauf einer klinisch-forensischen Untersuchung bei Sexualdelikten und sexuellem Kindesmissbrauch

Die klinisch-forensische Untersuchung bei Geschädigten eines Sexualdeliktes sowie bei Verdacht auf einen sexuellen Kindesmissbrauch umfasst zunächst eine Ganzkörperuntersuchung. Anschließend wird bei jugendlichen und adulten Personen eine Anogenitaluntersuchung auf einem gynäkologischen Stuhl durchgeführt. Bei Kindern wird eine Begutachtung der Anogenitalregion in der sogenannten

„Froschposition“ des Kindes durchgeführt, d.h. mit in den Knien angewinkelten Beinen.

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8 1 Einleitung

Zur diagnostischen Absicherung werden Mädchen in der hormonellen Ruhephase ergänzend auch in der Knie-Ellenbogenlage untersucht. Jungen werden in Seitenlage untersucht. Die Untersuchung der Beschuldigten umfasst ebenfalls eine Ganzkörperuntersuchung sowie eine anschließende Untersuchung der Anogenitalregion.

Bei entsprechender Vorgeschichte und Auftragserteilung werden von den Geschädigten mit Wattestieltupfern Abstriche aus der Scheide, dem After, dem Mund und/ oder von der Haut entnommen, auf Objektträgern ausgestrichen und nach Anfärbung mit der Methode nach STIASNY mikroskopisch auf Spermien untersucht.

Darüber hinaus werden die entnommenen Abstriche in einigen Fällen direkt nach der Entnahme mit Hilfe eines Phosphatasetests orientierend auf saure Phosphatase getestet, einem Enzym im Ejakulat. Von den Beschuldigten werden Abstrichtupfer vom Penis gewonnen, gegebenenfalls nach STIASNY zum Spermiennachweis oder mit Lugol- Lösung zum Nachweis von Vaginalepithelzellen angefärbt und mikroskopiert bzw. für eventuelle DNA-Untersuchungen asserviert. Darüber hinaus werden zum Teil Abstriche von der Mundschleimhaut zu Zwecken eines möglichen DNA-Abgleiches asserviert sowie zum Teil Nägel und Fremdhaare. Zum Nachweis eines Alkohol– und/ oder Drogeneinflusses wird gegebenenfalls eine Blut- und/ oder Urinprobe entnommen.

(15)

9 1 Einleitung

1.4 Zielsetzung der Arbeit

Ziel der Studie war es, zunächst eine Gesamtübersicht der durch das Institut für Rechtsmedizin durchgeführten klinisch-forensischen Untersuchungen zu erstellen.

Dabei sollten die Art der Delikte sowie der Umfang und die Bedeutung der klinischen Rechtsmedizin im Tätigkeitsgebiet der forensischen Medizin dargestellt werden. Eine anschließende Auswertung der Untersuchungen nach Sexualdelikten und bei dem Verdacht auf einen sexuellen Kindesmissbrauch erfolgte unter der Zielsetzung, Opfer, Beschuldigte, die berichtete Vorgeschichte, Vorstellungszeitpunkte sowie den Auftraggeber der Untersuchung und die im Rahmen der Begutachtung erhobenen Befunde zu analysieren und Charakteristika von Sexualstraftaten an Erwachsenen und Kindern zu beschreiben. Desweiteren sollten Besonderheiten und Unterschiede zwischen Sexualdelikten und sexuellem Kindesmissbrauch herausgearbeitet und im Hinblick auf Optimierungsmöglichkeiten der Versorgung und Begutachtung von Gewaltopfern analysiert werden.

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10 2 Material und Methodik

2 Material und Methodik

Die in den Jahren 2005 bis 2007 vom Institut für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover durchgeführten klinisch-forensischen Untersuchungen wurden retrospektiv analysiert unter besonderer Betrachtung der Begutachtungen nach Sexualdelikten sowie bei Verdacht auf einen sexuellen Kindesmissbrauch.

Es wurde zunächst eine Gesamtübersicht über die durchgeführten Untersuchungen im Hinblick auf das Alter und Geschlecht der untersuchten Personen, die Art des Deliktes, den Auftraggeber sowie den Ort und Zeitpunkt der Begutachtung erstellt.

Anschließend wurden die Untersuchungen nach Sexualdelikten und bei Verdacht auf einen sexuellen Kindesmissbrauch genauer analysiert. Diese Fälle stellten zwei der drei häufigsten Deliktarten im Untersuchungsgut dar. Dabei wurden sowohl Begutachtungen von Geschädigten, als auch von Beschuldigten ausgewertet. Bei dem Verdacht eines sexuellen Kindesmissbrauchs wurden die Untersuchungen analysiert, die bei Kindern stattgefunden haben, welche das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, sowie bei Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr, bei denen sich ein Vorfall vor Vollendung des 14. Lebensjahres ereignet hatte. Geschädigte, die das 14. Lebensjahr zum Tatzeitpunkt vollendet hatten, wurden im Rahmen der Sexualdelikte ausgewertet.

Es wurden demographische Daten erfasst sowie Angaben zur Vorgeschichte, unter besonderer Berücksichtigung der Täter-Opfer-Beziehung sowie der Art der Gewaltanwendung. Im Zusammenhang mit Sexualdelikten wurde darüber hinaus der Einfluss von Alkohol und Drogen analysiert. Schließlich wurden die Ergebnisse der klinisch-forensischen Untersuchung und der Spurensicherung unter Berücksichtigung der Zeitspanne zwischen dem Delikt und der Begutachtung ausgewertet. Die Ergebnisse der Anogenitaluntersuchung wurden bei Kindern und Jugendlichen entsprechend dem modifizierten Adams Klassifikationsschemas (33) analysiert.

Bezüglich der Spurensicherung lagen die Ergebnisse der DNA-Analysen, die im Landeskriminalamt Niedersachsen durchgeführt worden sind, nicht vor.

In einigen Fällen lehnten Geschädigte die vollständige Untersuchung oder nur die Genitaluntersuchung ab. In anderen Fällen wurde auf eine Genitaluntersuchung aufgrund der Vorgeschichte verzichtet.

Die statistisch-deskriptive Auswertung erfolgte mit Microsoft Excel (Office 2007).

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13 3 Ergebnisteil 3.1.3 Auftraggeber

Die überwiegende Anzahl der Untersuchungsaufträge wurde durch die Polizei mit 1.208 Aufträgen (94,0%) gestellt, gefolgt von 46 konsiliarischen Aufträgen durch Krankenhäuser (3,6%), neun durch das Zollfahndungsamt (0,7%) und jeweils sieben (0,5%) durch private Personen und das Gericht. Sechs Untersuchungen fanden im Auftrag der Staatsanwaltschaft statt und jeweils eine Begutachtung im Auftrag des Jugendamtes und einer Behindertenhilfe.

Tabelle 1: Auftraggeber bei klinisch-forensischen Untersuchungen 2005-2007 (n=1.285)

Die polizeilichen Aufträge wurden in 768 Fällen (63,6%) durch eine Polizeistation der Polizeidirektion (PD) Hannover gestellt, gefolgt von 114 Aufträgen (9,4%) durch die Polizeiinspektion (PI) Celle und 100 (8,3%) durch die PI Hildesheim. Die Verteilung der polizeilichen Auftraggeber ist in Tabelle 2, S. 14 und Abbildung 3, S. 14 dargestellt, wobei in Abb. 3 das Polizeirevier (Prev) Stendal nicht berücksichtigt wurde. Insgesamt erteilten die an Hannover angrenzenden Polizeiinspektionen 361 Aufträge (29,7%) und die weiter entfernten Polizeiinspektionen 82 Aufträge (6,7%).

Auftraggeber Anzahl

Polizei 1.208

Konsil 46

Zoll/ Zollfahndungsamt 9

Privat 7

Gericht 7

Staatsanwaltschaft 6

Behindertenhilfe 1

Jugendamt 1

Gesamtergebnis 1.285

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15 3 Ergebnisteil

Die zweitgrößte Gruppe an Auftraggebern stellten die Krankenhäuser dar. So wurden im Jahr 2005 19 konsiliarische Untersuchungen (41,3%) und in den Jahren 2006 und 2007 13 (28,3%) bzw. 14 Untersuchungen (30,4%) im Auftrag von Krankenhäusern durchgeführt. Die konsiliarischen Aufträge wurden dabei in 26 Fällen (56,5%) durch die Medizinische Hochschule Hannover erteilt und in 15 Fällen (32,6%) durch andere Krankenhäuser innerhalb der Region Hannover (14 Aufträge durch das Kinderkrankenhaus auf der Bult und ein Auftrag durch das Vinzenzkrankenhaus).

Insgesamt waren die Auftraggeber somit in 89,1% Krankenhäuser aus der Region Hannover. Bei den konsiliarischen Untersuchungen lag in 27 Fällen (58,7%) ein Verdacht auf eine körperliche Kindesmisshandlung und in acht Fällen (17,4%) ein Verdacht auf einen sexuellen Kindesmissbrauch vor.

Tabelle 3: Delikte bei konsiliarischen Untersuchungen 2005 - 2007 (n=46)

Delikt Konsil Anzahl

Kindesmisshandlung 27

Sexueller Kindesmissbrauch 8

Körperverletzung 5

Sexualdelikt 3

Medizinische Diagnostik 2

Verkehrsdelikt 1

Gesamtergebnis 46

(22)

16 3 Ergebnisteil 3.1.4 Gerichtsladung

Im Anschluss an die körperlichen Untersuchungen erhielten die Mitarbeiter des Instituts für Rechtsmedizin in 235 von 1.000 Fällen (23,5%) eine Gerichtsladung zum Zweck einer mündlichen Gutachtenerstattung. In Tabelle 4 ist das Verhältnis der Fälle zu nachfolgend erhaltenen Ladungen zu Gerichtsterminen in Abhängigkeit von der Art des Deliktes dargestellt.

Tabelle 4: Verhältnis der Fälle zu nachfolgend erhaltenen Ladungen zu Gerichtsterminen in Abhängigkeit von der Art des Deliktes (n=1.000)

Der größte Teil von Sachverständigen-Gutachten fand im Zusammenhang mit Körperverletzungen statt, wobei hier in 128 von 380 Fällen (33,7%) eine Ladung zu einem Gerichtstermin vorlag, gefolgt von 51 mündlichen Gutachtenerstattungen bei insgesamt 301 Fällen von Sexualdelikten (16,9%). Bei körperlichen Kindesmisshandlungen wurde in 15 von 77 Fällen (19,5%) ein Mitarbeiter des Institutes als Sachverständiger geladen und bei Verdacht auf einen sexuellen Kindesmissbrauch in sieben von 91 Fällen (7,7%).

Delikt Ladung Keine Ladung Gesamtergebnis

Körperverletzung 128 252 380

Sexualdelikt 51 250 301

Sexueller Kindesmissbrauch 7 84 91

Kindesmisshandlung 15 62 77

Tötungsdelikt 25 15 40

Verkehrsdelikt 5 27 32

Spurensicherung 2 23 25

Selbstbeibringung 1 17 18

Body-Packing 13 13

DD Körperverletzung/ Sturz 10 10

Medizinische Diagnostik 1 5 6

Altersbestimmung 7 7

Gesamtergebnis 235 765 1.000

(23)
(24)
(25)
(26)

20 3 Ergebnisteil

Das Alter der untersuchten Geschädigten lag zwischen 14 und 78 Jahren mit einem Mittelwert von 26,7 Jahren. 67 Personen (22,9%) waren zum Vorfallzeitpunkt minderjährig. Sexualdelikte an Kindern unter 14 Jahren wurden separat ausgewertet (s. 3.3, S. 44 ff.).

Das Alter der Beschuldigten lag zwischen 16 und 71 Jahren mit einem Mittelwert von 33,9 Jahren. Minderjährig waren zum Zeitpunkt der Untersuchung fünf der Beschuldigten (5,7%), wovon drei 16 Jahre und zwei 17 Jahre alt waren.

3.2.1.2 Medizinische Vorgeschichte und sozialer Hintergrund

Bei den geschädigten Personen fanden sich 17 psychiatrisch Erkrankte (5,8%), wovon fünf eine Borderline-Persönlichkeitsstörung zeigten, vier litten an Depressionen und eine Person hatte eine Schizophrenie. Neun Geschädigte (3,1%) waren geistig behindert oder geistig eingeschränkt und drei Personen (1,0%) waren geistig und körperlich behindert. Eine Geschädigte war an einer Demenz erkrankt und eine weitere litt unter Krampfanfällen. Unter den Geschädigten fanden sich fünf Personen (1,7%), die in einem Heim, einer Wohngruppe oder einer Tagesklinik untergebracht waren. Vier Geschädigte (1,4%) lebten in einem Kinderheim oder Heim für schwer erziehbare Kinder und zwei Frauen (0,7%) waren zum Zeitpunkt der Untersuchung in einem Frauenhaus untergebracht. Zwei begutachtete Frauen (0,7%) lebten in einer türkischen Zwangsehe und waren von ihrem Ehemann sexuell missbraucht worden.

Einer dieser Beschuldigten wurde ebenfalls klinisch-forensisch untersucht. Schließlich fanden sich unter den Geschädigten noch zwei homosexuelle Männer.

Unter den Beschuldigten fand sich eine geistig behinderte Person, ein Mann mit einem Klinefelter-Syndrom, ein Bewohner eines Pflegeheimes sowie ein Mann, der unter Angstzuständen litt und aufgrund dessen regelmäßig Medikamente einnehmen musste.

(27)
(28)
(29)
(30)

24 3 Ergebnisteil

3.2.3.2 Anzahl der Beschuldigten

In 247 Fällen (82,1%) wurde ein Beschuldigter angegeben. Bei 23 Delikten (7,6%) sollen zwei Täter die Tat begangen haben und in zehn Fällen (3,3%) drei Täter. Ein männlicher Geschädigter gab sieben Tatverdächtige an.

Tabelle 7: Anzahl der Beschuldigten bei Sexualdelikten (n=301)

3.2.3.3 Tatort

Die meisten Sexualdelikte fanden in Wohnungen oder Wohnhäusern statt. Hier ereigneten sich 155 Fälle (51,5%). Öffentliche Straßen oder Parkplätze wurden 22-mal als Tatort angegeben (7,3%). 15 Delikte (5,9%) fanden draußen im Bereich eines Feldes, Waldes, in einem Park oder an einem See statt.

Tabelle 8: Tatort bei Sexualdelikten; Mehrfachnennungen (n=301) Anzahl Beschuldigte Anzahl Fälle

1 247

2 23

3 10

4 4

5 2

7 1

mehrere 2

keine Angabe 12

Gesamtergebnis 301

Tatort Anzahl

Wohnung/ Wohnhaus 155

Straße, Parkplatz 22

Auto 17

Feld, Wald, Park, See 15

Disco oder Gastronomiebetrieb 9

Wohnheim 8

Hotel 6

Schrebergartensiedlung 4

Altenheim, Pflegeheim oder Behinderteneinrichtung 3

Campingplatz 3

Schule, Kindergarten, Spielplatz 2

Bordell 1

Klinik 1

Sonstiges 8

Keine Angabe 52

Gesamtergebnis 306

(31)
(32)
(33)

27 3 Ergebnisteil

Bei den Wiederholungsdelikten lag der Zeitpunkt des ersten Vorfalls in einem Fall zehn Tage zurück, in einem weiteren Fall zwei Jahre und in einem dritten Fall drei Jahre.

Zwei Geschädigte gaben an, dass der erste sexuelle Übergriff vor Jahren stattgefunden habe. Die Beschuldigten waren in diesen Fällen stets der Partner oder ein Familienmitglied. In 34 Fällen (87,2%) war die Zeitspanne seit dem ersten Vorfall unklar.

3.2.3.6 Art der Gewaltanwendung

In Tabelle 10 ist die Art der sexuellen Gewaltanwendung dargestellt, die von den untersuchten Geschädigten angegeben wurde.

Tabelle 10: Art der sexuellen Gewaltanwendung bei Sexualdelikten; Mehrfachnennungen (n=292)

Von 241 Geschädigten (85,2%) wurde ein penil-vaginaler Missbrauch beschrieben, wobei 202 Opfer (71,4%) eine penil-vaginale Penetration berichteten, elf (3,9%) eine versuchte Penetration und in 28 Fällen (9,9%) war unklar, ob es zu einer Penetration gekommen war. Von 194 Opfern (68,6%) wurde zusätzlich ein teils fraglicher ungeschützter vaginaler Samenerguss angegeben. In zwei Fällen war es zu einem vaginalen Eindringen mit einem Gegenstand gekommen. Ein penil-analer Missbrauch wurde von 33 Geschädigten (11,3%) berichtet, wobei 26 Opfer (8,9%) eine penil-anale Penetration beschrieben, eine Person eine versuchte Penetration und in sechs Fällen (2,1%) war unklar, ob es zu einer Penetration gekommen war. Von 22 Opfern (7,5%) wurde ein teils fraglicher analer ungeschützter Samenerguss berichtet.

Ein penil-oraler Missbrauch (Fellatio) wurde in 39 Fällen (13,4%) dokumentiert. Dabei wurde ein orales Eindringen eines Penis von 35 Geschädigten (12,0%) beschrieben und

Art der sexuellen Gewaltanwendung Anzahl

Penil-vaginal 241

Digital-vaginal 49

Gegenstand-vaginal 2

Penil-anal 33

Digital-anal 3

Gegenstand-anal 1

Fellatio 39

Küssen 6

Gesamtergebnis 371

(34)

28 3 Ergebnisteil

ein versuchtes Eindringen von vier Opfern (1,4%). 15 Geschädigte (5,1%) berichteten einen teils fraglichen oralen Samenerguss.

Einen digital-vaginalen Missbrauch beschrieben 49 Opfer (17,3%), wobei eine vaginale Penetration mit dem Finger von 32 Geschädigten (11,3%) berichtet und von neun (3,2%) vermutet wurde. In acht Fällen (2,8%) wurde eine digitale vaginale Berührung ohne Penetration dokumentiert. Anal gaben drei Opfer (1,0%) einen digitalen Missbrauch an. Zwei dieser Geschädigten beschrieben ein digitales Eindringen und von einem Opfer wurde eine derartige Vorgehensweise vermutet.

Insgesamt wurde eine vaginale Penetration (penil/ digital/ Gegenstand) von 222 Opfern (78,4%) beschrieben, wobei in 14 Fällen sowohl eine penile als auch eine digitale Penetration angegeben wurde.

Zusätzlich zur sexuellen Gewaltanwendung wurde von 122 Geschädigten (41,7%) weitere Gewaltanwendung angegeben. 114 Opfer (39,0%) berichteten anamnestisch stumpfe Gewalt erfahren zu haben und in 30 Fällen (10,3%) soll der Tatverdächtige Gewalt gegen den Hals angewandt haben. In fünf Fällen (1,7%) hat das Opfer im Rahmen der Tat Verbrennungen erlitten, wobei es sich viermal um eine Beibringung von Brandverletzungen durch eine Zigarette gehandelt hat und in einem weiteren Fall war die Art der Hitzeeinwirkung nicht genauer definiert. Eine scharfe Gewalteinwirkung wurde von vier Geschädigten beschrieben.

Tabelle 11: Art der zusätzlichen Gewaltanwendung bei untersuchten Geschädigten von Sexualdelikten; Mehrfachnennungen (n=122)

Art der Gewaltanwendung Anzahl

Stumpfe Gewalt 114

Gewalt gegen den Hals 30

Würgen 26

Drosseln/ Strangulieren 4

Haare ziehen/ ausreißen 11

Beißen 9

Fesseln/ Mund zukleben 7

Beibringung von Verbrennungen 5

Scharfe Gewalt 4

Einbringen von Essig in Wunde 1

Elektroschocks 1

Mit Fingernägeln in Augen fassen 1

Ohren ziehen 1

Gesamtzahl 214

(35)
(36)
(37)

31 3 Ergebnisteil

im Urin 6 ng/ml (Spurenbereich) bei Probengewinnung 24 Stunden nach dem Vorfall, einmal THC-Carbonsäure im Urin 208 ng/ml bei Probengewinnung innerhalb von zwölf Stunden und einmal war eine Voruntersuchung im Urin positiv für Cannabinoide bei unklarem Zeitintervall zwischen Vorfall und Probengewinnung. Bei Benzodiazepinen ergab sich bei einer Geschädigten ein fraglich positiver Befund in der Voruntersuchung für diese Substanzen bei Probengewinnung 24 Stunden nach dem Vorfall. Bei der Geschädigten, bei der Cocain und Benzodiazepine nachgewiesen werden konnten, fand sich im Serum Cocain mit 22,3 ng/ml, Benzoylecgonin mit 1.273 ng/ml, Ecgoninemethylester mit 275 ng/ml, Diazepam mit 45,8 ng/ml, Nordiazepam mit 270 ng/ml und Oxazepam mit < 10 ng/ml bei Probengewinnung innerhalb von sechs Stunden.

Tabelle 12: Art der durch Blut- und/ oder Urinprobe bestätigten Drogen bei Sexualdelikten (n=6)

30 Geschädigte (10,3%) berichteten von einem Blackout-Erlebnis. 28 dieser Personen (93,3%) standen zum Tatzeitpunkt unter Alkoholeinfluss, wobei eine Alkoholisierung in 13 Fällen anamnestisch berichtet wurde, in vier Fällen bei der körperlichen Untersuchung objektivierbar gewesen ist, in weiteren vier Fällen durch eine Bestimmung der Atemalkoholwerte (0,23‰ – 2,1‰) und in sechs Fällen durch eine Bestimmung der Blutalkoholwerte (0,45‰ – 1,7‰) erfasst werden konnte. In einem Fall fand sich eine Urinalkoholkonzentration von 0,46‰.

In 15 Fällen bestand der Verdacht auf die Gabe von K.o.-Tropfen. Letztlich gelang nur in zwei Fällen der Nachweis von Benzodiazepinen, wobei von einer Geschädigten kein Blackout-Erlebnis angegeben wurde. In diesem Fall erschien es der Polizei jedoch so, als wenn die Geschädigte nicht komplett zum Geschehensablauf orientiert gewesen ist. Im Serum wurden zusätzlich Cocain und dessen Abbauprodukte, Alkohol mit 0,15‰

sowie Diazepam, Nordiazepam und Oxazepam gefunden (Werte s. oben). Das Opfer berichtete, dass es vom Täter zum mehrfachen Konsum von Cocain und Alkohol gezwungen worden sei, wobei die Getränke komisch geschmeckt hätten.

Drogenart Geschädigte/r Beschuldigter Gesamtergebnis

Cannabinoide 3 3

Cocain und Benzodiazepine 1 1

Benzodiazepine 1 1

Opiate (Morphinderivate) 1 1

Gesamtergebnis 5 1 6

(38)

32 3 Ergebnisteil 3.2.5 Untersuchungsergebnisse der Geschädigten

3.2.5.1 Extragenitale Befunde

291 Geschädigte wurden im Hinblick auf extragenitale Befunde untersucht. Eine Geschädigte lehnte die gesamte Begutachtung ab.

Extragenitale Verletzungen konnten bei 205 Geschädigten (70,4%) dokumentiert werden. Bei den Befunden handelte es sich in der Mehrzahl der Fälle um Hämatome, Hautläsionen und Hautrötungen. So ließen sich bei 200 Geschädigten (68,7%) derartige Verletzungen feststellen. Untersuchungen, bei denen Hautrötungen dokumentiert werden konnten, fanden in den weitaus meisten Fällen (96,0%) bis 2,5 Tage nach dem Vorfall statt. Hämatome fanden sich bis zu zwölf Tage nach einem Delikt. Am Oberschenkel wurden mit einer Anzahl von 260 (17,2%) die meisten Befunde erhoben, gefolgt von den Oberarmen (13,9%) und dem Gesicht (12,7%).

Tabelle 13: Lokalisation der Hämatome, Hautläsionen und Hautrötungen bei Geschädigten von Sexualdelikten; Mehrfachnennungen (n=200)

Lokalisation Verletzung Anzahl

Oberschenkel 260

Oberarm 210

Gesicht 192

Unterarm 160

Rücken 125

Unterschenkel 107

Brust 90

Hals 90

Ellenbogen 55

Hand 53

Knie 45

Schulter 38

Bauch 34

Gesäß 30

Kopf oben/ hinten/ seitlich 10

Fuß 8

Becken 3

Gesamtzahl 1.510

(39)

33 3 Ergebnisteil

Als weitere extragenitale Befunde ließen sich bei zwölf Geschädigten (4,1%) sogenannte „Knutschflecke“ finden. Von insgesamt 26 „Knutschflecken“, die bei diesen Personen gefunden wurden, befanden sich die meisten – und zwar 21 (80,8%) – am Hals. Drei „Knutschflecke“ (11,5%) fanden sich im Brustbereich und jeweils einer (3,8%) auf der Wange sowie im Schulterbereich.

Drei Geschädigte (1,0%) hatten sich im Rahmen des Sexualdeliktes eine Fraktur zugezogen, die bei zwei Personen das Nasenbein betraf und in einem dritten Fall den Oberarm. Bei weiteren zwei Geschädigten (0,7%) konnte ein abgebrochener Zahn dokumentiert werden.

Am Kopf wiesen 22 Geschädigte (7,6%) eine Schwellung auf und bei 15 Opfern (5,2%) fand sich eine Verletzung der Mundschleimhaut. Eine Geschädigte hatte eine Hornhauterosion erlitten und eine weitere ein Schädel-Hirn-Trauma.

Bei drei Personen, die im Rahmen der Tat gewürgt worden waren, konnten Petechien im Kopfbereich dokumentiert werden.

Verbrennungen durch eine Zigarette ließen sich bei vier Geschädigten (1,4%) nachweisen. Von den 16 dabei beschriebenen Verbrennungen befanden sich fünf (31,3%) im Rückenbereich, vier (25,0%) am vorderen Rumpf, jeweils drei (18,8%) am Arm bzw. am Bein und eine Verbrennung (6,3%) fand sich am Hals. Eine weitere Geschädigte ließ Brandblasen am Arm sowie an der Hand erkennen, wobei die Art der Hitzeeinwirkung unklar war.

Schließlich konnten bei zwei Geschädigten (0,7%) Schnittverletzungen dokumentiert werden, wobei eine Person zwei Läsionen durch scharfe Gewaltanwendung aufwies, die andere vier. Von diesen Schnittverletzungen befanden sich drei (50,0%) an der Hand, zwei (33,3%) im Brustbereich und eine (16,7%) am Kopf.

(40)

34 3 Ergebnisteil

150 (73,2%) der 205 Opfer, bei denen Befunde erhoben werden konnten, sind innerhalb von 24 Stunden untersucht worden. Bei einer 24-jährigen Frau konnten noch vier Monate nach der letzten Tat Befunde erhoben werden. Sie war wiederholt Opfer häuslicher Gewalt geworden, wobei der Täter auch scharfe Gewalt unter Benutzung von Glasscherben angewandt hat.

Tabelle 14: Extragenitale Befunde bei Geschädigten von Sexualdelikten in Abhängigkeit von der Zeit bis zur Vorstellung (n=291)

ja nein

≤ 12 Std. 107 40 147

≤ 24 Std. 43 19 62

≤ 48 Std. 22 13 35

≤ 72 Std. 15 6 21

4 Tage 7 2 9

≤ 1 Woche 5 2 7

≤ 2 Wochen 2 2 4

≤ 3 Wochen 1 1

≤ 4 Monate 1 1

keine Angabe 2 2 4

Gesamtergebnis 205 86 291

Extragenitale Befunde

Zeit bis zur Vorstellung Gesamtergebnis

(41)

35 3 Ergebnisteil

3.2.5.2 Anogenitale Befunde

Bei 269 (92,1%) der 292 begutachteten Geschädigten (sieben männliche und 262 weibliche) wurde die Genital- und/ oder die Analregion während der klinisch- forensischen Untersuchung inspiziert. Eine Geschädigte lehnte die komplette Untersuchung ab, vier weitere Opfer verweigerten die genitale Inspektion. In drei Fällen war bereits vor der rechtsmedizinischen Begutachtung eine Untersuchung der Genitalregion mit Probenentnahme erfolgt. Bei 15 klinisch-forensischen Untersuchungen erfolgte kein Auftrag zur Inspektion der Anogenitalregion, da aufgrund der erhobenen Vorgeschichte keine Befunde zu erwarten waren.

Bei 166 Geschädigten (61,7%) ließ sich ein anogenitaler Befund erheben, wobei 154 Personen Genitalverletzungen zeigten, vier kombinerte Genital- und Analverletzungen und acht Analverletzungen. Erytheme als unspezifische Befunde herausgenommen, zeigten sich bei 72 Geschädigten (26,8%) spezifische anogenitale Verletzungen.

Insgesamt fanden sich bei 158 Geschädigten (58,7%) Genitalbefunde. Als häufigster, jedoch unspezifischer Befund zeigte sich dabei bei 151 Geschädigten (56,1%) ein Erythem. Bei sieben Adoleszenten (zwischen 14 und 19 Jahren) konnte eine Deflorationsverletzung festgestellt werden, wobei die Verletzung in einem Fall bereits älter erschien. In diesem Fall war es wiederholt zu einem sexuellen Missbrauch gekommen. Eines der Mädchen mit einer frischen Deflorationsverletzung hatte einen Tag vor dem Vorfall einvernehmlichen Geschlechtsverkehr. Bei einem weiteren 15- jährigen Mädchen fand sich ein Erythem des Hymens.

Tabelle 15: Art der Genitalbefunde bei Geschädigten von Sexualdelikten; Mehrfachnennungen (n=269)

Genitalbefund Anzahl

Normal 111

Erythem 151

Oberflächliche Schleimhautläsion 51

Schwellung Schamlippe 3

Hämatom Schamlippe 3

Fremdhaare 12

Defloration/ kompletter Einriss 7

Hymenales Erythem 1

Gesamtergebnis 339

(42)

36 3 Ergebnisteil

Bei der Inspektion der Afterregion ließen zwölf Geschädigte (4,5%) Verletzungen erkennen, wobei es sich um drei der sieben anogenital untersuchten männlichen Opfer (42,9%) sowie neun der weiblichen Geschädigten (3,4%) gehandelt hat. In fünf Fällen zeigten sich oberflächliche Schleimhautläsionen und in jeweils drei Fällen ein Riss bzw.

eine Schleimhautrötung.

Tabelle 16: Afterbefunde bei Geschädigten eines Sexualdeliktes (n=12)

129 (77,7%) der 166 Geschädigten, bei denen anogenitale Befunde erhoben werden konnten, sind innerhalb von 24 Stunden untersucht worden.

Tabelle 17: Anogenitale Befunde in Abhängigkeit von der Zeit bis zur Vorstellung bei Geschädigten von Sexualdelikten (n=269)

Afterbefund Anzahl

Oberflächliche Schleimhautläsion 5

Riss 3

Erythem 3

Hämatom 1

Gesamtergebnis 12

ja nein

≤ 12 Std. 93 46 139

≤ 24 Std. 36 22 58

≤ 48 Std. 19 15 34

≤ 72 Std. 11 4 15

≤ 4 Tage 5 4 9

≤ 1 Woche 1 4 5

≤ 2 Wochen 1 3 4

≤ 3 Wochen 1 1

≤ 4 Monate 1 1

keine Angabe 3 3

Gesamtergebnis 166 103 269

Anogenitaler Befund

Gesamtergebnis Zeit bis zur Vorstellung

(43)
(44)

38 3 Ergebnisteil

Anal gelang in sieben von 37 Fällen (18,9%) bis zu 24 Stunden nach dem Vorfall ein Nachweis von Spermien.

In keinem der 22 Oralabstriche konnten Spermien gefunden werden. Hingegen konnten bei Abstrichen von der Haut in sechs von sieben Fällen (85,7%), bei denen ein Abstrich innerhalb der ersten 18 Stunden nach dem Vorfall entnommen worden war, Spermien nachgewiesen werden. In einem der beiden Abstriche von der Kleidung fanden sich Spermien. Dieser Abstrich war sieben Stunden nach der Tat entnommen worden.

Insgesamt gelang bei 88 Geschädigten (40,4%) ein Spermiennachweis an einer oder mehreren Körperlokalisationen.

197 Abstriche wurden vor der mikroskopischen Beurteilung mit einem speziellen Testpapier auf das Vorhandensein der sauren Phosphatase untersucht. Bei insgesamt 64 Abstrichen, bei denen der Phosphatase-Test positiv war, konnten in 55 Fällen (85,9%) auch mikroskopisch Spermien nachgewiesen werden. In neun Fällen (14,1%) konnten keine Spermien gefunden werden. Von 95 Abstrichen, bei denen der Phosphatase-Test negativ ausgefallen war, ließen 15 (15,8%) mikroskopisch Spermien erkennen. Letztlich stimmte das Ergebnis des Phosphatase-Tests in 135 Fällen (68,5%) mit dem Ergebnis der mikroskopischen Analyse überein.

Tabelle 18: Ergebnis der mikroskopischen Analyse der Abstriche auf Spermien in Abhängigkeit von dem Ergebnis des Phosphatase-Tests bei Geschädigten von Sexualdelikten (n=197)

Vagina After Mund Haut Kleidung

positiv 45 4 5 1 55

negativ 8 1 9

positiv 14 1 15

negativ 66 10 2 1 1 80

positiv 12 2 14

negativ 17 6 1 24

Gesamtzahl 162 22 4 7 2 197

Gesamtzahl

positiv negativ fraglich positiv

Phosphatase-Test Spermien Lokalisation der Abstriche

(45)

39 3 Ergebnisteil 3.2.6 Untersuchungsergebnisse der Beschuldigten

3.2.6.1 Extragenitale Befunde

35 Beschuldigte (39,8%) wiesen extragenitale Verletzungen auf.

Bei 34 der 88 Beschuldigten (38,6%) ließen sich Hämatome, Hautläsionen und/ oder Hautrötungen feststellen. Von 183 insgesamt dokumentierten Verletzungen fanden sich 23 (12,6%) an den Händen, gefolgt von 22 (12,0%) an den Unterarmen, 20 (10,9%) im Gesicht und 19 Befunden (10,4%) am Hals.

Tabelle 19: Lokalisation der Hämatome, Hautläsionen und Hautrötungen bei Beschuldigten von Sexualdelikten; Mehrfachnennungen (n=34)

Darüber hinaus konnten bei einem Beschuldigten zwei Schleimhautläsionen im Mundbereich dokumentiert werden und in einem anderen Fall fand sich eine Schwellung am Kopf eines Beschuldigten.

Lokalisation Verletzungs-Anzahl

Hand 23

Unterarm 22

Gesicht 20

Hals 19

Oberarm 18

Rücken 16

Brust 15

Oberschenkel 14

Knie 9

Unterschenkel 9

Ellenbogen 7

Schulter 6

Gesäß 3

Bauch 2

Gesamtzahl 183

(46)

40 3 Ergebnisteil

29 (82,9%) der mutmaßlichen Täter, bei denen Befunde erhoben werden konnten, sind innerhalb von 24 Stunden untersucht worden.

Tabelle 20: Extragenitale Befunde bei Beschuldigten eines Sexualdeliktes in Abhängigkeit von der Zeit bis zur Vorstellung (n=88)

3.2.6.2 Genitale Befunde

Bei 81 der 88 mutmaßlichen Täter (92,0%) wurde die Genitalregion begutachtet. Bei den restlichen sieben Beschuldigten (8,0%) erfolgte kein Auftrag zur Untersuchung der Genitalregion.

Bei sieben Tatverdächtigen (8,6%) konnten genitale Befunde erhoben werden. Drei Beschuldigte (3,7%) zeigten genitale Verletzungen, wobei es sich in zwei Fällen um Hautkratzer gehandelt hat und in einem dieser Fälle vom Opfer berichtet wurde, dass es versucht habe, das Genitale des Täters festzuhalten. Bei weiteren zwei Tatverdächtigen konnten Fremdhaare im Genitalbereich asserviert werden. In einem dieser Fälle konnte durch einen DNA-Abgleich nachgewiesen werden, dass diese Haare von der geschädigten Person stammten.

Tabelle 21: Genitalbefunde bei Beschuldigten von Sexualdelikten (n=81)

ja nein

≤ 12 Std. 22 30 52

≤ 24 Std. 7 15 22

≤ 36 Std. 2 2 4

≤ 48 Std. 1 2 3

≤ 72 Std. 2 2 4

≤ 2 Wochen 1 1

keine Angabe 1 1 2

Gesamtergebnis 35 53 88

Extragenitale Befunde

Gesamtergebnis Zeit bis zur Vorstellung

Genitalbefund Anzahl

Normal 74

Hautkratzer 2

Erythem 2

Riss Frenulum praeputii 1

Fremdhaare 2

Gesamtergebnis 81

(47)

41 3 Ergebnisteil

Alle Beschuldigten, bei denen genitale Befunde dokumentiert werden konnten, sind innerhalb von 24 Stunden untersucht worden und sechs Personen (85,7%) sogar innerhalb von zwölf Stunden.

Tabelle 22: Genitalbefunde bei Beschuldigten von Sexualdelikten in Abhängigkeit von der Zeit bis zur Vorstellung (n=81)

3.2.6.3 Nachweis von Spermien und Vaginalepithelzellen

Bei 24 Beschuldigten (27,3%) wurden Abstriche vom Penis entnommen und anschließend analysiert. In zwölf Fällen (52,2%), in denen der mutmaßliche Täter innerhalb von 24 Stunden untersucht werden konnte, gelang ein Nachweis von Spermien. Insgesamt konnten in 13 Fällen (54,2%) Spermien nachgewiesen werden, wobei in einem Fall die Zeitspanne bis zur Vorstellung unklar war.

Tabelle 23: Nachweis von Spermien bei Penisabstrichen von Beschuldigten eines Sexualdeliktes in Abhängigkeit von der Zeit bis zur Vorstellung (n=24)

nein ja

≤ 6 Std. 24 2 26

≤ 12 Std. 18 4 22

≤ 18 Std. 8 8

≤ 24 Std. 11 1 12

≤ 36 Std. 4 4

≤ 48 Std. 3 3

≤ 72 Std. 4 4

≤ 2 Wochen 1 1

keine Angabe 1 1

Gesamtergebnis 74 7 81

Genitalbefunde

Zeit bis zur Vorstellung Gesamtergebnis

negativ positiv

≤ 6 Std. 3 2 5

≤ 12 Std. 4 4 8

≤ 18 Std. 1 2 3

≤ 24 Std. 3 4 7

keine Angabe 1 1

Gesamtergebnis 11 13 24

Spermiennachweis

Zeit bis zur Vorstellung Gesamtergebnis

(48)
(49)

43 3 Ergebnisteil 3.2.8 Aktuelle Beschwerden

Zum Zeitpunkt der Untersuchung gaben 99 Opfer (33,9%) z.T. mehrere aktuelle Beschwerden an, die in einem Zusammenhang mit dem Delikt standen. 92 Geschädigte (31,5%) klagten über Schmerzen und elf (3,8%) über ein Brennen beim Wasserlassen oder ein allgemeines Brennen im Genitalbereich. Sieben Opfer (2,4%), die alle eine Gewalteinwirkung gegen den Hals erfahren hatten, litten unter Schluckbeschwerden und/ oder Heiserkeit. Eine Geschädigte gab anamnestisch eine Hörminderung seit der Tat an und eine andere eine Sehverschlechterung. Bei dieser Person wurde ein bleibender Visusverlust nach einer Kratzverletzung des Auges diskutiert.

3.2.9 Forensische Beurteilung

Es ließen sich bei 248 Geschädigten (84,9%) und bei 35 Tatverdächtigen (39,8%) Verletzungen (extragenital und/ oder genital) feststellen. Darüber hinaus gelang bei 88 Geschädigten und 13 Beschuldigten ein Nachweis von Spermien und bei zwei Beschuldigten konnten zusätzlich Vaginalepithelien des Opfers nachgewiesen werden.

Insgesamt ließ sich bei 256 Opfern (87,7%) und bei 44 Beschuldigten (50,0%) ein Hinweis auf ein Sexualdelikt finden. Bei sieben Fällen ergab sich ein solcher Hinweis auf einen sexuellen Übergriff allein durch die Untersuchung des Tatverdächtigen, während sich bei der Begutachtung des Opfers keine Befunde zeigten (zwei Fälle) oder die geschädigte Person gar nicht untersucht wurde (fünf Fälle). Letztlich konnten 171 (56,8%) der 301 Sexualdeliktsfälle durch die erhobenen Befunde bei der klinisch- forensischen Untersuchung bestätigt werden.

(50)
(51)

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